Kanonendonner schallt über den Flugplatz Schlotheim-Obermehler: Wie alle Jahre markiert der Salutschuss aus Bühnen-Kanone Esmiralda den Auftakt zu drei Tagen Schwermetall-Terror in der nordthüringischen Provinz. 10.000 Fans der extremen Gangarten sind gekommen, um Szenegrößen genauso zu feiern wie Newcomer und Underground-Veteranen. Geboten ist alles von Death Metal und Grindcore über Black Metal bis hin zu Doom Metal. „No bullshit!“, so lautet die Devise. Wer hierher kommt, möchte Metal – und nichts als das: keinen Mittelaltermarkt, keine Schaukämpfe, kein Riesenrad und keinen Bubble Tea in 50 Farben. So ist das PARTY.SAN METAL OPEN AIR für wahre Metal-Extremisten auch im 24. Jahr seines Bestehens die Veranstaltung der Wahl unter den größeren deutschen Outdoor-Festivals. Im Gedächtnis bleiben wird die diesjährige Ausgabe vielen Besuchern – neben zahlreichen großartigen Auftritten – wegen des Orkans, der am ersten Festivaltag kurz aber heftig über das Gelände fegte. [Nico]
Tag 1
Als am frühen Donnerstagnachmittag OUR SURVIVAL DEPENDS ON US und GRUESOME mit experimentellem Psychedelic-Metal und und oldschooligem Florida-Death die ersten Musikverrückten vor die Hauptbühne locken, fegen bereits Vorboten des Sturms über das Gelände. Zelte und Pavillons aufzubauen, wird so zu einem Kampf gegen widerspenstige Planen und Schnüre. Doch noch ist der Himmel blau und die Sonne verwandelt die Landschaft in einen Glutofen. Sich über frischen Wind zu beschweren, kommt deshalb niemandem in den Sinn.
Um 16.30 Uhr bietet sich Liebhabern schwedischen Qualitäts-Metalls irgendwo zwischen Death und Black Metal eine seltene Gelegenheit: Die wiedervereinigten und etwas in Vergessenheit geratenen UNANIMATED stehen auf der Hauptbühne. Dementsprechend gut gefüllt ist der Platz beim erst dritten Act des Tages. Bereits jetzt fällt der tolle, druckvolle und zugleich differenzierte Sound auf, der das Musikerlebnis auf dem PARTY.SAN enorm aufwertet. Auf Festivals ist das keine Selbstverständlichkeit. So hindert die Fans nichts daran, die edlen melodischen Tremolo-Läufe der Skandinavier voll auszukosten. Besonderen Anklang finden erwartungsgemäß alte Klassiker wie „Life Demise“ und „Die Alone“ vom 1995er-Überalbum „Ancient God Of Evil“. Neue Nummern wie der schnelle Banger „Adversial Fire“ von der pünktlich zum Festival erschienen EP „Annihilation“ fügen sich gut ein, wenn sie auch nicht ganz mithalten können. Trotzdem bleibt der Auftritt als eher blass in Erinnerung. Woran das liegen mag, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist es das helle Tageslicht, das die Musik an Wirksamkeit einbüßen lässt. Vielleicht muss sich der Fünfer nach langer Auszeit aber auch erst wieder aufeinander eingrooven. [Nico]
Sportler-Attitüde und Metal passen nicht zusammen? Nicht ganz richtig! Die Jungs von GRIM VAN DOOM sind hoch motiviert: Gekleidet in Caps, Turnschuhe und Nike-Shirt mit „Doom“-Aufdruck zelebrieren sie eine erbarmungslos laute Show, deren musikalische Eckpfeiler Sludge, Doom und Hardcore sind. Die Mischung hat es in sich. Die Menge kommt in Bewegung und vor der Bühne bildet sich recht schnell ein formidabler Mosh-Pit. Nicht oft ist beim diesjährigen PARTY.SAN so viel Bewegung während einer Show zu sehen, dass Staub aufgewirbelt und die Luft im Zelt immer stickiger wird. Doch Sänger Lansky geht auch im glühenden roten Bühnenlicht nicht die Puste aus und er bläst dem Publikum seinen kraftvollen Kreischgesang ventilatorenartig ins Gesicht. Die Songs, von denen viele vom 2017er-Album „Grim Love“ stammen, bringen sogar manche Hüfte zum Kreisen. So machen die Wuppertaler ihrem Sportlehrer-Look alle Ehre. [Johanna]
Bestens aufeinander eingespielt präsentieren sich die griechischen Todesmetaller von DEAD CONGREGATION. Dass sie zu den wichtigsten und besten Kapellen ihres Genres gehören, stellen sie mit ihrer Show eindrucksvoll unter Beweis. Braun gebrannt und ähnlich charismatisch wie einst Chuck Schuldiner zocken sich die Musiker durch ihr Set. Was bei oberflächlichem Hören nach stumpfem Höhlenmenschen-Death klingt, offenbart bei genauerem Hinhören besonders in den Gitarren durchaus filigrane Strukturen. Dass tiefschwarze Gewitterwolken den Himmel mehr und mehr verdunkeln, ist der Atmosphäre zunächst sehr zuträglich. Doch auch der Wind weht nun immer heftiger. Und plötzlich ist er da: der Orkan mit Böen bis zu 97 Stundenkilometern. Für DEAD CONGREGATION ist der Auftritt damit vorzeitig vorbei.
