Festivalbericht: Summer Breeze Open Air 2022 – Teil 2

17.08.2022 - 20.08.2022 Dinkelsbühl

Summer Breeze 2022

Freitag, 19.08.2022

Bereits um 11:30 Uhr ist es an der Zeit für DEBAUCHERY, die T-Stage zu eröffnen. Schon an der Schleuse zum Infield zeigt sich, dass hier durchaus viele Besucher zu erwarten sein werden, die die Death Metal Combo von Thomas Gurrath feiern wollen. Dieser zeigt sich sehr spielfreudig und sucht regelrecht den Austausch mit dem Publikum, dem er im Laufe des Auftritts “Warmachines At War” widmet und sich damit mehr als dankbar darüber äußert, wie sehr er Festivals und Konzerte vermisst hatte. Die größte Beteiligung der Crowd lockt “Blood For The Blood God” hervor, dessen Refrain die Fans einstimmig tragen. Nicht zuletzt durch einen exzellenten Sound wissen DEBAUCHERY zu überzeugen und eröffnen einen vielversprechenden Festivaltag.
Von der T-Stage aus verrät gegen Ende des Auftritts von DEBAUCHERY ein Blick gen Main Stage, dass auch der nächste Act dort ein zahlreiches Publikum haben wird. [AB]

Zur Mittagsstunde eröffnet die Main Stage mit BLOODYWOOD und die ziehen bereits eine große Masse an Menschen aufs Infield. Von den ersten Trommelschlägen an präsentieren die Inder ihre krachende Mischung aus Nu Metal, Folk Metal und Rap mit bestem, lauten Sound. Jayant Bhadula und Raoul Kerr haben die Menge mit ihren Ansagen und ihrer überbordenden Energie dabei sofort voll im Griff. Vor allem Rapper Kerr lenkt die Aufmerksamkeit auf sich und spricht über wichtige Themen wie Individualität und Diversität – schließlich kann eine ungewöhnliche indische Band wie BLOODYWOOD erst deshalb bei einem solchen Festival auftreten – sowie freie Meinungsäußerung, Diskriminierung und Missbrauch. Der Band merkt man zu jeder Sekunde an, dass sie sowohl hinter ihrer Musik als auch hinter den Aussagen zu einhundert Prozent stehen und ihr ganzes Herzblut reinstecken. Ein großartiger Auftritt einer jungen Band, die noch ganz viel erreichen kann. [SP]

Lorna Shore Logo

Die Verantwortlichen für die Running Order wissen, wie man das Infield von der ersten Band an proppevoll bekommt: Keine 20 Minuten nach BLOODYWOOD stehen die Deathcore-Überflieger LORNA SHORE auf der Main Stage und gefühlt muss der Campground um 13 Uhr fast komplett leer gewesen sein. Zurecht drängen sich die Leute bis zu den Ständen hinter den Mischtürmen, denn die Band aus New Jersey fegt wie ein Tornado über das SUMMER BREEZE. Anfängliche Bedenken, die PA würde den heftigen Soundattacken nicht standhalten, erweisen sich als unbegründet: Der Sound ist differenziert, druckvoll und absolut mächtig. Ebenso mächtig ist Frontmann Will Ramos, der die Menge extrem selbstsicher und abgebrüht im Griff hat und dabei eine unfassbare, brutale Gesangsleistung bietet. Die Mischung aus symphonischen, emotionalen Melodien mit brutal schnellem Geballer und krassen Beatdowns geht zusammen mit Ramos’ Gesang dermaßen unter die Haut, dass vor allem “Sun//Eater” erst für Gänsehaut sorgt und später sogar für feuchte Augen – das muss man mit Deathcore auch erstmal erreichen. In weniger als 40 Minuten und mit nur sechs Songs zerstreuen LORNA SHORE alle Zweifel, die eventuell vorhanden waren und präsentieren sich als musikgewordene Naturgewalt, die bei einer hoffentlich anstehenden Rückkehr nach Dinkelsbühl eher auf der Position des Co-Headliners aufspielen muss als Mittags. “We give you everything when you give us everything”, sprach Will Ramos zur Menge – und jeder gab alles. Pure Begeisterung! [SP]

  1. To The Hellfire
  2. Of The Abyss
  3. …And I Return To Nothingness
  4. Sun//Eater
  5. Cursed To Die
  6. Into The Earth

Der langsam aber sicher stärker werdende Regen sowie das Los, als Hardcore-Band auf einem Metal-Festival nach den überragenden LORNA SHORE spielen zu müssen, kommt den Kanadiern von COMEBACK KID nicht sonderlich zu Gute. Doch das allseits gut gelaunte Quintett nimmt auch dies mit Humor und hat nur einen Wunsch an das spärlich übrig gebliebene Publikum: “Let’s get breezy”. Mit Klassikern wie “False Idols Fall” und “G.M. Vincent & I”, aber auch mit brandneuen Tracks wie “Heavy Steps” und “Dead On The Fence” wissen COMEBACK KID Bewegung in die immer noch müden Knochen zu bringen. So wird der viele freie Raum auf dem “Battlefield” für Two-Steps und Circle Pits genutzt und beim abschließenden “Wake The Dead” gemeinsam mit Frontmann Andrew Neufeld ins Mikrofon gebrüllt. so gelingt es der Truppe selbst auf viel zu großer Bühne ein bisschen Hardcore-Club-Atmosphäre zu kreieren. [SD]

