Als „Rock gegen Rechts“ startete 1993 die kleine, beschauliche Veranstaltung, die sich heuer zum ungleich größeren „Rock Harz“ Open Air Festival gemausert hat. Auf dem Gelände des Flugplatzes Ballenstedt (nahe Quedlinburg) fand die Veranstaltung vom 8. bis zum 10. Juli statt und obwohl sich das terminlich etwas mit der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika überschnitt, pilgerten trotzdem tausende von Rock- und Metalfans zur Location, um ein vergnügliches Wochenende bei guten (vielleicht etwas zu „guten“) Wetterverhältnissen zu verbringen. Darunter drei unerschrockene Metal1-Redakteure, die den klimatischen Widrigkeiten trotzen, um investigativ zu berichten.
Das Rock Harz 2010 eröffneten schließlich MEINESTUNDENULL. Dem niedrigen Alter der Bandmitglieder geschuldet, spielten sie etwas, was sich musikalisch auf den Spuren Death- und Metalcore bewegte – zumindest theoretisch. Ganz davon abgesehen, dass der Sound zu diesem Zeitpunkt wirklich miserabel abgemischt war (was bei der allerersten Band ja nicht sooo erstaunlich ist), war die Darbietung von MEINESTUNDENULL so belanglos und schlecht, dass es einem Festival-Opener meiner Meinung nach schlichtweg kaum würdig war. Spätestens als die Band Pig Squeals und miesen Clean-Gesang im gleichen Song unterbrachte, und die Gitarristen ihre Shouting-„Qualitäten“ zum Besten gaben, war der Punkt erreicht, wo es nicht mehr schlimmer werden konnte. Diese Jungs waren der Eröffnung dieses Festivals nicht würdig. Punkt. Aber vielleicht wollte ja auch einfach niemand anders. Man weiß es nicht. (PS)
Mit VICE stand dann bereits der erste der drei Top-Kandidaten des diesjährigen Wacken Open Air Metal Battles auf der Bühne. Und das Quintett aus Berlin machte seine Sache auch alles andere als schlecht. Den halbstündigen Slot füllte die Band mit astreinem Thrash Metal, bei dem auch endlich der Sound ordentlich überzeugen konnte. Die Zuschauermengen waren zwar immer noch recht überschaubar, aber die Anwesenden feierten die schnörkellose Musik von VICE trotz der Temperaturen angemessen ab. Wobei sicherlich gesagt werden muss, dass es in der Musik der Berliner nichts wirklich außergewöhnliches zu finden gab und auch das Bühnenauftreten ein wenig statisch war, aber alles in allem ein sehr solider Auftritt einer Band, die man mal im Auge behalten sollte. (CH)
Und dann kamen VAN CANTO. Eine Band, die nach wie vor die Lager spaltet. Der eine liebt sie, der andere hasst sie, dass sie eine außergewöhnliche Band sind kann man sicherlich nicht anzweifeln. Aber, dass „außergewöhnlich“ nicht gleich „gut“ heißt, bewiesen die fünf Vokalisten und ihr Schlagzeuger an diesem Donnerstag sehr eindrucksvoll. Auf Platte mag ihr Power A Capella vielleicht funktionieren, auf der Bühne wurde es aber nach kurzer Zeit einfach nur unanhörbar. Es schien dem Mischer einfach unmöglich zu sein, die sechs Mikrofone ordentlich aufeinander abzustimmen, so dass den Zuhörern ein völlig undifferenzierter Gesangsbrei entgegen schlug. Und noch dazu hatte das Gimmick des fünfstimmigen Gesangs sich nach knappen zehn Minuten auch totgelaufen und zurück blieb (trotz gelungenem Manowar-Cover „Kings of Metal“) eigentlich nur die Erkenntnis, dass das alles viel besser klingen könnte, wenn die Band einfach mal Instrumente benutzen würde. Schade drum, denn nicht nur sind bei VAN CANTO vier exzellente Sänger und eine gute Sängerin beschäftigt, Bühnenpräsenz und „Spielfreude“ (wenn man das so nennen kann) haben die Jungs und das Mädel nämlich auch nicht zu knapp. Auf Platte also mal ganz lustig, von Liveauftritten kann ich aber nur abraten. (CH)
Als nächstes gaben sich CAST IN SILENCE die Ehre. Die Band, in der auch einer der Festivalmitveranstalter mitwirkte, war für mich wohl eine der, wenn nicht die positivste Überraschung des ganzen Festivals. Äußerst gut gelaunt ob des guten Wetters präsentierten die Lokalmatadoren ihre Version des zeitgenössischen Metals (so nennen sie das wirklich). Wir waren uns einig, dass Groove Metal wohl am Besten passen würde, denn grooven taten ihre Songs wirklich ordentlich und auch die gesangliche Leistung des Frontmannes war aller Ehren wert. Dazu bauten sie auch ein paar lustige Feinheiten in ihre Songs ein, wie zum Beispiel einen „Fuck Spain“-Sing Along zu Beginn eines Liedes, hatten die Deutschen doch tags zuvor das Halbfinale gegen eben diese verloren. So wurde die Stimmung auch im Publikum immer besser, während es gleichzeitig immer heißer wurde, und CAST IN SILENCE trugen mit ihrem energiegeladenen Auftritt entscheidend dazu bei. Einige äußerst anschauliche/anhörliche Soli ihres Gitarristen rundeten die insgesamt sehr überzeugende Vorstellung von CAST IN SILENCE ab. Dass CAST IN SILENCE im Prinzip noch eine relativ junge Band sind, merkte man ihrem routinierten Auftritt sowieso nicht an. (PS)
