Konzertbericht: Pizzera & Jaus

16.06.2024 München, Showpalast

Im Windschatten von Seiler und Speer haben sich Paul Pizzera und Otto Jaus alias PIZZERA & JAUS zu einem der erfolgreichsten Austro-Exporte der letzten Jahre aufgeschwungen. Im Rahmen ihrer „Comedian Rhapsody“-Tour verschlägt es das Duo 2024 erneut nach München – dieses Mal in den Showpalast, einer neuen Konzert-Location im Norden der Stadt. Trotz gesundheitlicher Probleme liefern die beide Ausnahmekünstler erneut mit ihrer durch und durch handgemachten Musik ab.

Der ansonsten wechselhafte Wettergott ist gnädig an diesem Sonntagabend im Juni. (Fast) das gesamte Konzertgelände mitsamt den Verpflegungsständen liegt unter freiem Himmel, so dass sich etwaiger Regen bemerkbar gemacht hätte. Stattdessen gibt es für die Besucher die letzten Sonnenstrahlen, als PIZZERA & JAUS pünktlich um 20 Uhr ohne Support die Bühne zu „The Boys Are Back“ von den Dropkick Murphys betreten. Nachdem Paul Pizzera die ersten Takte von Eminems „Lose Yourself“ auf seiner Gitarre anstimmt und zusammen mit seinem kongenialen Partner dann überraschend zum eher gediegenen Opener „Liebe zum Mitnehmen“ überleitet, wird von Anfang an deutlich, dass musikalisch an diesem Tag viel Unerwartetes passieren kann – von Austro-Pop über Stromgitarren bis hin zum bunten Mix an Cover-Versionen. Wer es musikalisch gerne härter mag, kommt mit „Shotgun“ direkt zu Beginn auf seine Kosten. Ebenfalls recht früh stellen PIZZERA & JAUS mit „Das wird super“ ihren vierstimmigen A-cappella-Begleitchor vor, der die beiden im Laufe der Show mehrfach unterstützt. „Absätze > Hauptsätze“ erhält dadurch einen völlig neuen Anstrich; wieder zu zweit bringen die beiden Österreicher mit „Hooligans“, einem ihrer größten Hits, erstmals richtig viel Bewegung in die Menge vor der Bühne. Ein paar AC/DC-Riffs veredeln die Live-Version, ehe beim Los-Lobos-Cover „Canción del mariachi (Morena de mi corazón)“ die Akustikgitarren in den Vordergrund rücken und PIZZERA & JAUS sich besonders den weiblichen Konzertgästen widmen.

Vor dem großen Medley mit über sechs Minuten, das sich von Avicii über Miley Cyrus und Eiffel 65 bis zu Europe erstreckt, richtet sich Paul Pizzera mit einigen Worten an die Menge, die er konsequent siezt. Man wolle nicht die Asche der teils bereits verstorbenen Weggefährten betrauern, sondern ihr Feuer weitertragen. Das gelingt „Paule“ zusammen mit „Ottl“, wie sich die beiden liebevoll nennen, wenngleich ihre gesundheitlichen Probleme stimmlich immer wieder durchscheinen. Doch gemeinsam kämpfen sich die beiden durch ihr Set und veredeln besonders das akustisch vorgetragene „Jedermann“ am Ende auf eine besondere Weise. In der zweiten Hälfte wird es mit Songs wie „Kaleidoskop“ oder „Wer, wenn net du“ oft melancholisch, wobei „Dialekt’s mi“, „Tuansackl“ und speziell „Das Händmännchen“ die Stimmung auflockern. Ganz zum Schluss erstrahlt die Bühne zu „Eine ins Leben“ in den buntesten Farben und PIZZERA & JAUS nutzen diesen Moment, um lautstark für mehr Toleranz gegenüber Menschen jeglicher sexueller Orientierung zu werben. Genau wie ihre Musik wirkt die Message ehrlich und nicht wie vorgeschobenes Marketing.

Der Showpalast in München ist mit einigen tausend Menschen gut gefüllt und PIZZERA & JAUS schicken die Menge nach zwei Zugaben sichtlich zufrieden nach Hause. Die anfangs angekündigten zwei Stunden erfüllt das Duo mit rund 90 Minuten Spielzeit allerdings nicht, einige Songs aus der Vorjahres-Setlist wie „Der seidene Faden“ mögen auch den gesundheitlichen Umständen zum Opfer gefallen sein. Mit ihrer Energie, ihrer Leidenschaft und vor allem ihrem musikalischen Talent können Paule und Ottl das aber größtenteils problemlos kompensieren. Für 60 Euro je Karte hätte es aber abseits der Musik etwas mehr Entertainment sein können – dass die beiden das besonders zusammen beherrschen und in der Lage sind, wunderbar zu improvisieren, haben sie mehrfach bewiesen. Witzigerweise auch an diesem Abend.

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