Freitag
KEEP OF KALESSIN waren am Summernights-Freitag der erste vollwertige Auftritt für mich nach einer kurzen Einlage ULTRAWUSCHT zuvor. Die Norweger ärgerten sich wohl so über ihren Mittagsslot bei glühender Hitze, dass sie ihren Frust in Alkohol ertränken mussten – allen voran Fronter Thebon, der fünf Minuten vor Showbeginn wohl schon nicht mehr ganz nüchtern mit zwei weiteren Bieren in Richtung Bühne stolperte.
… Ich erwähnte den strahlenden fünf Minuten vor Showbeginn? Gut, etwa zehn Sekunden später war von dem nicht mehr viel zu merken, viel mehr begann es zu tröpfeln und pünktlich mit dem ersten Song hatte sich der Himmel gänzlich verdunkelt und es schüttete aus Kübeln. „This is fucking Black Metal weather!!!“ ermahnte Thebon die Fans, doch der geneigte Photograph beglückwünschte sich dennoch, unter der weit genug überstehenden Bühne vollkommen trocken zu bleiben. Für die Band wars aber natürlich großartig, sogar die Lightshow kam einigermaßen zur Geltung und man hatte das Gefühl, dass die klatschnassen Fans geradezu trotzig begannen, die Band abzufeiern. Naja, zugegeben, es waren dann im Endeffekt doch nur 20 Minuten des mit unheimlich miesen Sound ausgestatteten Gigs, die es regnete, dann kam die Sonne wieder heraus – zusammen mit einer Schar Photographen, die die Minuten davor zu einem guten Teil weder ein noch aus wusste. Ab da konnte ich mich dann auch endlich der Show an sich widmen, die sich wiedermal sehen lassen konnte, obwohl natürlich selbst diese Band beim inzwischen fünften mal ein wenig mit Abnutzungserscheinungen zu kämpfen hatte. Dennoch „Crown of Kings“, das nach XXL-Rückkopplung am Hauptmikro mit tollem Backgroundsänger-Solo im Refrain aufwartete, und „Many Are We“ waren abermals Paradebeispiele perfekten High Speed-Black Metals. Außerdem ließen sich die Freunde aus Skandinavien nicht nehmen, umfangreiche Schlagzeug- und Gitarrensoli zu präsentieren (Thebon ging nochmal Bier holen), die ihren Höhepunkt in einem von Obsidian C. gespielten Solo auf dem Schlagzeugpodest mit Gitarre hinter dem Kopf fand. Sowas nenne ich Show!
Alles in allem war die Show ein gutes Beispiel dafür, wie sehr das Wetter doch Einfluss auf die Stimmung haben kann, denn ich wage zu behaupten, dass bei dem wirklich üblen Sound, der geboten wurde, bei Sonnenschein wohl niemand richtig mitgegangen wär. So war es auf jeden Fall wieder schwerst in Ordnung, KEEP OF KALESSIN haben es geschafft, sich für mich weiterhin spannend zu halten, obwohl das diesmal wohl nich ihr Verdienst allein war.
Irgendwann am Freitag Nachmittag, als erste Band auf der inzwischen wieder instandgesetzten Hauptbühne wollten nun also LEGION OF THE DAMNED demonstrieren, warum sie urprünglich immerhin als letzte Band vor den Genre-Riesen Kataklysm auf die große Bühne hüpfen sollten – situationsbedingt wars nun allerdings erst 16 statt der ursprünglich geplanten 17 Uhr. Egal, Vorfreude war jedenfalls da. Sie verflüchtigte sich aber sogleich wieder, nachdem ich den Platz vor der Main Stage erstmals in Augenschein nehmen konnte – den kompletten Rasen mit Planen zuzudecken, ist sicher schonender für den Rasen und sinnvoll für die Besucher. In Kombination mit der völlig überdimensionierten Bühne und der verdammt stark runterbrutzelnden Sonne ergab sich aber alles in allem ein Eindruck von Sterilität, wie man ihn auf einem Festival eigentlich nicht für möglich halten sollte. Dafür konnten LEGION OF THE DAMNED zwar nichts, sie taten im Endeffekt allerdings auch überhaupt nichts dafür, den Besucher diesen etwas stimmungsbremsenden Umstand vergessen zu lassen. Im Gegenteil waren die Holländer scheinbar so gebannt von der Szenerie, dass sie sich kurzerhand ebenso steril präsentierten wie ihr Umfeld. Brutale und tight gespielte, aber belanglose Riffs, die zwar glasklar, aber alles andere als organisch aus den Boxen schallten. Dazu ein Herr Swinkels, der sich an Jari Kainulainen ein Beispiel nimmt und sich zum Ziel macht, sich ebenfalls nicht mehr als den Radius eines Bierdeckels von seinem ursprünglichen Standpunkt fortzubewegen. Dazu kommt natürlich, dass man von den meisten LOTD-Mitglieder nie auch nur die Ahnung eines Gesichtes entdeckt, da hier immer zentnerweise Haare im Bild hängen. Finde ich für meinen Teil sehr schade, da die Gestik meiner Meinung nach doch auch nochmal gut dazu beiträgt, Kontakt zum Publikum aufzubauen und dieses zu packen, was bei mir überhaupt nicht funktionierte. Die Fans sahen dies indes anders und feierten die Jungs gut ab, ich hingegegen verabschiedete mich zu den Klängen des Rauschmeißers „Legion of the Damned“ in Richtung 2nd Stage.
