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… unter anderem mit ANGUS MCSIX, BLIND GUARDIAN und KNORKATOR (Mittwoch), MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN, FEUERSCHWANZ und IN FLAMES (Donnerstag) sowie unserem Zwischenfazit!
Freitag, 07.07.2023
Und weiter geht’s! Zwei intensive Tage liegen hinter uns, zwei weitere sollen noch folgen. Reden wir übers Wetter: Die Vorhersage lässt wenig Zweifel daran, dass es nun heiß werden wird. Temperaturen um 30 Grad und wenig Wolken sind für Freitag und Samstag angesagt. Das wird eine Herausforderung für Kreislauf und Flüssigkeitshaushalt, aber schon jetzt lässt sich sagen: Danke, Rockharz-Crew, für eine wirklich gute Wasserversorgung. An zahlreichen Stellen stehen Wasserstationen bereit, die kühles Nass spenden und dazu einladen, sich mal so richtig die Mütze zu wässern. Auch Feuerwehrschläuche kommen vor den Bühnen mehr und mehr zum Einsatz, damit das Publikum nicht überhitzt. So kann man arbeiten. [JL]
Den Freitag eröffnen für uns Neulinge, die keine sind: ALL FOR METAL geben sich bei ihrem erst zweiten Auftritt überhaupt die Ehre, allen voran Tetzel aka “Halbgottschmiede” ist ein bekanntes Gesicht an vorderster Front, Zweitsänger Antonio Calanna von DeVicious dürften immerhin eingefleischte Hard-Rock-Fans kennen. Im Gegensatz zum Melodic Death Metal von Tetzels bisheriger Hauptband Asenblut kredenzen ALL FOR METAL getreu dem Bandnamen waschechten Heavy Metal – Klischees, altbekannte Melodien und mächtig Gepose inklusive – nicht zu vergessen Tänzerinnen in glitzernden Outfits, die für mächtig Chaos auf Bühne sorgen. Vom Songwriting her ist’s irgendwo zwischen abgedroschen und so schlecht, dass es schon wieder unterhaltsam ist.
Handwerklich ist das aber alles gut gemacht und so darf man sich über einfachen, aber spaßigen Heavy Metal freuen. Songs wie “Born In Valhalla” und “Mountain Of Power” werden auch dank ihrer mehr als eingängigen Refrains aus vielen Kehlen mitgegrölt und auch der Aufruf zum “ersten Power-Metal-Circle-Pit” wird zumindest von einer Handvoll Feierwütiger angenommen. Für Tetzel scheint der Auftritt auf dem Rockharz auch etwas besonderes zu sein: Dass beim letztjährigen Asenblut-Auftritt trotz extremem Wind und Regen so viele Unterstützer da waren, habe ihm “das Leben gerettet”. [SP]
- All For Metal
- Fury Of The Gods
- Raise Your Hammer
- Born In Valhalla
- Hear The Drum
- Mountain Of Power
- Legends Never Die
- Run
- Goddess Of War
An diesem Nachmittag bleibt es erstmal heavy-metal-lastig, nach der Partyfraktion sind BURNING WITCHES aber ernsthafter und traditioneller unterwegs. Beim Opener “Unleash The Beast” hakt es leider noch an der Abmischung, Sängerin Laura Guldemond und die melodischen Gitarren gehen im basslastigen Gedröhne leider unter. Nach ein paar Minuten fängt sich der Sound glücklicherweise, so dass die thrashig angehauchten Old-School-Kracher ihre Wirkung entfalten können. Vor allem Songs des neuen Albums “The Dark Tower” – wie “Evil Witch” und der mächtige Titeltrack – kommen richtig gut rüber und zeigen, dass BURNING WITCHES auf dem richtigen Weg sind. Dazu machten die deutschen Ansagen der niederländischen Frontfrau einen megasympathischen Eindruck. Starker Auftritt, bei dem die manchmal verhaltenen Reaktionen wohl allein der brütenden Hitze zuzuschreiben sind. [SP]
Unsereins kommt erst zu SEPTICFLESH halbwegs in Bewegung. Und schon wieder eine Band im Pech: Nach As I Lay Dying müssen auch die Griechen auf Teile ihres Equipments verzichten, das irgendwo auf der Reise steckengeblieben ist. Zwar kommt es dadurch nicht zu Verzögerungen, aber die Bühnenshow ist eingeschränkt. Ohne ihre Kostüme müssen SEPTICFLESH eine wesentlich schlichtere Darbietung abliefern. Und ehrlicherweise zieht die nicht besonders, da eh Großteile des symphonischen Death Metals aus der Konserve kommen und den Musikern ihre eingeschränkte Laune anzusehen ist. So bleibt da nicht viel hängen. [JL]
- Portrait of a Headless Man
- Pyramid God
- Neuromancer
- The Vampire from Nazareth
- Hierophant
- Martyr
- A Desert Throne
- Anubis
- Dark Art
Gute Laune hingegen gibt es anschließend nebenan bei DESTRUCTION. In der nachmittäglichen Bullenhitze reißen Schmier und seine Mannen von Beginn an die Hütte ab und knallen ihren kompromisslosen Old-School-Thrash unter das willige Rockharz-Publikum. Willig muss dabei relativ bleiben, denn angesichts der unbarmherzigen Sonne sind intensives Headbanging oder Moshpits natürlich nicht jedermanns Sache.
