Konzertbericht: Sólstafir w/ Oranssi Pazuzu, Helga

05.12.2024 München, Technikum

Das (Konzert-)Jahr neigt sich dem Ende entgegen, doch der Dezember hat es noch mal in sich: Unter anderem bereisen SÓLSTAFIR Europa auf ihrer „Nordic Descent Tour“, zu der sie mit ORANSSI PAZUZU und – in der ersten Tour-Hälfte HAMFERD, in der zweiten HELGA – durchweg hochwertige Bands eingeladen haben. Etwas schade: Der Beginn der Veranstaltung im Münchner Technikum hat sich deutlich nach vorne verschoben. Die Information scheint jedoch nicht alle Menschen mit Ticket erreicht zu haben, weswegen sich das Technikum – obwohl schon vorab ausverkauft – nicht so schnell füllt, wie man es bei diesen spannenden Support-Acts erwartet hätte.

HELGA im Dezember 2024 in MünchenDen Anfang macht also bereits um 19:10 Uhr die britische Post-Progressive-Band HELGA. Für die Truppe um die charismatische Frontfrau Helga Gabriel ist es die erste Tour vor einer derart großen Zuhörerschaft. Dementsprechend nervös, aber ausgesprochen gut gelaunt präsentieren sich die fünf Musiker*innen. Der einfallsreiche Mix aus Post- und Progressive-Rock mit psychedelischem Einschlag wird vom Publikum, obwohl das Technikum erst zur Hälfte gefüllt ist, dankbar angenommen und mit viel Applaus honoriert. Dass die Band die Songs ihres starken Debüts „Wrapped In Mist“ auf der Bühne rundum stimmig umzusetzen weiß, sorgt in Verbindung mit dem rundum sympathischen Auftreten des Quintetts für einen gelungenen Start in den Konzertabend. [SG]

  1. Skogen Mumlar
  2. Burden
  3. If Death Comes Now
  4. Farväl
  5. Alive Again
  6. Som En Trumma
  7. Haunted
  8. Mörker

ORNASSI PAZUZU im Dezember 2024 in MünchenDass Sólstafir als Main-Support eine extravagante Band mitgebracht haben, kündigt sich nicht nur durch den Hip-Hop in der Umbaupause an, sondern auch durch das, was aufgebaut wird: Mit der Menge an Synthesizern und Effektpedalen, die ORANSSI PAZUZU auf die Bühne bringen, ließe sich ein mittelgroßer Musikladen ausstatten. Entsprechend effektbeladen ist der Sound der Finnen: Über wabernde Riffs schichten die fünf Musiker unzählige Sounds, die in ihrer Kombination eine gewaltige, mal proggige, mal noisige Soundkulisse erzeugen. Songstrukturen sind dabei höchstens passagenweise zu erahnen. Hypnotisches Potenzial ist der Musik aber nicht abzusprechen. Und auch der Fakt, dass die Band das alles tatsächlich live erzeugt, statt Fertiges zu samplen, verdient Anerkennung. Bisweilen überkommt einen aber doch das Gefühl, ORANSSI PAZUZU könnten sich für das, was am Ende klanglich herauskommt, vielleicht etwas zu viel Mühe gemacht haben. Und nach 60 Minuten ist es dann auch wirklich genug. [MG]

  1. Bioalkemisti
  2. Kuulen Ääniä Maan Alta
  3. Muuntautuja
  4. Uusi Teknokratia
  5. Valotus
  6. Hautatuuli
  7. Vasemman Käden Hierarkia

SOLSTAFIR im Dezember 2024 in MünchenDass die Bühne anschließend komplett leer geräumt wird, ist ein ungewohntes, wennschon nicht überraschendes Bild – hatte Aðalbjörn „Addi“ Tryggvason doch bereits im Interview angekündigt, dass SÓLSTAFIR auf Amp-Modeller-Effektboards umgestiegen sind. Die gute Nachricht zuerst: Am Sound oder der Atmosphäre der Musik von SÓLSTAFIR ändert sich dadurch nichts. Das zeigt der gitarrenlastige Opener „78 Days In The Desert“, der gut zehn Minuten lang ohne Gesang in bester Psychedelic-Rock-Manier vor sich hin mäandert. Ob es allerdings wirklich eine gute Idee war, den „Köld“-Track, der es früher nur selten ins Set geschafft hat, an den Anfang zu setzen, steht auf einem anderen Blatt: Bei aller erkennbaren Freude der Musiker an ihrem Tun bringt der sehr gemächliche, fast etwas sperrige Einstieg noch niemanden in Wallung – zumal Addi weitere zehn Minuten vergehen lässt, ehe er das Publikum das erste Mal direkt anspricht.

SOLSTAFIR im Dezember 2024 in MünchenSo dauert es spürbar länger als gewöhnlich, bis der Funke auf die Fans überspringt – und auch dann hat das 75-Minuten-Set, neben den erwartbaren („Fjara“, „Otta“) und auch neuen Höhepunkten („Hun Andar“, „Blakkrakki“), leider auch einige Längen: Zwar muss man SÓLSTAFIR hoch anrechnen, dass sie sich (anders als viele andere Bands) zumindest bemühen, ihr Set von Tour zu Tour zu variieren und auch ein paar seltener zu hörende Nummern zu spielen. Allerdings hat es auch seine Gründe, warum etwa „Svartir Sandar“ und „Ljós Í Stormi“ vom gleichen Album nie zu Publikums-Lieblingen geworden sind. Richtig gut funktioniert dafür der Schluss. Den Hit „Ótta“ betten SÓLSTAFIR in zwei so alte wie ausladende Songs ein: Das nach über zehn Jahren Pause erst 2023 wieder ins Set geholte „Ritual Of Fire“ (von „Masterpiece Of Bitterness“ aus dem Jahr 2005) und das als Rausschmeißer gesetzte „Goddess Of The Ages“ von „Köld“. [MG]

  1. 78 Days In The Desert
  2. Silfur-Refur
  3. Blakkrakki
  4. Svartir Sandar
  5. Ljós Í Stormi
  6. Hún Andar
  7. Fjara
  8. Hin Helga Kvöl
  9. Ritual Of Fire
  10. Ótta
  11. Goddess Of The Ages

SOLSTAFIR im Dezember 2024 in MünchenSÓLSTAFIR können keine „schlechten“ Shows spielen – dafür sind die vier Isländer mit zu viel Hingabe dabei, spielen zu authentisch die Musik, die sie lieben, und gerieren sich auch sonst zu sympathisch (Welche Band dieser Größe kommt nach wie vor nach jeder Show an den Merch, um Foto- und Autogrammwünsche zu erfüllen?). In der Fein-Skalierung einer sehr guten Show bleibt der heutige Auftritt aber eher durchschnittlich: Einige verzichtbare Tracks und die monotone Lightshow lassen die Spannungskurve zwischenzeitig leider merklich abflachen.

SOLSTAFIR im Dezember 2024 in München

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