Konzertbericht: Sabaton w/ Accept, Twilight Force

05.02.2017 München, Zenith

Wieder einmal schickt Nuclear Blast ein gut geschnürtes Bandpaket auf die Straßen: Mit TWILIGHT FORCE und ACCEPT haben SABATON auf ihrer „The Last Tour“ sowohl einen hoffnungsvolle Newcomer als auch eine erfahrene Szenegröße im Schlepptau. Der Besucherandrang vorab am Münchner Zenith beweist: Die Kalkulation geht auf. Und auch das Ergebnis auf der Bühne spricht für sich.

Während einige noch in den langen Schlangen bis in die hintersten Parkplätze des Veranstaltungsgeländes stehen, legen TWILIGHT FORCE bereits kurz vor 19 Uhr los. Ihre zweite Langrille „Heroes Of Mighty Magic“ haben die Power Metaller über ihre neue Labelheimat veröffentlicht und genau dieses Werk steht wenig überraschend im Mittelpunkt der rund 30-minütigen Show. Live zeigen TWILIGHT FORCE ähnliche Stärken und Schwächen wie ihre Platte: Die Vorzeigestücke „Battle Of Arcane Might“ und „To The Stars“ überzeugen vom Riffing und den Refrains mehr als andere Kompositionen. Vokalist Chrileon müht sich wiederum sichtlich, kommt in der Soundwand des Zeniths allerdings nur selten richtig zur Geltung und übertreibt es manchmal in den Höhen. Für Unterhaltung am Rande sorgen die beiden Sabaton-Gitarristen Chris und Tommy, die Chrileon sein Schwert reichen oder mit ihm im Duett singen. Zwar strotzt die Show vor Energie und der notwendigen Unterhaltung auf der Bühne, doch die Saiteninstrumente und Gitarren glänzen meist nur in ihren Soloparts. Am Ende mutiert der Power Metal dadurch zum Fantasy Metal, bei dem die Elfenohren des Gitarristen passender wirken als seine Gesichtsmaske.

Bereits der monströs-imposante Bühnenaufbau verrät: ACCEPT sind nicht als Support gekommen, sondern als Co-Headliner. Das beweist auch die wachsende Menge an Zuschauern vor der Bühne, die zum Teil auch nur wegen den Schwermetallern die Reise in die bayerische Landeshauptstadt angetreten ist. Die Heavy Metal-Urgesteine verlieren angesichts von lediglich 60 Minuten Spielzeit keine Zeit und legen furios los mit “Stampede” und “Stalingrad”. Im Vergleich zu Twilight Force haben die Gitarren nun deutlich mehr Gewicht und der Sound ist besonders für die alte Industriehalle ein ordentliches Brett. Nach vorne gepeitscht von ihren Anhängern marschieren ACCEPT zurück in ihre Vergangenheit und liefern den zu erwartenden Fan Service mit “Princess Of The Dawn”, “Metal Heart” und “Fast As A Shark”. Während andere Formationen auf Ansagen des Sängers setzen, verlassen sich die Veteranen auf die Fingerfertigkeiten ihrer Gitarreros, die sowohl laute „Heys“ anleiern als auch beispielsweise Schwanensee zur Überbrückung anstimmen. Insgesamt auch einigermaßen routiniert, aber immer noch mit ordentlich Pfeffer im Arsch beenden die Westfalen ihre Show schließlich mit „Balls To The Wall“ und lassen wohl niemanden enttäuscht zurück. Für wahrhaft Neues werden ACCEPT vermutlich wieder selbst die Straßen beackern und nicht unter der Sabaton-Flagge.