Ein Jammer, denn es ballert eben nicht nur vom Himmel, sondern auch gewaltig von der Bühne. Die schlanken 40 Jahre, die DESTRUCTION mittlerweile im Gepäck haben, merkt man ihnen nur bedingt an – routiniert ja, aber immer noch mit frischem Spaß im Geschäft. „Thrash ‚til Death“? Wenn es nach Schmier geht auf jeden Fall! Als zum Schluss ihres Auftritts noch fünf Minuten Zeit sind, legen DESTRUCTION sogar noch eine ungeplante Zugabe drauf. Ob das nun doch heimlich kalkuliert war, ist egal: Die Band zeigt ehrliche Hingabe, die eine Wohltat ist. [JL]
- Curse the Gods
- Nailed to the Cross
- Bestial Invasion
- Armageddonizer
- Mad Butcher
- Diabolical
- Thrash ‚Til Death
- Life Without Sense
EQUILIBRIUM, lange nicht gesehen! Mit brandneuem Sänger präsentieren sich die Epic Metaller heute dem Rockharz und legen direkt mit einem ebenso neuen Song los – doppelte Live-Premiere also mit Fabian „Favethesky“ Getto und „Shelter“. Die Motivation ist direkt spürbar: Der junge Mann am Mikrofon lässt seiner Begeisterung für seine neue Rolle freien Lauf und bewegt, shoutet und quasselt sich alles von der Seele. Manchem mag die Performance von Fabian übermotiviert vorkommen, unsympathischer als seine Vorgänger am Mikrofon ist er keineswegs. Und er ist gut bei Stimme.
Bei ihrem Set nehmen sich EQUILIBRIUM vor allem das „Armageddon“-Album zur Brust – für Fans früherer Tage bleibt lediglich „Blut im Auge“ von der „Sagas“. Putzig ist bei der Ansage dazu erneut Fabian, der erzählt, wie er beim ersten Hören des Songs zehn Jahre alt war und nun kaum glauben kann, selbst mit EQUILIBRIUM auf der Bühne zu stehen. Beim Rockharz-Publikum springt der Funke indes nicht gleichermaßen über: Es ist zwar gut was los vor der Dark Stage, doch die Stimmung scheint auf der Bühne selbst mehr zu kochen als davor. Aber gut, es ist auch am frühen Abend immer noch ziemlich warm. [JL]
- Shelter
- Renegades – A Lost Generation
- Rise Again
- Born to Be Epic
- Prey
- Blut im Auge
- Apokalypse
Auftritte von SONATA ARCTICA sind ein wenig eine Wundertüte, was man so vernimmt. Heute haben sie offenbar einen guten Tag erwischt, denn abgesehen von kurzen Technikaussetzern zu Beginn abgesehen liefern die Finnen eine tadellose Performance ab. „Herrje, ist Tony Kakko grau geworden“, denkt Manche*r, allerdings nur auf dem Schädel: Seine Gesangsleistungen sind heute über jeden Zweifel erhaben. Keine Selbstverständlichkeit angesichts der anspruchsvollen Melodien der Power-Metal-Band.