Gerade noch rechtzeitig zu den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS. Bzw. den letzten 3-4 Songs der durchgeknallten Deutschen – gereicht hätte sicher ein einziger, um die Stimmung bei Legion of the Damned um ein vielfaches zu übertreffen. Los ging es für mich „Vater Morgana“, nie zuvor gehört, aber dieser Song zündet einfach aufs allererste mal. „Final Grinddown“ dann mit dem Ausdruck von epochaler Tragweite inszeniert mit Live-Trompete und schließlich der Partykracher „Staatsgrind Nr. 1“. Da war die Stimmung quasi im Handumdrehen am Überkochen, ganz egal wie missgelaunt man zur Stage kam. Was für Fans der Band selbstverständlich ist, hat mich dann aber doch sehr überrascht. Neben der beispiellosen Spielfreude vor allem der unerwartet eingängige Sound – ich muss wohl beim Probehören doch immer die Extrembeispiele der Schnellabfertigung diverser Schlagerklassiker erwischt haben, da ging es live doch ein wenig gemäßigter und umso spaßbringender zur Sache. Dieser Gig hat sowohl Band als auch Fans jedenfalls mal zurecht gefallen und hinterlässt einen riesigen gedanklichen Merkzettel, diese Truppe, wenn sie mal wieder vorbeikommt, auf keinen Fall auszulassen.
[Marius]
Mit SATYRICON folgt nun der erste Headliner des Summer-Nights – und besser hätte dieser Slot kaum besetzt sein können. Denn dass die Herren um Satyr und Frost in Top-Form sind, hatten sie bereits auf der vorangegangenen Tour eindrucksvoll bewiesen: Ausverkaufte Hallen, emotionsgeladene Shows und begeisterte Fans waren hier Beweis genug, dass SATYRICON 2009 weitaus stärker als in den Jahren zuvor, vielleicht gar als je zuvor sind.Und den Erwartungen entsprechend verläuft auch diese Show: Von der ersten Minute an geben die Herren alles, das Energiebündel Satyr eilt über die Bühne, Headbangt, kommuniziert mit dem Publikum und greift schließlich gar selbst zur Gitarre. Egal, ob es Songs des neuen Albums wie „Black Crows On A Tombstone“, Songs vom Vorgänger „Now, Diabolical“ oder auch Klassiker wie das finale „Mother North“ (diesmal sogar im richtigen Tempo und nicht, wie live schon so oft, vollkommen atmosphärelos durchgezimmert) – das Publikum frisst ihnen aus der Hand.Als dann mit „Havoc Volture“ auch noch einer der stärksten Hits des „Rebel Extravaganza“-Werkes dargeboten wird, ist wohl auch der letzte Fan zufriedengestellt.SATYRICON haben an diesem Abend gezeigt, dass „Legende“ nicht einhergeht mit „veraltet“ oder „überholt“ – ganz im Gegenteil: Mit ihrer Setlist quer durch alle Alben dürfen sie neue wie alte Fans gleichermaßen beglückt haben. Sicher ist jedoch: SATYRICON sind in Topform – ich freue mich aufs Party.San!
