Am Freitag, den 13. Mai 2005 luden die Herausgeber des Rock Hard Magazins zum inzwischen dritten Festival im Gelsenkirchener Amphitheater ein und konnten mit tollen Bands locken. Zwar gab es unzählige heiße Diskussionen, was die Headliner betraf, aber insgesamt gesehen dürfte jeder Fan auf seine Kosten gekommen sein. Einzig eine Black Metal Band fehlte komplett, was natürlich bitter war, wenn man die härtere Gangart bevorzugt. Musiktechnisch wurde diese aber dennoch toll abgedeckt.
Am Freitag gab es bereits das Stelldichein mit REGICIDE, SUNRIDE, ABANDONED und den Altrockerinnen von GIRLSCHOOL. Am Freitag waren wir allerdings noch nicht mit von der Partie, so dass sich über diese vier ersten Gruppen schlecht berichten lässt. Erzählungen zufolge sollen GIRLSCHOOL aber mächtig abgeräumt haben und einen tollen Auftritt gehabt haben.
Für uns ging es also am Samstag los und aufgrund der persönlichen Präferenzen war schon im Vorfeld klar, dass dieser Tag der beste wird. Mit zwei Ausnahmen am Folgetag spielten die härteren Bands alle am Samstag. Los ging es mit dem Senkrechtstarter des Jahres: COMMUNIC! Wer die sympathischen Norweger nicht auf ihrer Tour mit Graveworm und Ensiferum sah, dürfte also erstmalig in den Genuss dieser Band live on Stage gekommen sein. Angefangen haben die direkt mit „Communication Sublime“ um von vornherein die angereisten Metalheads in Stimmung zu bringen. Immerhin ist es der aggressivste Song der Band bis dato. Direkt vor der Bühne wurde auf Anhieb losgebangt und Communic hatten sichtlich Spaß vor den etwa 5000 Leuten das eigentliche Festival zu eröffnen. Die Bands des Vortages spielten ja auf der SIMeVIL Stage und nicht im eigentlichen Theater. COMMUNIC brachten ihre Songs exakt so rüber, wie man es von ihrem Debüt „Conspiracy In Mind“ kennt. Jeder Griff saß, jeder Schlag ins Drumkit traf. Mit „Silence Surrounds“, „They Feed On Our Fear“, „Ocean Bed“ und natürlich „Conspiracy In Mind“ zum Abschluss spielte man nahezu das ganze Album in willkürlicher Reihenfolge. Aus Zeitgründen entschied sich die Band einzig den ruhigsten Song, „The Distance“, auszulassen. Ein perfekter Festivalauftakt von einer spielerisch perfekten Band!
Weiter ging es mit einem der erfolgreichsten Metalcore Acts Deutschlands. HEAVEN SHALL BURN standen auf dem Plan und die Meute staunte nicht schlecht, dass Frontman Markus nicht dabei war. Für besten Ersatz wurde durch MAROON (nicht zu verwechseln mit Maroon 5)-Sänger Andre Moraweck gesorgt. Die Songs saßen alle wunderbar und man spielte sich hauptsächlich durch die letzten beiden Alben „Whatever It May Take“ und der saustarken Platte „Antigone“. Andre hat seinen Job gut gemacht und war ein guter Ersatz, wenn seine Stimme auch eher tiefer als kreischend ausgelegt ist. Die Violent Dancer waren zahlreich vertreten und gaben neben den Headbanger sicherlich ein starkes Bild ab.
Mein persönliches Highlight folgte im Anschluss mit den finnischen Folk Metallern von ENSIFERUM. Beim Rock Hard konnte ich sie erstmalig sehen und war absolut begeistert. Ihre Bühnenshow ist klasse und sehr energiegeladen. Der Wiedererkennungswert ihrer beiden Alben „Ensiferum“ und „Iron“ war trotz des Sängerwechsels absolut gegeben und so feierten massenhaft Leute diese aufstrebende Band direkt vor der Bühne ab. Beim „Battle Song“ und „Trecherous Gods“ gab es die heftigsten, aber wirklich freundliche Moshpits, so dass man kaum gefallen schon wieder auf den Beinen stand. So macht das Moshen Spaß! Der Auftritt hat allen sehr gut gefallen und sicher viele neue Fans angezogen, die von ENSIFERUM bis dato noch nichts hörten oder kannten.
