30 Jahre Rockharz: Was als überschaubares Event in Osterode begann, hat sich längst zu einem wichtigen Namen der Metal-Festivals in Deutschland entwickelt. Mit mehr als 24.000 Menschen auf dem Flugplatz Ballenstedt ist das Jubiläum auch ein Rekordjahr fürs Rockharz – zudem ist das Open Air seit März ausverkauft, so früh wie noch nie in seiner Geschichte.
Wir waren schnell genug und reisen in diesem Jahr auch zeitig an. Am Dienstag bleibt dennoch der Anreisestau nicht aus, der sich aber auf überschaubare anderthalb Stunden beschränkt. Auch wenn es für uns als Gäste etwas unkoordiniert wirken mag, was die Einweiser*innen da betreiben, finden irgendwann alle ihren Platz. Und die Wege bleiben auch bei gesteigerter Besucherzahl überschaubar.
Überschattet wird das diesjährige Fest vom plötzlichen Tod von Dirk Lehberger, Inhaber von Noisegate Productions und Head of Booking and Artistproduction beim Rockharz. Wenige Wochen zuvor war Dirk im Alter von gerade mal 49 Jahren einem Herzinfarkt erlegen. Viele Künstler*innen werden in ihren Ansprachen noch seiner gedenken.
Die Feierfreude der Angereisten trübt dies indes nicht. Schon am Dienstagabend steigt im Infield am Mutantenstadl eine Warm-up-Party und auch auf den Zeltplätzen am Fuße der Teufelsmauer ist die Stimmung gut. Nun kann es also losgehen.
Mittwoch, 05.07.2023
Für uns beginnt der musikalische Teil des Rockharz 2023 mit TANZWUT. Die Mittelalterrocker stehen seit Jahr und Tag ein wenig im Schatten großer Wegbegleiter und so wundert es nicht so sehr, dass es vor der Rock Stage noch luftig bleibt. Die aufwendig geschminkte und verkleidete Band scheint das nicht zu stören und liefert eine grundsolide Performance. Sänger Teufel freut sich sichtlich, wieder auf einer Bühne des Rockharz zu stehen, nachdem „die Pest“, wie er die Corona-Pandemie nennt, überwunden scheint. Nach einer guten halben Stunde ist Schluss mit TANZWUT, das war keineswegs verschwendete Zeit.
Richtig was los ist hingegen wenig später bei ANGUS MCSIX. Nach seinem unfreiwilligen Ende bei Gloryhammer vor zwei Jahren hatte Thomas Winkler im vergangenen Jahr sein neues Bandprojekt vorgestellt, mit dem er nun eifrig unterwegs ist. Und ANGUS MCSIX haben als Band nicht nur mächtig Laune, sondern schon eine beachtliche und sangesfreudige Fanbase. Bescheidenheit ist in logischer Konsequenz nicht ihre Sache und so spielt das internationale Projekt mit ausgesprochen breiter Brust auf. Dabei verkommt ANGUS MCSIX nicht zu einer One-Man-Show: Vor allem Gitarristin Thalestris (Queen of the Lazer-Amazons of Caledonia) aka Thalìa Bellazecca nimmt Raum ein, den sie zweifellos verdient hat – als eine der wenigen Schwarzen Frauen auf Metal-Bühnen ein besonders schönes Zeichen.
Dass auch das Publikum richtig Bock hat, zeigen auch reichlich Crowdsurfer*innen, nicht wenige mit Verstärkung aufblasbarer Tiere. Zusammen mit Showelementen wie einem Wasser schießenden Dinosaurier bleibt kein Zweifel, dass bei ANGUS MCSIX der Hedonismus und Quatsch regiert. Aber wer hätte das anders erwartet.
- Master of the Universe
- Sixcalibur
- Starlord of the Sixtus Stellar System
- Amazons of Caledonia
- Laser-Shooting Dinosaur
- Eternal Warrior
- Ride to Hell
Auch BATTLE BEAST schlagen mit ihren Stampfrhythmen und breiten Gitarren in die moderne, spaßgetriebene Power-Metal-Kerbe. Ihre Dreiviertelstunde Spielzeit nutzen die partytauglichen Finn*innen voll aus und liefern in der untergehenden Sonne vollen Fanservice. Hier hat vor allem die kunstvoll frisierte Sängerin Noora Louhimo die Zügel in der Hand. Weiterhin ist gut was los vor den Bühnen des Rockharz, auch wenn die Stimmung nicht mehr ganz so kocht wie zuvor nebenan. Unsere Tasse Tee ist das ebenfalls nicht so sehr, aber dennoch machen BATTLE BEAST ihre Sache zweifellos sehr ordentlich.