Kein „Final Countdown“ wie gewohnt – nein, die instrumentalen Klänge von „In The Army Now“ eröffnen die SABATON-Shows der aktuellen Tour. Die einzig wirkliche Neuerung bei den Schweden, denn zu den ersten Klängen von „Ghost Division“ rast Sänger Joakim wie gewohnt voller Tatendrang in seinem Metallplattenpanzer auf die Bühne und erobert diese im Nu. Seine Energie steckt an und das inzwischen ausverkaufte Zenith macht mit: Von Beginn an höchst agil und dynamisch präsentieren sich die fünf Nordeuropäer in ihrer aktuellen Besetzung. Bereits früh wechselt Joakim zum ersten (und nicht zum letzten Mal) sein Outfit und präsentiert sich bei „Sparta“ in der passenden Rüstung. Mit Feuerfontänen und einigen halbnackten Statisten inszenieren SABATON das Stück so opulent wie möglich, das Publikum stimmt mit lauten Schlachtrufen im Refrain ein. Wenig später schlüpft der Frontmann zu „Carolus Rex“ stimmig in einen gelb-blauen Mantel im Stile von Karl dem Großen. Ein akustisches und optisches Spektakel der Güteklasse A – fernab davon wie man zu den ab und an arg plakativ dargestellten Inhalten und dem daraus resultierend mäßig hohen Niveau der Band steht. „Noch ein Bier“-Rufe gehören inzwischen zum guten Ton bei den Auftritten der Schweden, für Fans der früheren Tage ist das entsprechend umgetextete „Gott mit uns“ zumindest fragwürdig. Neu-Gitarrist Tommy tourt erstmals mit SABATON durch Europa und muss folgerichtig seine Trinkfähigkeit beweisen. Das gelingt ihm mühelos. Dazu versteht er sein Instrument, stimmt früh den Gassenhauer „Swedish Pagans“ an und sammelt dadurch weitere Pluspunkte.

Im Gegensatz zu Accept entbrennen zwischen den Songs immer wieder minutenlange Wortduelle zwischen Joakim und seinen Mitstreitern, die er scherzhaft gerne als „Motherfuckers“ bezeichnet. Den größten Lacher erntet wiederum Tommy, dem das Wort „Zipfelklatscher“ in einer leicht anderen Bedeutung untergejubelt wird. Trotz Sprachbarriere schlägt er sich sehr tapfer. Prost! Dass SABATON mehr können und sind als ihnen viele Metal-Hörer zutrauen, zeigen sie in der akustischen Version von „Final Solution“, die vom Großteil des Publikums überraschend positiv angenommen wird. Tommy nimmt dafür am Keyboard Platz und beweist einmal mehr, welchen Gewinn er im aktuellen Line-Up darstellt.
Vor „Resist and Bite“ greift Ex-Keyboarder Joakim kurz zu seiner Klampfe, um „Smoke On The Water“ anzustimmen und auf seine eigene Historie in der Band zu sprechen zu kommen. Ein gelungenes Intermezzo, welches wie viele andere Momente zeigt, dass SABATON ihre Musik und sich selbst einzuordnen wissen. Mit „Shiroyama“ und „Winged Hussars“ finden schließlich zwei weitere der stärksten Nummern von „The Last Stand“ ebenfalls ihren Platz in der aktuellen Live-Setliste. Zusammen mit dem beinahe altehrwürdigen „Primo Victoria“ und dem Rausschmeißer „To Hell And Back“ runden sie eine wahrhaft fulminante Show ab.

Einige Inhalte bei SABATON mögen auf den ersten Blick zumindest fragwürdig erscheinen, offenbaren bei genauerem Hinsehen und -hören allerdings keine einseitigen Betrachtungsweisen, sondern Facettenreichtum bezüglich der historischen Blickwinkel. Derweil machen die Schweden in erster Linie Unterhaltungsmusik und diese gleicht anno 2017 einem Feuerwerk mit ritualen Trinkspielen. Von der Stimmung, Präsentation und Inszenierung muss man diese Machtdemonstration an einem Sonntag (!) in einem vollen Zenith (!!) bei hervorragendem Sound (!!!) anerkennen – ganz egal ob als Fan oder objektiverer Betrachter. Dazu bereichern ACCEPT und TWILIGHT FORCE den Konzertabend um eigene Facetten und Klangfarben.

 

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