Im Anschluss spielten THE HAUNTED einen sehr guten Gig, nachdem sie auf ihrer Tour mit Moonspell und Cradle Of Filth viel Kritik an ihrer Live-Performance einstecken mussten. Aber hier waren sie absolut gut aufgelegt und spielten ein gutes Set aus allen Alben, wenn natürlich die „Revolver“ etwas im Vordergrund stand. „99“ und „All Against All“ kamen bei der Audienz offenbar am besten an, da ging es am wildesten zu. Meine Enttäuschung der Tour konnten THE HAUNTED mit dieser Show wieder gut machen.
Von SAMAEL im Anschluss hatte ich gar nichts erwartet, da ihre letzte CD neben zugegebenermaßen guten Kritiken auch einige sehr negative einheimsten. Was die Schweizer dann allerdings auf der Bühne abzogen hätte ich niemals erwartet. Von viel Rauch und düsterer Stimmung umgeben spielten sich SAMAEL in die Herzen so mancher Metalheads, die zuvor bei dieser experimentellen Band noch nicht gelandet waren. Ein atemberaubender Auftritt der Gruppe, der durchaus Lust auf mehr machte.
Als nächsten waren die finnischen Melodic Metaller SONATA ARCTICA angesetzt. Da mir ihre Musik nun gar nicht zusagt, war die Zeit reif, einen Döner zu sich zu nehmen und ein Bierchen zu trinken. Anschließend bin ich zu einem Abstecher in den Pressebereich gegangen und lernte dort neben COMMUNICs Oddleif Stensland auch Johan Hegg von AMON AMARTH kennen. Über diese beiden Zeitgenossen bleibt nur zu sagen, dass es wahnsinnig freundliche, ja freundschaftliche Leute sind, die sich wirklich Zeit nehmen, ein kleines Schwätzchen zu halten.
Letztendlich musste sich Johan aber wieder aufmachen, denn seine Band AMON AMARTH war bereit, das Amphitheater symbolisch mit Thors Hammer zu zerschmettern. Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Schweden irgendwen gelangweilt haben. Sie sind innerhalb von anderthalb Jahren auf der Bühne dermaßen gereift, dass es ein Hochgenuss ist, den Wikingern zuzusehen. Es ist nicht nur der überaus charismatische Frontmann, nein die ganze Band weist ein perfektes Bühnenverhalten auf und spielt die Songs mit einer Leidenschaft, dass sie sich zu einem der größten und mächtigsten Liveacts der Szene mauserten. Neben dem abschließenden Dampfhammer „Death In Fire“ waren es Songs wie „Persuit Of Vikings“ und „Versus The World“ die das unmittelbare Publikum vor der Bühne in eine Art Trance versetzten. Der Text über Odins Gefolgen mag sich schmierig anhören, aber dazu darf wohlen Gewissens gestanden werden. AMON AMARTH sind live eine wahre Macht!
An sich brauchten wir nach den Pits bei Amon Amarth eine Pause, aber die CHILDREN OF BODOM anfingen ihr technisch perfektes Spiel zu präsentieren, war es um die Auszeit geschehen. Es durfte gedivt werden! Zu viert griffen wir das Feld von hinten an, liefen wie Berzerker durch die Zuschauer, bis schließlich irgendwann Schluss war. Da wurden die Hände schon in Stellung gebracht, wir ließen uns hoch schleudern und über die Menge tragen. Gerade wo es bei den Bodomskindern live richtig wild zur Sache geht, machte uns das so viel Spaß, dass die freundlichen Security-Männer beim fünften Mal schon grinsend auf uns warteten… Mit „In Your Face“ präsentierten uns die Finnen einen neuen Song des kommenden Albums „Are You Dead Yet?“ und stießen auf große Begeisterung. Der Song hält, was er verspricht und geht mitten ins Maul. Die Band sah ich nun das dritte Mal, aber nie waren sie überzeugender als heute!
