Konzertbericht: Schandmaul

2005-09-30 Ulm, Roxy

Am Anfang verhüllte noch ein geheimnisvoller Vorhang die Dinge, die da kommen sollten. Doch um Punkt 20 Uhr konnte das neueste Kunststück der sechs Schandmäuler beginnen, die sich nach dem großen Erfolg ihres ersten rein akustischen Konzertes im Münchner Zirkus Krone dazu entschlossen, mit eben jenem Programm ganz ohne E-Gitarren (dafür mit Roland, dem Keyboard) auf Tour quer durch Deutschland zu gehen.
Nachdem am Abend zuvor noch die Schweiz auf dem Plan stand, ging es einen Tag später zum Deutschlandauftakt ins Ulmer Roxy, welches erst zu Konzertbeginn so richtig gut gefüllt war.

Direkt am Anfang wurde deutlich, dass Schandmaul akustisch auch wirklich Schandmaul akustisch bedeutet. Bekannte Klassiker der Band bekamen ein völlig runderneuertes Gewand und erklangen teilweise besser denn je. Allgemein war die Akustik vorne in der ersten Reihe absolut spitze. Selbiges gilt für die Stimmung. Bis jetzt habe ich auf keinem Schandmaulkonzert ein so großes Meer an Wunderkerzen gesehen wie dieses Mal. Als einen der Höhepunkte des rundum gelungenen Abends kann man zweifelsohne „Der Clown“ bezeichnen, der nur auf dieser Tour zu hören sein wird. Hierbei kam auch das oben genannte Keyboard Roland zu seinem ersten und einzigen Einsatz. Auf DVD konnte mich der Song noch nicht vollends überzeugen, live dafür umso mehr. Während Thomas von Anna an der Geige und Orchester unterstützt sein Ein-Mann-Solo gab, um sich schließlich eine Runde Extraapplaus abzuholen, gönnte sich der Rest der Truppe eine kleine Verschnaufpause, um danach noch einmal richtig loszulegen. Neben seinem Soloauftritt überzeugte der Frontmann an diesem Abend auch durch ausgesprochen witzige Ansagen, die ich persönlich in dieser Form noch nicht gehört habe.

Im Gegensatz zum Zirkus Krone gab es eine leicht veränderte (und meiner Meinung nach auch bessere) Setlist, die am Schluss mit „Herren der Winde“, „Teufelsweib“ und „Walpurgisnacht“ ihren krönenden Abschluss fand.
Natürlich gab es die obligatorischen Zugaben in Form von „Sturmnacht“, „Sonnenstrahl“, „Geisterschiff“ und „Willst du?“, wobei mir besonders der Mittelteil dieses Mal sehr gut gefiel. Nach ca. zwei Stunden verabschiedete sich die Band dann von dem begeisterten Publikum, um sich einige Minuten später noch einmal unter die Menge zu mischen und Autogramme zu geben. Die Publikumsnähe der Band scheint selbst mit zunehmendem Erfolg nicht abzunehmen und ist durch und durch positiv zu bewerten, genau wie das Konzert selbst.

In Zeiten, in denen musikalische Einbahnstraßen wie Tokio Hotel und Konsorten, den kaum mehr zu ertragenden Musikgeschmack der breiten Masse wiedergeben, sind Lichtblicke wie das „Kunststück“ in DVD- und CD-Form in den deutschen Charts spärlich gesät. Doch niemals war die Chance für „echte“ Musik und „echte“ Musiker größer als heute, zum wohlverdienten und über Jahre hinweg hart erarbeitenden Erfolg zu kommen.
Solange dies nicht auf Kosten der Fans oder der Musik geschieht, sehe ich darin auch kein Problem, wobei die Erwartungshaltung an das im kommenden Jahr erscheinende neue Album meinerseits nun zugegebenermaßen sehr hoch ist.
Ein besonderes Lob verdient auch das zwölfköpfige Orchester der Rockharmonics, die die Nachfolge des 40 Mann starken Puchheimer Jugend Kammerorchesters angetreten haben und sich nahtlos in das wunderbare Bild des gesamten Abends einfügten. Sie waren auch weit mehr als nur eine bloße Zugabe, sondern essentieller Bestandteil des gesamten Konzerts.
Als Fazit bleiben zwei Stunden zum Träumen und Genießen, die einen alles vergessen lassen, und mit Sicherheit hängen bleiben, wenn man sie live erlebt hat. Selbst die sehr gute DVD kann einem dies unmöglich vermitteln.

Tyrann
Siegfried / Drachentöter
Vogelfrei
Die goldene Kette
Seemannsgrab
An dich
Der letzte Tanz
Kalte Spuren
Frühlingsleier
Bin unterwegs
Der Talisman
Eine Waldmär
Der Clown
Das Klagelied
Dein Anblick
Herren der Winde
Teufelsweib
Walpurgisnacht

Zugaben:
Sturmnacht
Sonnenstrahl
Geisterschiff
Willst du?

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