Kritikwürdig ist allenfalls Kakkos Neigung zu überlangen Ansagen, die Zeit von der Uhr nehmen. So bleiben am Ende nur sechs Songs auf der Habenseite – die treffen aber durchaus den Nerv des Rockharz, wie den Reaktionen zu entnehmen ist. Klassiker wie „FullMoon“ zahlen sich eben aus. Zum Schluss hin ernten SONATA ARCTICA noch Sympathie, als Kakko seine tiefe Dankbarkeit für all jene Menschen Ausdruck bringt, die Live-Konzerte besuchen. Und auch seine Lobpreisung des Wodkas trifft auf Wohlwollen. Mit Saufen kriegt man sie halt alle. [JL]
- Paid in Full
- Black Sheep
- I Have a Right
- 8th Commandment
- FullMoon
- Don’t Say a Word
Die Reihen sind bei Sonata Arctica teilweise etwas licht, noch während der “Wodka”-Lobpreisung aber füllt sich das Infield beträchtlich. Als VERSENGOLD den Schleier lüften und eine liebevoll gestaltete Bühne im Stile eines Irish Pubs enthüllen, ist der Platz vor beiden Bühnen und bis ganz nach hinten bereits rappelvoll gefüllt. Ihr 20-jähriges Jubiläum feiern die Nordlichter also vor angemessener Kulisse und gefühlt alle im Infield feiern lautstark mit. Nicht erst beim Überhit “Thekenmädchen” tanzen, singen und freuen sich alle im Publikum, auch der launige Partykracher “Kobold im Kopp” und im Gegensatz dazu das wundervoll melancholische “Haut mir kein’ Stein” kommen bestens an. Sänger Malte Hoyer besticht dadurch mit seiner gewohnt lockeren, sympathischen Ausstrahlung, das Publikum frisst ihm eine Stunde lang bereitwillig aus der Hand. Da kommt natürlich erst recht gut an, dass Hoyer mit seinem wie immer bestens aufgelegten Bassisten Eike Otten zum Ende des Auftritts ins Publikum begeben. Das macht die Zusammenkunftshymne “Die letzte Runde” gleich noch eine Stufe besser. VERSENGOLD zeigen einmal wieder, dass sie eine der besten Livebands der Nation sind – einer der überzeugendsten Auftritte des Festivals! [SP]
- Niemals sang- und klanglos
- Der Tag an dem die Götter sich betranken
- Flaschengeist
- Thekenmädchen
- Haut mir kein‘ Stein
- Kobold im Kopp
- Die letzte Runde
- Butter bei die Fische
Noch immer ist die Sonne nicht untergegangen und die letzten Strahlen knallen KORPIKLAANI in die Gesichter. Kein Wunder, dass die ganze Band Sonnenbrille trägt. Die Temperaturen haben sich glücklicherweise etwas entspannt und so kommt die tanz- und saufbare Musik der Finnen gerade recht: Allerorten sieht man Leute vor der Bühne mitwippen, freundliche Circlepits bilden sich, dass es nur so staubt, und natürlich sind Crowdsurfer unterwegs. Die Laune steigt also!