Zur besten Mittagsstunde war es dann Zeit für die Veteranen von DEVILDRIVER. Ich hatte sie schon eine Woche vorher in Wiesbaden gesehen und auch dort hatten sie mich schon voll und ganz überzeugt. Auch dieses Mal blieben keine Wünsche offen. Positiv fand ich vor Allem, dass Fronter Dez Fafara es sich sparte, die ganze Zeit rumzuschreien, sondern einfach nur sehr selbstbewusst auf der Bühne herumstolzierte und das Publikum mit seinem „In-Your-Face“-Look niederstarrte. Als DEVILDRIVER dann „Clouds Over California“ anstimmten, kochte die Stimmung fast über, und als es dann Zeit war für das übelst groovige „Driving Down The Darkness“, blieb echt kein Auge mehr trocken (im wahrsten Sinne des Wortes, denn es war staubig wie Sau). Ein wenig fraglich blieb für mich lediglich, warum DEVILDRIVER keinen späteren Slot bekamen und ihre Spielzeit so ein wenig begrenzt war. Was solls, ein klasse Auftritt wars! (PS)
Tony Kakko, allein der Name ist die pure Melodie! So warteten wir um halb acht, kurz vor der Primetime, gespannt auf ihn und seine Mannen von SONATA ARCTICA um uns eine Dosis eingängigen, finnischen Power Metal verpassen zu lassen. Die Fünfer-Kombo, auch schon Support für Nightwish, fiel mir schon einige Male durch einen sehr keyboardlastigen Dudelmatschsound auf. Hier sodenn wurden die Bedenken was den Sound anging direkt zerstreut: Klar, differenziert und ausgewogen klangen die Finnen. Aufgeboten wurde eine Mischung aus älteren Stücken und auch einigen Liedern der neueren, langsameren Unia, mit dabei natürlich auch Evergreens wie „Full Moon“, „Don’t Say A Word“ oder „Black Sheep“. Persönlich muss ich sagen, dass ich SONATA ARCTICA als „Lobbyband“ bezeichnen würde. Für den einen ist es kitschiges Gedudel, für den anderen einfach melodiöser Power Metal. Genau so verhielt es sich vor der Rock Harz Bühne. Augenverdrehende Leute verließen die Bühne neben ausrastenden Fans. Tony Kakko gab sich beste Mühe in seinem Leinen(?)hemd die Fans zu animieren, muss seinen Klatschrhythmus aber noch dringendst überdenken. Auffällig auch: Die älteren Stücke, meist schnellerer Gangart kamen weit besser an, als die der Unia-Platte. Sehr schade in dem Zusammenhang, dass letztere Stücke doch einen ziemlich großen Teil des Konzerts einnahmen. Sonata sind im 5. Gang auf jeden Fall besser aufgehoben als im Unia-Midtempo. Das ist sicher, der Rest ist Geschmackssache. Dennoch großes Lob für den guten, mittlerweile ausgewogenen Sound! (TH)
Ich weiß gar nicht, wie oft ich DIE APOKALYPTISCHEN REITER jetzt schon live gesehen habe, vielleicht sechs, vielleicht siebenmal, macht nix, die eine Hälfte des Fazits hätte ich nämlich eigentlich schon nach dem zweiten Mal ziehen können: Haste ein REITER-Konzert gesehen, haste alle gesehen (wobei ich noch in den Genuss eines Auftritts auf einem Extrem-Metal-orientierteren Festival kommen muss… vielleicht werden ja auf dem Eisenwahn mal wieder ganz alte Sachen gespielt). So energiegeladen und spontan die Band beim ersten Mal auf mich wirkte, so routiniert erschien mir diese „Spontanität“ doch jedes Mal danach, weil die Setlists eigentlich immer sehr ähnlich sind, Fuchs eigentlich auch fast immer das gleiche erzählt, etc. pp. Andererseits wäre es eine glatte Lüge, wenn ich jetzt sagen würde, dass es nicht auch beim siebten Mal noch eine ganze Menge Spaß gemacht hätte. DIE APOKALYPTISCHEN REITER sind einfach eine grandiose Liveband, die wirklich das Letzte aus sich und ihrem Publikum herausholt. Von ausdauernden Hüpfeinlagen über das altbekannte Schlauchbot-Stemmen und natürlich eine Wall of Death (leider keine Wall of Love, aber man kann ja nicht alles haben) war alles dabei und so bleibt eigentlich nur zu sagen, dass man sich DIE APOKALYPTISCHEN REITER trotz einer gewissen Routine was die Auftritte angeht doch eigentlich immer wieder anschauen kann. (CH)
Vor dunklem Himmel und mit gar nicht so unbeeindruckender Lightshow betrat schließlich der Headliner des Abends, EDGUY, die Bühne. Ich persönlich war relativ skeptisch, weil ich Frontmann Tobi Sammet vor allem bei Auftritten in den letzten Jahren immer als einen unglaublich arroganten und unleidlichen Hampelmann erlebt habe, wodurch sein Charisma doch eigentlich immer komplett untergraben wurde. Auch auf dem Rock Harz zeigte er mal wieder überdeutlich, wie dufte er sich eigentlich selbst findet, aber diesmal zog er den beeindruckenden Trick ab, trotzdem irgendwie sympathisch zu wirken. Klar hin und wieder wäre ein bißchen weniger mehr gewesen, auch sein ewiges Herumgehampel hätte er mal etwas zurückschrauben können und an seinem Abwechslungsreichtum bezüglich Ansagen darf er auch gerne arbeiten („Geht’s euch gut“ in allen Ehren, danke der Nachfrage, aber ich dachte, beim fünften Mal hättest du die Antwort des Publikums endlich verstanden, Tobi), davon abgesehen war der Auftritt aber ziemlich stark. Nette Lightshow, extrem guter Sound und ein gelungener Querschnitt durch ihr musikalisches Schaffen… Das für einen gelungenen Liveauftritt quasi essentielle „Fucking With Fire“ fehlte zwar, aber Spaß machte den zahlreich erschienenen Fans die Show trotzdem. (CH)