- Circus of Doom
- Straight to the Heart
- Eye of the Storm
- No More Hollywood Endings
- Where Angels Fear to Fly
- Wings of Light
- Eden
- Master of Illusion
- King for a Day
Im Folgenden lassen AS I LAY DYING lange auf sich warten, denn durch eine Gepäck-Panne stehen die Amis plötzlich ohne Instrumente da. Diese Horrorsituation, die auch in einem Totalausfall hätte enden können, wird kurzfristig durch Leihgaben anderer Musiker*innen gelöst – es bleibt ein auf 25 Minuten stark verkürztes Set, was viele Fans frustriert zurücklässt. Eine Ansage, wo die lange Wartezeit herkommt, hätten viele gut gefunden.
Wir haben eine Pause eingelegt und kehren erst zum Headliner des Abends zurück: BLIND GUARDIAN! Die Legenden des anspruchsvollen Power Metals haben noch nie enttäuscht und sind folglich stets ein Garant für atemberaubende Live-Erlebnisse. Doch heute erleben wir eines der wohl schwächsten Konzerte der Krefelder, was ihnen kaum selbst zuzuschreiben ist. Denn dem Rockharz-Publikum fehlt es an so ziemlich allem. Zweifellos ist die erschreckend geringe Lautstärke (ohnehin ein ziemlich schwankender Faktor auf dem diesjährigen Festival) ein Punkt, der zu Lasten der Atmosphäre geht. Aber so eine geringe Mitsingquote haben wir noch nie bei BLIND GUARDIAN erlebt.
Dabei liefert die Band ein beachtliches Klassiker-Set ab, nur drei Songs sind jünger als 20 Jahre. Daran kann es also nicht liegen. Dass Sänger Hansi Kürsch bei seinen Ansagen schon mal rhetorisch stärker unterwegs war, sollte auch nicht ins Gewicht fallen. Vielleicht ist das Rockharz-Publikum leichter für stumpfe Klänge zu haben. Einzig „The Bard’s Song (In The Forest)“ und das abschließende „Valhalla“ werden gebührend mitgesungen – weil die halt auch jeder Nicht-Fan kennt? Dass ein Rettungswageneinsatz kurz vor Schluss eine Schneise in das Publikum schlägt und damit die Stimmung abermals dämpft, fällt hier auch fast nicht mehr ins Gewicht. Schade, da wäre mehr drin gewesen.
- Imaginations From the Other Side
- Welcome to Dying
- Nightfall
- The Script for My Requiem
- The Quest for Tanelorn
- Lord of the Rings
- Time Stands Still (At the Iron Hill)
- Ashes to Ashes
- Violent Shadows
- The Bard’s Song – In the Forest
- Sacred Worlds
- Mirror Mirror
- Valhalla
Schluss für heute? Nope! Ein „Surprise Act“ ist noch für den späten Slot nach dem Headliner angekündigt. Gerüchte machen über den Tag die Runde, es könnten Subway to Sally sein, wurde Eric Fish doch schon als Opener „Würdiger Auftakt“ gesehen. Aber nein, KNORKATOR stehen um halb eins bereit, um zum zweiten Mal in Folge das Rockharz zu bespaßen. Unsere Aufmerksamkeit ist nicht mehr die höchste, so richtig warm geworden mit dem anarchischen Nonsens sind wir nie.
Beeindruckend ist jedoch auch von weiter hinten die Publikumsbeteiligung bei Songs wie „Du nich“, die lauter wirkt als bei Blind Guardian. Abgerundet wird der Auftritt durch Gastbeiträge von Alf Ators Sohn Tim Tom Thomas bei „Böse“ sowie Agnetha Ivers, Tochter von Stumpen, bei „Ding inne Schnauze“. Nicht das erste Mal, dass es familiäre Unterstützung für KNORKATOR gab. So oder so dürfte Deutschlands meiste Band der Welt in dieser Nacht wenig Fan-Wünsche offen gelassen haben. Warum das nun ein Überraschungsauftritt sein musste, erschließt sich nicht so richtig – vielleicht nur, um zu verschleiern, dass die goldene Regel „Keine Band zwei Jahre in Folge auf demselben Festival“ gebrochen wurde?