[Moritz]
Samstag
Dass CATARACT als wohl zweitprominentester Vertreter des Genres eigentlich nicht auf der Metalcore-Stage spielten ist wohl auf einen scharfsinnigen Schachzug der Veranstalter zurückzuführen, wie mir gerade erst klar wurde, war die Metalcore-Stage nämlich sage und schreibe nur freitags die Metalcore-Stage um sich dann mir nichts dir nichts am Samstag in eine Viking-Stage zu verwandeln. So landeten CATARACT jedenfalls auf der Main Stage, und es war schon wieder verdammt heiß. Bedingt dadurch war auch bezüglich diverser geforderter Circle Pit-Eskapaden nicht viel geboten und man hatte den Eindruck, dass dies der Band nicht ganz so schmeckte. Gleich wie sehr sich die Schweizer reinhängten, beim Publikum hatte dies keinen großen Effekt. Die wirklich Leidtragenden in Folge des Wetters dürften trotzdem die Fans selbst gewesen sein. Denn bei aller Liebe, Metalcore ist einfach keine Musik bei der es Spaß macht, vor Schweiß triefend unbeweglich rumzustehen, aber anders gings halt nicht, da können CATARACT ihr Material noch so überzeugend darbieten.
Musikalisch fielen die Jungs nicht unbedingt auf, dennoch könnte ich mir das auf der allwinterlichen Persistence Tour in einem kleineren Club ganz gut wieder vorstellen – dann auch mit Circle Pit.
Mit GRAVEWORM ists doch immer so ne Sache: Kaum jemand würde abstreiten, dass sie handwerklich exzellenten Melodic Black / Death Metal spielen, und doch kann ich mich nie dazu durchringen zu sagen, dass mich ein Album packen würde – Der Mix zwischen groovigen Abgeh-Parts und atmosphärischen Stellen mit Keyboard ist so ausgeklügelt, dass schlichtweg keins von beidem so richtig zu zünden vermag. Ähnlich läufts für mich auch immer bei Liveshows der Österreicher. Absolut professionell, die Band sympathisch, Musik wie Gesang kraftvoll, abwechslungreich und überzeugend. Aber irgendwie ohne finale Aussage. Der Rest des Publikums checkt zum Glück immer recht schnell, worum es gehen soll und bangt und mosht sich die Seele aus dem Leib, da ist die Party schon vorprogrammiert. Warum es, trotz dessen, bei dieser Band auf Festivals eigentlich immer wieder zu einer Wall of Death kommt, müsste mal genauer erforscht werden, sie kommt aber jedenfalls immer. Auch das ausgelegte Stroh wurde hingebungsvoll zweckentfremdet und so blieb ich nach der Show abermals ratlos inmitten von glücklichen Fans zurück und wusste nicht so recht, was ich davon nun halten soll. Dass GRAVEWORM eine mustergültige Show mit wirklich gutem Sound geliefert haben steht fest, dass ich sie wieder nicht verstanden habe, ebenso. Darüber, dass Stefano Summer Nights und Summer Breeze verwechselte, schweigen wir uns mal aus, den Fehler haben sich im Verlaufe des Tages noch ganz andere geleistet.
[Marius]
Der Fan des deutschen Thrashmetal wird auf dem Summer Nights 2009 gleich zweifach bedient, sind mit SODOM und KREATOR doch immerhin zwei der drei großen, deutschen Bands dieses Genres vertreten. Und auch wenn „Onkel Tom“ es nicht wahrhaben will – man denke an das Theater um das Sodom-Konzert zu ehren von Chris Witchhunter, bei dem das SODOM-Logo größer sein musste als das von den Kollegen von Destruction – sprechen die Spielzeiten Bände:Während KREATOR als Sonntags-Headliner eingeplant sind, bleibt für SODOM ein mittelmäßiger Platz am frühen Abend. Und irgendwie zu Recht, denn ähnlich mittelmäßig wie der Slot ist auch die Show des Trios. Zwar kann man mit einer, für lediglich zwei auf der Bühne mobile Musiker recht hohen Bühnenpräsenz punkten und auch am Sound gibt es wenig zu meckern, doch dennoch: Mitreißend schaut anders aus… Vielleicht liegt es an der Setlist, vielleicht auch einfach daran, dass SODOM in den letzten Jahren zu stagnieren scheint: Während die Kollegen mit „Devolution“ und „Hordes Of Chaos“ die vielleicht besten Werke ihrer Karrieren veröffentlichten, wurde es in den letzten Jahren reichlich still um die Truppe von Tom Angleripper. Für Oldschool-Fans vielleicht ein Highlight, für alle anderen wohl eher eine Gelegenheit, sich ein kühles Bier einzuverleiben – möglichkeiten, SODOM mit diesem Set zu erleben, gab es in den letzten Jahren wahrlich genug.