Letzte Band des ersten Rock Harz Tages: FEUERENGEL! Lässt der Name doch irgendwie eine Mittelalterband vermuten, weit gefehlt! Es handelt sich um eine Rammstein-Coverband! Rund 6000 Leute waren zugegen und wollten sich die Rammstein-Betaversion anschauen. Noch während in mir erste Zweifel aufkeimten, wie man eine Band wie Rammstein mit seinen Charakteren covern will, ging es auch schon zur Sache. In bester Rammsteinmanier wälzen sich die Jungs durch alle nennenswerte Lieder unseres Exportschlagers. Sei es „Rammstein“, das neue „Waidmannsheil“ oder Klassiker wie „Asche zu Asche“, Feuerengel lassen keinen Gassenhauer aus. Bemerkenswert hierbei ist nicht nur Sänger Boris, der schon SEHR nah an Till Lindemann dran ist, sondern auch, dass die Band sich Mühe gibt, in Sachen Pyros, Bühnenshow und Kostümierung möglichst dicht am Original zu bleiben. Letztenendes muss man sagen: Nach dem kurzen Wow-Effekt verbleibt trotz des visuellen Bombardements dieses typische Coverfeeling: Das Original schmeckt halt immer besser. Von daher: Gut gemacht, aber irgendwie auch arg geklaut. Flake ist unkopierbar. (TH)
A DEATH EXPERIENCE aus Deutschland eröffneten den zweiten Tag des Festivals und machten ihren Job um einiges besser als MEINESTUNDENULL am Tag zuvor, was wohl auch daran lag, dass ihr Songmaterial sich durchaus sehen lassen konnte. Mit einer Mischung aus Melodic Death und Black Metal schafften sie es auch, den Platz vor der Bühne deutlich mehr zu füllen, als man es zu dieser Zeit erwartet hätte. Passend zur Musik trat ihr Frontmann auch mit umgedrehtem Kruzifix und Lidschatten im Überfluss auf. Ein wundervoller Anblick. Aber was solls, musikalisch gabs nix zu meckern, und THE DEATH EXPERIENCE machten ihre Sache wirklich ganz ordentlich, auch wenn es niemanden vom Hocker haute. (PS)
Rock Harz-Bühne, gefühlte 83° im Schatten um halb eins und da soll man sich mal in eine gepflegte nordische Atmosphäre bringen? Schwere Ausgangsposition für GERNOTSHAGEN aus Thüringen. Die in voller Montur gerüsteten Hobbywikinger gaben ihr Bestes, „Waffenbruder“, „Dem Skirnir zu Ehren“ oder auch „Einsam“ brachte die verkaterte Metallermasse vor der Bühne in Wallung und die Jungs gaben selber auch ordentlich Gas, insbesondere die Gitarristen und der Bassist bangten sich die Seele aus dem Leib. Insgesamt war der Auftritt recht gelungen, wobei man auch hier schon Fan sein muss, der sehr verhallte und dazu noch basslastige Klang ließ alles recht einheitlich klingen. (TH)
Nun waren die deutschen Spaßbolzen von den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS an der Reihe. Zugegeben, ich hatte noch nie ein Lied von ihnen gehört, dennoch waren die GRINDFUCKERS so ziemlich die präsenteste Band auf dem Festival, was an den vielen „Musik machen Andere“-Shirts lag, die gefühlt jeder fünfte Festival-Besucher trug. Ein Ärgernis für viele Festivalbesucher war jedoch, das die Veranstalter aus Gründen, die nicht bekannt gegeben wurden, die Spielzeit der V8 Wankers und der EXCREMENTORY GRINDFUCKERS vertauschten, sodass viele Fans, die sich nach dem Konzert gerade auf dem Weg zur Bühne befanden, um die GRINDFUCKERS zu sehen, verärgert wieder abziehen mussten. Nun aber zum Auftritt an sich: Einer der Sänger der Grindfuckers trat im ziemlich extravaganten Leopardenkostüm auf, und fügte sich gleich gut ein, indem er die Zuschauer in der ersten Reihe spaßeshalber als „kleine Muschis“ bezeichnete. Dann ging es los, und sofort war mir klar, warum sich die Band einer solchen Beliebtheit erfreute. Ihre gnadenlos lustigen Parodien auf bestehende Pophits der 80er und 90er gehen erstens einfach supergut ins Ohr und machen dazu auch noch dermaßen Laune, dass auch das Publikum beim RockHarz sehr schnell richtig gut drauf war.
Dazu gesellten sich Sprüche wie: „Wir haben seit 10 Tagen eine neue Platte draußen. Kauft sie, damit wir Schnaps kaufen können.“ Oder „Nachher ist Autogrammstunde. Steht zwar auf dem Zettel, aber eigentlich wollen wir lieber saufen, also bringt was zu Trinken mit.“, was das Ganze noch um einiges lustiger machte. Mit „Final Grinddown“ ertönte das letzte Lied dann auch viel zu schnell und das selbstgesetzte Ziel („Wir haben zwar nur eine halbe Stunde Zeit, aber wir wollen 300 Lieder spielen. Das schaffen wir gerade so.“) wurde so verpasst, trotzdem hätte sie jeder gerne noch etwas länger auf der Bühne gesehen. Als krönenden Abschluss bekam ich auch noch die Setlist der Band ab, die nach dem Konzert ins Publikum geschleudert wurde. Jetzt ziert sie meine Wand. (PS)
Was MONO INC. betraf wusste ich vorher nicht so genau, was ich erwarten sollte. Wikipedia listet die Band nunmal als „Alternative Rock“, sogar als „Pop“, ich hatte eigentlich eher etwas Electro-Gothic-artiges mit Gitarrenunterstützung erwartet. Wie gut, dass meine Intuition scheinbar korrekter ist als Wikipedia. Zwar betrat das Quartett um Sänger Martin Engler im strahlenden Sonnenschein die Bühne, trotzdem verhinderten sie erfolgreich das Aufkommen von zu viel Frohsinn. Was jetzt nicht heißen soll, dass die Band schlecht gewesen wäre. Im Gegenteil sogar. Routiniert (und ein wenig „steril“, was die Bühnendarbietung anging, Engler selbt ließ sich – wenn ich mich nicht täusche – beim vorletzten Lied endlich mal zu einer Ansage hinreißen, schien dafür im Gegensatz zu seinen Mitmusikern aber nach zurückgelegten Kilometern bezahlt zu werden) spielte die Band ihr Set herunter und das gefiel gar nicht mal schlecht. Dadurch, dass die ganzen Elektro- und Synthieparts mal wieder aus der Konserve kamen war der Sound natürlich reichlich unausgewogen, dem könnte man mit einem echten Keyboarder vorbeugen, aber wer nicht will, der hat schon. Dadurch kann ich auch leider kein Prädikat „gute Liveband“ geben, es war ein netter Auftritt, aber definitiv nichts memorables oder wirklich hochklassiges, aber immerhin bin ich nun recht motiviert, mal einen Blick auf die Alben der Band zu werfen, die Musik selbst scheint nämlich alles andere als schlecht zu sein. (CH)
