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… unter anderem mit KATAKLYSM, TARJA und IN EXTREMO (Mittwoch), DARK TRANQUILLITY, SUBWAY TO SALLY und POWERWOLF (Donnerstag) sowie unserem Zwischenfazit!
Freitag, 08.07.2022
Guten Morgen zum Hochleistungstag! Der Freitag hat es für die meisten von uns so richtig in sich, auch wenn immer Verschnaufpausen bleiben sollen. Das Wetter hat sich glücklicherweise gefangen und verwöhnt uns mit rund 20 Grad und halbbewölktem Himmel. Gute Voraussetzungen für viele Stunden auf dem Infield. [JL]
Los geht es hier vergleichsweise früh zur Mittagsstunde mit ATTIC. Das ist mal ein gelungener Dachbodenfund! Mit „King Diamond auf Speed … nee Moment, auf mehr Speed“ ist das Konzept treffend umschrieben. Es wird geblastet, es wird Falsett gesungen und es wird Okkultes zelebriert. Dazu merkt man der Gang aus dem Ruhrgebiet an, dass sie große Freude daran hat, wieder eine Bühne zu betreten – und noch dazu keine kleine. Zugegeben, wir haben reichlich Platz, um ATTIC zu bestaunen. Diese verlieren keine Zeit und jagen uns in einer halben Stunde Songs wie „The Headless Horseman“ oder „There Is No God“ um die Ohren. Das hat Eindruck hinterlassen! [JL]
„Are you having a good time? We are here to ruin that for you.“ MOONSORROW wissen, wie sie Stimmung machen – und das nicht nur mit lakonischen Ansagen. Wer sich einmal von dem epischen Pagan Metal der Finnen hat verzaubern lassen, weiß, dass man sich auf eine gewittrige Show verlassen kann. Passenderweise hat sich der Himmel wieder etwas zugezogen, als die ersten Töne von „Ukkosenjumalan poika“ erbeben. Was auf der Bühne passiert, ist schwer in Worte zu fassen – aus dem einfachen Grunde, dass sich unweigerlich der eigene Schädel auf eine dreiviertelstündige Rundreise begibt. Was zählt, ist der Sound, der voll ins Schwarze trifft. Brachial und dramatisch, archaisch und finster, dazu immer treffsicheres Timing: MOONSORROW reißen gründlich ab. Songs wie „Ruttolehto“ mit sagenhaften Chören oder „Kivenkantaja“ verdunkeln förmlich den Himmel. Leider ist es wie immer bei einem MOONSORROW-Auftritt: Für viele Darbietungen ist einfach kein Platz. Nach einer Dreiviertelstunde, die viel zu schnell vergeht, ist Schluss. Ein absoluter Höhepunkt des gesamten Rockharz Open Airs. [JL]
Heimspiel für DESERTED FEAR: Die Thüringer haben im Nachbarbundesland keinerlei Probleme und haben die Crowd von Anfang an fest in ihren Händen. Wehende Mähnen, Crowdsurfer, Circle Pits, Pommesgabeln, alles ist da. DESERTED FEAR geben von Beginn an richtig Gas und prügeln ihren mächtigen melodischen Death Metal energiegeladen und kompromisslos über den Acker. Die sympathischen Ansagen im Dialekt („Hats hier bei euch gestern auch so geschüttet? Ich sag euch, der Rasen, die Tomaten, alles hin!“) tun ihr übriges zu einer sehr unterhaltsamen Dreiviertelstunde, die einfach Spaß macht. [SP]
