Konzertbericht: Rock Meets Classic

20.03.2014 München, Olympiahalle

Die Veranstaltungsreihe ROCK MEETS CLASSIC zählt seit einigen Jahren zu der Kategorie Rock-Event, die allein wegen des opulenten Gesamtpakets in guter Erinnerung bleiben. Das Ambiente und die Inszenierung kompensieren meist auch die Defizite des ein oder anderen Altstars, der stimmlich nicht mehr in vorderster Front mitspielt. In der 2014er Besetzung spielt dies allerdings keine Rolle, da die Veranstalter mit ihrer Auswahl voll ins Schwarze treffen und alle Musiker sich ganz auf ihre eigenen Stärken besinnen können.

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-01Eröffnet wird der Abend von einer überwältigenden Version des Queen-Klassikers “Show Must Go On”, gesungen vom Rock Meets Classic-Chor und Antenne Bayern-Moderatorin Kathie Kleff. Die Mat Sinner-Band und das Prager Sinfonieorchester Bohemia erreichen direkt Betriebstemperatur und auch das Publikum gibt sich relativ früh relativ wach. Dazu tragen die gelockerten Umstände bei: So bittet Kathie Kleff bei ihren eröffnenden Worten die Securities um etwas mehr Nachsicht als im Vorjahr, so dass die Besucher mit Arenakarten in diesem Jahr nach Belieben aufstehen, singen, klatschen und tanzen dürfen. Der Veranstaltung tut dies besonders im weiteren Verlauf des Abends spürbar gut.

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-12Eröffnet wird der illustre Reigen von MIDGE URE  und dessen größten Hits. Als Solokünstler ist es seit 2008 verhältnismäßig still geworden um Ure, doch feierte er 2008 das Comeback mit seiner Erfolgsband Ultravox. Deren Klassiker „Vienna“ ist ebenso im Set vertreten wie das weltweit bekannte „Dancing With Tears In My Eyes“, welches das erste Highlight des Abends darstellt. Während Midge sich bei bester Stimme zeigt und alle seine Töne trifft, behauptet sich das Orchester im Hintergrund gegen die Gitarrengewalt und das Schlagzeug, was allen Klassikern zu einem angenehm frischen Anstrich verhilft. Vier Songs entsprechen zwar dem Rock Meets Classic-Schnitt, doch an dieser Stelle hätte es gerne mehr sein dürfen. Mit 60 Jahren klingt MIDGRE URE noch wie zu seinen Glanzzeiten, selbst in den höchsten Lagen wie bei „Breathe“.

Setlist:
01. Hymn
02. Breathe
03. Vienna
04. Dancing With Tears In My Eyes

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-18

Während MIDGE URE zu eben jenen Rocklegenden zählt, die man bequem in der Fußgängerzone übersehen kann, verkörpert JOE LYNN TURNER  mit langer Mähne, Sonnenbrille und hautengen Hosen schon eher die Rockstar-Attitüde  der 80er Jahre. Seit Gastspiel bei Deep Purple war zwar nur ein kurzes, dennoch findet sich mit der Ballade „Love Conquers All“ auch ein Song aus jener Zeit in der vier Stücken, die man sonst von Rainbow kennt. Im Rahmen seines Auftritts beweist Turner, dass er ebenfalls nichts von seinen stimmlichen Fähigkeiten eingebüßt hat und die Kompositionen allesamt noch funktionieren. Wie bei seinem Vorgänger folgt mit dem Evergreen „Since You’ve Been Gone“ das große Highlight am Ende. Hier ist es wieder das Orchester, welches den Song in der Rock Meets Classic-Version eindrucksvoll aufwertet.

Setlist:
01. I Surrender
02. Stone Cold
03. Love Conquers All
04. Since You’ve Been Gone

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-30

Mit dem allseits bekannten „Fluch der Karibik“-Thema leitet das Orchester anschließend einen Stilbruch in der Show ein, denn mit hartem Rock hat KIM WILDE nichts am Hut. Muss sie auch nicht, übertrifft sie mit ihrem Best Of ihre beiden Vorgänger noch um ein gutes Stück. Stimmlich sind die Jahre spurlos an Wilde vorübergegangen und so klingen „Cambodia“, das Remake des Supremes-Klassikers „You Keep Me Hanging On“ und „Kids In America“ noch so wie es die meisten der Anwesenden kennen und lieben gelernt haben. Dazu sprüht die Frau mit der blonden Mähne vor Energie und tigert von einem Ende der Bühne zum anderen. Man merkt, dass KIM WILDE musikalisch noch voll im Saft steht und das Publikum quittiert ihr furioses Gastspiel mit lautem Applaus vor der Pause. Eine ähnliche Performance hätte man sich von Bonnie Tyler im Vorjahr wenigstens ansatzweise gewünscht.