Ach ja, EQUILIBRIUM schon wieder. Ob und wie die Band den Ausstieg von Sänger Helge verwunden hat und was es auf dem neuen Album „Rekreatur“ so zu hören gibt, das wollte beim Auftritt auf dem diesjährigen Rock Harz herausgefunden werden. Ich persönlich war ja vorher sowieso der Ansicht, dass es ohne Helge eigentlich nur aufwärts gehen könnte, aber Pustekuchen. Mit Robert „Robse“ Dahn von den Kollegen Vrankenvorde haben die Starnberger es tatsächlich geschafft, einen beinahe genau so unsympathischen und handwerklich mittelmäßigen Ersatz zu finden. Und was das neue Album angeht… Tja, das ist dann wohl ganz schlicht „more of the same“. Für Leute wie mich, die meinen, dass das Quintett schon mit seinem ersten Album seinen Zenith überschritten hat (zwei Gute lieder zwischen dem ganzen gesichtslosen, zuckersüßen Gedudel sind einfach nicht genug um zu überzeugen) war das dann dementsprechend so gar nichts, dazu kommt dann wieder das Problem mit dem fehlenden Keyboard, aber gut, das hatten wir ja schon an anderer Stelle. Die Fanschar feierte EQUILIBRIUM mal wieder ohne Ende ab, wieso weshalb warum, mir wird es immer ein Rätsel bleiben. (CH)
DELAIN aus Holland waren schließlich auch irgendwann zur Mittagsstunde dran. Das, was sie boten, war zwar nicht überragend – man könnte es am ehesten als einen etwas metal-lastigeren Nightwish-Verschnitt charakterisieren – aber es reichte doch, um das Publikum einigermaßen anzusprechen (vielleicht lag es aber auch einfach nur an der langbeinigen und leicht bekleideten Sängerin von DELAIN – ich möchte hier aber nichts unterstellen…). So wollten am Ende zwar noch einige Leute eine Zugabe hören, aber die meisten waren nicht gerade unglücklich darüber, als DELAIN zum Ende kamen. Letztendlich lässt sich so viel spezielles über ihre Musik auch nicht sagen, da sie dann doch recht vorhersehbar daherkam. (PS)
Stefan Raab, dem man wirklich einiges unterstellen kann, aber nicht dass er wenig Ahnung von Musik hat, meinte mal über Rage: „Das sind drei Leute, aber die klingen, wie, wie mindestens dreihundert!“Bislang sah ich Rage nur in Kombination mit Orchester, dementsprechend war ich gespannt, was die Jungs aus meiner Heimatstadt auf die Beine stellen würden.
Das Ergebnis war überwältigend. Ein glänzend gelaunter Peavy führte durch einen der gelungensten Auftritte des diesjährigen Rock Harz‘. Hierbei bemerkenswert nicht nur die Spielfreude des Herner Trios, sondern auch der Wahnsinnsklang, der aus den Boxen dröhnte: wuchtig, erdig, aber völlig klar.
Rage rockten sich von „From The Cradle To The Grave“ über „Soundchaser“, vorbei an „Higher Than The Sky“ und banden immer wieder das Publikum ein. Zum Schluss wurde den mächtig abgehenden Metalheads, das ist ein Kompliment an alle die da waren, noch „War of Worlds“ um die Ohren gehauen. Selbiges Lied findet im Orchester-Liveset keine Verwendung, dementsprechend war die Freude unter den Zuschauern sehr groß. Kurzum: Ein nahezu perfekter Auftritt, nach dem Auftritt vernahm ich neben einem leichten Fiepen auf dem Ohr noch einen Mitvierziger, der zu seinem Kumpel sagte „Da war doch irgendwie noch einer hinter der Bühne, nä?“.
-“Nicht einer, 297“, dachte ich da. (TH)
VADER aus Polen haben mich eigentlich noch nie enttäuscht, wie denn auch? Eigentlich macht die Band ja schon seit fast dreißig Jahren dasselbe und es funktioniert ja auch irgendwie. Irgendwie war das auf dem Rock Harz aber anders. Ich kann gar nicht genau mit dem Finger drauf zeigen, woran das lag. Vielleicht war es der Sound, der hier und da doch schon arg übersteuerte. Sänger Peter selbst klang sogar gar nicht mal wirklich so, wie er normalerweise klingt. Ob das an ihm oder an der leicht vermurksten Abmischung lag, wer weiß es nur. Vielleicht ist auch die völlig neue Bandzusammenwürfelung schuld, immerhin warf Peter ja Anno 2008 kurzerhand seine kompletten Mitstreiter raus und suchte sich ein paar Sessionmusiker, die inzwischen teilweise fest eingestiegen sind. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, aber obwohl VADER ballerten wie eh und je, ließ mich der Auftritt des Quartetts einfach ziemlich kalt, der Funken wollte nicht überspringen. Ob das einfach nur Zufall war oder VADER tatsächlich schlechter geworden sind kann ich noch nicht sagen, ich hoffe eher auf ersteres. (CH)
„Beim ersten Mal tut’s immer weh“ lautet ein Stück der um 20:30 zur Primetime auffahrenden OOMPH. Lustigerweise, der Leser ahnt es schon, trifft dieser Ausspruch nicht nur auf den ersten Akt der Liebe sondern auch auf das erste OOMPH-Liveerlebnis zu.
Vorwissen habe ich mir angeeignet, indem ich mich mal quer durch die (lange!) Palette des Schaffens der Jungens aus Braunschweig gehört habe. Frontmann Dero hat nach bestem Wissen und Gewissen Stimmung gemacht und glänzte beim Ansingen von „Enter Sandman“. Nur wurde ich mit der recht simplen Mischung aus Industrialriffs und seichtem Melodiegeplänkel nicht recht warm.