- Sieg der Vernunft
- Kurz und klein
- Die Welt wird nie wieder so, wie sie vorher war
- Tut uns leid
- Böse
- Du nich
- Ma Baker
- Rette sich wer kann
- Milliardäre
- Alter Mann
- Ding inne Schnauze
- Wir werden alle sterben
- Eigentum
- Zähneputzen, Pullern und ab ins Bett
Donnerstag, 06.07.2022
Der erste Tag ist geschafft, auf zur Runde zwei! Das Wetter hat sich nach gestriger Orkanwarnung, die glücklicherweise falscher Alarm blieb, auf ein angenehmes Level mit Sonne, Wolken und wenig Wind eingependelt. Das bietet Gelegenheit für den obligatorischen Aufstieg zur Teufelsmauer, der bekannten Felsformation hoch über dem Flugplatz Ballenstedt, bevor wir in den musikalischen Donnerstag starten.
Den zweiten Festivaltag leiten bei uns TRIBULATION ein. Schon zu oft entgingen uns Liveauftritte dieser Band, heute klappt es endlich. So viele Menschen scheinen allerdings nicht den Auftritt der „Children of the Night“ herbeigesehnt zu haben: Vor der Dark Stage ist viel Platz, aber es ist eben noch früher Nachmittag.
Die Schweden lassen jedoch nichts anbrennen und legen gleich mit ihrem Überhit „Melancholia“ los. Zaghafte Reaktionen im Publikum, dabei bleibt es. Aber das macht nichts, die dichte, atmosphärische und düstere Musik von TRIBULATION steht für sich. Außerdem haben wir es mit der vielleicht schönsten Band des Rockharz 2023 zu tun, denn elegant gekleidet, wohlfrisiert und geschminkt macht der Vierer optisch mächtig was her. Mehr Show gibt es indes nicht, nach einer Dreiviertelstunde guter Performance ist hier wieder Schluss.
Ein knackiger Wechsel: FIDDLERS GREEN lassen direkt im Anschluss ihren Irish Speedfolk aufs Rockharz los. Geliefert wie bestellt – die Feierwütigen bekommen, was sie wollen. Es wird getanzt, gesungen und gecrowdsurft, obwohl es erst später Nachmittag ist. Ganz offensichtlich trifft partytaugliche Musik eher den Nerv des Festivalpublikums. Uns reicht es, das Spektakel aus der Ferne zu verfolgen.
Bei MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN geht es nicht weniger zur Sache: Nochmals steigt der Andrang – so sehr, dass die Piraten-Folk-Band selbst ganz überrascht von dem gewaltigen Zuspruch ist. „Wir spielen ja sonst eher nachts, jetzt sehen wir erst, wie viele ihr seid“, lässt Mr. Hurley das Rockharz wissen.
Und die Crew zeigt schnell, dass sie die Aufmerksamkeit verdient haben. Der oft alberne und sauflastige Folk mag längst nicht jedermanns Sache sein; die Entertainer-Qualitäten von MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN sind schwer zu leugnen. Auch die Musik zieht gehörig, finden auch mehrere Dutzend Crowdsufer*innen. Ein beeindruckender Anblick, finden auch die Piraten aus dem karibischen Osnabrück, der gleich auf einem Livevideo zu „Leuchtturm“ verewigt wird.
Dass es doch nicht nur ums Saufen allein geht, demonstriert spätestens Bassistin Peggy Pegleg, die bei „Mann über Bord“ – einem knackigen Statement gegen Sexismus – die Leadvocals übernimmt. Der Höhepunkt ist damit noch nicht erreicht, denn nach einem atemberaubenden Medley aus Folk- und anderen Klassikern muss natürlich mit „Blau wie das Meer“ der Signature-Song den Auftritt abrunden. Ein wirklich großer Spaß!
