Konzertbericht: Samsas Traum

30.01.2020 Nürnberg, Der Hirsch

Um Weihnachten vergangenen Jahres machte ein Video zum Song „Bis in alle Ewigkeit“ auf die anstehende Tour aufmerksam: Ende Januar war es so weit und der Auftakt zur „Phantasai, lieb Phantasai“-Tour 2020 von SAMSAS TRAUM stand an, die am 30.01.2020 in Nürnberg startete. Die Tour wurde bereits im August 2019 angekündigt, allerdings blieb – außer den Terminen selbst – noch so einiges unklar. Wer SAMSAS TRAUM schlussendlich supporten sollte, war bis zum Tourbeginn selbst nicht bekannt.

Wie der Tourname vermuten lässt, widmen sich die Konzerte dieser Tour den früheren Alben des Projekts von Alexander Kaschte (vom Debüt „Die Liebe Gottes“ bis zu „a.Ura und das Schnecken.Haus“) und rücken selten oder nie gespielte Songs in den Fokus. Fans neuerer Alben werden sich dementsprechend noch gedulden müssen, bevor mit dem anstehenden Album „KALK“ vermutlich noch eine Tour mit neuem Material folgt. Das Tourplakat ließ zwar auf Gäste hoffen, jedoch wurde daraus an diesem Abend nichts: Mit ein paar Minuten Verzögerung erscheint SAMSAS TRAUM unerwartet direkt selbst auf der Bühne und das Konzert beginnt mit einem opulenten und stimmigen „Prolog im Himmel“, der in „Tragische Trauertränen“ übergeht. Spätestens bei „Satanshimmel voller Geigen“ ist der frühere Sound von SAMSAS TRAUM bei den Anwesenden wieder vollends präsent. Klanglich jedoch ist hier leider Potential nach oben – ausgerechnet das Mikrofon ist leider etwas zu stark in den Hintergrund gemischt, sodass Gitarren und Schlagzeug zu dominant sind. Die Einspielungen vom Band kommen dagegen glasklar aus der Anlage.

Mit etwas Selbstironie und gespieltem Zweifel kündigt Alex Kaschte „Alles oder alles“ an und erklärt im Vorfeld den Hintergrund des Songs und dessen Sound. Solche Momente ziehen sich durch den ganzen Abend: Alex sucht den Austausch mit dem Publikum und kennt manchen treuen Besucher vergangener Konzerte beim Namen. Er sinniert augenzwinkernd, gibt Hintergründe und stachelt die Anwesenden an zum Mitsingen, zum Tanzen und zu einer „Wall of love“, macht sich damit nahbar. Das trägt insgesamt ungemein zur Stimmung bei und beschert sowohl Musikern als auch Publikum einen im positiven Sinne merkwürdigen Abend. Um nicht nur in der Vergangenheit zu verweilen und auch wie angekündigt auf das anstehende Album „KALK“ aufmerksam zu machen, findet dessen Titeltrack Einzug in die Setlist. Die Band verlässt die Bühne im Anschluss und gibt Alex Raum zum Rezitieren von „Oh Clara, meine Clara“ und dem damit verbundenen Übergang zum zweiten Teil des Abends.

Es folgen acht weitere Songs, wobei deren Mehrzahl vom 2004er Album „a.Ura und das Schnecken.Haus“ stammt. So auch „Ich wünsch mir, dass das Zebra schweigt“, das Alex vom Publikum beginnen lässt, bevor er selbst – von pompösen Orchstersound begleitet – übernimmt. Anschließend folgt das seinerzeit unveröffentlichte „Monster“. SAMSAS TRAUM beenden mit dem rasanten „Ein Foetus wie du“ ihr Konzert – nur um unter „Ohne Kugel geh’n wir nicht nach Haus'“-Rufen aus dem Publikum zurückzukehren und eine Zugabe zu liefern. „Es war einmal“ und das geforderte „Kugel im Gesicht“ bilden den runden Abschluss einer sehr beachtlichen und abwechslungsreichen Setlist. Dass SAMSAS TRAUM ohne Vorband auftreten, ist in diesem Fall kein Verlust, sondern klug gewählt. Das räumt der Band angemessenen Raum für diese Setlist ein – mit einer Vorband wäre dieses Unterfangen wohl etwas zu langatmig geworden.

Die eingangs erwähnte Opulenz trifft es gut, denn das ist es, was diesen Auftritt beschreibt – Alex Kaschte weiß sich hervorragend zu inszenieren, steckt an diesem Abend reichlich Herzblut in das zweistündige Konzert und schwelgt anscheinend selbst in vergangenen Tagen: Durch den Fokus auf die frühen Werke liegt ein Hauch Nostalgie in der Luft und damit verbunden unweigerlich Erinnerungen, die dem einen oder anderen Song anhaften. Die Konzentration auf „vergessenene“ Tracks verleiht dem Auftritt etwas Einmaliges und so verlässt SAMSAS TRAUM unter verdientem Applaus die Bühne.

 

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