Ein weiterer Grund für den rar besuchten COMEBACK KID-Auftritt könnte die zeitweise Überschneidung mit den Shooting-Stars des Metalcores, LANDMVRKS, sein. Den Franzosen gelang es wie kaum einer Band, die Pandemie für sich zu nutzen und sich mit ihrem neuesten Output “Lost In The Waves” in die Spitze der Szene zu spielen. So hört man die zahlreich erschienenen Fans auch aus einiger Distanz die eingängigen Refrains mitsingen. Wie auch LORNA SHORE, dürften auch LANDMVRKS bei zukünftigen Ausgaben im Line-Up einige Zeilen nach oben rutschen. [SD]

Bisher hat’s ein wenig genieselt, ein paar Minuten nach dem Auftritt von LORNA SHORE aber öffnet der Himmel seine Schleusen. Ein Dauerregen setzt ein, den die trockenen Wiesen des ehemaligen Flughafengeländes dankbar annehmen. Nur wird der Regen für viele Stunden nicht aufhören – das ist schade für die Bands, die in den nächsten Stunden spielen, so geht Lokalmatadoren wie den EMIL BULLS oder PARASITE INC., Live-Garanten wie BENIGHTED und Geheimtipps wie DISTANT sicher viel an Publikum verloren, das sich zu großen Teilen lieber unter die schützenden Pavillons des Campgrounds verkriecht. Kollege Janik zufolge dürften die auf der Wera Tool Rebel Stage während der Regenstunden dennoch profitieren, da die Bühne durch ihre Überdachung einigermaßen gut vor den Wassermassen schützt.
Während die Italiener
NANOWAR OF STEEL in lustigen bunten Kostümen auf der Ficken-Stage mit “Norwegian Reggaeton”, “Der Fluch des Käpt’n Iglo” oder “Schwanzland” den Platz vor der kleinen Bühne auf dem Campground bis hinten und zur Seite auf die Straße füllen, kleiden sich immer mehr Besucher in schützende Regenkleidung. Der Dauerregen der nächsten Stunden werden die Wege und das komplette, vor kurzem staubige Festivalgelände in eine einzige Schlammpfütze verwandeln… [SP]

Eine der schönsten Dinge am SUMMER BREEZE ist, dass man nicht umhin kommt, auf die eine oder andere Überraschung zu treffen. So am Freitagnachmittag beispielsweise die Norweger DJERV. Moderner, grooviger Metal trifft mit Agnete Kjølsrud auf eine äußerst exzentrische Sängerin, die Shouts und Klargesang genauso gut beherrscht wie ihr präsentes Stageacting – Frisurwechsel inklusive. So können alle, die sich vor dem Regen in Sicherheit bringen wollen, nicht nur unter der Tool Rebel Stage Zuflucht suchen, sondern auch einen äußerst kurzweiligen Auftritt bezeugen. [SD]

ALESTORM live beim Summer Breeze 2022
ALESTORM live beim Summer Breeze 2022

Ein bisschen lässt der Regen nach, dem Boden ist das aber egal, er nimmt von dem kühlen Nass keinen Tropfen mehr auf. Watend durch Pfützen und Schlamm schleppen sich einige – aber bei weitem nicht so viele wie wohl bei anderen Verhältnissen – Feierwütige vor die Main Staige zu ALESTORM und ihrer überlebensgroßen Quietscheente. Was macht man auf einem Festival, wenn man nicht völlig durchgeweicht vor der Bühne stehen will und im Camp verweilt? Richtig, man kippt sich fröhlich einen hinter die Binde und gerade im berauschten Zustand ist ALESTORM die goldrichtige Band, um wieder zurück zum Wichtigsten bei einem Festival zu finden, nämlich den auftretenden Bands. Christopher Bowens und Co. laufen in wundervoll-hässlichen Strand-Freizeit-whatever-Klamotten auf, ein Plüschhai läuft auch über die Bühne und die gute Laune kehrt langsam in die nassen Glieder zurück. Die “Pirate Metal Drinking Crew” feiert gemeinsam eine recht gebremste “P.A.R.T.Y.”, besingt den gemeinsamen “Hangover” und ist bis zum abschließenden “Fucked With An Anchor” langsam wieder etwas auf Betriebstemperatur. [SP]

Als “Chernobyl Death Metal” kündigen sich CYTOTOXIN als nächstes auf der Tool Rebel Stage an. Neben der lyrischen Thematik zeigt sich mit der unfassbaren Wucht und schieren Brutalität sogar noch eine weitere Parallele zum Reaktorunglück: Die sächsischen Tech-Deather verwandeln den letzten trocken gebliebenen Boden unter dem schützenden Dach in ein Tollhaus. Mit viel Humor und technischer Finesse dargeboten, ist der Auftritt der Chemnitzer für Fans der schnellen und harten Klänge ein absolutes Muss. Dass die Show nicht selbst in einem kleinen Desaster endet, hat mit mehr Glück als Risikoabwägung zu tun: So verfehlt ein vom Wind umgestoßener Aufsteller nur wenige Zentimeter den Kopf des Gitarristen Jason Melidonie. Völlig unbeschadet überstehen Band und Publikum letztendlich die Dreiviertelstunde, was an reichlich strahlenden Gesichtern vor und auf der Bühne zu erkennen ist. [SD]

Auf der T-Stage beginnen direkt im Anschluss JINJER damit, der Menge einzuheizen. Die Menge jedenfalls ist groß, stehen die Interessenten doch bis hinter der Wera-Tool-Rebel-Stage, um dem Konzert der ukrainischen Metalcore-Durchstarter beizuwohnen. Bereits mit ihrem letztjährigen Album “Wallflowers” ist die Band eingeschlagen wie eine Bombe, der Status als ukrainische Kulturbotschafter mit klarer Anti-Putin-Haltung hat ihnen zusätzlich Auftrieb verliehen – völlig unverständlich also, dass sie auf der kleinen Bühne spielen müssen und bei weitem nicht alle etwas vom Auftritt sehen können. JINJER gehören ohne Wenn und Aber auf die Main Stage! [SP]