Auch wenn viele von uns auf Festivals der Realität entfliehen und eine gute Zeit haben wollen, gibt es allgegenwärtige Themen, die auch vor einem Wochenende mit “Metal, Beer & My Best Friends” nicht Halt machen können. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist nach wie vor das weltpolitisch bestimmende Thema und leider haben nicht alle Menschen solch freien Zugang zu Informationsmedien wie wir in Deutschland. Normalerweise dürfen Männer im wehrpflichtigen Alter die Ukraine nicht verlassen – JINJER aber wurden vom ukrainischen Kultusministerium zu Botschaftern des Landes ernannt und dürfen somit touren. Dass das Infield somit bereits um 17 Uhr sehr gut gefüllt ist, liegt sicher nicht nur daran, dass JINJER spätestens seit dem 2021er Album “Wallflowers” die Groove-Metal-Band der Stunde ist, sondern auch am politischen Interesse. Dass die Band vor ihrem riesigen Backdrop mit blau-gelbem Logo mit “Call Me A Symbol” eröffnet, passt wie die Faust aufs Auge. Wie Fausthieb und Fußtritt zugleich in den Magen ist der Sound: Heidewitzka, das drückt gewaltig! Bass und Drums pressen mächtig und klar, die tiefgestimmten Riffs sind höllisch fies. JINJER erwischen eine der besten Abmischungen des Wochenendes und das braucht ihre Musik auch. Der Wechsel zwischen melancholischen Passagen und monströsem Groove funktioniert prächtig und wird durch eine voller Energie über die Bühne wuselnde Tatiana Shmailyuk unterstützt. Ihr ständiger Wechsel zwischen melodischem Klargesang und monströs tiefen Growls lassen so manche Kinnlade herunterklappen.
Dass erstmal ein paar Lieder völlig ohne Ansagen gezockt werden, bevor die Frontfrau allen Unterstützern der Ukraine dankt und Putin so grüßt, wie er es verdient, kommt dem akustischen Wutausbruch nur zu Gute. JINJER spielen ihre Dreiviertelstunde ohne viele Gerede, dafür mit umso mehr Aggressivität und Energie zu Ende und zeigen eine der kraftvollsten Leistungen dieser Rockharz-Ausgabe. [SP]
- Call Me A Symbol
- On The Top
- Disclosure!
- Perennial
- Teacher, Teacher!
- Home Back
- Pisces
- Vortex
- Colossus
Während der Sound bei Jinjer heftig drückt und sehr klar aus den Boxen kommt, müssen FINNTROLL mit genau dem Gegenteil arbeiten – ihr Sound ist maximal feuchte Matschpampe. Egal, ob man hinten zwischen den Mischtürmen oder ein paar Reihen vor der Bühne steht, der Klang bei FINNTROLL ist von Anfang bis Ende undifferenzierter Mist, zudem wirkt die Band mit den langen Elfenohren heute etwas uninspiriert und blutleer. Den Großteil der versammelten Meute scheint das nicht sonderlich zu stören, erkennbar spätestens an einem Meer von Crowdsurfern. Das mag am allgemein bereits hohen Pegel, der generellen Feierlaune oder dem besser werdenden Wetter liegen – am unterm Strich mäßigen Auftritt eher nicht. [SP]
Ein ungewöhnlicher Auftritt von AT THE GATES soll nun folgen. Nach dem eröffnenden „Blinded By Fear“ erzählt Sänger Tomas Lindberg, dass vor zwei Tagen seine Mutter verstorben ist. Im CD-Regal in ihrer Wohnung fand er den Bandklassiker „Slaughter Of The Soul“ und anstatt den Gig abzusagen, spielen die Schweden kurzerhand ihr wohl bekanntestes Album von 1995 am Stück durch und widmen es Lindbergs Mutter. Zu diesem besonderen spontanen Auftritt sind zwar nicht die größten Massen vor der Bühne versammelt, die Anwesenden honorieren aber jeden Song und sorgen so für eine schöne Tribute-Show. [SP]
- Blinded By Fear
- Slaughter Of The Soul
- Cold
- Under A Serpent Sun
- Into The Dead Sky
- Suicide Nation
- World Of Lies
- Unto Others
- Nausea
- Need
- The Flames Of The End