Auch KORPIKLAANI selbst haben das Saufen nicht verlernt, das merkt man Jonne und seinen Mannen ein bisschen an. Da wird schon mal darauf gepfiffen, ob die Akustikgitarre gestimmt ist oder nicht; feiern ist weitaus wichtiger als musikalische Details. Angesichts von Songs wie „Wooden Pints“, „Happy Little Boozer“, „Beer Beer“ oder „Vodka“ ist das nur authentisch. Und einfach schön zu sehen, dass die Band selbst so viel Spaß bei der Sache hat! [JL]
- A Man With a Plan
- Wooden Pints
- Happy Little Boozer
- Sanaton maa
- Tuli kokko
- Pilli on pajusta tehty
- Ennen
- Ievan polkka
- Beer Beer
- Vodka
- Niemi
- Leväluhta
- Huolettomat
- Pidot
Es klingt nach AC/DC, da muss es also AIRBOURNE sein. Räumen wir ein, dass wir nur zur Überbrückung bis zum Headliner dageblieben sind: Unterhaltsam ist das, was die Australier da abliefern, dennoch. Knalliger Sound das eine, Bewegungsfreude & Show das andere. Wohl keine andere Band des Rockharz 2023 spult mehr Kilometer auf der Bühne ab als die Rock’n’Roller aus Down Under. Da geht es schon mal von der Dark Stage rüber auf die Rock Stage, um von dort aus die Meute zu beschallen. Dazwischen gibt es jede Menge Entertainment in Form von verteiltem Alkohol und am Kopf aufgeschlagenen Bierdosen. Erwähnten wir schon, dass Party & Saufen offenbar immer gehen? [JL]
Dass ARCH ENEMY inzwischen Headliner-Status haben, ist bemerkenswert. An Härte lässt der Sound auch 2023 wenig vermissen. Aber auch wenn es hier nicht um Party und Saufen geht, haben reichlich Rockharz-Gäste Bock auf die internationale Melo-Death-Band. Und die kriegen was geboten, sowohl musikalisch als auch optisch. An Pyro-Effekten und wehenden Fahnen sparen ARCH ENEMY ebenso wenig wie an Songs – mit einem deutlichen Schwerpunkt auf dem neuen und vielgefeierten Album „Deceivers„. Das hat bei den 2022er Festivals schon gut funktioniert, daran ändert sich in dieser Saison nichts. Der Kollege, der neben uns ungefähr jede Textzeile aus vollem Herzen mitgrowlt, scheint gut vertraut mit dem Material.
Einmal mehr heben zahlreiche Crowdsurfer*innen während ARCH ENEMY ab. Und zum wiederholten Mal werden wir eines Trends gewahr, der scharf kritisiert gehört: Eine Person versucht, sich auf dem Körper eines anderen Crowdsurfers hinzustellen (!), und stürzt daraufhin ab. Leute, Crowdsurfing an sich geht schon vielen Leuten auf die Nerven, aber hier bringt ihr wissentlich euch und andere in Gefahr. Lasst es sein.
Zurück zu ARCH ENEMY: Besonders emotional wird es, als Sängerin Alissa White-Gluz noch einmal persönlich Dirk Lehberger gedenkt und ihm „As The Pages Burn“ widmet. Anschließend scheint das Set so langsam zu Ende zu gehen, doch einen strammen Zugabeblock liefert die Band noch ab. Am Ende dürften nach anderthalb Stunden ARCH ENEMY die meisten zufrieden sein. [JL]
- Deceiver, Deceiver
- The World Is Yours
- Ravenous
- War Eternal
- In the Eye of the Storm
- House of Mirrors
- My Apocalypse
- The Watcher
- The Eagle Flies Alone
- Handshake With Hell
- Sunset Over the Empire
- As the Pages Burn
- We Will Rise
- Enemy Within
- Burning Angel
- Snow Bound
- Nemesis
Auf einen Absacker geht es für uns rüber zu FIRKIN, Folk Rock vertragen wir noch. Es ist nicht mehr viel los vor der Dark Stage, aber die Band wirkt gut gelaunt. Und so bleibt auch ausreichend Platz für Tanz & Polonaise, während die Ungarn sich durch ihr Seit aus Eigenkompositionen und (irischen) Traditionals spielen. Tatsächlich geht auch bei schnellem Folk „zu schnell“, denn bekannte Hits wie „Johnny I Hardly Knew Ya“ oder „Whiskey In The Jar“ verpuffen in den Hochgeschwindigkeitsversionen leider. Und auch die ruhigen Songs kommen nicht recht auf den Punkt.
