Konzertbericht: Tesseract

12.12.2020 Fareham, Lite Up Studios (Stream-Show)

Haken fassen mit dem Titel ihres aktuellen Albums „Virus“ das Jahr 2020 in einem Wort zusammen und TESSERACT gehen mit einer „Cinematic Live Experience“ namens „Portals“ auf Sendung, just in dem Moment, als weltweit vermeintlich mysteriöse Monolithen auftauchen: Die Ereignisse von 2020 scheinen manchen Bands zufällig eine (unliebsame) Marketinghilfe zu verschaffen. Während der offizielle Start der Show und somit der zahlungspflichtige Teil für 20 Uhr terminiert ist, beginnt die kostenlose Pre-Show bereits eine Stunde früher. Sicherlich sollen dadurch jene Zuschauer vom Kauf eines Tickets überzeugt werden, die noch unschlüssig sind, umgerechnet 18 € für das Stream-Konzert auszugeben.

Die Pre-Show gestaltet sich als ein Live-Q&A mit allen Bandmitgliedern, die von ihren heimischen Couches oder Musikzimmern zugeschalten sind und allerlei Fragen rund um die Entstehung der Show beantworten. TESSERACT geben u. a. zu, natürlich nichts mit den weltweit erschienenen Monolithen zu tun zu haben.
Nach einer halben Stunde Fragerunde startet im Anschluss der zehnminütige Blick hinter die Kulissen, der den einwöchigen Vorbereitungs- und Aufnahmeprozess der Show zeigt – laut Sänger Dan „TESSERACTs biggest project to date“. Drei Monate Vorbereitungszeit, produziert von Bassist Amos, Mix und Mastering übernommen von Gitarrist Acle: Diese Fakten lassen etwas Großartiges erahnen.

Screenshot der Live-Stream-Show, Foto-Credit: Lite Up Studios, Tesseract

Bereits während des Openers, der „Of Matter“-Trilogie, beschleicht einem das Gefühl, dass der Sound dieser Stream-Show wesentlich besser ist als der originale Mix mancher Songs, besonders von denen auf „Altered State“. Jeder Schlag auf die Snare oder auf ein Becken, jeder Anschlag einer Basssaite, jeder Riff und jeder Gesang brillieren in absoluter Klarheit und Präzision nebeneinander.
Ob Dans Falsett in “Beneath My Skin/Mirror Image” vom aktuellen Album „Sonder“, sein Klargesang auf den „Polaris“-Hits „Cages“ und „Phoenix“ oder seine kräftigen Shouts in den ersten Teilen der „Concealing“-EP, der Sänger wächst in dieser Performance über sich hinaus. Gleiches lässt sich von Aushilfsschlagzeuger Mike Malyan behaupten, der für den in Amerika verbliebenen Banddrummer Jay Postones eingesprungen ist. Malyan, aktueller Schlagzeuger von Monuments und ehemaliger Drummer von The Algorithm, ist ein Highlight für sich: Sein dynamisches, facettenreiches Spiel treibt die Gitarristen Kahney und Monteith ordentlich an, während seine groovigen Fills Schlagzeugenthusiasten ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern dürften.

Screenshot der Live-Stream-Show, Foto-Credit: Lite Up Studios, Tesseract

Dieses verschwindet jäh, als bei „Of Energy – Singularity“ das Live-Bild verschwindet und stattdessen ein Standbild des „Portals“-Banners erscheint. Wenige Minuten vergehen, bis im Chat mitgeteilt wird, dass der Stream aufgrund technischer Probleme nicht zu Ende angesehen werden kann. Grund sei eine beschädigte Datei; Abhilfe schaffe etwas Geduld, bis der Stream als Video-on-Demand zur Verfügung gestellt wird.
Natürlich könnte man nun solche technischen Probleme als typische Tücke eines Couchkonzerts benennen, aber auch einem Devin Townsend versagte live mal die Technik – Shit happens, ob live auf der Bühne oder während eines Streams. Nach einer halben Stunde flimmern die letzten beiden Tracks „Of Energy – Embers“ und „Seven Names“ über den Bildschirm. Besonders diese gefühlt einmalige Kombination an Songs, das live kaum gespielte „Eden“, die beiden „Of Energy“-Tracks und „Seven Names“, lassen das letzte Fünftel von „Portals“ zum wahr gewordenen Traum jedes TESSERACT-Fans werden.

Screenshot der Live-Stream-Show, Foto-Credit: Lite Up Studios, Tesseract
  1. Of Matter – Proxy
  2. Of Matter – Retrospect
  3. Of Matter – Resist
  4. King
  5. Concealing Fate, Part 1: Acceptance
  6. Concealing Fate, Part 2: Deception
  7. Concealing Fate, Part 3: The Impossible
  8. Tourniquet
  9. Beneath My Skin / Mirror Image
  10. Orbital
  11. Juno
  12. Cages
  13. Dystopia
  14. Phoenix
  15. Of Mind – Nocturne
  16. Eden
  17. Of Energy – Singularity
  18. Of Energy – Embers
  19. Seven Names

TESSERACT fahren in dem über anderthalb Stunden währenden Stream-Konzert sämtliche Geschütze auf, die den Kauf des Online-Tickets minütlich neu rechtfertigen. Eine glasklare wie drückende Produktion auf der einen Seite, eine unaufdringliche, aber wirkungsvolle Licht- und Lasershow auf der anderen machen „Portals“ zu einem Highlight in der Konzert-Stream-Landschaft.

PS: Aufgrund des technischen Ausfalls lassen die Briten als Zeichen der Versöhnung die Show länger als geplant online. Wer TESSERACT in Bestform sehen möchte, hat hierzu bis zum 18.12.2020 um 23:59 Uhr die Gelegenheit – unbedingt ergreifen!

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