HANSI KÜRSCH kam zum DEMONS AND WIZARDS Pre-Listening auf die Bühne und wechselte mit Rock Hard-Boss Götz noch einige Takte. Fans von BLIND GUARDIAN, ICED EARTH und natürlich DEMONS AND WIZARDS können gespannt auf das zweite Werk warten, was uns da erwartet wird großartig.
Als Headliner stand ein begnadeter Musiker und sehr charismatischer Musiker mit seiner neuen Band auf dem Plan. Warum JON OLIVA und sein PAIN allerdings als Headliner gesetzt waren, mochten viele im Vorfeld nicht ganz verstehen. Hin oder Her, seine Show war absolut die eines Headliners. Natürlich hatte er genügend Spielzeit, das Album mit seiner neuen Band vorzustellen, aber auch Klassiker von SAVATAGE. So wurde es bei „Believe“ richtig romantisch und man konnte prima mitsingen. Als Kult machten wir einen Spruch von ihm fest, den er brachte, als ihm drohte, von seiner Mikrofonschnur erwürgt zu werden: „Fuck this fucking Fuck Fuck!“. Da ging großes Gelächter durch die Reihen und der Spruch wurde so oft nachgeahmt, dass er sich noch fast am selben Abend schon ausnutzte. Zudem verriet der dicke Jon, dass er nach dem Auftritt gerne seine Frau mit einem „Limp Dick“ beglücken würde. Es war ein schöner Auftritt, aber ein größerer Name wäre auch nicht verkehrt gewesen.
So ging der erste Tag vorbei und alle zogen sich zufrieden – und nur die wenigsten nüchtern – zurück und warteten gespannt auf den nächsten Tag.
Dieser startete mit HELLFUELED, denen man nachsagt die neuen BLACK SABBATH zu sein. Davon konnten wir uns aufgrund späteren Erscheinens aber nicht überzeugen. Für uns ging es mit den modernen Power Metallern WOLF los. Diese kannte ich zwar nicht, aber ihr Sound gefiel dennoch und sie legten eine gute Show hin, wenn auch der Sänger ständig Honig um das Maul der Audienz schmierte.
Zeit war es für die erste Band in der Geschichte des Rock Hard Festivals, die zweimal eingeladen war: THRESHOLD waren im ersten Jahr derart vom Wetterpech verfolgt, dass die Show nach Umfallen von Teilen des Drumkits abgebrochen werden musste. Es schüttete 2003 bei den progressiven Metallern, dass gar nicht mehr ging. Nun fingen sie bei grauem Himmel an und konnten sogar nach einiger Zeit die Sonne hervorlocken. Man gönnte es der Band wirklich. Live sind THRESHOLD wirklich stark, so dass man sich einen Auftritt immer gut anschauen kann, wenn man mit der Band auch nicht so gut vertraut ist.
Mit UNLEASHED gab es dann die einzige reine Death Metal Band des Festivals. Die Schweden machten auf dem Flug nach Asgard halt in Gelsenkirchen und wurden von den „Death Metal Warriors“ frenetisch gefeiert. Sie legten einen soliden, energievollen Auftritt hin und spielten ein Best-Of ihres Katalogs. Von der neuen Scheibe „Sworn Allegiance“ gab es „Winterland“, „Helljoy“ und „Praised Be The Lord“ auf die Ohren. UNLEASHED sind ein toller Liveact, den man als Death Metal Anhänger anbedingt mal ansehen sollte.
Fröhlich weiter ging es mit den PRETTY MAIDS, die für gute Stimmung sorgten, aber den Bereich vor der Bühne nicht wirklich füllen konnten. Mir sagten sie nicht zu und zu ihrer Setlist kann ich nichts erzählen. Sie gaben sich jedenfalls viel Mühe und hatten sichtlich ihren Spaß.
Bei MASTERPLAN, die Band um Roland Grapow, war es wieder Zeit für’s Abendessen. Die Band schaute ich nur kurz an, da mir ihr Sound nicht gefällt und ich sie bereits einmal sah. Ihr Auftritt war allerdings sehr gut und brachte die Fans ordentlich in Wallung.