Wenn wir schon mäkeln wollen, liebe FIRKIN: Die ausschließliche Ansprache als „Brothers“ bei einem diversen Publikum 2023 finden wir nicht mehr angemessen. Und ein bisschen weniger Eigenwerbung für Spotify & ihre CDs hätte der Atmosphäre gut getan. Für uns kein zwingender Auftritt. [JL]
Samstag, 08.07.2022
Es hat sich schon etwas ausgedünnt auf dem Zeltplatz, als der letzte Festivaltag läuft. Das Bandaufgebot sollte dafür nicht verantwortlich sein; vielleicht ist es vielmehr die Hitze, die Freitag schon schwer erträglich war. Heute soll es noch mal ähnlich warm werden, allerdings sind hier und da ein paar Wolken zu sehen und leichter Wind weht. Dennoch tut man gut daran, weiterhin mehr Wasser als Bier zu trinken. [JL]
Wir suchen uns dennoch die heiße Nachmittagszeit für den ersten Gang zum Infield aus. EINHERJER sind als Ersatz für Draconian eingesprungen, was die Wikinger in uns verzückt. Schließlich gab es jene Band schon vor dem großen Viking-Metal-Boom und sie hat zu Recht weiterhin Bestand, wenngleich sie nicht oft live zu sehen ist. Der Andrang ist tatsächlich auch überschaubar, doch das tut der Freude keinen Abbruch – weder bei uns noch bei EINHERJER selbst. Am Auftritt der Norweger bleibt nichts zu wünschen übrig, außer längere Spielzeit. In bescheidenen 40 Minuten drücken Frode, Gerhard, Ole & Tom ihren erdigen und vor allem rhythmisch erhabenen Wikingerstahl in die Ohren der Anwesenden, dass es eine Freude ist. [JL]
- The Blood and the Iron
- Nord og ner
- Mine våpen mine ord
- Crimson Rain
- Ironbound
- Dragons of the North
- Odin Owns Ye All
Die Hitze lässt nicht nach, ganz im Gegenteil: Allein beim bloßen Rumstehen läuft der Schweiß den Rücken unter dem Shirt hinab. WIND ROSE müssen in ihrem selbst gewählten Schicksal als zwergische Krieger trotz alledem mit dicken, fellbesetzten Rüstungen auf die Bühne. Die Italiener überzeugen dabei nicht nur optisch, sondern auch musikalisch auf ganzer Linie: Auch, wenn sicher viele der Soundtrackelemente vom Band kommen, entsteht eine dermaßen dichte, epische Atmosphäre, wie man sie von Fantasy-Monumentalwerken wie “Der Herr der Ringe” erwarten würde. Das sorgt trotz der unbarmherzig knallenden Sonne für wohlige Gänsehaut.
Die Reihen vor der Bühne sind gut gefüllt, vor allem fallen die vielen aufblasbaren Äxte im Publikum auf – beim großen Bandhit “Diggy Diggy Hole” wird dann auch fleißig im Takt gehackt. Da den Song so ziemlich alle und auch Bandunkundige kennen dürften, ist die Stimmung hier erst recht am Überkochen. WIND ROSE entpuppen sich mit dieser in jeder Hinsicht überwältigend guten Power-Metal-Show als eines der Highlights des Festivals und können in ihren nur 40 Minuten sicher massig neue Fans gewinnen. Kurz wird die Zwergenbande sogar noch von einem Koloss begleitet: Tetzel von All For Metal kommt nochmal auf die Bühne, um bei einem Song mitzusingen und ein weiteres Mal die gemeinsame Tour zu promoten. Dass dafür schon mehrfach Konzerte ausverkauft oder kurz davor sind, ist nach dieser Show kein Wunder. [SP]
- Army Of Stone
- Drunken Dwarves
- Fellows Of The Hammer
- Mine Mine Mine!
- Together We Rise
- Diggy Diggy Hole
Das gesamte Festivalwochenende über fällt mehrfach auf, dass ein Gros der Besucher*innen Bock auf Party und Feiern hat. Folgerichtig war bei den Bands, die diese Zielgruppe bedienen, stets am meisten los. Eine Legende wie die Melodic-Death-Metal-Vorreiter CARCASS haben mit dem frühen Samstagabend einen eigentlich dankbaren Spot in der Running Order, dennoch ist erschreckend wenig vor der Bühne los: Die Summe aus bereits abgereisten Camper*innen, anhaltender Hitze und nach vier Tagen fortschreitende Erschöpfung zeigt sich hier ganz deutlich. An CARCASS liegt es jedenfalls nicht, die Briten feuern ein präzise gespieltes, knüppelhartes Set ab. Dürfte die technische Raffinesse und der spielerische Anspruch der komplexen Songs für manch Feierwütige heute zu viel des Guten sein, so freuen sich auch zahlreiche Headbanger und Tänzer über das trocken runtergezockte Set ohne Tamtam. Lange Ansagen, eine Bühnenshow oder Effekte brauchen CARCASS aber auch nicht – die wegweisende Musik spricht für sich und so spielen sie heute vor allem für die metallischen Connaisseure des Harzes. [SP]
Kaum eine Rockharz-Band war außerhalb von Metal-Kreise jüngst so in aller Munde wie die ESC-Teilnehmer LORD OF THE LOST. Trotz ihres, sagen wir mal bescheidenen Abschneidens beim Eurovision Song Contest ist mächtig was los am frühen Abend – und das zu Recht: Die Lostis demonstrieren eindrücklich, dass sie auf einem Metal-Festival weiterhin viel eher zu Hause sind als in einer Fernsehshow. Es knallt, es kracht, es growlt und vor allem natürlich Mastermind Chris Harms liefert eine sehr energiereiche Show ab – und schlägt mit einem sehr campy Outfit dennoch die Brücke zu dem leider erfolglosen ESC-Ausflug. Der dazugehörige Song „Blood & Glitter“ fehlt entsprechend natürlich nicht, dürfte es doch der populärste Song von LORD OF THE LOST aller Zeiten sein. Aber eben nicht der einzig Wichtige!
