Konzertbericht: Sunn O))) w/ Big|Brave

01.09.2016 München, Feierwerk (Hansa 39)

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Sieben Jahre ist es her, dass SUNN O))) in München zu Gast waren und ihr damals aktuelles Album „Monoliths & Dimensions“ vorstellten. Im September 2016 sind Stephen O’Malley, Greg Anderson und ihre Mitmusiker schließlich zurück im Feierwerk und haben ihr neues Album „Kanon“ im Gepäck – auch wenn bei den Liveaufritten der Band kaum bestimmte Lieder auszumachen sind. Aufgrund der langen Auftrittspause und dem Seltenheitswert eines Konzerts der Drone-Doom-Legenden ist es nicht verwunderlich, dass das Hansa 39 kurz nach dem leicht verspäteten Einlass restlos ausverkauft ist. Die hohe Temperatur und fast greifbare Luftfeuchtigkeit im Inneren sorgen allerdings zunächst für eine stattliche Menschenansammlung vor dem Eingang.

Big Brave

Um kurz nach 21 Uhr geht es schließlich in der voll gepackten Location los – allerdings noch nicht mit dem von allen erwarteten Ritual, sondern mit einer unangekündigten Vorband, den Sunn-O)))-Labelkollegen BIG|BRAVE. Das Trio aus Kanada meistert die schwere Bürde des Anheizers für eine kaum zu beschreibende und mythische Performance durchaus gelungen. Musikalisch im doomigen Sludge angesiedelt kann die Band mit den düsteren Klängen von Sumac verglichen werden, wobei der markante Frauengesang – und das quietschende Gekreische – an Julie Christmas erinnert. In ihren gut dreißig Minuten Spielzeit schaffen es BIG|BRAVE mit ihren tonnenschweren, in Slow Motion gehaltenen Riffs und verstörenden Elementen durchaus für einige nickende Köpfe im Hansa 39 zu sorgen und auch der Applaus am Ende des Konzerts fällt mehr als nur anerkennend aus. Definitiv ein Auftritt, der Lust auf mehr macht.

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Erst einmal heißt es nun aber warten. Die von zwölf Verstärkern, noch mehr Boxen, einigen Synthesizern und einer Posaune dominierte Bühne liegt nach einem kurzen Soundcheck erst einmal mehr als eine halbe Stunde lang brach. Um kurz nach 22 Uhr beginnen schließlich vier Nebelmaschinen auf Anschlag die Sichtweite im Hansa 39 deutlich einzuschränken – 20 Minuten lang. Das Ergebnis: Die eigene Hand vor dem Gesicht ist kaum noch auszumachen. Nachdem einige anscheinend betrunkene Zuschauer ihrem Unmut über die lange Wartezeit penetrant und unhöflich pfeifend Luft gemacht haben, erlischt das Licht um 22:30 Uhr und eine beschwörende Stimme trägt choralartig eine fremdsprachige Litanei vor. Durch den dichten Nebel und die nahezu vollständige Dunkelheit wird das Gefühl erzeugt, komplett alleine in einer nicht mehr greifbaren Landschaft zu stehen, der Schweiß rinnt allen Anwesenden aus allen Poren – und dann beginnt es: Der Nebel färbt sich orange, SUNN O))) greifen in ihre Gitarren und bringen das Hansa 39 zum Beben. Erst nach und nach verziehen sich die Nebelschwaden und geben den Blick auf die fünf Musiker frei, die in ihre Kutten gehüllt beschwörend gestikulieren und ganz in Lautstärke und Dröhnen verschwinden.

Sunn_02Was in den folgenden knapp zwei Stunden passiert, ist schwer zu beschreiben. Alles wird langsamer, seien es die Gitarrenakkorde, das Posaunenspiel, das der Musik beinahe jazzigen Charakter verleiht, der Griff von Stephen O’Malley zur Rotweinflasche, der Herzschlag der Anwesenden – SUNN O))) packen das stillstehende und ehrfürchtig schweigende Publikum am Kragen und schnüren ihm durch ihre Soundwände die Luft ab. Manchen Zuschauern davon leider zu wörtlich: Ob durch die benommen machende Atmosphäre oder den nahezu tropischen Temperaturen begründet, klappen einige Personen schlicht zusammen und müssen aus dem Raum getragen werden. Als Sänger Attila in einem mit Spiegelscherben dekorierten Umhang und mit einer Stachelkrone auf dem Kopf die Bühne betritt und zu den letzten Krächzern ausholt, hat sich die Zuschauerzahl entsprechend schon deutlich gelichtet – wobei dies wohl eher auf die doch recht fortgeschrittene Uhrzeit für einen Wochentag zurückzuführen ist. Kurz vor 0:30 Uhr ist der Abend beendet, die Verstärker brummen nicht mehr, die Band steht ohne Kutten auf der Bühne und bedankt sich beim erschöpft, dennoch frenetisch klatschenden Publikum.

Sunn_KannonFAZIT: Die intensiven und speziellen Eindrücke, die SUNN O))) bei ihrem Auftritt im Hansa 39 erzeugen in Worte zu fassen, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, funktioniert diese Band doch auf einer anderen als rein musikalischen Ebene. Dies wird besonders im Vergleich zur überzeugenden, im Vergleich jedoch nur bemüht wirkenden Vorband Big|Brave deutlich. Dennoch oder gerade eben deshalb sollte jeder musikinteressierte Mensch sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, SUNN O))) zu erleben.

Warum dieser Bericht leider ohne Konzertfotos auskommen muss, könnt ihr auf unserer Facebook-Seite nachlesen.

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