Richtig espannt waren viele Besucher auf die einzige Old School Thrash-Band OVERKILL. Diese gaben so richtig Gas und hielt das gesamte Amphitheater in Trab. Die schnellen Gitarren und das Drumming des neuen Schlagzeugers Ron Lipnicki heizten bei mäßigem Wetter wunderbar ein und spielten ihre größten Songs. Darunter auch das noch heute absolut begeisternde „Rotten To The Core“, bei dem die Stimmung am besten war. OVERKILL feierten auf der Bühne ihren 20. Geburtstag und wurden hierzu von ihrem Fanclub, den Skullcrushers, herzlich gratuliert, was eine schön anzusehende Geste war und gebührend applaudiert wurde.
Nach dieser US-amerikanischen Wucht kam erneut Götz Kühnemond auf die Bühne und kündigte für das Pfingstwochenende 2006 die ersten drei Bands an: BRAINSTORM, SOILWORK und endlich BOLT THROWER!
Nun gab es ein weiteres Pre-Listening auf der Bühne: THOMEN STAUCH kam auf die Bühne und stellte einige Songs seines neuen Projekts SAVAGE CIRCUS vor. Der Sänger tönt verdammt verdammt nach Hansi Kürsch und musikalisch bewegen sich SAVAGE CIRCLE auf früherem BLIND GUARDIAN Terrain. Da darf man gespannt sein!
Anschließend wurde es in höchstem Maße historisch. SENTENCED enterten die Bühne und starteten ihren vorletzten Auftritt in Deutschland. Dass diese populäre Band sich auflöst, dürfte jeder Leser mittlerweile wissen. So befinden sich die Finnen inmitten ihrer Farewell-Tour und werden hierzulande nur noch in Wacken spielen. Sie fingen ihre Show mit dem überraschenden „Kotzbrocken“ „Where Waters Fall Frozen“ an, der sich auf dem in den Startlöchern stehenden „Funeral Album“ befindet. Anschließend gab es die besten Songs der Band seit Ville Laihiala und große Hits wie „May Today Become The Day“ oder „Ever-Frost“ von ihrer neuen Platte. Einigen Fans kam bei dieser emotionalen Show sicherlich zu Recht die Tränen. SENTENCED waren eine große Band und werden nach ihrem finalen Konzert in Oslo als Legende in die Geschichtsbücher eingehen.
Als Headliner spielten die temporär wiedervereinigten ACCEPT um Udo Dirkschneider. Ich selbst war nicht mehr dabei, allerdings hörte man von vielen, dass die Gruppe eine atemberaubende Headliner-Show darboten und alle Fans anderthalb Stunden lang verzaubert haben.
Und somit endete auch die dritte Ausgabe des Festivals wieder viel zu schnell. Tolle Erinnerungen hat jeder der etwa 5000 bis 6000 Besucher auf jeden Fall mitgenommen und das Festival war wieder mal toll organisiert und wunderschön. Die Preise – von T-Shirt bis Verpflegung – waren fair wie gewohnt und die Leute des Rock Hard Magazins haben sich sehr viel Mühe gegeben. Dieses Festival ist jedem zu empfehlen, die Location ist perfekt, die Stimmung ebenfalls und das Wetter hat dieses Jahr die ganze Zeit gehalten, wenn man Sommertagen auch nicht reden kann. Aber lieber etwas kühler, als heiß mit nasser Überraschung. Sicherlich wird das Billing des nächsten Jahres wieder absolut flächendeckend sein, in diesem Jahr fehlte einzig eine Black Metal Band.
In eigener Sache ist noch zu erwähnen, dass unser Newsgott und Review-schreiber Oli backstage drei Interviews mit nicht zu verachtenden Bands führen konnte, die wir allesamt bislang noch nicht im Interview-Bereich stehen haben. Bis diese abgetippt sind werden noch einige Tage ins Land ziehen, aber dann setzt es offenen, interessanten Lesestoff!