Konzertbericht: The Casualties

11.08.2019 München, Strom


2017 gab Sänger Jorge Herrera bekannt, THE CASUALTIES zu verlassen. Für die Streetpunk-Legende sicher keine einfache Situation, schließlich war Herrera nicht nur das Gesicht, sondern auch das letzte verbliebene Gründungsmitglied der Band. Doch die Reise geht weiter: Mit David Rodriguez am Mikrofon, einem gelungenen Album („Written In Blood“) – und natürlich unzähligen Konzerten. Nach einer umfangreichen Europatour zu Jahresbeginn sind die Amerikaner nun zurück in Europa.

An einem Montag, ohne weitere Band im Schlepptau – die Show in München ist nicht ohne Risiko geplant. Tatsächlich füllt sich das Strom heute auch nur schleppend. Als der Auftritt um 21:15 Uhr beginnt, stehen trotzdem gut 60 Fans – ein bunter Mix aus Altpunks, jungen Punkern, Oi-Skins und Metalheads – vor der Bühne. Und nicht nur das: Schon als das Intro für THE CASUALTIES erklingt, beginnen die ersten freundlichen Kabbeleien, die sich direkt im Opener „Feed Of Fear“ zu einem Pogo ausweiten, in dem es nicht eben zimperlich zugeht.

Doch THE CASUALTIES wissen, wie man aus einem Publikum noch mehr herausholt: Während Rick Lopez die Clubwand entlang geht und die Fans in die Mitte drängt, springt Rodriguez kurzerhand ins Publikum. Einzig seinem eindrucksvollen, roten Irokesenschnitt ist zu verdanken, dass der eher klein gewachsene Sänger hier noch auszumachen ist. Wenig später geht es im Strom nämlich richtig rund: Circlepits, eine „Sunday Wall Of Death“, wie Rodriguez es nennt, und immer wieder völlig chaotischer Pogo sorgen für schweißtreibende Temperaturen und in der Summe vermutlich mehr verschüttetes als getrunkenes Bier.

Damit im Zuschauerrauem niemand schlapp macht, während die New Yorker Hits wie „1312“, „My Blood. My Life. Always Forward“ oder „Running Through The Night“ raushauen, wird vom Club zwar kein Freibier, immerhin aber kaltes Leitungswasser verteilt. Doch weil kein Alkohol bekanntlich auch keine Lösung ist, teilen THE CASUALTIES freimütig ihr Bühnenbier mit dem Publikum, das sie spätestens jetzt ganz auf ihrer Seite haben.

Da zum Punk neben Bier auch Politik gehört, bleibt freilich auch diese nicht außen vor. Sei es nun für die Gleichberechtigung aller Menschen oder gegen Donald Trumps Mauer: Ungehörte Weisheiten verkündet Rodriguez hier zwar keine, in Zeiten wie den unseren schadet es aber sicher nicht, selbstverständlich Geglaubtes oft und laut zu wiederholen. So schreit das Publikum auch bereitwillig „Fuck Donald Trump“ mit, übernimmt den Chor in „Ya Basta“ oder entert zum finalen „We Are All We Have“ kollektiv die Bühne, um nach 60 Minuten wilder Schubserei noch einmal friedliche Geschlossenheit zu zelebrieren.

  1. Feed Of Fear
  2. Under Attack
  3. Ugly Bastards
  4. For The Punx
  5. 1312
  6. Unknown Soldier
  7. Frontline
  8. Resistance
  9. Demoution
  10. Riot
  11. Ramones
  12. My Blood. My Life. Always Forward
  13. Ya Basta
  14. Punk Rock Love
  15. Written In Blood
  16. Running Through The Night
  17. Chaos Sound
  18. Borders
  19. Ashes Of My Enemies
  20. We Are All We Have

Keine Frage: Einen Herrera ersetzt man nicht mal eben so. Insofern lässt sich nicht verleugnen, dass THE CASUALTIES ohne ihren angestammten Fronter in gewisser Weise eine andere Band geworden sind. Und doch sind THE CASUALTIES 2019 noch immer THE CASUALTIES: Laut, energiegeladen und immer einen Besuch wert.

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