Für Fans sicher ein solider Auftritt, für mich zu austauschbar, simpel und gleichförmig. Ich bin skeptisch, ob es nach dem schmerzhaften ersten Mal noch ein weiteres Stelldichein mit OOMPH geben wird. (TH)
THERION sah ich bislang nur Anno 2007 auf Wacken live und war da zwar recht angetan von der Gitarrenposerei aus dem Hause Christofer Johnsson, aber ansonsten blieb der schale Beigeschmack zurück, dass man die pompöse Musik der Band live nur schwerlich umsetzen kann. Das Rock Harz 2010 bestätigte diesen Eindruck leider in gewisser Weise. Energiebündel Christofer Johnsson fegte zwar mal wieder über die Bühne, als ob er mindestens mal Hummeln im Hintern hätte, aber naja, die während einem Auftritt gelaufene Strecke ist nicht alles. Musikalisch war prinzipiell alles in Ordnung, aber der Sound selbst vermieste vieles. Es lag diesmal ausnahmsweise nicht wirklich daran, dass die Hälfte der Musik aus der Konserve kam, das klang bei THERION überraschend gut, aber allgemein fehlte einfach der Pep im Soundbild. Das eigentlich recht knallige „Son Of The Sun“ plätscherte beispielsweise einfach so dahin. Mit der Zeit besserte sich das etwas, trotzdem, wirklich stark klang da nichts. Immerhin präsentierte die Band mit „Kali Yuga Pt. 3“ einen Song vom neuen Album, der auch überraschend gut sägte. Dennoch wird THERION für mich wohl nie eine wirkliche Live-Band werden… (CH)
Man wird als Ruhrpottler nicht müde, auf Bands der hiesigen Musikszene hinzuweisen und sie weiter zu empfehlen. Bei KREATOR kann man sich das sparen, die Jungs aus Essen um Aggrobarde Mille sind Legende und nicht mehr aus der Thrash-Szene wegzudenken.
Obwohl KREATOR mittlerweile wirklich unheimlich häufig live auf Festivals anzutreffen sind und Bands wie den Apokalyptischen Reitern mit der Frequenz Konkurrenz macht, war die Spannung um 22:50 ungebrochen und der Festivalbereich rappelvoll. Man weiß halt, was man bei Kreator kriegt.
Es folgten 75 min reinster Thrashmetal mit einem gutgelaunten, also herumbrüllenden Mille und vielen fliegenden Haaren in der Menge. Besonders „Impossible Brutality“ und natürlich „Flag Of Hate“ strapazierte die Nacken der Anwesenden doch sehr. So holzten KREATOR sich fröhlich durch den Auftritt, sehr routiniert aber kraftvoll. Da gibt es eigentlich nichts zu meckern, außer vielleicht, dass die Vorstellung zwar solide und gut war, das gewisse Etwas aber fehlte. (TH)
Es ist doch immer schön, wenn Erwartungen erfüllt werden… Als ich sah, dass MARDUK auf dem Rock Harz spielen würden, war ich etwas hin und her gerissen. Ein Teil von mir war der Ansicht, dass das sicherlich wieder der Top-Act des Festivals werden würde, da die schwedische Kriegsmaschienerie doch ein Garant für geniale Liveauftritte ist, andererseits fragte ich mich, ob das nach dem letzten Album „Wormwood“ immer noch so sein würde. Das war zwar sehr gut, zeigte MARDUK aber von einer ganz anderen, zwar nicht weniger bösartigen aber doch irgendwie ruhigeren Seite.
Pustekuchen. Die Panzerdivision zeigte sich so stark und brutal wie eh und je. Es ist wirklich immer wieder erstaunlich, was für eine rohe Energie das Quartett auf die Zuhörerschaft loslässt. Schlammpfütze vor der Bühne hin oder her, die Fans kannten kein Halten, während die Band um Morgan Steinmeyer Håkansson sich quer durch ihre musikalische Karriere spielte. Neben Klassikern wie „Wolves“ oder „Materialized In Stone“ wurde auch Material von den letzten beiden Alben geboten, darunter das recht klassische „Phosphorous Redeemer“, leider nichts von den etwas „progressiveren“ Stücken, das hätte ich gerne mal live gesehen. Gegen Ende der Show packte Sänger Mortuus auch mal wieder den guten alten Blutkelch aus und kippte ihn sich artgerecht über, durch die eher spärliche Beleuchtung konnte man davon allerdings nicht gar so viel erkennen. Egal, MARDUK regierten mal wieder. Für mich persönlich schlicht und ergreifend das Highlight des kompletten Festivals. (CH)
MY INNER BURNING. Soso. Dass hier nicht von Sodbrennen, sondern einer Band die Rede ist, versteht sich von selbst. Bloß, das Problem war: Hier passte einfach nicht so viel zusammen. Das fing damit an, dass die Band an sich einfach aussah wie ein zusammengewürfelter Haufen Menschen, vor Allem ihre Grufti-Sängerin (inklusive insgesamt etwa drei Metern Metallketten, 10-cm-Plateau-Schuhen, Dreadlocks bis zur Hüfte und massig Blech im Gesicht). Die Musik? Sie war nicht schlecht. Instrumentalisch nicht super, aber auch nicht zum Weghören, allerdings alles in allem ziemlich belanglos und irgendwo auf den Spuren von Rock oder Metal. Genauer lässt sich das aber nicht bestimmen. Man kann also sagen, dass musikalisch zumindest mehr zusammen passte, als optisch. Ob das ein Kompliment ist, sei dahingestellt. (PS)