Um kurz nach neun sind heute die Polen BEHEMOTH an der Reihe. Live stets eine Macht, sind auch heute die Erwartungen hoch. Mit „Slaves Shall Serve“ gehen die Mannen um Bandkopf Nergal sogleich medias in res – und es funktioniert: Das Publikum ist von der ersten Minute an voll dabei, und feiert seine Helden durch das Set, welches auffällig wenige Songs des aktuellen Albums beinhaltet. Stark vertreten ist hingegen „Demigod“ mit bereits genanntem Opener, dem Titelsong sowie „Conquer All“. Doch egal, aus welcher Schaffensperiode, BEHEMOTH wissen zu überzeugen und mitzureißen. Spätestens beim finalen „I Got Erection“ (Turbonegro-Cover) gibt es kein Halten mehr und wohl jede Kehle vor der Bühne gibt beim Refrain ihr bestes.Als Zugabe und Rausschmeißer gibts dann noch den für die letzte EP in neues Gewand gehüllten Klassiker „Chant For Ezkaton 2000 e.v.“, und nicht wenige wird die ohrwurmverdächtige Melodie noch bis ins Zelt begleitet haben…
Nachdem ARCH ENEMY es zum mittlerweile bestimmt fünften Mal nicht schaffen, mich länger als drei Songs vor der Bühne zu halten, versuche ich mein Glück für diesen Tag ein letztes Mal auf der Burgbühne um mich von der dort den Konzert-Tag beschließenden Band überraschen zu lassen.Bei diesen handelt es sich um die mir gänzlich unbekannten SWASHBUCKLE.
Bereits vom Auftreten der Band beim Soundcheck begeistert (ein growlender Bassist mit Vollbart, Piratenkostüm und geschätzten 300Kilo) wäre mein erster Tipp wohl (wer hätte es gedacht…) in Richtung „Pirate-Metal“ a la ALESTORM gegangen, vielleicht mit etwas mehr Folk-Einflüssen.Umso überraschter war ich, als sich bereits bei den ersten Tönen herausstellte, dass man es bei SWASHBUCKLE mit der wohl weltweit einzigen „Pirate-Grind“-Band zu tun hat: kurze, rasant schnelle Songs, vom Publikum mit einem Circlepit nach dem anderen abgefeiert, und ein Bass-Tapping-Solo sollten als Beschreibung reichen, um klarzumachen: wer nicht dabei war, hat definitiv etwas verpasst! Das sahen wohl auch die ALESTORM-Musiker so und feierten einen Song lang mit den Piratenkollegen auf der Bühne.
[Moritz]
Sonntag
Mit der Nachwuchsband NORTHCRY, die über das Band-Voting zu dieser Ehre gekommen sind, eröffnet eine Münchner Lokal-Band den Tag auf der Burgbühne – für mich als Münchner trotz der frühen Uhrzeit Pflichttermin, zumal der Morgenregen mittlerweile strahlendem Sonnenschein gewichen ist. Wohl ob der doch recht frühen Uhrzeit sehen dies allerdings nicht all zu viele Fans so, so dass sich das Feld vor der Bühne erst nach und nach zu füllen beginnt. Für das junge Quartett, das stilistisch eine Mischung aus Technical-Death, Pagan und Spass-Metal darbietet, jedoch kein Grund, schlecht gelaunt zu sein und so spielen die Jungs unbeirrt und relativ routiniert ihr Set. Musikalisch weiß man dem anwesenden Volk zu gefallen, allein die Ansagen zwischen den Songs wirken mehr als unbeholfen. Dass das Publikum zu einem großen Teil nicht zum ersten Mal einem NORTHCRY-Konzert beiwohnt, zeigt sich, als die Fans statt der von der Band gewünschen „Wall Of Death“ lieber das „Ruderboot“ machen – offensichtlich eine Bandtradition, bei der sich die Fans in Reihen hintereinander setzen und vom Schlagzeuger geleitet als Galeerensklaven rudern – ein interessanter Brauch, jedoch wirkt auch dieser etwas unausgereift, da danach schlicht eine klassische „Jump da fuck up“-Stele fehlt, so dass die Motivation der fleißig rudernden Fans im (Ufer)Sande verläuft…
Dass Black Metal auch an einem sonnigen Nachmittag funktionieren kann, beweisen um 13.30 die Kieler Haudegen von ENDSTILLE. Warum die Truppe, die als eine der wenigen Corpsepaint-tragenden Formationen aus Deutschland auch international größeren Erfolg hat, keinen besseren Platz in der Runningorder erhalten hat, erschließt sich mir nicht, zumal sie für ihre hohe Live-Qualität bekannt sind. Doch davon wenig beeindruckt zeigt sich die Band in bester Stimmung, so dass der Fan Musik härterer Gangart auch an diesem sonnigen Nachmittag nicht enttäuscht wird:Überaus spielfreudig und gut gelaunt präsentiert sich die Band in Höchstform. Punktgenau schlagen Titel wie „Bastard“ oder „Endstilles Reich“ im Publikum ein, und auch die Lieder des aktuellen Outputs „Verführer“ wie „…Of Disorder“ oder „Hate Me…God?“ wissen das Publikum zu überzeugen. Der Sound, der mich auch dem Festival bisher stets überzeugen konnte, kommt auch bei ENDSTILLE perfekt abgemischt aus den Boxen.
