Nach der Norther Alliance Tour Part 1 im Mai 2022 (Metal1.info berichtete aus Wien) geht die Tour mit KAMPFAR, TAAKE und, anstelle von Helleruin nun im Billing, NECROWRETCH im September in die zweite Runde. Drei Tage vor dem Gig in Mörlenbach hatten in Paris die Fans das Nachsehen, denn TAAKE durften aus den altbekannten Gründen kurzfristig nicht auftreten. In Mörlenbach ist von solchen Bestrebungen hingegen nichts zu spüren. Der Clubbesitzer der „Live Music Hall Weiher“, selbst Band-Manager und Black-Metal-Fan, freute sich mit seinem Publikum seit Beginn der Corona-Krise auf den seit langem ausverkauften Gig.
NECROWRETCH, eine französische Death-/Black-Metal-Formation, die seit 2008 ihr Unwesen treibt, machen den menschenverachtenden Lyrics in ihren Songs alle Ehre. Mit den Worten „Come on, you filthy fuckers!“ betreten sie die spärlich mit rotem Licht erhellte Bühne. Ein paar kurze Worte der Abscheu gen Publikum und eine durchweg grimme Mimik bleiben auch die einzige „Interaktion“ während des Auftritts. Doch dafür schleudern Sie einen satanischen Brecher nach dem anderen in die Menge. Fans des guten alten, soliden, misanthropischen Black-Metals dürften bei dieser Band wahre Freude empfinden. Düster-schwer anmutende Gitarrenriffs mit leicht skandinavischem Touch dominieren die Musik. Da die Texte auf Englisch sind, versteht man auch ab und an etwas von den Feindseligkeiten, die NECROWRETCH lyrisch zum Besten geben. Man spielt sich quer durch die vier Alben und unzähligen EPs umfassende Diskographie. Ihre letzten beiden Scheiben, „Satanic Slavery“ und „The Ones From Hell“, sind hierbei etwas stärker vertreten. Die rohschwarzen Kompositionen verfehlen ihre Wirkung nicht: Das Publikum huldigt den Franzosen gebührend und ist so gut auf die folgenden Bands eingestimmt.
- The Ones From Hell
- Satanic Slavery
- Putrefactive Infestation
- Luciferian Sovranty
- Absolute Evil
- Even Death May Die
- Bestial Rites
Wer würde entscheiden wollen oder können, welcher der beiden Bands – TAAKE und KAMPFAR – bei so einer Tour eigentlich der Headliner-Slot zusteht? Es hätten ihn beide gleichermaßen verdient. Und so haben KAMPFAR als Haupt-Organisatoren der Tour kurzerhand entschieden, dass sie selbst auf den Tour-Flyern zwar an oberster Stelle genannt werden, aber dafür zuerst auf der Bühne stehen und TAAKE den Headliner-Slot gewähren.
So füllt es sich spätestens mit Beginn der ersten Töne von KAMPFARs „Our Hounds, Our Legions“ vor der Bühne, als Frontmann Dolk hochmotiviert den Gig eröffnet. Schlagzeuger Ask ist aus persönlichen Gründen bei diesem Leg nicht dabei, für ihn springt Tomas K. Mjånes Myklebust von Mistur ein. Das Publikum geht vom ersten Song an richtig mit: Viele Fans gröhlen mit, auch wenn wohl nur die wenigsten die Lyrics kennen, da ein Großteil der KAMPFAR-Texte auf Norwegisch verfasst sind. Insbesondere Fronter Dolk scheint die Freude an Live-Gigs nie verloren zu haben: Er interagiert ununterbrochen mit den Fans und hat keinerlei Berührungsängste. Die recht kleine Bühne ist allerdings auch wie gemacht dafür. Passend dazu hält Dolk eine kurze Rede darüber, wie cool er es findet, auch kleinere Gigs in so intimer Atmosphäre zu spielen, wo er quasi inmitten der Fans ist.