DAGOLF METZGORE aus Deutschland hatten die Ehre, den letzten Tag des Rock Harz‘ zu eröffnen. Der Sound war diesmal schon besser abgestimmt als an den Tagen zuvor und DAGOLF METZGORE wussten mit ihrer Musik, sehr straightem Death Metal, auch einigermaßen zu überzeugen, auch wenn vor allem das ein oder andere Solo recht schief klang und sich ihr Sänger benahm, als hätte er gerade eine ganze Tüte von Was-Weiß-Ich-Was Pillen eingeschmissen. Seine Hauptbeschäftigung war es nämlich, mit freiem Oberkörper in der Gegend rumzuhüpfen und inkohärentes Palaver von sich zu geben, was bei mir während des kompletten Auftritts starke Anfälle von Fremdschämen auslöste. Im Prinzip war das aber auch nicht so schlimm, denn es machte den ganzen Auftritt noch um einiges lustiger, wenn auch vielleicht etwas unfreiwilliger als es DAGOLF METZGORE wollten. (PS)
Ob CUMULO NIMBUS auf dem Rock Harz ihr Publikum finden würden… ich hatte da vorher so meine Zweifel. Aber den Zulauf bei MONO INC. hatte ich so auch nicht erwartet, also wieso nicht? Fans waren durchaus da und begrüßten das kostümierte Sextett artig, das angesichts der Spielzeit auch gleich loslegte. Die Musik von CUMULO NIMBUS ist durchaus keine Schlechte, das stellte ich im Review zur aktuellen Platte „Totensonntag“ (aus dem fast die komplette Setlist stammte) ja schon heraus, außerdem ist die Band wirklich exzellent aufeinander eingespielt. Die Bühnenshow konnte quasi komplett überzeugen und machte gut Laune. Problematischerweise war die sonstige Darbietung des sehr ordentlichen Materials eine einzige Katastrophe. Absolut offensichtliche Spielfehler und eine schauderhafte Abmischung zerstörten im Alleingang vor allem den grandiosen Titeltrack des aktuellen Albums, aber auch ansonsten hörte sich das einfach nur furchtbar an. Dementsprechend war die Resonanz auf Gitarrist Eriks Bitte um eine Wall of Death bei „Alte Mühle“ eher verhalten, die Band selbst ging auch gar nicht weiter drauf ein (letzten Endes erbarmten sich zwei Fans und zelebrierten recht halbherzig die wohl kleinste Wall of Death der Welt). Ach ja, und als hätte ich es geahnt, natürlich versuchte man noch mit „Aderlass“, dem „geplanten Livehit“ die Massen anzukurbeln. Ging nicht so wirklich. Eigentlich schade, wie gesagt, auf Platte mag ich CUMULO NIMBUS, aber der Auftritt hier war leider so gar nichts. (CH)
Wenn es eine Sache gibt, die man zweifelsfrei über UNZUCHT sagen kann, dann, dass sie auf dem Rock Harz 2010 anwesend waren. Ja, Tatsache, UNZUCHT waren da. Gespielt haben sie wohl auch. Ich weiß es nicht genau, aber sie hatten immerhin Instrumente in den Händen, das legt das dann wohl nahe. Was sie gespielt haben? Also wenn ich das aus der Erinnerung rekonstruieren müsste… ich hätte keine Ahnung. Aber damals, während dem Auftritt selbst, dachte ich mir wohl, dass bei dieser extrem gelangweilten und unmotivierten Performance der vier Düstermänner extrem glattgebügelter und unmemorabler Gothic Rock mit ein paar neumetallischen und alternativen Einsprengseln, sowie der einen oder anderen Elektrospielerei rum kam. Musik, die einfach so extrem kantenlos war, dass sie zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr wieder heraus ging. Wenn ich irgend etwas positives über UNZUCHT sagen müsste, dann wäre es wohl, dass sie nicht aktiv genervt haben. Man konnte gut überhören, dass da überhaupt jemand spielt. Und von Zeit zu Zeit sollte man ja sogar dafür dankbar sein. (CH)
EMERGENCY GATE waren mir bis dato noch gar kein Begriff, dabei sind die Bayern schon seit 1996 aktiv und setzen sich aus Musikern von Bands wie Still It Cries, Lacrimas Profundere und Visions Of Atlantis zusammen. Da sollte doch eigentlich etwas zumindest gotisch angehauchtes bei rum kommen. Naja, eigentlich erinnerte die Musik des Sextetts trotz der Genrebezeichnung „Melodic Death, Power Metal“ ganz frappierend an Killswitch Engage. EMERGENCY GATE spielten ihren absolut durchschnittlichen, melodischen Metalcore ohne große Höhepunkte herunter. Das klang alles gar nicht so schlecht, aber eigentlich hatte man doch alles schon mal irgendwo gehört. Und zwar in besser. Live kann das natürlich trotzdem überzeugen, aber wie gesagt, es fehlte einfach an Höhepunkten. Der Sound war dafür schwer in Ordnung. (CH)
„Bitte nicht wieder dieses peinliche „Dschinghis Khan“-Cover!“
Das waren meine ersten Gedanken, als ich von der Anwesenheit der guten Herren von „Black Messiah“ hörte. Vorweg: Sie haben „Moskau“ selbstverständlich gespielt.