ENSIFERUM sind auf jeden Festival immer gern gesehene Gäste, auch beim Rockharz sind sie schon zum fünften mal dabei. Dass die Finnen eine lange Tourt mit Dark Tranquillity in den Knochen haben, merkt man ihnen überhaupt nicht an. Von Anfang an geben sie wie gewohnt mit “Rum, Women, Victory” Vollgas und das Publikum steht dem in Nichts nach: Circle Pits, Crowdsurfer sowie tanzende und feiernde Menschen erblickt man, soweit das Auge reicht. Dazu präsentieren sich ENSIFERUM auch noch in Bestform: Bassist Sami Hinkka kommt aus dem Grimassenschneiden und Anfeuern überhaupt nicht mehr raus und vergisst bei all der Gaudi auch schon mal, ein paar Noten zu spielen. Gitarrist Markus Toivonen grinst durchgehend wie ein Honigkuchenpferd und der ungerührt wirkende Frontmann Petri Lindroos wirft diverse “Fuck”-getränkte Ansagen in die Runde. Keyboarder Pekka Montin gefällt heute auch besonders, da sein Power-Metal-lastiger Klargesang heute auch in den höchsten Tönen sitzt – da ist man von ihm auch anderes gewohnt. “Run From The Crushing Tide” hat bei einer Darbietung in dieser Güteklasse das Zeug zum angehenden Liveklassiker. Ob die spaßige Tanznummer “Midsummer Magic”, der Mitsingklassiker “Lai Lai Hei” oder der abschließende Überhit “Iron” – bei ENSIFERUM klappt heute alles. Eine pralle Stunde voll mit guter Laune, eine perfekte Show! [SP]
- Rum, Women, Victory
- Token Of Time
- One More Magic Potion
- Run From The Crushing Tide
- In My Sword I Trust
- Midsummer Magic
- From Afar
- Lai Lai Hei
- Iron
Schließlich ist Zeit für den Headliner des Freitags gekommen: RUNNING WILD. Eine Band, die wahrlich nicht an jeder Steckdose spielt – weil live spielen keinen Spaß mehr macht? Das lässt dieser Auftritt jedenfalls vermuten. Bekanntlich bestehen die Power-Metal-Piraten mehr oder weniger aus Sänger/Gitarrist Rolf „Rock ’n‘ Rolf“ Kasparek und seinen Angestellten. Und der Chef scheint nicht der motivierteste zu sein. Lustlos und ohne erkennbare Leidenschaft wühlen sich die Norddeutschen durch ihr anderthalbstündiges Set, das eine wilde Reise durch fast vierzig Jahre Bandgeschichte beinhaltet. Zahlreiche Hits wie „Riding the Storm, „Bad to the Bone“ oder „Under Jolly Roger“ donnern über das Rockharz. Doch der Funke springt nicht über, zu kalkuliert und nach Schema F wirkt sowohl die Performance als auch die Attitüde von Rock ’n‘ Rolfs Mannen. RUNNING WILD liefern ein Musterbeispiel dafür ab, dass ein Metalkonzert mehr ist als die Summe seiner Teile. Darüber täuscht auch ein seltener Zugabenblock nicht hinweg. [JL]
- Fistful of Dynamite
- Purgatory
- Rapid Foray
- Blood on Blood
- Riding the Storm
- Branded and Exiled
- Drum Solo
- The Shellback
- Bad to the Bone
- Crossing the Blades
- Under Jolly Roger
— - Soulless
- Conquistadores
- Raise Your Fist
Samstag, 09.07.2022
Noch etwas mäßig gefüllt ist das Infield in den späten Mittagsstunden bei AD INFINITUM. Die Band um Frontfrau Melissa Bonny gibt es erst seit kaum drei Jahren und erst nach der Pandemie konnten die Symphonic Metaller so richtig mit ihrer Livekarriere durchstarten. Bei ihrem ersten ROCKHARZ-Auftritt machen sie aber eine gute und routinierte Figur und spielen die Songs ihrer beiden Alben souverän runter. Bonny überzeugt dabei mit dem Wechsel zwischen sanftem Gesang und Growls, wobei letztere noch krasser rüberkommen als auf CD. AD INFINITUM werden mit artigem Jubel belohnt und können sich auf künftigen Festivals hoffentlich über spätere Zeitslots mit mehr Zuschauern freuen. [SP]