Zwischendurch hat auch das Publikum einiges zu tun, denn Harms‘ Aufforderung, zu springen, sich zu drehen und anschließend beides gleichzeitig kommen viele nach. Ob das bei der Kreislauf-fordernden Hitzeschlacht allen gut getan hat? Glücklicherweise scheint es hierbei keine Ausfälle zu geben. Vielmehr dürfen sich LORD OF THE LOST über viele glückliche Fans freuen. [JL]
- The Curtain Falls
- Morgana
- Kill It With Fire
- The Future of a Past Life
- Dry the Rain
- Under the Sun
- Full Metal Whore
- Destruction Manual
- Blood for Blood
- Loreley
- Die Tomorrow
- Blood & Glitter
- One Last Song
- Drag Me to Hell
Es kracht und knallt auch bei SALTATIO MORTIS! Als ob es durch die untergehende Sonne bereits eiskalt geworden wäre, heizt die Band dem Publikum mit unfassbar vielen Pyroeffekten ein. Aber nicht nur das Feuer knallt aus den Tanks, leider ist auch mit dem übermäßig dröhnenden Bass eines der Hauptprobleme dieses Festivals wieder präsent. An der Stimmung des erwartbar massiven Publikums ändert das freilich nichts, SaMo werden von Sekunde 1 an abgefeiert. Dass die Show für den gemeinen Mittelalter-Metal-Fan nur noch partiell das Richtige ist, zeigt schon die Wahl des Openers mit “Alive Now”: Der noch recht neue, beatlastige Song ist eine treibende Partyhymne, die deutlich aufzeigt, dass es für SALTATIO MORTIS trotz Dudelsäcken und Drehleiern immer weiter von den Mittelalter-Wurzeln weggeht. Das ist weder schlimm noch anklagenswert, nur sehr auffällig – und das Rockharz-Publikum liebt es.
Alea und das Rockharz ist eh eine besondere Liebe, verbringt der Sänger doch normalerweise seinen Sommerurlaub auf dem Festival und mischt sich unters Volk. Für dieses gibt er diesmal in professionellem Auftrag jedenfalls alles und springt, gestikuliert und tanzt wild über die Bühne und stachelt das Publikum mit seinen Ansagen immer weiter zum Feiern an. Neben vielem “Döpdöpdöp” (nicht nur beim Electric-Callboy-Cover “Hypa Hypa”) und “Ohohoh” (bei “Taugenichts” oder “Für immer jung” lassen Die Toten Hosen überdeutlich grüßen) gibt es mit “Wo sind die Clowns” oder dem abschließenden “Spielmannsschwur” aber auch noch klassische SaMo-Kost zu hören. Auch das “Skyrim”-Cover “The Dragonborn Comes” wird dargeboten, hier übernimmt Cristina Scabbia von Lacuna Coil die Rolle von Lara Loft. Ob man sich von SALTATIO MORTIS (noch) begeistern lassen kann, hängt heutzutage viel vom persönlichen Mindset und den eigenen Erwartungen ab. Für die große Festivalparty ist das genau das richtige, für andere nur teilweise – wenn wie bei dieser wilden Setlist für alle etwas dabei sein soll, ist eben auch für alle nicht alles was. Das unnötige „Krawall und Remmidemmi“-Outro trennt die beiden Lager dann erst recht entzwei. [SP]
- Alive Now
- Brot und Spiele
- Dorn im Ohr
- Wo sind die Clowns
- Loki
- Heimdall
- What Shall We Do With The Drunken Sailor?
