Im April haben die Briten POLAR ihr viertes Album „Nova“ veröffentlicht. Bei solch einem Anlass bietet es sich natürlich an, auf Headliner-Tour durch Europa zu gehen, die die Hard- und Metalcore-Truppe auch in den überschaubaren Club im Münchner Backstage führt. Mit TRIPSITTER haben sie lediglich einen Support-Act im Schlepptau, der die Meute einheizen darf. Gut für diejenigen, die hauptsächlich wegen des Hauptacts Konzerte besuchen, schade für alle, die auf ausgedehnte Packages stehen. Letztendlich sollte sich daran aber niemand stören, denn die musikalische Qualität stimmt bei beiden Bands am heutigen Abend vollkommen.
So betreten die Österreicher TRIPSITTER pünktlich um 20 Uhr die Bühne und präsentieren ihren melodischen und emotionsgeladenen Post-Hardcore in einem wundervollen, einen in den Bann ziehenden Gewand. Der Fokus liegt dabei zu 100 Prozent auf der Musik. Steriles weißes Licht umhüllt die Bühne, die Songs gehen nahtlos ineinander über und bis auf ein flüchtiges „Danke, wir sind TRIPSITTER“ nach Abschluss des letzten Songs bleiben Ansagen der Band komplett außen vor. Sind zu Beginn des Auftritts noch anderweitige Gespräche zu vernehmen, verstummen die Gäste des Backstage Clubs im Laufe des Auftritts und lassen sich in die Musik aufsaugen. Durch die vorherrschende Stille im Publikum können sich die ruhigen Momente auf der Bühne wunderbar entfalten, in denen Gitarrist und Sänger Meinhard auch ohne Mikro gut zu hören ist. Der dichten Atmosphäre wird zum Abschluss die Krone aufgesetzt, indem eine Floortom in die Mitte des Raumes gestellt und dabei nur von einer sich darunter befindenden Kerze beleuchtet wird. Während TRIPSITTERs Schlagzeuger und Sänger sich im Publikum befinden und ihre letzten Töne, umstellt von den Fans, spielen, geht ein bemerkenswerter Auftritt einer jungen, unbekannten Band zu Ende. Nach diesen 30 Minuten sollte jeder der Anwesenden gewillt sein, in das frisch erschienene Debüt „The Other Side Of Sadness“ der Österreicher reinzuhören.
Nachdem das Publikum zwar nicht eingeheizt, sondern atmosphärisch verwöhnt wurde, dürfen die Jungs von POLAR mit ihrem energiegeladenen Metalcore diese Aufgabe selbst übernehmen. Kein Problem, denken sich die Londoner und stürmen mit der ersten Single des neuen Albums, „Breathe“, auf die Bühne. Zwar zeigt sich das Publikum anfangs noch etwas statisch, lockert sich im Laufe des Openers jedoch schnell auf und die ersten Fans fangen an zu pogen. Trotz großem Zuspruch des anwesenden Publikums ist es schade, dass sogar der relativ kleine Club bei weitem nicht ausverkauft ist. Dennoch tritt das Quintett hochmotiviert auf die Bretter und zeigt jedem, dass sie musikalisch zu Höherem bestimmt sind. Die Gitarren kommen fett aus den Boxen, die Drums sind präzise und Sänger Adam Woodford schreit sich die Seele aus dem Leib, sodass man sich Sorgen machen muss, dass der Merchstand aus der Halle geweht wird. Diese Power überträgt sich problemlos auf die ersten Reihen des Clubs und so passt es ins Bild, dass während des ersten Circle Pits ein Fan am Mikrofonkabel hängen bleibt und dies aus der Box reißt. Dominiert wird POLARs Set vom aktuellen Album „Nova“, von dem ganze sieben Songs den Weg auf die Bühne gefunden haben. So ist es zwar erst einen Monat jung, doch singt das Publikum schon textsicher die Refrains mit. Mit „Tidal Waves And Hurricanes“ und „Black Days“ finden sich jedoch auch Hits früherer Alben wieder, die vom Publikum fast sogar den größten Zuspruch erhalten. Die Spielfreude, die POLAR an diesem Abend an den Tag legen ist von der ersten Minute an beeindruckend und so ist es umso enttäuschender, dass die fünf Mannen nach gerade einmal 55 Minuten ohne Zugabe die Bühne verlassen. Das immer aktiver gewordene Publikum wartet vergeblich auf die Rückkehr der Band, muss letztendlich aber enttäuscht zusehen, wie die Mikrofone und Gitarren ausgestöpselt werden. So wird ein bockstarker Auftritt leider viel zu früh beendet. Denn Zeit für Gassenhauer wie „Glass Cutter“, den ein oder anderen neuen Song mehr oder den größten POLAR-Hit „Until The Light“ wäre definitiv mehr als genug übrig gewesen.
- Breathe
- Deus Ex Machina
- Mountain Throne
- Tidal Waves And Hurricanes
- Adore
- Devil
- Cradle
- Blood For Blood
- Dusk
- Midnight
- Black Days
- Drive
So muss man einerseits ein überragendes, andererseits aber auch ein trauriges Fazit ziehen. Musikalisch agieren beide Bands auf Topniveau. Gerade die jungen TRIPSITTER überraschen auf ganzer Linie und dürften den ein oder anderen Fan neu hinzugewonnen haben. Die etwas erfahreneren POLAR stehen dem Ganzen in Nichts nach und liefern einen Auftritt ab, der das beste Konzert des bisherigen Jahres hätte werden können. Weshalb aber nach nicht einmal einer Stunde Spielzeit um gerade einmal 21:50 Uhr die Bühne geräumt wird, wird wohl ein Geheimnis der Band bleiben. Zwar schmälert das die Qualität des Auftritts nicht, sorgt aber leider für Unverständnis bei allen Anwesenden. So muss man am Ende sagen: Bitte wieder so, aber länger!