Neun lange Jahre mussten sich die Fans gedulden, ehe THE WHO wieder auf deutschen Bühnen zu sehen waren, wenn auch nur an zwei Abenden – in Oberhausen und Stuttgart. Unter dem Motto „The Who Hits 50“ wird nicht nur das entsprechende Bandjubiläum begangen, sondern auch jede Menge Hits der Truppe gespielt.
Eröffnet wird der Abend von SLYDIGS, die mit ihrem an die Rolling Stones erinnernden Rock ‘n‘ Roll perfekt ins Setting der Veranstaltung passen. Mit jeder Menge Energie und einem starken Sound sorgen die Herren aus dem englischen Warrington für eine Menge Freude, die sich in entsprechendem Applaus niederschlägt. Dass die Truppe trotzdem nur bei wenigen Besuchern einen wirklich bleibenden EIndruck hinterlässt, liegt dabei sicher nicht an SLYDIGS selbst, sondern an der enormen Spannung und Erwartung angesichts des nahenden Headlinerauftrittes.
Die gut halbstündige Umbaupause wird den Anwesenden gekonnt verkürzt, indem auf dem riesigen Bildschirm an der Rückseite der Bühne interessante Infos über den heutigen Headliner dargeboten werden, etwa wie das Logo entstand, wann welche Alben veröffentlicht und Touren gespielt wurden und vieles mehr – klasse Idee.
Sobald das Licht ausgeht und die legendären Engländer von THE WHO die Bühne betreten, ist die Begeisterung der Anwesenden sofort am Anschlag und wird auch nicht durch den Umstand getrübt, dass die Schleyer-Halle heute komplett bestuhlt ist (ob das dem Durchschnittsalter der Fans geschuldet ist, ist nicht bekannt). Und doch fällt bei allem Enthusiasmus auf, dass Roger Daltrey heute nicht gut bei Stimme ist und besonders in den höheren Lagen nur überlebt, weil Petes jüngerer Bruder Simon Townshend nicht nur Gitarre spielt, sondern auch stark bei Stimme ist und den guten Mann unterstützt. Interessanterweise wird Daltreys Stimme in der zweiten Hälfte der Show jedoch deutlich besser – vielleicht hatte er sich nicht ausreichend warmgesungen.
Ohne Fehl und Tadel hingegen ist Bandkopf Pete Townshend, der die Anwesenheit seines Rhythmusgitarre spielenden Bruders nutz, um einige solistische Farbtupfer in die Songs einzustreuen und sich sogar zu einigen Tapping-Soli hinreißen zu lassen. Der Mann ist zwar kein Joe Satriani, spielt aber dermaßen gefühlvoll, energiegeladen und mit einer ansteckenden Begeisterung, dass man nicht anders kann, als zu applaudieren, was das – meist stehende – Publikum auch entsprechend tut.
Grund dafür bietet neben der Leistung der Band auch die starke Setlist. Angefangen von „Who Are You“ über „I Can See For Miles“ und „Bargain“ spielt die Band alles, was man sich wünschen kann. „The Rock“ wird von einer Videocollage untermalt, die vom Vietnamkrieg bis zu den Attentaten von Paris zeigt, was Menschen sich alles antun. Die Kombination aus Musik und Video macht die Nummer zu einer großen Rockoper, „Relay“ hingegen kommt funkig-groovend daher und „Eminence Front“ wird mit einigen digitalen Loops aufgepeppt, wohingengen „Join Together“ sehr reduziert dargeboten wird. Zum Ende hin kommt gibt es dann noch die geballte Ladung Hits, die das Ende der Show in eine Art Best Of verwandeln: „Tommy“, „Amazing Journey“, „Sparks“, „The Acid Queen, „Pinnball Wizard“, „See Me, Feel Me“. Beim folgenden „Listening To You“ steht die gesammte Halle und singt lautstark mit. Besser geht’s nicht? Doch – mit „Baba O’Riley“ und „Won’t Get Fooled Again“, die eine perfekte Rockshow abrunden.
Und am Schluss ist allen Anwesenden klar, dass dieser Abend etwas Besonderes war. Eine der größten Rockbands aller Zeiten, die nach einer knappen Dekade noch einmal in Deutschland aufspielen und dabei restlos begeistern. Wohl dem, der das miterlebt hat, denn wie oft man dazu noch die Chance bekommt, steht in den Sternen – die Herren sind ja allesamt nicht mehr die Jüngsten.