Aufgetankt? Aufgetankt! TANKARD stehen an, das heißt natürlich kultivierter Thrash-Metal-Suff und reichlich Augenzwinkern. Die Frankfurter Proleten nutzen ihre 40 Minuten gut und lassen das Rockharz von der ersten Minute an durchdrehen. Moshpit und Crowdsurfer sorgen für reichlich Bewegung vor der Bühne. Und auf der Bühne steht die Band dem in nichts nach, allen voran Fronter Gerre, der heute Kilometer reißt. Ein ums andere Mal bringt er die Menge mit selbstironischen Ansagen weiter in Stimmung: „Habt ihr Bock auf Thrash Metal von alten Säcken?“ Das Rockharz hat Bock. Sogar ein unveröffentlichter Song schafft es in Set – TANKARD haben auch nach 40 Jahren Bandgeschichte noch was vor. [JL]
- Rectifier
- The Morning After
- Rapid Fire (A Tyrant’s Elegy)
- One Foot in the Grave
- Ex-Fluencer
- Chemical Invasion
- (Empty) Tankard
UNLEASHED gelten manchmal als die weniger erfolgreichen Brüder von Amon Amarth, auch wenn der Vergleich natürlich hinkt. Hier wird trockener Death Metal ohne Schnörkel geboten. Auch wenn die Kehlen natürlich nicht trocken bleiben, denn die sind spätestens nach Tankard gut geschmiert, machen UNLEASHED einen relativ nüchternen Eindruck. So richtig mitreißen will der Auftritt nicht, auch wenn die seit mittlerweile 33 Jahre aktiven und entsprechend routinierten Schweden nichts grundsätzlich falsch machen. Auch wenn keine Überzeugungsarbeit für Nicht-Fans geleistet wird: Die alte Anhängerschaft fühlt sich offenbar gut bedient und honoriert alte wie neue Songs. UNLEASHED können ihren bewährten Pfad also ohne Risiko weiter beschreiten. Als Verschnaufpause ist ein unaufgeregter Auftritt allemal genehm. [JL]
- To Asgaard We Fly
- They Came to Die
- The Longships Are Coming
- Lead Us Into War
- No Sign of Life
- You Are the Warrior!
- Hammer Battalion Unleashed
- Midvinterblot
- The Dark One
- Into Glory Ride
Zu INSOMNIUM passt die nette Sonne nicht so ganz, brav verzieht sie sich also und macht eine Wolkendecke und einer erfrischenden Brise Platz. Die Finnen stehen aber eh nicht wie Trauerklöse auf der Bühne, sondern machen richtig Alarm und feuern sowohl ältere Tracks wie “Mortal Share” als auch neuere Songs wie “Valediction” punktgenau und recht rabiat aus den Boxen. INSOMNOUM haben sichtbar Bock, reißen das Publikum mit und animieren viele begeisterte Zuschauer zum Headbangen. Auch der Melancholie-Brocken “And Bells They Toll” kommt bestens an. Zum Abschluss werden mit “Heart Like A Grave” nochmal etwas traurigere Töne angestimmt. An diesem Nachmittag haben INSOMNIUM auf ganzer Linie überzeugt und damit ganz viele Herzen für sich gewonnen. [SP]
- Karelia
- Valediction
- Mortal Share
- Ephemeral
- And Bells They Toll
- Pale Morning Star
- While We Sleep
- Heart Like a Grave
- Zombie Apocalypse
- Symphony Of Pain
- Restless And Wild
- Overnight Sensation
- The Abyss
- Demon’s Night / Starlight / Losers And Winners / Flash Rockin‘ Man
- Objection Overruled
- The Best Is Yet To Come
- Shadow Soldiers
- Princess Of The Dawn