Dort startet noch während der JINJER-Show der Freitags-Headliner WITHIN TEMPTATION. Wohl durch Regen und Schlamm ist die Zuschauerschaft auch hier noch dezimiert, die Niederländer hätten sich sicher ein größeres Publikum gewünscht. Auch, wenn viele SUMMER-BREEZE-Besucher bei der Ankündigung von WITHIN TEMPTATION als Headliner unzufrieden wirkten: Die Symphonic-Metal-Instanz beweist, dass sie eine Klasse für sich ist und überzeugt auf ganzer Linie. Mit einer gut eingesetzten LED-Leindwand mit stimmungsvollen Effekten und einer durchdachten Lichtshow weiß die Show optisch zu überzeugen, und das ist an diesem Abend ein wichtiger Punkt: Durch den Matsch gibt es vor der Bühne wenig bis keine Bewegung, stattdessen sind aufmerksames Zusehen und Klatschen angesagt. Mit einer guten Mischung von alten Songs wie “What Have You Done” und “Ice Queen” bis zu den ganz neuen Tracks “Entertain You” oder “Shed My Skin” (mit Christoph Wieczorek von Annisokay an Gesang und Gitarre) ist alles dabei: WITHIN TEMPTATION spielen praktisch ein Best-of-Set ihrer gesamten Karriere, die übrigens so alt ist wie das SUMMER BREEZE, was Sharon den Adel anmerkt und ziemlich cool findet. Die Frontfrau ist heute gut in Form und überzeugt mit ihrem Gesang – leider lässt sie sich dabei vor allem in den bombastischen Refrains unüberhörbar von lauten Backing Tracks unterstützen. Wie etwa bei der gänsehautverdächtig vorgetragenen Halbballade “Angels” zu hören, hätte sie das gar nicht nötig. Das schmälert den guten Eindruck ein wenig. Da sowohl den Adel als auch die gesamte Band ansonsten eine amtliche Show mit starkem Sound abliefert, können WITHIN TEMPTATION schlussendlich überzeugen. [SP]

  1. The Reckoning
  2. Paradise (What About Us?)
  3. In The Middle Of The Night
  4. Stand My Ground
  5. The Purge
  6. Faster
  7. Raise Your Banner
  8. And We Run
  9. Shed My Skin
  10. Angels
  11. Entertain You
  12. What Have You Done
  13. Ice Queen
  14. Our Solemn Hour
  15. Supernova
  16. Stairway To The Skies
  17. Mother Earth

INSOMNIUM haben auf zweierlei Wegen ein hartes Los: zum Einen überschneidet der Beginn ihrer Show mit WITHIN TEMPTATION auf der Main Stage, zum Anderen begleitet konstanter Regen den Auftritt der Finnen. Das mag zwar schade sein, tut der Stimmung auf und vor der Bühne aber keinen Abbruch. Unter dem Instrumental “Karelia” betreten INSOMNIUM die T-Stage. Es entsteht eine dichte Atmosphäre zu Songs wie “Pale Morning Star” und “Heart Like A Grave”, die von einer grandiosen Beleuchtung sogar noch verdichtet wird. Auch “Unsung” darf nicht fehlen. Generell zeigt die Melodic Death Metal Band ein geschicktes Händchen bei der Auswahl ihrer Playlist und wissen zielsicher “ihr” Publikum abzuholen. Bedenkt man die Tatsache, dass mit dem letzten verklingenden Ton an der T-Stage schon die nächste Show auf der Main Stage beginnt, lässt sich erahnen, warum sich das Publikum schon vor dem eigentlichen Ende teilweise in Bewegung setzt. [AB]

amorphis halo logo 2022

Wer bei INSOMNIUM schon tief in andere Sphären eintauchen konnte, befindet sich vor der Main Stage zum Auftritt von AMORPHIS genau am richtigen Platz. Die Finnen um Tomi Joutsen beweisen ab Minute eins, wie gut sie es verstehen, eine grandiose Show abzuziehen. Hier stimmt alles: der Sound, der über die Anlage kommt, ist gewaltig und wunderbar passend abgemischt, die Screens auf der Bühne untermalen mit sphärischen Clips die jeweils gespielten Songs und zu guter Letzt dürfte die Pyro auch den letzten Griesgram überzeugt haben. AMORPHIS schöpfen bei der Auswahl ihrer Songs aus ihrer 32-jährigen Geschichte und präsentieren mit “Black Winter Day” über “The Moon” hin zu “The Bee” einen klug gewählten Ausschnitt daraus, bevor der Auftritt mit dem famosen “House Of Sleep” endet. Die gesamte Band tritt dabei mit einer Leidenschaft auf, die nur beeindruckt. Ein gänzlich hinfortgetragenes Publikum quittiert das Ganze mit berechtigtem Jubel und entlässt eine sichtlich zufriedene Band in den Abend. Das einzig beklagenswerte an diesem Auftritt ist, dass es nicht noch mehr Songs waren und die gesamte Show im gefühlten Handumdrehen bereits vorbei war. [AB]