So wirken Publikum und Band gleichermaßen zufrieden, als nach knapp 40 Minuten über Mining wieder ENDSTILLE herrschte.
Als nächster Act auf der Mainstage sind nun die Lokalmaterdore BELPHEGOR an der Reihe, die vom österreichischen Publikum entsprechend herzlich empfangen werden.
Doch so sehr sich die Mannen um Sänger Helmuth auch die Finger wundspielen, so richtig will der Funkte (mal wieder) nicht überspringen. Einerseits matscht hier der (Gitarren)sound zum ersten Mal an diesem Wochenende deutlich, so dass von so manchem Song nur wenig mehr als Gerumpel bei den Fans ankommt, andererseits wirk die Band mitunter schlicht all zu routiniert und dabei wenig bemüht, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen: Ausser einigen wenigen Ansagen, die zu allem Überfluss nahezu vollständig auf Englisch geführt werden, findet nahezu keine Interaktion mit dem Publikum statt. Auch die Showeinlagen, die sich auf Blutvergießen und eine SM-Maske bei „Bondage Goat Zombie“ beschränken, wirken unmotiviert und wenig überzeugend.
Auch wenn das aktuelle Album der Band mehr als gelungen ist, konnten BELPHEGOR mich auch dieses mal Live nicht von ihren Qualitäten überzeugen.
Nur wenig wünscht man sich auf einem Festival wohl weniger als Eisregen – umso zufriedener versammelt sich eine beachtliche Zahl treuer Fans und Neugieriger vor der Mainstage, als die Thüringer Morbid-Metaller EISREGEN in den wärmenden Strahlen der Abendsonne die Mininger Mainstage betreten. Und erst in diesem Moment wird mir klar, was ein von einer Saatsgrenze geteiltes Festival-Gelände für Vorteile hat: Während auf dem Campingplatz aum Bayrischen Ufer des Inn die meisten Lieder der Band einem unter 18-Jährigen Publikum laut Gesetz nicht zugänglich gemacht werden dürfen, sieht die Sache an der Bühne auf der österreichischen Seite ganz anders aus. Entsprechend befreit spielen die drei netten Herren nach dem Gänsehautintro „Eine Kleine Schlachtmusik“ auf: Ob „Krebskolonie“, „Blutgeil“ oder „Tausend tote Nutten“, kaum einer der morbiden Klassiker darf hier fehlen – allerhöchstens die tote russische Freundin hätte zur absoluten Befriedigung der Fanscharen noch zu Besuch kommen dürfen. Mit „Das liebe Beil, „Treibjagd“ und „19 Nägel für Sophie“ kommt auch das aktuelle Material entsprechend zum Zug – die Setlist bietet wenig Ruhepausen für den eh schon Muskelkatergeschädigten Nacken.Dabei können die herrlich hässlichen Ansagen von Blutkehle M. Roth die Atmosphäre der Songs auch zwischen den Liedern aufrecht erhalten und dem Summer Nights trotz des lauen Abends doch noch einen Schauer über den Rücken jagen. Großes Kino!
Mit KREATOR steht um 23.00 dann der letzte Headliner auf der Bühne… oder, sagen wir es treffender: Sollte der letzte Headliner auf der Bühne stehen.
Was sich hingegen dem Fan bietet, ist eher ein Trauerspiel, welches, wäre es nicht derart erbärmlich, eigentlich schon wieder fast komisch gewesen wäre:
Die deutsche Thrash-Legende war sich selbst offensichtlich nicht genug, und so hatte man sich dazu entschlossen, nicht nur mit Musik, sondern auch mit einer aufwändigen Videoinstallation und Bühnendekoration zu überzeugen. Ich persönlich bin bei solchen Spielereien generell skeptisch, da ich finde, die Band muss überzeugen, nicht eine Videoinstallation, aber das ist Geschmackssache – mag eine Videoshow ja auch ganz nett sein, wenn sie denn funktioniert.