- Fast As A Shark
- Metal Heart
- Teutonic Terror
- Pandemic
- Balls To The Wall
- I’m A Rebel
Mit ACCEPT steht mit 20 Minuten Verspätung – die Veranstalter wollten es sich nicht nehmen lassen, sich persönlich an ihre Besucher zu richten – nun auch der etatmäßige Headliner des Samstags auf der Bühne. Hier gilt deckungsgleich dasselbe wie bei dem Auftritt der anderen Heavy-Metal-Legende Running Wild am Vortag: Das eineinhalbstündige Set wird professionell runtergespielt, mehr aber auch nicht – das ist Dienst nach Vorschrift ohne besondere Emotionen. Obwohl das Infield nochmal gut besucht und bis hinten gefüllt ist, trügt der Schein: Die Reihen sind inzwischen sehr locker und bieten viel Platz, bei einem Blick über den Bereich vor der Bühne fällt extrem auf, dass dort wenig Bewegung herrscht. Es wird zwar artig geklatscht, die Menge an erhobenen Händen ist für einen Headliner aber mehr als mäßig. ACCEPT haben eh seit dem Beginn der Ära mit Mark Tornillo als Sänger ein Akzeptanz-Problem, als Ersatz für den übergroßen Udo Dirkschneider wurde er von großen Teilen der Fans nie richtig angenommen. Klar, ACCEPT können auch beim Rockharz einen Teil der Besucher abholen – aber Headliner-würdige Reaktionen bleiben aus. Seltsam, dass sogar bei den abschließenden Pseudo-Zugaben “Balls To The Wall” und “I’m A Rebel” weder Feuerwerk noch Funken zu sehen sind – die Vortagsheadliner Powerwolf und Running Wild durften mit Effekten so um sich werfen, am letzten Festivaltag bleibt diese Ehre Eluveitie vorbehalten… [SP]
- Call Me A Symbol
- On The Top
- Disclosure!
- Perennial
- Teacher, Teacher!
- Home Back
- Pisces
- Vortex
- Colossus
Das Ende ist gekommen: ELUVEITIE beschließen das ROCKHARZ 2022. Und was für ein Finale! Nach dem belanglosen nominellen Headliner wird hier nochmal das ganz große Theater aufgefahren. Die acht (!) Musikerinnen und Musiker haben leichtes Spiel, das auch zu später Stunde noch erlebnishungrige Publikum in Verzückung zu versetzen. Egal ob die jagenden Melo-Death-Parts, die folkigen Melodien oder die epische Lichteffekte: ELUVEITIE bieten eine mehr als gelungene Show als Rausschmeißer. Nach anfänglichen Ungereimtheiten fängt sich der Ton schnell und setzt alle Aspekte des facettenreichen Sounds der Schweizer richtig in Szene.
Nicht nur für das ROCKHARZ heißt es „Auf Wiedersehen“, auch die Band muss Abschied nehmen: Drehleier-Spielerin Michalina gibt an diesem Abend ihren Ausstand und wird herzlich und emotional von Mitstreiter*innen und Publikum verabschiedet. Da haut das dramatisch inszenierte „Breathe“ noch mal so doll rein.
Ohnehin: Songs! Hier gibt es einen reich gedeckten Tisch, der Klassiker wie „Inis Mona“ oder „A Rose for Epona“ umfasst. Ein Highlight für sich ist das mit reichlich Nebel performte „Artio“, in dem Sängerin Nicole gleich einer trauernden Keltenfürsten ihr Klagelied singt. Auch ELUVEITIEs vermutlich größte Hit „The Call of the Mountains“ fehlt nicht, wohlgemerkt als schweizerdeutsche Fassung „De Ruef vo de Bärge“. In welcher Sprache die Fans mitsingen möchten, ist ganz ihnen überlassen. Zudem erweist sich der neue Track „Aidus“ als mystisch-brachialer Livekracher und macht Lust auf alles, was ELUVEITIE noch für die Zukunft geplant haben.
