Konzertbericht: Wardruna

12.11.2016 Leipzig, Eventpalast

13645281_10153709720275222_8024462199103023135_nAm 12. November ist es endlich soweit: Das, worauf die Fans des norwegischen Ausnahme-Projektes WARDRUNA seit Jahren hofften, wird an jenem Abend im Leipziger Eventpalast in Erfüllung gehen, denn die Musiker um Einar Selvik geben erstmals ein Einzelkonzert in Deutschland. Nicht nur, dass die Tickets bereits im Vorfeld schnell vergriffen sind und WARDRUNA somit ihre Ragnarok-Tour in einer ausverkauften Location beginnen, die Band steht nach dem Konzert für Autogramme zur Verfügung, wie den Besuchern am Einlass mitgeteilt wird. Wie viel besser kann der Abend noch werden?

2016_05_25_largeDer Eventpalast hält seine im Vorfeld angegebene Einlasszeit leider nicht ein, um genau zu sein verschiebt sich diese um etwa eine halbe Stunde. Hunderte von Leuten belagern die Treppen des Veranstaltungsortes und stehen vor drei geschlossenen Türen, was der Vorfreude auf den Abend keinen großen Abbruch tut, die Gesundheit bei den kalten Temperaturen allerdings gehörig herausfordert. Nachdem die Menschenmasse ab 20 Uhr endlich geordnet in die warmen Hallen geleitet wird, erwarten das Publikum nicht nur ein guter Merch-Stand, sondern auch flinke Helferlein an der Bar. Mag der Abend auch frisch begonnen haben, im Eventpalast selbst wird sich um das Wohl des Zuschauers gekümmert. Die eigentliche Konzerthalle füllt sich zunehmend, das aufgeregte Gebrabbel hunderter Menschen wird lauter, der Platz enger. Punkt 21 Uhr wandelt sich die Lautstärke in einen frenetischen Empfang von WARDRUNA, die ihre Show unter nur langsam verstummenden Applaus beginnen. Selten erlebte ich eine solch begeisterte Menge, welche die Band so enthusiastisch begrüßte – völlig zu recht, wenn man bedenkt, an welcher Premiere die Fans heute teilnehmen werden!

Die einzige Dekoration, die WARDRUNA auf ihrer Bühne präsentieren, ist ein Schneetarnnetz, welches hinter ihnen ragt und verschiedenfarbig angeleuchtet wird; eine schlichte, aber dennoch wirkungsvolle und passende Untermalung der Musik, die auf Grund ihrer majestätischen Aura wirkt und keinerlei visueller Unterstützung bedarf. Nur wenige Sekunden brauchen WARDRUNA, um den Saal vollkommen zum Schweigen zu bringen, als Einar und Eilif Gundersen, ein bekannter Musiker aus Sør-Trøndelag, mit jeweils einer Lure in den Händen den Abend einläuten. Ein Abend, der anderthalb Stunden Gänsehaut pur bieten und mit einem ausgewogenen Querschnitt der bisherigen Diskografie überzeugen wird.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

14963113_10154023125255222_6362911688016641060_nWARDRUNA bestehen an diesem Abend aus fünf Musikern, die nicht mit einer aufregenden Bühnenperformance aufwarten, sondern mit Liebe zu dem, was sie tun; seien es die Percussion-Verantwortlichen Arne Sandvoll und H.C. Dalgaard, der bereits erwähnte Eilif Gundersen oder der Hardanger-Violine spielende Jørgen Bønstu Nyrønning, jeder der Instrumentalisten könnte kaum passionierter an die Lieder herangehen. Doch die zentralen Figuren bei WARDRUNA sind seit der Gründung des Projektes im Jahre 2003 Einar Selvik und Lindy Fay Hella, deren Herzblut für die Musik mit jeden Lied deutlicher wird. Die schreiende, summende, flüsternde und hervorragend singende Lindy steht dem eindrucksvoll zerbrechlich wie bedrohlich klingenden Einar in ihrem Ausdruck in nichts nach; die Faszination liegt bei WARDRUNA nicht nur in den selbstgemachten Instrumenten und dem außergewöhnlichen Konzept der Band, sondern auch in deren führenden Köpfen, die mehr als nur ein Konzert geben – sie schenken dem Publikum einen Abend, der zwischen erhabenen und ergreifenden Momenten wechselt, der an Intensität kaum zu überbieten sein wird und dank eines kristallklaren Sounds all die Raffinessen offenbart, mit denen WARDRUNA ihre Musik spicken.

10356400_10152492597165222_3544083993022232515_nEin zu erwartender Höhepunkt stellt „Fehu“ dar; ein Track, der dank der Serie „Vikings“ große Bekanntheit erlangte und bei seiner Anstimmung zu tosendem Jubel im Eventpalast führt. Einem Jubel, mit dem die Norweger nach jedem Lied belohnt werden und der von Song zu Song sogar noch anzusteigen scheint. Und obwohl man es Lindy und Einar ansieht, wie sehr sie dieser gebührende Dank des Publikums auch berührt, dauert es 80 Minuten, bis Einar erstmals mit den Zuschauern interagiert – und nach dankenden Worten einen ungeahnt trockenen Humor hervorblitzen lässt. „Now we do something, what we always do on tour – we play the last song“ läutet zwar leider das nahe Ende des Konzertes mit „Helvegen“ ein, führt aber auch zu schallendem Gelächter und der lautstark vorgetragenen Bitte der Fans, noch länger zu spielen. Einars Antwort heizt die durchweg gute und mitreißende Stimmung nur an: „Unfortunatly, we are no Rock’n’Roll-Stars, so…“.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mit einem ergriffenen „Tusen Takk“ von Einar lassen WARDRUNA die letzten Töne von „Helvegen“ verstummen und stellen sich daraufhin einem lang andauernden Applaus hunderter begeisterter Zuschauer, welche die Band unter einem Beifallssturm die Bühne verlassen lässt. Und wäre dieses atemberaubende Konzert nicht schon Glück genug, stehen die Norweger im Anschluss ihren Hörern noch für Autogramme bereit. Mag man all die Jahre vergeblich darauf gewartet haben, ein „Gap Var Ginnunga“ oder „Yggdrasil“ live erleben zu dürfen, entlohnen WARDRUNA dieses geduldige Warten mit einem Package, welches nicht besser hätte sein können: Fesselnde Songs, einnehmende Atmosphäre, hervorragende Songs.

wardruna-yggdrasil-3979

Nach diesem furiosen Auftakt der ersten richtigen und zugleich womöglich letzten Tour werden WARDRUNA noch elf weitere Konzerte geben, von denen sechs bereits ausverkauft sind. Nicht verwunderlich, schließlich wurde die Geduld der Fans jahrelang auf die Probe gestellt, sodass sich nach den deutschen nun auch die polnischen, niederländischen, englischen und französischen Fans auf eine Darbietung der Songs freuen dürfen, die live tatsächlich so eindringlich wirken wie auf den Alben. Denn so intensiv sich die „Runaljod“-Trilogie auf Platte gestaltet, so wirkt sie ebenso eindringlich in ihrer leibhaftigen Umsetzung. Ein Abend, der noch lange nachwirkt und die Alben wieder auf heavy rotation in den Player laufen lässt – tusen takk for det, WARDRUNA!

>> BAND-SPECIAL: Wardrunas „Runaljod“-Trilogie

 

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert