Konzertbericht: Wardruna

16.11.2024 Nürnberg, Meistersingerhalle

Zwei Jahre nach ihrem letzten Deutschland-Besuch beehrt Einar Selviks Folk-Projekt WARDRUNA wieder die Bundesrepublik. Im Rahmen der World Tour 2024/2025 waren die Norweger auch in der Meistersingerhalle in Nürnberg zu Gast und hatten Songs vom anstehenden Album dabei.

Als um 19 Uhr die Pforten für den Einlass öffnen, dauert es nicht lange, bis die zahlreichen Besuchenden den Großen Saal der Meistersingerhalle füllen. Bereits einige Zeit vorab gab der Veranstalter den Ausverkauf der Veranstaltung bekannt. Die Wahl dieses besonderen Ortes erweist sich im Verlauf des Abends als goldrichtig, da der Große Saal mit überragender Akustik überzeugt. Damit ist der Grundstein gelegt für einen grandiosen Abend und das damit verbundene Abtauchen in atmosphärische Klangwelten. Beim Betreten des Saals liegt bereits Erhabenheit in der Luft und die Bühne ist mit den bereits bekannten weißen Backdrops versehen, von denen das große mittlere als Projektionsfläche für die visuelle Untermalung der Performance dient.

WARDRUNA im November 2024 in Nürnberg

Pünktlich um 20:30 erscheint auf eben jener Fläche der namensgebende weiße Rabe zum Opener „Kvitravn“ und mit einem Mal verstummt ein in den Bann gezogenes Publikum in Gänze. Einar Selvik schält sich aus der Dunkelheit und mit dem Einsetzen seines Gesangs und dem von Lindy Fay Hella fällt auf, wie klanglich beeindruckend der Abend zu werden verspricht. Die Stimmen werden glasklar in den Raum getragen und die ganze instrumentale Wucht und Breite entfaltet sich nahezu perfekt, wobei der Bass (wie beim Herzschlag im folgenden „Hertan“) nie überpräsent wirkt oder dominiert, sondern genau richtiges Volumen bringt. Das Pre-Listening trägt Früchte und dem Publikum werden wahrlich erwähnte Klangwelten eröffnet.

Hinzu kommt eine sehr präzise und gekonnte Inszenierung und geschickt eingesetzte visuelle Elemente: Sei es der von der Bühne in den Saal hineinwabernde Nebel bei „Lyfjaberg“, das Projizieren übergroßer Schatten auf den Hintergrund wie etwa bei den beiden Hörnern zu „Tyr“ oder der subtile Einsatz des Projektors zur Erweiterung der Bühne bei „Solringen“. Das gesamte Konzert wirkt minutiös geplant und durchdacht, die Musiker stets zur rechten Zeit ins rechte Licht gerückt und immer wieder frisch und neu, ohne dass die Präsentation zum Selbstzweck verkommt.

WARDRUNA im November 2024 in Nürnberg

Die neuen Tracks vom anstehenden Album „Birna“ fügen sich organisch in das bestehende Set und bereichern es enorm. Gerade „Himinndotter“ wirkt live aufgrund des anfänglichen Chorals und sehr sanften Einstiegs beeindruckend, überwältigt im Verlauf geradezu und bietet Lindy ausreichend Gelegenheit, ihren vielseitigen Gesang zu präsentieren.

WARDRUNA im November 2024 in NürnbergDass allerdings „Helvegen“ nicht fehlen darf, ist klar. Bis hierhin ist kein einziges Wort an das Publikum gerichtet worden, um das Konzert nicht zu unterbrechen. Bevor es allerdings genau eine Zugabe gibt, mahnt Einar das Publikum zum häufigeren Singen, da es für ihn ein menschenverbindendes Element ist, das es zu erhalten gilt. Wie wichtig ihm selbst der Gesang und der Ausdruck durch Musik ist, lässt er das gesamte Konzert über deutlich erkennen. Das gilt für alle Künstler auf der Bühne, die sich mit viel Herzblut in der Musik vertiefen. Nichts davon wirkt aufgesetzt oder choreografiert. Diese Authentizität schafft die Immersion, die das Publikum förmlich in die Darbietung hineinzieht. Mehrfach erhebt sich das Publikum von den Sitzen und taucht die Meistersingerhalle in tosenden Applaus und ungehaltenen Jubel. Als dieser sich nach einiger Zeit legt, fragt ein schelmisch grinsender Einar: „Is this your way of saying ‚one more song‘?“, was wiederum mit entsprechender Lautstärke bestätigt wird. Der Abend endet nach kurzer Hintergrundinformation mit „Snake Pit Poetry“ – vorgetragen von Einar Selvik alleine in der Skaldenversion. Als dann final das Licht angeht, gibt es kein Halten mehr.

WARDRUNA geben nicht einfach „nur“ Konzerte, sondern schaffen bewegende Erlebnisse. Genau das ist auch an diesem Abend wieder gelungen und die Reaktion des Publikums spricht am Ende für sich selbst. Die Art und Weise wie hier professionelle Musiker mit so deutlich ausgelebter Leidenschaft ihre Musik darbieten, steckt an und kann nur begeistern. Die angestrebte Verbindung vieler Menschen durch Musik dürfte WARDRUNA mehr als gelungen sein.

WARDRUNA im November 2024 in Nürnberg

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Fotos von: Andreas Brückner

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