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Setlist:
01. You Came
02. Cambodia
03. You Keep Me Hanging On
04. Kids In America

 

 

 

 

 

 

 

Bevor das dynamische Duo von Uriah Heep –  MICK BOX an der Gitarre und BERNIE SHAW am Mikrofon – die Bühne betreten, um die zweite Hälfte aus rockiger Sicht einzuleiten, darf das Orchester eine ansprechende Version von Pink Floyds „Another Brick In The Wall“ zum Besten geben. Wenig überraschend ist es bei den beiden Uriah Heep-Mitgliedern auch der Rausschmeißer „Lady In Black“, der neben dem Refrain von „Free Me“ am lautesten mitgesungen wird. Aus musikalischer Sicht überzeugt das überlange „July Morning“, dessen klassische-rockige Adaption den Geist der frühen 70er Jahre wiederbelebt und etwas für Feinschmecker bietet, die nicht zwingend auf Eingängigkeit angewiesen sind. Ob MICK BOX mit der zusätzlichen Gitarre neben Oliver Hartmann und Alex Beyrodt das Klangbild insgesamt merklich beeinflusst, darf bezweifelt werden, doch wenn sich zwei Rocklegenden im Duo insgesamt so überzeugend und auch abwechslungsreich präsentieren, ist der geneigte Hörer über jeden Zweifel erhaben.

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-58Setlist:
01. Easy Livin’
02. Free Me
03. July Morning
04. Lady In Black

 

 

 

 

 

 

 

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-89Nach einer eher unspektakulären Orchestervariante von Beethovens 5. Symphonie ist es Zeit für den Headliner des Abends, der diesem Platz im Gegensatz zu Paul Rodgers im Vorjahr vollends gerecht wird: ALICE COOPER verzichtet auf große Vorankündigungen, sondern steht nach einer kurzen Laudatio von Mat Sinner einfach auf der Bühne inmitten des Orchesters. Anschließend wird die Rock Meets Classic-Bühne passend zum Opener „House Of Fire“ immer wieder in Feuer gehüllt, während Alice das Zepter schwingt – im wahrsten Sinne des Wortes. Ganze sechs Songs performt der Schockrocker und wird dabei unterstützt von ORIANTHI, die Cooper bereits bei seiner letztjährigen Wacken-Show begleitet hat. Außerdem fungiert die Ehefrau von Alice bei „Only Women Bleed“ als Tänzerin. Zum Abschluss erreicht somit die Symbiose aus gelungener Show und Musik ihren absoluten Höhepunkt: Zwar ist ALICE COOPER optisch keine 30 mehr, doch seine Konzerte müssen sich vor jüngeren (und auch gleichaltrigen) Kollegen keinesfalls verstecken. So bietet der US-Rocker im Bombast-Format einen vielversprechenden Vorgeschmack auf das, was seine Soloshows auch anno 2014 noch bieten. Zum großen Finale bei „School’s Out“ versammeln sich wie gewohnt noch einmal alle Künstler des Abends, um gemeinsam mit dem Publikum ein letztes Mal zu singen und zu feiern. Dies funktioniert in der Olympiahalle spielerisch und generationenübergreifend. Ein krönender Abschluss für ein königliches Event!

Setlist:
01. House Of Fire
02. No More Mr. Nice Guy
03. Only Women Bleed
04. Welcome To My Nightmare
05. Poison
06. School’s Out

Rock meets Classic 2014 - by Peter Seidel-62

Im Jahr 2014 fällt es schwer, kritische Worte für ROCK MEETS CLASSIC zu finden. So vergehen die rund drei Stunden wie im Flug und die Künstlerauswahl besticht dieses Jahr durch eine musikalische Qualität, wie man sie selbst im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe nicht jedes Jahr zu sehen bekommt. Durch die jeweils individuell starken Auftritte der einzelnen Musiker  – vom Opener bis zum Headliner – fällt es extrem schwer, echte Highlights der Veranstaltung zu benennen. Zusammen mit dem Chor, dem Orchester und der Mat Sinner Band liefert ROCK MEETS CLASSIC 2014 ein fulminantes Rockpaket, an dem der Zahn der Zeit spurlos vorüber gegangen ist. Hier klingen die Gitarren noch nach Gitarren und werden nicht im Popsumpf totgemischt. 

 

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