Konzertbericht: Rivers Of Nihil w/ Black Crown Initiate, Møl, Orbit Culture

24.09.2019 Wien, Arena

RIVERS OF NIHIL sind in den letzten Jahren zu einer überaus beachtlichen Größe im Technical Death Metal herangewachsen. Nicht umsonst durften die Amerikaner bereits mit den Besten der Besten des Genres auf der Bühne stehen – so etwa mit Obscura, Revocation und Beyond Creation. Dass das Quintett sich auf seinem (noch) aktuellen Album „Where Owls Know My Name“ anderen Einflüssen gegenüber öffnete, schlägt sich nunmehr auch im Line-Up ihrer derzeitigen Headliner-Tour nieder. Während BLACK CROWN INITIATE stilistisch in etwa in dieselbe Kerbe schlagen, wurden die übrigen Support-Slots mit den schwedischen Melodic-Death-/Groove-Metallern ORBIT CULTURE und insbesondere den dänischen Blackgaze-Newcomern MØL doch recht überraschend besetzt.

Wie vorab angekündigt beginnen ORBIT CULTURE um 19:30 Uhr mit ihrer Show in der kleinen Halle der Arena Wien. Noch hat es nicht allzu viele Zuschauer vor die Bühne gezogen, woran sich während des halbstündigen Sets auch nicht viel ändert. Die Anwesenden werden für ihr frühes Kommen allerdings mit einem soliden Auftritt belohnt. Mit ihren geradlinigen, gut nach vorn treibenden Tracks heizen ORBIT CULTURE die Halle ordentlich auf, mag der Show des Quartetts auch die eine oder andere Schwäche anhaften. Ob es nun am Sound oder an den Songs selbst liegt, von den Gitarren hört man meist leider nur ein donnerndes Rattern, die bemühten Clean-Vocals von Sänger Niklas Karlsson können mit seinen kräftigen Growls nicht mithalten und in ihren Versuchen, die Leute zum Mitklatschen zu animieren, übertreibt es die Band ein bisschen. Dennoch finden die Melodic-Death-/Groove-Metaller damit so weit Anklang, dass zum Schluss sogar Zugaberufe laut werden.

An eine Zugabe ist an diesem Punkt freilich nicht zu denken, schließlich wollen noch drei weitere Bands an diesem Abend zum Zug kommen. Dem straffen Zeitplan entsprechend legen auch MØL nach ihrem Soundcheck pünktlich los. Dass die dänischen Blackgazer heute die Außenseiterrolle spielen, ist bereits aufgrund des skurrilen Anblicks, den Drummer Ken Klejs mit seinem windschnittigen Radfahreroutfit und seinem mit rosafarbenen Lichterketten verzierten Drumkit abgibt, abzusehen. Die Performance der jungen Band spricht jedoch ganz klar für sich: Mit ihren leuchtend hellen Gitarrenmelodien erheben MØL die unscheinbare Indoor-Bühne in geradezu himmlische Sphären, während das furiose Drumming und insbesondere Kim Song Sternkopfs ausgelassene Screams die Stimmung zum Knistern bringen. Die schier atemberaubende Intensität der Show des Quintetts ist nicht nur dem packenden songmaterial („Jord“), sondern zu großen Teilen Sternkopf zu verdanken, der sich während des gesamten Sets fast schon manisch windet, den Mikroständer triumphal wie ein Banner schwenkt, bitterböse das Publikum fixiert und sich mitunter sogar mitten ins Getümmel wirft. Deafheaven, zieht euch besser warm an!

  1. Penumbra
  2. Atacama
  3. Ligament
  4. Bruma
  5. Jord

Waren bei den ersten beiden Bands allenfalls unterschwellige, progressive Ansätze herauszuhören, so betritt mit BLACK CROWN INITIATE um 21:00 Uhr der erste dezidiert spieltechnisch komplexe Act die Stage. Obgleich die kompliziert arrangierten Tracks den Amerikanern tatsächlich einiges an Fingerfertigkeit abverlangen, was sich vor allem in den ruhigeren Passagen mit ihren verspielten Clean-Gitarren und geschmeidigen Basslines bemerkbar macht, vermittelt die Truppe einen angenehm bodenständigen Eindruck. Die Band hat sichtlich Spaß am Spiel und wenn Sänger James Dorton nicht gerade damit beschäftigt ist, den Leuten in der ersten Reihe mit grimmigem Gesichtsausdruck seine monströsen Growls entgegenzubrüllen, lässt sich der Frontmann zu dem einen oder anderen Scherz hinreißen. BLACK CROWN INITIATE beeindrucken somit nicht nur mit ihrer vertrackten, mitunter rasend schnellen, brachialen und doch durchwegs akkurat gespielten Musik, sondern auch mit ihrem ungezwungenen Auftreten. Einzig der Klargesang von Gitarrist Andy Thomas geht in dem klanglichen Trubel unter und stellt somit einen geringfügigen Makel in der ansonsten vollkommen zufriedenstellenden Show dar.