- Affentotenkopp
- Achterbahn am Achterdeck
- Tortuga
- Unser Untergang
- Leuchtturm
- Mit’n Hut
- Hol uns der Teufel
- Mann über Bord
- Medley
- Blau wie das Meer
Es wird wieder härter, denn DIE APOKALYPTISCHEN REITER übernehmen. Unter welch schlechten Vorzeichen kann ein Festival-Auftritt stattfinden? Kaum mehr als eine Woche zuvor erschütterte ein gravierender Line-up-Wechsel die Reiter, wobei Drummer Sir G. noch für die aktuellen Konzerte zur Verfügung steht. An der Gitarre ist bereits Titus Maximus als neues Mitglied dabei. Die kurzfristigen, intensiven Proben waren offenbar erfolgreich.
Der Umbruch ist allerdings spürbar, denn wo sonst Ausgelassenheit und fröhlicher Wahnsinn herrschen, strahlt Sänger Fuchs trotz zur Schau gestellter Ekstase wenig Leichtigkeit aus. Zwar mangelt es auf der Bühne nicht an Bewegung und Interaktion. Doch die Menge an Publikum hat sich im Vergleich zum vorherigen Auftritt deutlich reduziert und die Anwesenden machen ebenfalls einen weniger ausgelassenen Eindruck, als man es sonst bei DIE APOKALYPTISCHEN REITER gewohnt ist. Immerhin eine Wohltat entgegen häufiger Gepflogenheiten in jüngerer Zeit: Der Sound wirkt vergleichsweise authentisch und nur wenige Einspieler kommen vom Band – auch wenn es beim abschließenden „Reitermania“ natürlich nicht ohne Samples geht.
- Die Boten
- Auf und Nieder
- Der Adler
- Es wird schlimmer
- Friede sei mit dir
- Revolution
- Drum-Solo
- Die Sonne scheint
- Du kleiner Wicht
- Volle Kraft
- Wilde Kinder
- Reitermania
Nach einer Pause muss es dann doch FEUERSCHWANZ sein. Machen wir aus unserer ablehnenden Haltung gegen die „Met und Miezen“-Phase der Band keinen Hehl und bekennen wir uns dazu, hier mitgeschleift zu werden. Doch auch mit verschränkten Armen und innerer Distanz zu dem Spektakel auf der Dark Stage müssen wir anerkennen, dass die Band einen deutlichen Wandel zu ihrer Sex-und-Saufen-Attitüde der Anfangszeiten durchgemacht hat. Wir erleben hier vielmehr knalligen, bombastischen Power Metal, der musikalisch mehr als unsere Vorurteile bietet. Ja, Originalitätspreise gewinnen FEUERSCHWANZ auch damit nicht, denn Powerwolf gibt es schließlich schon. Doch dem Rockharz gefällt’s ganz offensichtlich, denn die Fläche ist mehr als gut gefüllt.
Dass das „Feuer“ bei FEUERSCHWANZ mittlerweile mehr zählt als der „Schwanz“, macht auch die pyrogeladene Bühnenshow samt Tänzerinnen deutlich – das macht schon mächtig was her. Ob nun Coversongs wie „Dragostea din tei“ oder „Warriors of the World United“ notwendig sind, sei dahingestellt: Die Nummern fügen sich in das partylastige Set natürlich gut ein, Gastbeiträge von Alea (Saltatio Mortis) und Melissa Bonny (Ad Infinitum) inklusive. Ein kurzes Totengedenken durch Hauptmann Feuerschwanz soll die Feierei kaum unterbrechen. Wuchtig hat’s begonnen, wuchtig endet es mit „Rohirrim“, wo das Rockharz noch mal alles gibt. Einmal mehr auffällig, was den Nerv des Festivals trifft.
- Memento Mori
- Untot im Drachenboot
- Metfest
- Bastard von Asgard
- Schubsetanz
- Kampfzwerg
- Berzerkermode
- Rollos Hammer
- Das Herz eines Drachen
- Knochenkarussell
- Dragostea din tei
- Das Elfte Gebot
- Warriors of the World United
- Rohirrim
Headliner-Zeit! Um kurz vor elf sind dann direkt IN FLAMES an der Reihe. Und entsprechend ihrer Rückkehr zu mehr Härte auf dem neuen Album „Foregone“ macht auch die Live-Performance der Schweden eines deutlich: Sie haben wieder Bock zu ballern. Knallige Drums, singende Göteborg-Gitarren, giftige Growls: „The Great Deceiver“ gibt die Marschrichtung des Abends gut vor.