- The Dragonborn Comes
- Taugenichts
- Hypa Hypa
- Für immer jung
- Spielmannsschwur
Während nach Saltatio Mortis noch – herzlich unpassend – die letzten „Krawall und Remmidemmi“-Takte verklingen, versammelt sich ein großer Teil der Rockharz-Crew auf der Dark Stage. Der Anlass ist ein trauriger: Nach Dirk Lehberger gab es am vergangenen Tag noch einen weiteren Todesfall, Catering-Chefin Kristin fiel einem Verkehrsunfall zum Opfer. Für die beiden Verstorbenen möchten die Veranstalter*innen eine Gedenkminute einlegen und das Infield allein von Handys und Feuerzeugen erleuchten lassen. Aus dem Publikum heraus ist die Macht dieses Augenblicks nicht erfassbar, aber von dem zu schließen, was die Crew mit tränenerstickten Stimmen erzählen, muss es ein sehr ehrwürdiger Moment gewesen sein.
Puh, das hat gesessen. Aber alle sind sich sicher, die beiden Verstorbenen wären voll dafür, dass nun das Festival noch mit einem Kracher ausklingt. AMON AMARTH haben den letzten Headliner-Posten inne. Das mittlerweile gewohnt mächtige Bühnenbild mit Helm unter dem Schlagzeug macht klar: Hier gibt es keine Überraschungen. Und da braucht es auch nicht. Selbst, wenn man wie unsereins mehrere Jahre keinem Gig der Schweden beiwohnte, ist alles wiederzuerkennen. Der spaßige Wikingerkitsch, der von druckvollen Songs und natürlich der Ausstrahlung von Johan Hegg & Co. lebt, funktioniert auch 2023 noch ganz ausgezeichnet.
Einem Headliner gemäß feuern die Pyrokanonen noch mal aus allen Rohren und erleuchten zu später Stunde Bühne und Infield. Auch auf den Brettern brennt ein Feuerwerk ab, auch wenn sich die jüngere Diskografie der ehemaligen Death-Metal-Band AMON AMARTH deutlich dem Heavy Metal angenähert hat. Live kriegen auch leichtfüßige Nummern wie „Heidrun“ oder „Raise Your Horns“ mehr Gewicht, auch wenn gewittrige Songs wie „Death In Fire“ oder „Destroyer Of The Universe“ klar mehr scheppern.
Wenig überraschend sind auch wieder Wikinger-Schaukämpfer mit von der Partie, die beispielsweise bei „The Way Of Vikings“ die Schwerter kreuzen. Um weitere Nordmänner-Klischees zu bedienen, nehmen sich die Schweden jeweils ein massives Trinkhorn zur Brust und prosten dem Rockharz ordentlich zu. Und natürlich dürfen alle Besuchenden noch mal selbst zu „Put Your Back Into The Oar“ das Ruder ergreifen. Auf Traditionen ist eben Verlass.
- Guardians of Asgaard
- Raven’s Flight
- The Great Heathen Army
- Heidrun
- Death in Fire
- The Pursuit of Vikings
- Deceiver of the Gods
- Find a Way or Make One
- Put Your Back Into the Oar
- Destroyer of the Universe
- The Way of Vikings
- The Berserker at Stamford Bridge
- First Kill
- Shield Wall
- Raise Your Horns
- Twilight of the Thunder God
Das Rockharz 2023 ist Geschichte – und auch dieses Jahr war es ein insgesamt schönes, gemütliches Festival. Trotz beachtlicher Größe mit 24.000 Besuchenden ist die familiäre Atmosphäre geblieben. Ein Wermutstropfen sind die Besucher*innen, die bei der Masse negativ herausstechen: So viel angerempelt, von hinten geschubst und gestoßen wie bei diesem Rockharz wurden wir noch nie. Wenn einem mehrfach auf die Füße getreten wird und als Antwort nur ein trotziges “Ist halt immer noch Metal” kommt, ist das bedauerlich – rücksichtslos und egoistisch zu sein ist definitiv KEIN Metal! Dass zudem mehr Clowns, Partypublikum und (leider) auch einige Festivaltouris zugegen sind – in Summe auffällig weit mehr als in den Jahren zuvor – verstärkt die Eindrücke eines rücksichtsloser und aggressiver werdenden Publikums. Mitunter ist die Stimmung vor den Bühnen schon recht ruppig. Dass Crowdsurfer*innen – vor allem ohne Körperspannung und am besten noch gestapelt – immer mehr Leute nerven und vor allem bei etwas lichteren Reihen für unnötige Verletzungsgefahr sorgen, kommt noch dazu.