AMORPHIS auf dem Summer Breeze 2022
AMORPHIS auf dem Summer Breeze 2022

Wer es bis halb zwei durchgehalten hat, darf sich zu später Stunde über zwei weitere hervorragende Auftritte freuen: Die französischen Doom-Metaller HANGMAN’S CHAIR laden zum Träumen und Schwelgen ein – tatsächlich fällt es aufgrund des Kraft raubenden Festivaltages und der äußerst atmosphärische Musik schwer, nicht wirklich einzuschlafen. Die an- und auch den Tag abschließenden VOLA, extra für einen 2:15-Uhr-Slot auf dem SUMMER BREEZE aus Dänemark und Schweden angereist, halten diese Atmosphäre gleichermaßen aufrecht. Der moderne Prog des Quartetts befreit tatsächlich die letzten Kräfte in den schlaffen Muskeln und auch die Stimmbänder werden bei einigen Fans noch einmal aufgewärmt. Der engagierte Auftritt – besonders Drummer Adam Janzi besticht mit seinem präzisen und in der Ästhetik an eine Krake erinnernden Spiel – wird garniert mit einer famosen Setlist: Neben Must-Haves (“Alien Shivers”, “Stray The Skies”) und den vier Singles des aktuellen Albums “Witness”, finden sich dort mit “Whaler” und “Inside Your Fur” auch zwei Überraschungen wieder. Die emotionale Darbietung des so schweren wie eingängigen “Straight Lines” als Finale des vierten Festivaltages wird zudem noch lange in positiver Erinnerung bleiben. [SD]

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Samstag, 20.08.2022

CRISIX live beim Summer Breeze 2022
CRISIX live beim Summer Breeze 2022

Am letzten SUMMER-BREEZE-Morgen nach dem Dauerregen scheinen sich Viele schwer zu tun, sich vor Mittag schon durch den Schlamm zu quälen. CRISIX haben mit 11:30 Uhr einen etwas undankbaren Spot bekommen und finden vor der T-Stage leider ein sehr dezimiertes Publikum an, das sich zunächst weiträumig um die große Schlammpfütze vor der Bühne versammelt hat. Die Spanier lassen sich davon aber nicht beirren und legen los, wie von der Tarantel gestochen: Sänger Juli Bazooka flitzt wie wild über die Bühne und schreit alle noch müden Anwesenden wach, die Saitenfraktion springt, hüpft und grinst unablässig – so viel gute Laune muss man um diese Uhrzeit auch erstmal haben! “We brought the spanish weather!” freut sich Juli Bazooka mit schelmischem Lachen über die Regenpause und durch das südländische Temperament zieht es immer mehr Frühaufsteher vor die Bühne. Kein Wunder, macht der Thrash Metal mit viel Publikumsinteraktion und intimer Atmosphäre unheimlich viel Spaß. Wenn die Musiker plötzlich die Instrumente durchtauschen – Gitarrist Albert Requena etwa sitzt plötzlich am Schlagzeug und Sänger Bazooka übernimmt den Bass – und ein Medley aus “Hit The Light”, “Walk” und “Antisocial” spielen, ihre eigenen (leeren) Pizzaschachteln in die Menge werfen oder Gitarrist Marc Busqué plötzlich in den schlammigen Pit steigt, um inmitten eines Circle Pits weiterzuspielen, ist das einfach nur eine grandiose Show. Der Song “The World Needs Mosh” trifft es genau, wenn der Mosh wie bei CRISIX mit so viel Liebe und Leidenschaft gespielt wird. [SP]

Infected Rain Logo

Da INFECTED RAIN mit etwa zehn Minuten Verspätung die Main Stage eröffnen, verpasst man beim Wechsel von der T-Stage glücklicherweise nicht viel. Das Infield ist bereits wieder prächtig gefüllt. “How many of you are ready for the real heavy shit?” fragt Sängerin Lena Scissorhands nach den ersten beiden Songs in die weite Runde, dabei sind die eröffnenden Tracks “Pendulum” und “Black Gold” auch schon keine Schmusesongs. “Longing” oder “Fighter” vom aktuellen Album “Ecdysis” ziehen die Härteschraube aber tatsächlich nochmal an. Der wuchtige, schräge Metalcore der Moldauer kommt nicht zuletzt so gut an, weil die extrovertierte Lena Scissorhands eine einnehmende, mitreißende Frontfrau ist, auf der Bühne alles gibt und beim abschließenden “Sweet, Sweet Lies” auf direkte Tuchfühlung mit der ersten Reihe geht. Sie verlangt zwar immer wieder fälschlicherweise nach “Stagediving”, das Publikum machts aber richtig und betreibt fleißig Crowdsurfing. Auch der Aufforderung zur Wall of Death und den wiederholten “Everybody jump”-Rufen wird gerne nachgekommen. Ein besseres und härteres Warm-up-Programm kann man sich zur Mittagszeit kaum vorstellen, INFECTED RAIN haben hier mit ihrer explosiven Performance sicherlich viele überrascht. [SP]

Wie CRISIX zuvor haben auch DEFOCUS ein noch müdes und dezimiertes Publikum vor sich – und dazu auch noch technische Probleme: Bassist Marcel Heberling hat immer wieder mit seinem Instrument zu kämpfen – was bei nur einer Live-Gitarre den Sound zeitweise äußerst dünn klingen lässt. Aller Widrigkeiten zum Trotz zeigt sich die Metalcore-Truppe bester Laune, verteilt Gratis-Bandshirts im Publikum und ruft zu einer Wall Of Death auf, die von der Bühne bis zum Mischpult reichen soll. Und diesen Wunsch erfüllen die Anwesenden den jungen Schwaben auch, die daran sichtlich Freude haben. [SD]