  1. A Great Mistake
  2. Years In Frigid Light
  3. Stench Of The Iron Age
  4. Ghost She Sends
  5. Matriarch

Es ist kurz vor 22:00 Uhr, als RIVERS OF NIHIL die ersten Töne von „Rain Eater“ anstimmen und schon bald darauf ist die Stimmung im inzwischen recht gut gefüllten Raum vor der Bühne an ihrem Siedepunkt angekommen. Obwohl die letzte Platte der Amerikaner, „Where Owls Know My Name“, bereits mehr als ein Jahr auf dem Buckel hat, lassen es sich die Technical-Death-Metaller nicht nehmen, das Album nach dem Opening-Track in voller Länge darzubieten. Die Band um Sänger Jake Dieffenbach, welcher in seiner asiatisch angehauchten Kluft eine gewisse, dezente Erhabenheit ausstrahlt, zeigt sich somit nicht bloß von ihrer todesmetallischen Seite, sondern präsentiert auch die atmosphärischen und jazzigen Parts des gespielten Albums in ihrem vollen Ausmaß. Für letztere zeichnet vor allem zach Strouse verantwortlich, der das gesamte Set über geduldig und unauffällig im Schatten seitwärts der Bühne auf seinen Einsatz wartet und an den passenden Stellen ins Scheinwerferlicht tritt, um die jeweiligen Songs mit seinen geschmeidigen, nie zu quirligen Saxophoneinlagen zu bereichern.

Diesbezüglich hätten RIVERS OF NIHIL ruhig noch ein wenig mehr Mut zum Experimentieren beweisen und Strouses Talente häufiger in Anspruch nehmen dürfen, anstatt sich penibel an die Struktur der Studioversionen der Songs zu halten. Davon abgesehen lassen sich RIVERS OF NIHIL allenfalls (wie bereits ihre Vorbands) eine etwas zu schwächliche Clean-Vocal-Performance zu Schulden kommen. Ansonsten werden die Fans rundum bestens unterhalten – die Band gibt sich energiegeladen und nahbar, der Sound ist schön ausgeglichen und die Zuseher lassen sich erfolgreich zu Moshpits und einer Wall Of Death mobilisieren. Als Zugabe geben RIVERS OF NIHIL schließlich noch „Sand Baptism“ zum besten, ehe sowohl Band als auch Publikum die kleine Halle schweißgebadet, aber frohen Mutes verlassen.

  1. Rain Eater
  2. Cancer / Moonspeak
  3. The Silent Life
  4. A Home
  5. Old Nothing
  6. Subtle Change (Including The Forest Of Transition And Dissatisfaction Dance)
  7. Terrestria III: Wither
  8. Hollow
  9. Death Is Real
  10. Where Owls Know My Name
  11. Capricorn / Agoratopia
    ___
  12. Sand Baptism

Mit dem Klargesang wollte es beim heutigen Konzert offenbar nicht so recht klappen. Lässt man diesen geringfügigen Wermutstropfen außen vor, kommt man jedoch zu einem überaus erfreulichen Fazit. Nach dem verbesserungswürdigen, aber durchaus akzeptablen Auftakt von ORBIT CULTURE haben MØL mit ihrer überwältigenden, packenden Show unbestreitbar klargestellt, dass sie sich ihren Platz im ansonsten eher dem Tech-Death gewidmeten Tour-Line-Up trotz ihrer stilistischen Andersartigkeit vollkommen verdient haben. BLACK CROWN INITIATE und RIVERS OF NIHIL gaben sich in weiterer Folge in gleichem Maße routiniert wie motiviert und erfüllten schlussendlich sämtliche Erwartungen, die man als Fan an Bands ihres Kalibers und ihres Genres stellen kann.

Publiziert am von Stephan Rajchl

Fotos von: Stephan Rajchl

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