In schöner Regelmäßigkeit beginnen die Nordlichter VOGELFREY ihr Konzertjahr fernab ihrer Heimat. So kehren Sänger Jannik und seine folkrockigen Mitstreiter auch Anfang 2018 zurück nach München und schlagen dieses Mal mit ihrem neuen Werk „In Ekstase“ im Backstage Club auf. Als Support mit dabei haben sie auf ihrer aktuellen Frühjahrstour nicht vor zwei Jahren sich selbst in Affenkostümen, sondern die nicht minder weit angereisten RELIQUIAE.
Die Niedersachsen mit dem etwas sperrigen Namen RELIQUIAE eröffnen den Konzertabend im überraschend gut gefüllten Club pünktlich. Im Süden sind die Musiker rund um Sänger Bastus ein seltener Gast. Zwar ist mit Tieftöner Morti Lokinson lediglich ein Gründungsmitglied in der aktuellen Besetzung übrig, doch der Siebener präsentiert sich im Backstage hervorragend: Bereits direkt zu Beginn erklingen alle Instrumente nebst Gesang hervorragend abgemischt und trotz beschränkter Bühnengröße entsteht mit Dudelsack, Geige und Keyboard schnell eine spürbare Dynamik. Getragen werde Vorzeigenummern wie „Winter“, „Bergmann“ oder „Sisyphos“ von Bastus am Mikro, der stimmlich wie auch von der Ausstrahlung her mehr als nur überzeugt und keinen Vergleich scheuen muss. Zwar dauert es, bis das Publikum in den interaktiven Momenten auf Touren kommt, die Leistung von RELIQUIAE schmälert dies allerdings nicht im Geringsten. Mit Songs über die Liebe präsentieren die Folkrocker dazu bis dato Unveröffentlichtes, das nahtlos an die letzten beiden Werke „Pandora“ und „Winter“ anschließt. Echte Makel in der Darbietung zu finden, gestaltet sich auch gegen Ende schwer und so hinterlassen RELIQUIAE einen rundum positiven Eindruck, garniert durch einige Songs mit echtem Ohrwurmpotential.
VOGELFREY gestalten ihre Headliner-Show anschließend ähnlich gelungen: Das Set eröffnen die Nordlichter mit ihrer Videosingle „Crystal Met“, dessen lyrische Substanz sich auch live auf einem Bierdeckel zusammenfassen lässt, aber zum Feiern einlädt. Auf „Mittelalter Rockstar“, den zweiten Vorboten und gleichzeitig das Paradestück von „In Ekstase“, müssen die Fans bis in den Zugabenblock warten. Dort überzeugt der ironische Song allerdings als Beinahe-Rausschmeißer und erfrischend neue Idee. Die Zeit dazwischen füllen VOGELFREY mit viel Material von „In Ekstase“. Den meisten aktuellen Stücken ist eine Annäherung an den Stil von Feuerschwanz und Co. anzumerken. Das geht zum Teil auf Kosten der Härte, für die die Musiker bis dato bekannt gewesen sind und die sich jetzt noch in Growls bei „Berzerkerwut“ oder härteren Riffs wie im wenig gelungenen „Heiland“ wiederfinden. Vereinzelt fegt Jannik auch als Derwisch mit typischen Hip-Hop-Bewegungen über die Bühne, die den etwas heterogenen Gesamteindruck festigen. Zu ihrer Performance haben sich VOGELFREY zudem einige optische Extras ausgedacht wie eine Dornenkrone zu „Heiland“, Gesichtsmasken für fast alle Bandmitglieder im Rahmen von „Maskenball“ und regelmäßig Sonnenbrillen als zusätzliches Accessoire. Mittendrin regnet es auch selbstbedruckte Schokolinsen in kleinen Plastikbeuteln. Die Show entschädigt teilweise für ein paar Füller im rund 80-minütigen Set, die mehr wie Resteverwertung von Hauptmann Feuerschwanz und Co. anmuten. Höherwertiger wird es unter anderem bei „Abschaum“ aus älteren Tagen und bandinternen Klassikern wie „Schuld ist nur der Met“. Die Metzgerschürze und die Spielzeugpuppe zum ebenfalls etablierten Gemetzel bei „Feenfleisch“ packt Jannik als vorübergehenden Abschluss des Live-Sets aus. Auch nach mehreren Jahren scheinen sich an diesem Schauspiel die Geister ein wenig zu scheiden, für viele ist diese kleine Zeremonie aber auch untrennbar mit VOGELFREY live verbunden.
Am Ende bleibt für alle anwesenden Folkrock-Fans ein sehr würdiger Einstieg in das Konzertjahr 2018 und die Hoffnung, dass eine oder auch beide Combos im Laufe des Jahres vielleicht noch einmal im Rahmen eines Festivals oder anderweitig gen Süden reisen. Die Werbung in eigener Sache ist beiden Kapellen mit diesem Gastspiel gelungen und kurzfristige Absagen mangels Vorverkauf wie in Frankfurt am Tag darauf gehören zukünftig hoffentlich der Vergangenheit an.