Stärker könnte das Kontrastprogramm auf der T-Stage kaum sein: BROTHERS OF METAL zelebrieren ihren Met- und Bier-geschwängerten Power Metal. Nach wie vor ist der Power Metal ein etwas unterrepräsentiertes Genre auf dem SUMMER BREEZE, die Schweden ziehen um 13 Uhr eine große Masse Menschen vor die kleine Bühne, auch wenn auf der Main Stage bei NEKROGOBLIKON eine große Party mit prall gefülltem Battlefield stattzufinden scheint. Die BROTHERS OF METAL mit ihrer Sister Ylva Eriksson liefern in ihren stimmigen Kostümen eine grundsolide, spaßige Show und überzeugen damit alle anwesenden Power Metaller. Die großen Hits “Prophey Of Ragnarök” und das halbballadeske “Yggdrasil” kommen naturgemäß gut an, bei “Fire Blood And Steel” funktioniert die Pubilkumsaufteilung in drei Mitgröl-Hälften bestens und schon vor “The Mead Song” drückt sich Sänger Mats Nilsson einige Dosenbiere rein, was zu wiederholten “Noch ein Bier”-Rufen führt. Die Band hat sichtbar genau so viel Spaß wie das Publikum bei einer sehr launigen Dreiviertelstunde Party. [SP]

Summer Breeze 2022

Nach dem spaßigen Auftritt NEKROGOBLIKONs, der jedoch unter einem äußerst verwaschenen und viel zu lauten Sound zu leiden hatte, öffnet der Himmel seine Pforten und die Wassermassen schießen auf die vom sonnigen Morgen in die Irre geführten Besucher nieder. Wer kann, rettet sich abermals unter einen Poncho oder unter die Tool Rebel Stage. Und dort findet gerade der Auftritt der Slowenen SKYEYE statt. Frontmann Jan Leščanec ist die geborene Rampensau, spurtet von einem Ende der Bühne zur anderen, springt wie von der Tarantel gestochen umher und schafft es dabei noch ganz locker, stimmlich einem Bruce Dickinson zu frönen. Die notgedrungene Überbrückung erweist sich als regelrechter Glücksgriff und der Auftritt vergeht wie im Flug. Mit den letzten Tönen stellt sich auch der Regen wieder ein – wenn auch nur für eine kurze Zeit. [SD]

Unter dem Motto “musikalische Früherzieheung” versammeln RANDALE am frühen Nachmittag die Metalheads von morgen vor der Ficken Party Stage. Die speziell auf Kinder ausgerichtete Rockgruppe darf auch in diesem Jahr nicht fehlen, nachdem ihr Auftritt beim letzten Mal sehr guten Anklang gefunden hatte. Vor der Bühne ist ein Areal eingerichtet, das einzig und allein den Kindern vorbehalten ist. Die erwachsenen Festivalbesucher mussten sich alle hinter einer Absperrung einfinden, um dem Nachwuchs nicht in die Quere zu kommen – und das kommt sehr gut an. Band und Publikum harmonieren perfekt und der Austausch gelingt. Spätestens als “Punkpanda Peter” den Kindern nahebringt, was beim Crowdsurfen fair, erwünscht und zu beachten ist, gibt es kein Halten mehr – selbst wenn der plötzliche Wolkenbruch den Platz regelrecht flutet. Dem Spaß tut das keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. [AB]

Man kann sagen, was man will, aber FIDDLER’S GREEN waren und sind live einfach immer wieder eine regelrechte Instanz. Die Jungs aus Erlangen wissen einfach wie man Stimmung macht, Sicherlich war es auch von Vorteil, dass der Regen langsam aber sicher nachlässt und zumindest von oben Trockenheit herrscht, aber ab der ersten Minute des Auftritts der Folk Formation stimmt einfach alles: die Spielfreude der Band auf der Bühne, der Sound und vorallem auch das Publikum. Songs wie „The Wild Rover“ oder „The Night Paddy Murphy Died“ spornen dermaßen zum Mitmachen an, dass kaum ein Mensch im Publikum still stehen kann. Begleitet von den charismatischen Ansagen von Pat und Albi kommt Stimmung auf, die ihresgleichen sucht. Trotz des sumpfigen Untergrunds finden FIDDLER’S GREEN ein Publikum vor, das es regelrecht genießt, ausgelassen zum Speed Folk zu tanzen und sich einfach mitreißen zu lassen. Mit „Folk’s Not Dead“ (und dem entsprechenden Mitmach-Teil) klingt ein grandioser Auftritt viel zu schnell aus.

  1. Whiskey in the Jar
  2. Life Full of Pain
  3. Bottoms Up
  4. Perfect Gang
  5. The Wild Rover
  6. One Fine Day
  7. Down
  8. Instrumental
  9. The Night Paddy Murphy Died
  10. Victor and His Demons
  11. Yindy
  12. Folk’s Not Dead

 

BURY TOMORROW live auf dem Summer Breeze 2022
BURY TOMORROW live auf dem Summer Breeze 2022

Am frühen Abend betreten mit BURY TOMORROW auf dem Breeze sehr gern gesehene Gäste die Bühne – sind sie doch zum dritten Mal seit 2016 mit von der Partie. 2019 noch mit einem frühen Slot auf der Main Stage konfrontiert, können sie sich mit der Zeit am frühen Abend nun einem noch größeren Publikum präsentieren. Neu mit dabei sind auch Rhythmus-Gitarrist Ed Hartwell und Keyboarder/Clean-Sänger Tom Prendergast, die in Kombination Gründungsmitglied Jason Cameron ersetzen. Zumindest live fällt der Verlust des beliebten ehemaligen Mitglieds nicht allzu groß auf, macht Pendergast seine Sache doch mehr als ordentlich. Schade ist hingegen, dass der Sound dieses Mal viel zu leise abgemischt ist und der Auftritt eher einer Huldigung des 2018er-Albums “Black Flame” ähnelt, als einer Präsentation des in der Pandemie veröffentlichten, nicht minder guten “Cannibal”. So dürften BURY TOMORROW neue Fans mit ihrem sympathischen und motivierten Auftreten zwar überzeugen. Wer die Band allerdings schon öfter gesehen hat, weiß jedoch um das verschenkte Potential. Mit seinem Amigos-Bandshirt sorgt Bassist Davyd Winter-Bates dennoch für das Mode-Highlight des Tages. [SD]

