Was für Phil Campbell einst als Spaßprojekt begann, wurde nach dem Tod von Motörhead-Fronter Lemmy Kilmister zum neuen Hauptberuf des ehemaligen Motörhead-Gitarristen. Gemeinsam mit seinen Söhnen Todd, Tyla and Dane sowie dem Sänger Joel Peters zieht Phil Campbell seitdem durch die Clubs der Welt und spielt, wie sollte es auch anders sein, Rock ’n‘ Roll.
Mit ihrem neuen Album „Kings Of The Asylum“ im Gepäck kommen PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS auch ins Münchner Backstage – allerdings nicht wie zunächst geplant, ins Backstage Werk mit seinen 1.500 Plätzen, sondern in die bloß ein Drittel so große Backstage Halle. Selbst diese füllt sich nur schleppend – an einem Freitagabend kein gutes Zeichen.
Als Vorband haben PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS die fünfköpfige Rockband FURY mitgebracht. Im Laufe des Abends erweist sich das als Glücksgriff und Fehler zugleich. Denn die 2010 in Worcester, England, gegründete Truppe um Gitarrist und Sänger Julian Jenkins macht ordentlich Wirbel: Geboten wird souverän vorgetragener Hard Rock mit insgesamt drei Sänger:innen – darunter Bassistin Becky Baldwin, die 2022 zum Touring-Lineup von Mercyful Fate gehörte. Während die Songs selbst guter Genre-Standard sind, ist die Spielfreude der Truppe herausragend: Zwischen die spaßigen Ansagen mischt Jenkins ein starkes Statement gegen Sexismus im Metal – ansonsten geben FURY einfach Gas und rocken munter drauflos. Dass Lead-Gitarrist Tom Atkinson erst in diesem Jahr dazugestoßen ist, merkt man nicht ansatzweise: FURY wirken maximal eingegroovt und reißen das Publikum so für einen Support-Act erstaunlich schnell mit. Womit man beim „Fehler“ wäre, diese Truppe als Vorband zu buchen: Auf diese schweißtreibende Power-Show einen draufzusetzen ist keine leichte Aufgabe.
Das dürften auch PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS merken: Mag die Backstage Halle mittlerweile auch ansehnlich gefüllt und der Antrittsapplaus – vor allem natürlich für Phil Campbell – laut sein: Stimmung kommt zunächst nicht so richtig auf. Das liegt zum einen daran, dass die Eigenkompositionen auch dieser Truppe, dem Star-Gitarristen zum Trotz, über guten Rock-Standard nicht hinausreichen – zum anderen an der eher mäßig motivierten Darbietung der Nummern: Während Zakk-Wylde-Verschnitt Joel Peters mit seiner Sonnenbrille etwas arg auf „cool“ macht, bleibt der Rest der Band blass. Das gilt leider auch für den Meister selbst, der allenfalls mit kaum merklichem Kopfnicken auf das Publikum eingeht – zumindest bei den Soli aber mit geschlossenen Augen sichtlich in der Musik aufgeht.
Wofür ein Großteil der Fans heute gekommen ist, lässt schon der Altersdurchschnitt erahnen: Die Fans vor der Bühne sind im Großen und Ganzen eher „Generation Phil“ als „Generation Bastard Sons“. Offensichtlich wird es dann, sobald mit „Going To Brazil“ der erste von insgesamt fünf Motörhead-Songs erklingt. Spätestens beim zweiten, „Born To Raise Hell“, wird lautstark mitgesungen. „Ace Of Spades“ grölt dann wirklich jeder aus voller Kehle – wohl aber auch mit einem Klos im Hals. Denn obwohl Joel Peters seinen Job als Ersatz-Lemmy bei diesen Songs durchaus anständig macht und die Songs mit zwei Gitarren natürlich nochmal fetter klingen als im Original: Einen Lemmy Kilmister kann man einfach nicht ersetzen. Motörhead waren Motörhead, alles andere bleibt bei aller Liebesmüh ein blasser Abklatsch.
Insofern ist es dann irgendwie auch wieder positiv zu sehen, dass sich PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS heute nicht (wie bei anderen Shows der Tour) komplett auf Phil Campbells früheres Schaffen fokussieren: Ein paar eigene Songs müssen schon sein – und sei es nur, um als „echte“ Band und nicht bloß als reine Coverband wahrgenommen zu werden. Sehr positiv sticht dabei der düster schleppende „Dark Days“ heraus: Hier zeigen die BASTARD SONS endlich mal, dass sie durchaus auch Songs mit Charakter schreiben können, die über 08/15-Rock hinausgehen. Schade, dass der Truppe das alles in allem zu selten gelingt.
- We’re The Bastards
- Schizophrenia
- Going To Brazil (Motörhead-Cover)
- Freak Show
- Born To Raise Hell (Motörhead-Cover)
- High Rule
- Hammer And Dance
- Dark Days
- Ace Of Spades (Motörhead-Cover)
- Strike The Match
- Heroes (David-Bowie-Cover)
- Rock Out (Motörhead cover)
- Ringleader
- Killed By Death (Motörhead-Cover)
- Maniac
Bei aller Freude über die Motörhead-Nummern in der intimen Atmosphäre der Backstage Halle: So ganz geht das Konzept nicht auf. Zwar beherrschen PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS diese ebenso perfekt wie alle für eine Rock-Show relevanten Entertainment-Standards. Am Ende wirkt trotzdem vieles zu gewollt – wie der zu lang ausgereizte Wechselgesang mit dem Publikum bei „Born To Raise Hell“.
So bleibt, als Phil und Filii nach 75 Minuten die Bühne verlassen, trotz des soliden Auftritts ein fader Beigeschmack: Wäre da nicht der Promi-Bonus, wären da nicht die Motörhead-Stücke als Stimmungsgaranten, hätten FURY den Headliner locker an die Wand gespielt. Das einzig Geniale an PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS ist und bleibt leider der Bandname.