Tat sie aber nicht, und hier lag das große Problem. Während zwischen allen anderen Konzerten auf dem Festival alle Umbaupausen professionell genutzt wurden und die Techniker behende ans Werk gingen, bot sich hier ein desaströses Chaos: Planlos irrten die Bühnentechniker auf eben jener herum, es dauerte unverhältnismäßig lang, bis mit einer, an schlechte Fernseh-Nachmittagsunterhaltung erinnernder Tölpelhaftigkeit das Bühnenbild aufgestellt war.Jeder Beschreibung hingegen spottete die Aktivierung des Beamers für die Videoshow: Als ob es nicht möglich gewesen wäre, diesen schon am Morgen auf Funktion zu testen, musste nun ersteinmal eine Hebebühne in den Photograben geschoben werden, welche, ob der offensichtlich überforderten Techniker zunächst nicht in Gang gebracht wurde. Als man dieses Problem nach einiger Zeit gelöst hatte, wurde ein Mann zum Beamer hinaufbefördert, um kurz darauf wieder heruntergeholt zu werden. Die Hebebühne wurde weggeschoben – um nur ein paar Minuten später wieder zum Einsatz zu kommen. Insgesamt dreimal wiederholte sich das spielchen, bis der Mediaschmarrn endlich lief und es KREATOR ermöglichte, mit einer Verspätung von über einer halben Stunde ihr Set zu beginnen.
Reichlich genervt, auch ob der Unwissenheit, ob nun das KREATOR-Set gekürzt würde, erwartete ich nun also den Auftritt der deutschen Thrash-Könige… Doch lange konnte sich die schlechte Laune nicht halten ob der Qualitäten, die KREATOR an den Tag legten: In beeindruckendem Sound und mit einer überzeugenden Tracklist erspielten sich die Herren ihre zuvor etwas in Mitleidenschaft gezogene Sympathie zurück. Zumal das Set nicht gekürzt wurde, sondern sogar die auf der Nebenbühne folgenden Arsis um eine halbe Stunde verschoben werden, war der Abend somit gerettet – wobei, das muss noch gesagt sein, die Videoshow reichlich unbeeindruckend war: Spätestens als auf der Matz nurnoch Aufnahmen aus den alten Tagen der Band zu sehen waren, konnte ich nicht mehr ganz nachvollziehen, ob dies als Selbstbeweihräucherung oder aus aus Ideenlosigkeit resultierendem Mangel an Alternativen geschah. Schlichtweg überflüssig: Auch oldschool-Videos sind eben nicht halb so cool, wie einfach oldschool zu bleiben… bei anderen, man denke an Destruction, funktioniert das doch auch wunderbar…
Nachdem die Maintsage-Headliner KREATOR nach den eigenverschuldeten Problemen beim Umbau um eine halbe Stunde nach hinten verschieben mussten bzw. durften (ein Entgegenkommen des Veranstalters, das wohl nicht viele Festival-Organisatoren gewährt hätten), wird auch der Auftritt der amerikanischen Technical-Melodic-Death-Metaller ARSIS um knappe 30 Minuten verschoben – eine weise Entscheidung, wie der Menschenstrom, der nach KREATOR zur Burgbühne ströhmt, beweist.
Dennoch steht der Auftritt und somit das letzte Konzert der 2009er-Ausgabe des Summer Nights Festivals unter keinem sonderlich guten Stern, mussten die Virtuosen doch ohne Bassist anreisen, da dieser aufgrund familiärer Probleme nicht mitfliegen konnte.
Der Spielfreude der drei Ausnahmetalente tut dies selbstverständlich keinen Abbruch, dem Sound hingegen leider schon, da durch das ständige wechselseitige Solieren der Gitarristen die Rhythmus-fraktion eh nahezu nicht existent ist. So will der Funke nicht zu 100% überspringen – dir Hoffnung von Sänger James Malone, das von drei harten Konzerttagen ermüdete Publikum würde noch einen Circlepit starten, erweist sich als all zu optimistischer Wunsch. Allen widrigen Umständen zum Trotz lässt sich die Band den Spass an der Sache sichtlich nicht nehmen – und spielt euphorisch einen neuen Song nach dem anderen. Ein – trotz Allem – würdiger Abschluss für dieses Festival!
[Moritz]