Blind Guardian Logo

BLIND GUARDIAN waren schon immer etwas anders – völlig überraschend beginnt die Show um 19:00 Uhr und damit 10 Minuten eher und länger als angekündigt, außerdem wird man auf dem SUMMER BREEZE wohl auch eher selten mit Worten wie “Seid frohgemut” begrüßt. Sänger Hansi Kürsch erzählt dazu noch von “Gummistiefeln als unterbewertetes Mode-Accessoire” und darüber, dass es bei BLIND-GUARDIAN-Konzerten nie regnet und das auch an einem verregneten Tag wie heute keine Ausnahme sei, auch wenn sie “den Lauf der Sonne fürwahr nicht ändern können”. Zudem ist Hansi stolz darauf, eine “fast komplett CO2-neutrale Show zu spielen” – auf Pyros, Feuerwerk oder ähnliches wird völlig verzichtet. Effekte brauchen BLIND GUARDIAN aber auch nicht, um zu begeistern. Während das SUMMER BREEZE 25-jähriges Jubiläum feiert, lassen sich die Krefelder nicht lumpen und kredenzen zum 30-jährigen Jubiläum von “Somewhere Far Beyond” das komplette Album. Jeder einzelne Track – egal ob das ruhige “Black Chamber”, live eher selten gehörte Stücke wie “The Quest For Tanelorn” oder Speed-Metal-Kracher wie “Journey Through The Dark” – werden begeistert mitgesungen und frenetisch gefeiert. “Fake News” muss Kürsch auch noch aus der Welt räumen: Ihm wurde stets erzählt, das SUMMER-BREEZE-Publikum wäre kein BLIND-GUARDIAN-Publikum, das Gegenteil wäre jedoch der Fall. Den letzten Beweis liefert “The Bard’s Song (In The Forest), der bei seiner SUMMER-BREEZE-Premiere nicht schöner, lauter und Gänsehaut-erzeugender aus zehntausenden Kehlen hätte kommen können. Das 90er-Jahre-Old-school-Set beschließt “Valhalla” – der Mitsingkracher ertönt noch weit nach Konzertende aus vielen Kehlen und zeugt nicht nur davon, dass das SUMMER-BREEZE-PUBLIKUM sehr wohl ein BLIND-GUARDIAN-Publikum ist, sondern auch von einem magischen Abend. [SP]

BLIND GUARDIAN auf dem Summer Breeze 2022
BLIND GUARDIAN auf dem Summer Breeze 2022
  1. Into The Storm
  2. Welcome To Dying
  3. Nightfall
    (Somewhere Far Beyond)
  4. Time What Is Time
  5. Journey Through The Dark
  6. Black Chamber
  7. Theatre Of Pain
  8. The Quest For Tanelorn
  9. Ashes To Ashes
  10. The Bard’s Song – In The Forest
  11. The Bard’s Song – The Hobbit
  12. The Piper’s Calling
  13. Somewhere Far Beyond
  14. Time Stands Still (At The Iron Hill)
  15. Mirror Mirror
  16. Valhalla

Summer Breeze 2022

Während BLIND GUARDIAN auf der Main Stage ihrem Headliner-Slot alle Ehre machen, ist auch die Tool Rebel Stage prall gefüllt: Denn für alle Death-Metal-Jünger steht mit LIK eine junge, vielversprechende Band auf dem Programm. Die Schweden verbinden brachiale Riffs mit teils schönen Melodiebögen und profitieren dabei vom vielleicht besten Sound des Festivals: Jedes Instrument kommt perfekt zur Geltung, ist klar aus dem Mix herauszuhören und schlägt dennoch mit einer schieren Wucht auf die Zwölf. Das alles würde nichts nutzen, wenn die Band nicht auch entsprechend performen würde. Und so kredenzt das Quartett der Anhängerschaft den wohl besten Auftritt der letzten fünf Tage in der todesmetallischen Sparte. [SD]

Die Melodic-Hardcore-Truppe IGNITE hat zwar den Hauptslot auf der T-Stage erwischt, im direkten Anschluss an BLIND GUARDIAN jedoch auch mit einer äußerst überschaubaren Menge an Zuschauern zu kämpfen – zumindest während der ersten Tracks. Das hält die Band um den neu dazu gestoßenen Sänger Eli Santana jedoch nicht davon ab, äußerst Wirbel zu machen. Mit einer gelungenen Setlist aus brandneuen Tracks und Klassikern aus den 90ern und 2000ern sowie sozialkritischen Appellen holen die Kalifornier jung wie auch alt ab. Mit zunehmender Spielzeit kommen immer mehr Leute vor die Bühne, die sogar den Aufforderungen nach Circle- und Moshpits im Schlamm folgen – dabei hilft Bassist Brett Rasmussen selbst mit, der sich nicht scheut, mitsamt Instrument selbst im Matsch herumzutollen. Genau so muss Hardcore sein: Nahbar, kritisch und energisch. [SD]