Nach immerhin mehr als einer Stunde senken sich die Lichter nach einer beeindruckenden Show mit viel Feuer über der Darkstage. Was für ein mehr als würdiger Abschluss des ROCKHARZ 2022! [JL]
Am nächsten Morgen sind die Glieder noch etwas schwer, doch glücklicherweise ist das Wetter bis auf ein wenig Wind gnädig beim Zeltabbau. Noch immer klingeln die letzten Töne der vergangenen Nacht im Kopf, als wir die Sachen packen und uns gemächlich in den Abreisestau einfädeln. Leider dauert es mindestens eine Stunde, für manche sogar zwei, bis wir das Gelände hinter uns lassen können. An der Auslass-Situation lässt sich sicher noch die eine oder andere Schraube drehen.
Davon ab ziehen wir allerdings den Hut, wie organisatorisch glatt das ROCKHARZ 2022 lief. Das gewaltige Funkloch verbuchen wir einfach mal als Digital Detox, wichtiger vielmehr: Weder am Einlass zum Infield noch an den Getränkeständen erleben wir nennenswerte Schlangen, auch die Wartezeiten beim Merchandise sind überschaubar. Ein paar mehr Toiletten auf dem Campground wären wieder wünschenswert, aber auch hier haben wir schon weit schlimmeres erlebt. Preislich hielt sich das Meiste auch im Rahmen, auch wenn sich die Inflation besonders beim Essen schon bemerkbar macht. Insgesamt aber ist ein so flüssig organisiertes Festival in Noch-Pandemiezeiten gewiss keine Selbstverständlichkeit.
Was hat sich in den letzten Jahren beim ROCKHARZ geändert? Nicht viel und das ist auch gut so. Nach wie vor hält sich der Anteil an Leuten, die hier den Clown markieren müssen und keinen Bezug zur Metalszene aufzuweisen scheinen, stark in Grenzen. Womöglich ist der Hedonismus seit COVID etwas stärker geworden, aber das ist allenfalls Bauchgefühl. Schön zu sehen, dass Themen wie Awareness auch hier Einzug halten. So gibt es eine Info, dass Menschen, die Belästigung erleben, sich mit einem einfachen Code-Signal an die Crew wenden können. Dergleichen ist andernorts längst üblich, völlig richtig, dass auch hier mitgedacht wird. Luft nach oben ist sicher noch beim Thema Müll. Einwegbecher – selbst mit Pfand – können nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Aber auch hier gilt: Nach zwei Jahren Pandemiepause sollte niemand Perfektion erwarten. In erster Linie sind wir dankbar, dass das ROCKHARZ überhaupt die schwierigen Zeiten überdauert hat. 2023 wieder dabei? Aber sicher! [JL]
2023 feiert das ROCKHARZ sein 30-jähriges Jubiläum und verspricht dafür sein bisher bestes Billing aller Zeiten. Auch wenn die Headliner in diesem Jahr aus subjektiver Sicht vieler Besucher eher schwach ausgewählt wurden, kommt die Stärke des Bandaufgebots vor allem aus der Mitte des Billings. Ein Highlight für viele Besucher ist auch die Teufelsmauer („Devil’s Wall“), an dessen Fuße das ROCKHARZ stattfindet. Zu jeder Tageszeit kann man schwarzgekleidete Gestalten erblicken, die den Auf- und Abstieg der Felsformation wagen. Den Blick von oben auf das Festivalgelände ist der kurze Weg nach oben allemal wert, wie Kollege Justus Ledig findet. Der „Weg nach unten“ ist bei diesem Ausblick sicher auch weit weniger bedrückend, als der von Knorkator. [SP]