Was Black Messiah von den üblichen Pagan-Spaß-Metal-Bands, die seit ein paar Jahren die Festivals fluten, trennt, ist dass sie nicht einfach nur dudelige Baumfreunde-Popsongs kreieren, sondern tatsächlich ernstzunehmende, abwechslungsreiche Lieder. „Irmingsul“ als Opener schlug bei den Rock Harzern schon gut ein, „Blutsbruder“ oder das „Sauflied“ steigerten den Partyfaktor dann doch sehr. Als nicht mehr sonderlich paganbegeisterte Mensch kann ich dennoch für Black Messiah-Auftritte wieder mal grünes Licht geben, die Jungs machen Bock, trotz „Wirf die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land“. (TH)
Wer DISBELIEF bucht, weiß was er bekommt. Auch nach 20 Jahren im Geschäft überzeugen die Hessen noch auf ganzer Linie. Dem charismatischen Frontmann Karsten „Jagger“ Jäger sei’s gedankt, aber natürlich auch der überzeugenden Mischung aus Death und Sludge Metal. Jagger bewies mit seiner starken Leistung und seinen Ansagen höchste Qualitäten, von der Setliste her blieben auch keine Wünsche offen, sowohl für Fans des alten Materials wie auch Freunden der neuen Alben war etwas dabei, der Höhepunkt war sowieso das grandiose „Navigator“. Zu Meckern gibt’s nichts, einfach ein wirklich netter, solider Auftritt. (CH)
DARK AGE aus Hamburg haben sich über die Jahre hinweg durchaus einen Namen gemacht, deswegen war es – trotz der höllischen Temperaturen – auch nicht weiter verwunderlich, dass die immerhin schon seit 16 Jahren aktive Band eine beachtliche Fanschar vor die Bühne zog. Die Jungs um den charismatischen Frontmann Eike Freese zeigten deutliche Spielfreude und begeisterten das Publikum quasi restlos mit ihrem eingängigen Melodic Death Metal-Brett. So störte doch lediglich der erbarmungslose Sonnenschein den Spaß ein wenig, davon abgesehen lieferten DARK AGE den vielleicht überzeugendsten Auftritt des Festival-Samstags ab. (CH)
Ach herrje. ACH HERRJE! KRYPTERIA. Wieso? Ich meine… nichts liegt mir ferner, als jetzt hier den selbstherrlichen Szenewächter zu spielen und irgend jemandem vorzudiktieren was Metal ist und was nicht, aber… Was soll bitte so eine Band auf einem Festival wie dem Rock Harz? Nicht nur musikalisch lag hier einiges im Argen (völlich kraftloser Poprock, der mit genug Gitarreneinsatz schnell auf… äh… „Metal“ gebrezelt wurde… puh), auch ansonsten machte KRYPTERIA einen unglaublich kalkulierten Eindruck auf mich. Drei alternde, durchaus kompetente Rockmusiker, die sich eine süße Koreanerin anlachen, die ganz offensichtlich nicht den geringsten Plan davon hat, was Metal eigentlich bedeutet. Klingt nach einem Rezept, mit dem man durchaus den einen oder anderen Öre verdienen kann. Viel mehr wundert mich allerdings, dass diese Rechnung aufzugehen scheint, die Masse vor der Bühne war durchaus so klein nicht, und mit dem Kopf wurde auch hier und da genickt. Ich konnte ihn nur schütteln, ob der Clownage, die sich da vor mir abspielte (inklusive Umziehakrobatik von Ji-In Cho sowie absolut albernem Popgehampel, wie dem immer wieder gerne genommenen „Schaut mal, der hat ’ne Gitarre“ rumimitiere). KRYPTERIA sind nicht nur musikalisch mies, sondern alles in allem einfach eine viel zu unecht wirkende Band. (CH)
Damit wären wir bei SONIC SYNDICATE. Ich weiß gar nicht, was mich an diesem Auftritt am meisten genervt hat. Könnte sein, dass es ihr neuer Sänger war, der ungeachtet ihrer immer sülziger werdenden musikalischen Ausrichtung pausenlos einen auf sauharter Metaller macht, könnte aber auch sein, dass es die Tatsache war, dass alle Bandmitglieder einfach so schnieke frisiert und geschminkt (ja, ihr lest richtig) waren, dass ich mich fragte, ob ich gerade auf einer THE DOME-Veranstaltung oder auf einem Metal-Festival war. An sich ist ihre Musik ja gar nicht mal soooo schlecht (zumindest die ersten drei Alben kann man sich noch gut anhören), aber wer sich einfach dermaßen an den Massengeschmack anbiedert und trotzdem immer noch einen auf hart macht, ist meiner Meinung nach nicht sehenswert. Das sahen auf dem Rock Harz zwar viele Fans anders (das Gekreische vor der Bühne ließ sich schlecht anders erklären), aber sicher auch viele so wie ich(und Chris). (PS)
Okay, schaffen wir erst mal eins aus dem Weg: Ich mag ENSIFERUM auf Platte nicht. Dieser zuckersüße, dudelige Gute-Laune-Biervernichter-Death-Metal hört sich hier und da zwar ganz okay, aber nach zwei Durchläufen hab ich schon wieder die Nase voll dazu. Und diese unsägliche Angewohnheit, jeden einzelnen Song auf fünf bis sieben Minuten auszudehnen, obwohl er Ideen für vielleicht zwei beinhaltet, lässt sie in meiner Gunst auch nicht gerade steigen. Aber das heißt ja nicht, dass man nicht seinen Spaß haben kann, wenn die Finnen mal wieder live vorbeischauen.
Nein nein, dafür, dass man keinen Spaß an ENSIFERUM hat sorgt etwas ganz anderes. Petri Lindroos. Ich verfechte nicht die These, dass ENSIFERUM gut waren, bis Petri Jari Mäenpää ersetzt hat, weil Jari einfach der bessere Musiker ist. Rein handwerklich ist Petri Jari meiner Meinung nach nämlich völlig ebenbürtig. Das Problem ist einfach, dass Petri einerseits eine völlig charismafreie Zone ist und seine Arbeit an Mikro und Gitarre mit der Begeisterung und dem Elan eines Backsteins verrichtet, er andererseits auch einfach nicht in die Band passt. Die anderen vier Musiker sind großartig aufeinander eingespielt und vermitteln den Eindruck einer Band, die wirklich Spaß an dem hat, was sie tut. Und dann stapft Petri da zwischen durch wie ein trotziger, schlecht gelaunter Halbwüchsiger, der sich irgendwie auf dieselbe Bühne verirrt hat wie diese musikalisch nicht besonders tolle aber dafür charismatische Band. Er schafft es nicht so zu wirken, als ob er zur Band dazu gehören würde. Während Bassist Sami Hinkka (der übrigens eine Stimmungskanone erster Kajüte ist und wohl eine ENSIFERUM-Show alleine tragen könnte, wenn Petri nicht dabei wäre) und Gitarrist Markus Toivonen wundervoll miteinander interagieren, steht Petri einfach daneben und scheint nicht wirklich zu wissen, was er tun soll. Und das zerstörte auf diesem Rock Harz, genau wie auf dem Summer Breeze 2008 und auch auf der Headlinertour mit Suidakra, mal wieder komplett den Auftritt. Es macht einfach keinen Spaß, Petri Lindroos zuzuschauen. Mir zumindest nicht. Wieso die Band so viele Anhänger hat, die dann auf den Konzerten auch noch so sehr mitziehen? Ich habe keine Ahnung, für mich waren ENSIFERUM neben KRYPTERIA und SONIC SYNDICATE die furchtbarste Band des ganzen Festivals. Und das tut mir gerade wegen dem unheimlichen Charisma von Sami Hinkka beinahe in der Seele weh. (CH)
Harte Rammsteinriffs und dazu Elektroklänge? So manch einem wird ein Schauer über den Rücken gelaufen sein, und er wird eine halbgare Gruftietruppe erwartet haben. Weit gefehlt. EISBRECHER, sozusagen die Fortführung von Megaherz, schafften es auf dem diesjährigen Rock Harz-Auftritt recht schnell, auch kritische Gemüter von sich zu überzeugen.
