Konzertbericht: Versengold w/ dArtagnan

27.10.2017 München, Freiheiz

Mit „Zeitlos“ gingen VERSENGOLD zum ersten Mal auf ausgedehnte Headliner-Tour, bei ihrem Gastspiel in München spielten die norddeutschen Durchstarter dazu erstmals im Freiheiz auf. Zwei Jahre später haben sie ihr neues Werk „Funkenflug“ im Gepäck, gastieren erneut in der bayerischen Landeshauptstadt und kehren ins Freiheiz zurück. Während die Menge vor der Bühne, unter anderem dank Platz 2 in den deutschen Albumcharts und neuem Major-Deal, merklich zugenommen hat, ist die Anzahl der Musiker inzwischen um einen geschrumpft. Der Energie und Spielfreude tun die jüngsten Entwicklungen aber keinen Abbruch.

Energie und Spielfreude transportieren auch DARTAGNAN in den restaurierten Backsteinbau. Beim Opener „Neue Helden“ stimmt im Klangbild zwar noch nichts, doch dank den Vollprofis auf der Bühne und an der Technik werden die Mängel im Sound und beim Mix blitzschnell korrigiert. Mit „Verehrt und verdammt“ haben die Musketiere ihre zweite Studioproduktion aufgesattelt und diese bildet nebst den Vorzeigestücken des Debüts „Seit an Seit“ die Setliste für diese Support-Tour. Zum Cover von „Was wollen wir trinken“ gesellt sich Flo von Versengold an der Geige zu den drei Säbelschwingern und spätestens ab diesem Punkt hat die Partystimmung das gesamte Freiheiz erreicht. Zwar liegen manche Lieder wie „Jubel“ oberhalb der Schlagerschmerzgrenze, doch das Klangbild von DARTAGNAN ist live insgesamt ein deutlich Folkigeres als es die beiden Veröffentlichungen und die damit einhergehende Medienpräsenz bei Florian Silbereisen und Co. nahelegen. Dass zwei der drei Musketiere auch bei Feuerschwanz in Lohn und Brot stehen, offenbaren einzelne Stücke wie „Die Nacht gehört dem Tanze“. Musikalisch geht dies allerdings völlig in Ordnung, da nie das Gefühl aufkommt, dass musikalische B-Ware abgegriffen wurde. Ganz zum Schluss kreuzt das Trio seine Säbel und nicht wenige der Anwesenden dürften nach den 45 überzeugenden Minuten bereits jetzt Lust auf die Frühjahrstour 2018 bekommen haben, die die drei Musiker im März erneut nach München führt.

„Niemals sang- und klanglos“ als Opener steht sinnbildlich für VERSENGOLD: Egal, wo die sechs Norddeutschen in letzter Zeit auftauchen, sie sorgen für mächtig viel Laune und verbreiten glaubwürdig unbändigen Enthusiasmus für ihre eigene Musik. Mit „Samhain“, „Feuergeist“, „Verliebt in eine Insel“ und „Haut mir kein Stein“ sind alle Vorzeigestücke von „Funkenflug“ völlig zurecht als feste Bestandteile im Live-Set des Sechsers gelandet. Das aktuelle Tour-Set funktioniert bereits nach der Hälfte aller Stopps exzellent, unter anderem da VERSENGOLD viele Stücke bereits auf Märkten open-air gespielt haben und somit eingroovt sind. „Solange jemand Geige spielt“ haben sich Malte, Flo und Co. allerdings für ihre Herbst-Tour aufgespart, dieser Folk-Pop-Mix dürfte der inoffizielle Nachfolger von „Schon immer mal“ werden und beweist, dass die Nordlichter sich längst von ihren Marktwurzeln gelöst haben und über den Tellerrand blicken. Auf dem schmalen Grad zwischen Folk und Pop bewegen sich VERSENGOLD überwiegend mit traumwandlerischer Sicherheit: Das beweist neben den eingangs erwähnten Vorzeigesongs auch das lyrisch starke „Das wär‘ ein Traum“, bei dem sich Malte stimmlich von einer anderen Seite zeigt. Zum instrumentalen „O’Rileys Lichterfest“ wagt wiederum Flo mit seiner Violine einen Ausflug in die Menge und lässt sich lautstark gefeiert auf einem Case quer durch das Freiheiz schieben.

Insgesamt wirkt es so, dass bei VERSENGOLD in der jetzigen Form besonders die schnelleren Passagen mit vielen Instrumenten und Melodiefolgen von gewachsenen Möglichkeiten profitieren. Sinnbildlich dafür stehen auch „Biikebrennen“ als zweites Instrumental sowie die kollektive Ekstase beim „Ablasstanz“ gegen Ende. Nur das balladeske „Nebelfee“ reicht gefühlt nicht ganz an „Vom Zauber des Wildfräuleins“ heran und „Herz durch die Wand“ ist dann doch eine Prise zu viel PUR. Dafür entschädigen druckvolle Live-Perlen wie „Spaß bei Saite“ oder „Paules Beichtgang“ sowie das Gastspiel von Ben von DARTAGNAN bei „Verliebt in eine Insel“. Bassist Eike fliegen bei seiner Angus-Young-Tanzeinlage zu „Wem? Uns“ die Herzen des Publikums zu, ehe der Saitenvirtuose im Zugabenblock auch stimmlich bei einem kurzem AC/DC-Cover von „Highway To Hell“ mehr als überzeugt. Selten hat sich ein Bassist mehr als Ersatzsänger qualifiziert. Die Zugaben bestehen aus zwei mehrminütigen Medleys mit wohl allen Songs, die einem Teil der älteren Fans im Set gefehlt haben dürften, sowie „Ich und ein Fass voller Wein“ als krönendem Abschluss. Dazu liegen sich in München fast alle Gäste in den Armen und lassen gemeinsam den stimmungsvollen, abwechslungsreichen Konzertabend ausklingen.

Mit ihrer jetzigen Ausrichtung sind VERSENGOLD auf dem Höhepunkt ihres Schaffens angelangt, wenngleich Pinto mit seiner Bodhran besonders als Bühnenpersönlichkeit wohl für immer eine Lücke hinterlassen wird. Im aufgemotzten Soundgewand ist seine musikalische Beteiligung jedoch entbehrlich und so wie die Chartstürmer sich aktuell mit ihrem inzwischen vermehrt modern interpretierten Folk präsentieren, fällt es schwer, über (bessere) Alternativen nachzudenken. Spätestens durch „Funkenflug“ qualifizieren sich VERSENGOLD für die großen Headliner-Plätze auf Burg- und anderen Szenefestivals, wenngleich sie dafür einige alte und vielleicht auch liebgewonnene Zöpfe abschneiden mussten.   

 

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