Die positiven Eindrücke überwiegen aber. Die Preise blieben mit 4 Euro für 0,4 Liter Bier stabil, die Essensangebote waren ebenfalls im Rahmen, hier fiel kaum eine astronomische Erhöhung auf. Auch bei den Preisen für Festivalshirts ist das Rockharz mit 25 € mehr als human – dafür bekommt man oft nur ein halbes Tourshirt einer mittelgroßen Band. Top ist zudem die Toilettensituation: Neben häufig gesäuberten Dixies gibt es endlich auch kostenlose Spültoiletten außerhalb des Infields – super! Nur die Seifen- und Desinfektions-Situation war von Tag 1 an leider mäßig. Zudem gab es für Telekom-Kund*innen erstmals optimalen Handyempfang durch einen extra aufgestellten Mast. O2-Abhängige schauten dagegen in die Röhre und waren wie üblich praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. [SP]
Alles in allem hat es wieder mächtig Spaß gemacht, wenngleich die Begeisterung etwas kleiner ausfällt als im letzten Jahr – klar, das erste Festival nach der Pandemie hatte es besonders in sich. Sehr zufrieden können wir mit reibungsarmer Organisation sein, von der An- bis zur Abreise. Unserem Eindruck nach hat die Sound-Crew ebenfalls ganze Arbeit geleistet; hier gab es wenig Aussetzer und allenfalls etwas viel Bass auf die Ohren. Ernsthafte Warteschlangen erlebten wir lediglich an den Merch-Ständen, sonst lief alles rund. Keine Selbstverständlichkeit bei mehr als 24.000 Menschen an einem Ort.
Es bleibt ein bisschen die Frage, ob das Rockharz nun eine kritische Größenordnung erreicht hat. Viele Jahre schien es so, als sei hier die Welt noch in Ordnung: Hingabe für Metal und der Fokus aufs Wesentliche. Vielleicht ist nun der Punkt überschritten und das Festival reiht sich in jene Großveranstaltungen ein, die eben zu einem guten Teil Partyvolk ziehen, womit die Atmosphäre kippt. Das muss das nächste Jahr zeigen. [JL]
Genau wegen dieser „Fan“-Entwicklung hab ich mich vom Summerbreeze verabschiedet und meide metalische Großveranstaltungen neuerdings. Sehr bedenklicher Gang der Dinge. Allerdings je unsüffiger das Billing und je echtmetalischer das Publikum, desto eher hat man dann wieder diesen rücksichtsvollen und musikzentrierten Vibe. Ich könnte mir vorstellen, dass das überall so ist, wo das Familiäre in den anonymen Mainstream übergeht…
Versteh ich, muss aber als Breeze-Gänger auch sagen: Obwohl dort in der Masse natürlich mehr Partygänger sind, fielen sie mir beim Rockharz ungleich häufiger und negativer auf. Die Leute haben sich grad bei diesem Rockharz oft wie die letzten Idioten aufgeführt, das hab ich so auf dem Breeze bei weitem noch nie erlebt.
Hallo. Ich habe nun mut fast 52 mein persönliches Festival gefunden. Bisher war es sehr angenehm da nicht so gross. Man fühlte sich wie in einer grossen Familie.Dieses Jahr war für mich schon echt die Schmerzgrenze erreicht. Viel zu viele Partyleute statt Metaler. Eher nervig. Lasst es im angemessen Rahmen von ca.20000 und dann passt das auch. Denke der Großteil ist meiner Meinung und würde auch mehr für die Karte bezahlen. lasst RHZ nicht zu W.O.A werden.