Nicht zuletzt Stücke wie „Miststück“, „Eiszeit“ oder „This is deutsch“ hatten großen Anteil daran, genau wie die charmante Art von Alexander „Alexx“ Wesselsky durch das Programm zu führen. Es wurde gut gefeiert, die Fans gaben gegen Ende des Festivals nochmal Vollgas. EISBRECHER, eingängig und seicht waren für den Spielplatz um 20:35 am Sonntagabend eine sehr gute Wahl. (TH)
Man kann über DORO sagen, was man will, Frau Pesch gehört einfach zum Metalinventar und das auch noch nach ihrer Warlock-Zeit. Ich muss gestehen, dass mich die reine Musik nicht unbedingt vom Hocker haut, aber live war DORO bislang immer unterhaltsam. Der diesjährige Auftritt auf dem Rock Harz bildet da keine Ausnahme. In der Mischung alter und neuerer Klassiker war das Ronnie James Dio gewidmete „Egypt“-Cover einer der Glanzpunkte und ich fand es nett, dass DORO die verstorbene 80er-Legende auf ihre Weise ehrte.
Ein wenig peinlich hingegen waren die Liedansagen und Überleitungen, da DORO sich offensichtlich nicht dazu durchringen konnte, deutsch zu sprechen, sondern auf Englisch mit dem Publikum sprach. Überall sich fremdschämende Gesichter zu sehen, da musste ich schon grinsen. Dennoch ein gelungener Auftritt! (TH)
OVERKILL reihen sich nicht nur in die Reihe der „Bands mit unheimlich coolem Namen“ ein, sondern auch in die obere Elite des US-Thrash’s, quasi eine Legende.
Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an die mittlerweile 30 Jahre alte Combo, doch diese schaffte es, selbige um Längen zu übertreffen. Sänger Blitz ist einfach so das, was man im Volksmunde „ne richtig geile Rampensau“ nennt. Mit guten 50 Lenzen macht der gute Mann noch eine Show, rennt, hüpft, geht ab, das ist schon unglaublich.
Was die klangliche Kompetenz von OVERKILL angeht: Massiv! Es wurde die komplette Bandbreite legendärer OVERKILL-Klassiker geboten und das in so wuchtiger Livemanier, es machte einfach Spaß Derek und Dave an der Gitarre zuzusehen.
Setlistentechnisch sage ich nur „Fuck You“, „Elimination“, In Union We Stand“, „Wreckingcrew“ und das neuere „Ironbound“. Klasse Mischung, klasse Band, klasse Auftritt. Einziges Manko war die fehlende Zugabe, aber hey, man kann halt nicht alles haben. (TH)
Und mit einer Begeisterung, die wirklich Angst macht, fahren SUBWAY TO SALLY weiterhin ihre komplette Karriere gegen die Wand. Auf dem Summer Breeze 2008 hatte es sich bereits angekündigt, nun hat es (hoffentlich) seinen traurigen Höhepunkt erreicht. SUBWAY TO SALLY, eine Band, die mir dreimal wahnsinnig gut gefallen hat, spielt nun schon zum zweiten Mal eine Show, die die Welt nicht gebraucht hätte. Schauderhafte Setlist, ein Sound zum Davonlaufen und Spielfehler soweit das Auge reicht. Ingo Hampfs Gitarre klang hier und da auch noch arg verstimmt. Aber das sind ja alles technische Dinge, über die man hinweg sehen kann, die man vielleicht sogar noch „charmant“ nennen könnte. Wäre da nicht Eric Fish. Bescheiden war der gute Mann ja noch nie, früher hatte seine Arroganz auf der Bühne allerdings noch irgendwie etwas amüsantes. Inzwischen hat er die letzte Grenze scheinbar vollends überschritten und zeigt ohne Unterlass, wie cool er sich selbst findet. Seine Ansagen und sein ganzes (extrem künstlich wirkendes) Auftreten auf der Bühne haben nichts sympathisches mehr an sich sondern wirken einfach nur noch aufgeblasen und selbstverliebt. Die Fans scheint es nicht zu stören, gefeiert wurden SUBWAY TO SALLY mal wieder wie nichts gutes. Ich persönlich hab inzwischen einfach genug von der Band, versuche die drei extrem guten Auftritte, die ich gesehen habe, in guter Erinnerung zu behalten und nicht zu sehr daran zu denken, was aus ihnen geworden ist. Ist wohl besser so. (CH)
Damit endete das Rock Harz Festival 2010, das einen durchweg positiven Eindruck hinterlassen hat. Eine abwechslungsreiche Bandauswahl, guter Sound, faire Preise und eine relativ tadellose Organisation (vielleicht abgesehen von der mangelnden Kommunikation, dass die V8 WANKERS und die EXCREMATORY GRINDFUCKERS – bzw. die „Excremators“, wie der nette Herr auf der Bühne sie titulierte – die Slots tauschten, was wohl nicht bis auf den Campingplatz vordrang) prallten hier auf erbarmungslose Wetterverhältnisse. Klar, dafür kann der Veranstalter nichts, der Veranstaltungsort selbst (eine große, leere Wiese) war aber gerade in dieser Hinsicht eher suboptimal gewählt. Das schmälert den guten Eindruck aber kaum, das Rock Harz Festival hat eine Menge Spaß gemacht, so dass der durchschnittliche Metalfan es bei seiner Festivalplanung für nächstes Jahr dringend im Auge behalten sollte.
Unter Mitarbeit von Christian Heckmann (CH) und Tobi H. (TH)
Fotos von Tobi H.