Es werden Songs der letzten vier Alben mit einigen uralten Tracks gemischt. So schafft es etwa „Ravenheart“ aufgrund vermehrter Nachfragen von Fans zurück in die Setliste. Während des patriotischen Songs „Swarm Norvegicus“ schwenkt Dolk eine Flagge mit der Aufschrift „Death“. Und auch sonst wird versucht, in allen Aspekten eine Show zu bieten, die über die alleinige musikalische Performance hinausgeht: Gitarrist Ole und Bassist Jon batteln sich bei den Instrumentalparts und posen, was das Zeig hält. Und sogar eine richtige, an jeden Track angepasste Lightshow wird geboten. In der Mitte des Auftritts wird ein neuer Song names „Urkraft“ performt, ein brachiales Stück, das alte und neue Elemente aus KAMPFARs Stil vereint. Das zugehörige Album „Til Klovers Takt“ wird am 11. November 2022 über Indie Recordings erscheinen.
Ein besonderes, emotionales Highlight ist die kurze Ansprache dar, die Dolk vor dem Song „Tornekratt“ hält. Ohne einen Namen zu nennen, verurteilt er „denjenigen“, der da momentan meint, die ganze Welt tyrannisieren zu können. Die Ansage endet mit der Message, dass auch diese Person, wie wir alle, zur Hölle fahren wird. Fast schreiend führen diese letzten Worte direkt in den Beginn des Songs „Tornekratt“ (ein Tornekratt ist ein Folterbrett aus dem Mittelalter). Nach „Det Sorte“ findet das Spektakel sein Ende. Das Publikum ist hellauf begeistert und fordert sogar Zugaben.
- Our Hounds, Our Legion
- Troll, Død Og Trolldom
- Ophidian
- Swarm Norvegicus
- Urkraft
- Mylder
- Ravenheart
- Tornekratt
- Det Sorte
TAAKE haben es daraufhin zunächst fast etwas schwer, diese Begeisterung aufrecht zu erhalten – zumal die Hitze in der Location des einen oder anderen Durchhaltevermögen schwächt. Los geht es mit „Nordbundet“: In blaues Licht getaucht setzt Frontmann Hoest mit seinem langen Umhang auf Schattenspiele und große Gesten im Gegenlicht. Kühl, aber professionell werden die Songs dargeboten. Die Lautstärke wird dabei so weit aufgedreht, dass einige Besucher – trotz Ohrstöpseln – den Club verlassen und von draußen zuhören.
Verglichen mit dem ersten Leg der Tour wurden die Tracks „Umenneske“, „Bjoergvin Graater Himmerik 4“ und „Over Bjoergvin Graater Himmerik 6“ neu hinzugenommen. Der Kern der Setlist, bestehend aus acht Songs, bleibt hingegen mit dem Set des ersten Tour-Legs identisch. Auch sonst gibt es wenig „Neues“: In Sachen Show setzen TAAKE auf Altbekanntes und Bewährtes. So liefern TAAKE an diesem Abend einen gewohnt soliden Gig ab, der eine astreine Black-Metal-Atmosphäre heraufbeschwört. Mag dieser bisweilen auch etwas arg routiniert wirken, ist das Publikum schlussendlich dennoch begeistert – und nur das zählt.
- Nordbundet
- Du Ville Ville Vestland
- Fra Vadested Til Vaandesmed
- Orkan
- Myr
- Doedsjarl
- Umenneske
- Bjoergvin Graater Himmerik 4
- Over Bjoergvin Graater Himmerik 6
- Hordalands Doedskvad 1
- Nattestid Ser Porten Vid, Part I
Im Vergleich zum ersten Teil der „Norther Alliance Tour“ kann man sagen, dass NECROWRETCH eine Überraschung und Bereicherung als Support waren. Desweiteren haben sowohl TAAKE als auch KAMPFAR ihre Setlist um einige Tracks aufgestockt. Das war insofern eine richtige Entscheidung, gab es im Publikum doch durchaus Fans, die auch schon eine Show des ersten Legs dieser Tour besucht hatten. Beide Headliner haben eine Fan-Basis, die auch gerne mal eine Reise unternimmt – sogar in diesen bewegten Zeiten. Ob die Tour auch so gut gelaufen wäre, wäre sie erst in der Pandemie in den Vorverkauf gegangen, steht natürlich auf einem anderen Blatt. So jedenfalls können sich KAMPFAR und TAAKE einer gutbesuchten Tour mit ausverkauften Shows im Jahr 2022 rühmen – auch das kann derzeit wahrlich nicht jede Band.