Den totalen Gegensatz gibt es in Form von AGRYPNIE direkt im Anschluss. Das Projekt um Frontmann Torsten Hirsch setzt auf eine dichte Atmosphäre, klangvolle Melodien und – im Black Metal nicht alltäglich – teils fette Breakdowns. Die Setlist wird dominiert von Tracks der beiden neuesten Alben, was manch alten Fan vielleicht leicht verstimmt, bei der Qualität des Auftritts jedoch niemanden enttäuschen sollte. So sorgt das Live-Quartett zeitgleich für Kopfnicken und Entspannung und sorgt für beruhigende, wenn auch wuchtige Klänge, während auf der Main Stage ein paar hundert Meter weiter der finale Headliner die Menge zum Kochen bringt. [SD]

Heaven Shall Burn LogoEs gab viel Hoffnung unter den Metalheads, als bekannt wurde, dass BLIND GUARDIAN und HEAVEN SHALL BURN auf demselben Festival auftreten würden. Nicht nur dasselbe Festival, nein, sogar derselbe Tage und direkt aufeinanderfolgende Slots. Auf der Main Stage. Wie verheißungsvoll für all die, die noch das “Valhalla”-Cover der “Veto” im Ohr haben… Und genau mit dieser Erwartung spielt Frontmann Marcus, als er die Bühne betritt und darauf hinweist, dass es nach dem Auftritt der Mannen um Hansi Kirsch unangebracht wäre, ein schnödes Intro zu spielen. Stattdessen: “Valhalla” – allerdings gesungen vom Publikum mit dem Hinweis, dass Klargesang nicht das Metier von Marcus sei. Chance vertan. Es wäre schön gewesen. Zu allem Überdruss beginnt die Show mit einem Patzer im Sound: die Anlage versagt mitten in “Counterweight” ihren Dienst. Der technische Fehler scheint schnell gefunden und behoben und HEAVEN SHALL BURN blasen sämtlichen potentiellen Kummer dermaßen weg, dass dieser innerhalb von Sekunden vergessen ist. Es passiert genau das, wofür HEAVEN SHALL BURN seit all den Jahren bekannt sind: Diese Energie, die zwischen der Band auf der Bühne und gefühlt einer jeden Person davor scheinbar zum Greifen ist, potenziert sich und nimmt alle mit. Das Infield ist voller enthusiastischer Fans, die genau dieses Konzert erleben wollen und vollends eintauchen. Die Eingefleischten freut es, dass auch ältere Titel – allem voran das übermächtige “Voice of the Voiceless” und “Numbing the Pain” – ihren Weg auf die Setlist finden. Marcus Bischoff kümmert sich in den Pausen wieder um “sein” Publikum, indem er zur gegenseitigen Rücksichtnahme ermahnt und Wasser verteilt. Es entstehen Circle Pits, eine Wall of Death und es sind zahllose Crowdsurfer unterwegs. Mit einem augenzwinkernden Hieb in Richtung SABATONs “Bismarck” verdeutlicht Mike, dass HEAVEN SHALL BURN das größere Schlachtschiff besingen und läutet mit “Tirpitz” des Ende eines sagenhaften Auftritts ein. Zurück bleibt ein nach dem anschließenden “Hunters Will Be Hunted” ein vollkommen verausgabtes Publikum, das Frontmann Bischoff noch zum ausgedehnten Crowdsurfing trägt.

  1. My Heart and the Ocean
  2. Counterweight
  3. Übermacht
  4. Voice of the Voiceless
  5. Thoughts and Prayers
  6. Black Tears
  7. Corium
  8. Combat
  9. Behind a Wall of Silence
  10. Protector
  11. Awoken
  12. Endzeit
  13. Numbing the Pain
  14. Tirpitz
  15. Hunters Will Be Hunted

Eines der letzten Highlights des SUMMER BREEZE 2022 bietet der Auftritt von HYPOCRISY um Frontmann Peter Tätgren. Nicht nur, dass sich die Band vollends ins Zeug legt – nein, auch die Person am Mischpult scheint die PA ein letztes Mal ausreizen zu wollen – genau wie der Verantwortliche für die Nebelmaschine. So kommt es, dass die Bühne unglaublich laut und mit sehr sattem Bass Richtung Publikum schallt. Das funktioniert zu Beginn noch sehr gut, weil es den Sound von HYPOCRISY in dessen Aggressivität unterstreicht. Allerdings scheint die PA etwas überfordert, sodass es im weiteren Verlauf des Konzerts zu unschönen Kratzern und Übersteuerung im Sound kommt. Das schmälert den Genuss – genau wie der überambitionierte Gebrauch der Nebelanlage auf der Bühne. Auch hier gilt: Zu Beginn des Auftritts ist alles noch wohl dosiert, allerdings wird der Moment verpasst, den Nebel wieder abzuschalten, sodass die komplette Band teilweise regelrecht verschwindet. Selbst auf den großen Screens sind nur noch monochrome Flächen zu sehen. Nichtsdestotrotz gelingt HYPOCRISY ein sehr guter Auftritt und das zahlreiche Publikum nimmt die Songs dankbar auf. Gerade Songs wie “Fire in the Sky”, “Eraser”, “Fractured Millenium” und das abschließende “Roswell 47” entfalten ihre Wirkung, sodass beim Ausklang des letzten Tons nichts weiter als frenetische Zustimmung abseits der Bühne erklingt. [AB]