Insgesamt erweisen sich IN FLAMES vielleicht nicht als wiedergeboren, aber doch als Band, die man wieder auf die Karte packen sollte, wenn es um Melodic Death Metal geht. Klar, im dreiteiligen Old-School-Abschnitt mit „Behind Space“, „Cloud Connected“ und „Only For The Weak“ ist der Höhepunkt für viele Fans früherer Tage schon zeitig erreicht. Aber auch darüber hinaus macht der Auftritt Laune. Etwas irritierend mag erscheinen, dass Sänger Anders Fridén qualitativ sehr schwankt. Gerade in älteren Songs wirken Einsätze deplatziert und schlecht getimt, während bei jüngerem Material alles weitgehend auf den Punkt scheint. Lange Ansagen, darunter eine ausufernde Geschichte über einen früheren Lehrer, dem er es so richtig gezeigt habe, tun ihr Übriges: Verzeihlich, wenn man mehr aus Neugier noch mal vorbeigeschaut hat – aber echten Fans hätten IN FLAMES vielleicht mit einem Song mehr einen größeren Gefallen getan.
- The Great Deceiver
- Everything’s Gone
- Where the Dead Ships Dwell
- Leeches
- Behind Space
- Cloud Connected
- Only for the Weak
- Foregone Pt. 1
- State of Slow Decay
- Alias
- The Mirror’s Truth
- I Am Above
- Take This Life
Den späten After-Headliner-Slot des Donnerstag haben SKÁLD, die zusammen mit Wardruna, Heilung & Co. auf der Welle des Pagan Folk schwimmen. Rhythmusbetonte, archaische Klänge ganz ohne Stromgitarre, verziert durch (alt-)nordische Gesänge, das ist immersiv, das liegt spätestens seit den Serien „Vikings“ und „The Last Kingdom“ im Trend. Und so lassen wir uns gern auf die hypnotische Show ein. Allzu viel Publikum ist nicht mehr auf den Beinen, aber über mangelnden Zuspruch können sich SKÁLD eher nicht beklagen.
Allerdings beschleicht uns im Laufe des Sets mehr und mehr der Eindruck, dass hier womöglich beim Sound nachgeholfen wird. Das ausgefeilte Percussion-Set in der Mitte der Bühne scheint zu ungeahnten Klängen imstande: Da erklingen Schläge, die nicht zu sehen sind; andere sichtbare Trommeleinsätze bleiben ohne akustisches Signal. Mini-Playback-SKÁLD? An der Authentizität der Darbietung bleiben bei näherem Hingucken erhebliche Zweifel. „What has been seen cannot be unseen“, und so hinterlässt die eigentlich so eindringliche Show der Franzosen einen faden Nachgeschmack.
Halbzeit auf dem Rockharz 2023 – Zeit für ein Zwischenfazit! Das Gesamtpaket stimmt und das ist das Wichtigste. Wasser im Wein sind teils erhebliche Lautstärkeschwankungen zwischen verschiedenen Bands, doch qualitativ ist der Sound grundsätzlich auf einem hohen Niveau. Das stets gleichzeitig von beiden Bühnen aus das Infield beschallt wird, kommt all jenen entgegen, die lieber am Rande stehen. Weiterhin sind die Wege kurz und lediglich beim Merch muss man sich auf längere Wartezeiten einstellen. So weit klappt alles wirklich gut. Wir freuen uns auf die zweite Hälfte.
>> Lies hier Teil 2 …
… unter anderem mit ALL FOR METAL, DESTRUCTION, EQULIBRIUM und ARCH ENEMY (Freitag) sowie EINHERJER, WIND ROSE, LORD OF THE LOST und AMON AMARTH (Samstag) & unserem Fazit.
„Vielleicht ist das Rockharz-Publikum leichter für stumpfe Klänge zu haben.“
Das fasst meinen Eindruck von der diesjährigen Ausgabe ziemlich gut zusammen. Nach 15 Jahren mit regelmäßigen Rockharz-Besuchen war es für mich sehr wahrscheinlich das letzte Mal. Zwar auch mit Blick auf die mittlerweile erreichte Größe, aber die „Schlagerisierung“ sowohl im Publikum als auch bei vielen Bands ist schon auffällig. Passend dazu ebenfalls der Eindruck bei Blind Guardian, als mich zum Ende des Sets jemand neben mir ansprach, weil ich im weiteren Umfeld der Einzige war, der durchweg mitgesungen hatte…