  1. Rock ’n‘ Roll Train
  2. Worship
  3. Fire in the Sky
  4. Adjusting the Sun
  5. Eraser
  6. Impotent God
  7. Chemical Whore
  8. Until the End
  9. Don’t Judge Me
  10. Children of the Gray
  11. War-Path
  12. The Final Chapter
  13. Fractured Millennium
  14. The Gathering
  15. Roswell 47
HYPOCRISY auf dem Summer Breeze 2022
HYPOCRISY auf dem Summer Breeze 2022

Vielleicht wäre es schlauer gewesen, die Slots von AGRYPNIE und BORN FROM PAIN zu tauschen – so hätte man die bei IGNITE versammelte Hardcore-Hörerschaft gleich vor der Tool Rebel Stage gebunden und die Black Metaller hätte nach der Dampfwalze HEAVEN SHALL BURN nochmal ein paar vorbeilaufende Seelen in ihren atmosphärische Bann ziehen können. So sind es aber die niederländischen Urgesteine, die um halb zwölf mit Pyros die kleine Bühne betreten. Der etwas prollige Auftritt der Jungs passt zur Musik und Attitüde der Band: Knallharte Riffs, fette Breaks und ein garstig keifender Frontmann in Form von Rob Franssen – das europäische Pendant zu Terror-Sänger Scott Vogel. Trotz fortgeschrittener Uhrzeit, schweren Beinen und in der Zwischenzeit auch unterm Dach matschigem Boden, zeigt sich die Crowd noch überraschend bewegungsfreudig: Two-Steps und Moshpits lassen sich fast das ganze Set über beobachten. Die Band spielt sich quer durch ihren Katalog und lässt musikalisch nichts anbrennen – ein immer wieder gern gesehener Gast auf dem SUMMER BREEZE. [SD]

Weder schreiben wir das Jahr 2133, noch ist die mächtige Main-Stage-Zerstörung von HYPOCRISY in einem dritten Weltkrieg gemündet. Die Baden-Württemberger CYPECORE präsentieren uns dennoch ihre düstere Zukunftsvision von einer apokalyptischen Welt in Form von modernem Melodic Death Metal mit Core-Elementen. Mit ihren futuristischen Kostümen mit Leuchtelement und der spartanischen, aber stimmungsvollen Bühnenbeleuchtung zieht die Show sofort in ihren Bann. Der Bereich vor der T-Stage ist prall gefüllt mit skurril tanzenden, headbangenden, jubelnden Menschen. Bei “The Alliance wird “We Are One” tatsächlich wie aus einer Kehle gebrüllt, das “Chosen Chaos” mündet in der wohl letzten Wall Of Death des Festivals und überhaupt scheinen viele der Anwesenden unglaublich textsicher zu sein. CYPECORE reißen bei ihrem insgesamt fünften SUMMER-BREEZE-Auftritt voll mit und empfehlen sich beim nächsten mal für einen Spot auf der Main Stage. Dann aber bitte auch wieder bei völliger Dunkelheit. [SD]

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Persönliche Meinung: Für’s Wetter kann keiner was. Auch nicht die SUMMER-BREEZE-Veranstalter, die mehrere dutzend Liter Wasser nicht von einem staubtrockenen wegbekommen können, der nichts mehr aufnimmt. Ja, vielleicht hätte man hier und da besser reagieren können, an kritischen Stellen Stroh, Hackschnitzel oder Platten auslegen können usw. Ja, auch die Dixie-, Spültoiletten- und Duschsituation war nicht optimal – da haben sich die Veranstalter aber bereits während des Festivals um Schadensbegrenzung bemüht und das auch offen kommuniziert.

Am Ende sind das alles Lappalien. Das SUMMER BREEZE war auch 2022 wieder ein (verhältnismäßig) top organisiertes Festival und hat vor allem extrem viele gute Konzerte geboten. Ein paar Probleme bei der Abmischung und der Lautstärke des Gesangs ausgenommen war auch der Sound fast immer gut, was bei einem Open Air nicht immer auf diesem Niveau gegeben ist. Gerade die Mischung aus großen Bands wie Electric Callboy, Blind Guardian oder Heaven Shall Burn aus verschiedenen Genres mit zahlreichen spannenden Bands aller Stilrichtungen und vielen Underground-Perlen macht das Billing des SUMMER BREEZE so spannend. 

Weder beim Einlass, noch bei Essens- und Bierständen gab es lange Wartezeiten. Das könnte zum Teil auch am allgemeinen Preisanstieg liegen: Das Bier ist mit 4,80 € für den Becher mit 0,4 L auf Oktoberfestniveau (13 € pro Maß) – das ist in der aktuellen Festivalnormalität aber noch human: Kollege Silas Dietrich wurden beim Full Force satte 5,50 € fürs Bier abgenommen.

Das SUMMER BREEZE 2022 war für alle Hartgesottenen Wetter-Trotzer ein überaus gelungenes Wochenende mit viel Spaß und viel guter Musik. Beim Billing war wie gewohnt wieder für jeden was dabei. Dass sich das SUMMER BREEZE nicht auf ein oder ein paar Genres beschränkt, sorgt für ein bunt gemischtes Publikum an Metallern. Ob bunt, schwarz, verkleidet, halbnackt, wie auch immer: Alles ist erlaubt, nichts ist verboten, solange es Spaß macht und niemandem schadet. Um es mit den berühmten Worten eines deutschen Dichters zu sagen: “Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein”. [SP]


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… unter anderem mit FEUERSCHWANZ, KORPIKLAANI und DIE APOKALYPTISCHEN REITER (Mittwoch), sowie ELECTRIC CALLBOY, ARCH ENEMY und AVATAR (Donnerstag).

Summer Breeze 2022

Publiziert am von , und Silas Dietrich

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