Dicke Staubwolken, das am Boden verteilte Stroh und kleine Steinchen wirbeln durch die Luft, sodass es kaum noch möglich ist, die Augen offen zu halten. Wer es wagt, den Mund zu öffnen, isst Dreck. Merch-Zelte geben den Windstößen teils in Sekundenschnelle nach, fallen in sich zusammen. „Liebe Besucher, bitte verlasst das Gelände über die Notausgänge“, ertönt es aus den Lautsprechern. Für etwa anderthalb Stunden ist das Party.San nun beendet. Der Zeltplatz gibt ein apokalyptisches Bild ab: Zelte fliegen davon und kommen erst viele Meter von ihrem ursprünglichen Standort entfernt wieder zum Liegen. Von den meisten Pavillons lässt der Sturm nur Skelette aus Stangen übrig, die nun als Ruinen verstreut auf dem Gelände liegen. Wie es mit dem Musikprogramm weitergeht, ist ungewiss. Vor dem Einlass zu den Bühnen sammelt sich, nachdem Zelte wiederaufgebaut und zerstörter Campingbedarf entsorgt oder im Auto verstaut ist, eine Menschentraube. Endlich feuert Flakgeschütz Esmiralda gen Himmel und die Besucher dürfen wieder auf das Gelände strömen. [Nico]
Dort geht es mit ANAAL NATHRAKH auf der Hauptbühne regulär weiter. Keine Band muss ausfallen. Zur forgeschrittenen Nachmittagsstunde brillieren die Briten mit ihrer derben Mischung aus Grindcore und Industrial Metal. Anders als beim Gros der Genre-Vertreter hat die Namensgebung hier ausnahmsweise nichts mit Analpenetration zu tun, sondern stammt aus dem Film „Excalibur“ und heißt soviel wie „Schlangenatem“. Eine adäquate Beschreibung für das auf der Bühne Gebotene: Mit brachialer Härte geht die Band in die Vollen und holzt darauf los. Sinfonische und elektronische Elemente lösen in den Zuhörern einen – wohlgemerkt positiven – Gehirnfasching aus. Daves donnernder, zuweilen auch epischer Gesang führt sie weiter in eine regelrechte Trance. Die Erleichterung darüber, dass das Festival weiter stattfinden kann, entlädt sich in heftigen Moshpits und Jubelschreien. Der Bass drückt in der Brust. Viele Fäuste sind in der Luft geballt, während die Setlist das 20-jährige Bandbestehen zelebriert. Dave, der auch der Nachbar von nebenan sein könnte, strahlt in seinem „Pig-Fucker“-Shirt über beide Ohren und huldigt seinem Publikum mit vielen Aussprüchen des Dankes. Der beruht auf Gegenseitigkeit.
Die EVIL WARRIORS verwandeln anschließend das PARTY.SAN-Zelt in einen Tempel, durchflutet von grellem Licht, das die fiesen Mienen der Krieger besonders hervorhebt. Schwermütig und melancholisch, wie im Krieg selbst, werden die Zuschauer in die Schlacht, die die Musiker mit sich selbst austragen, einbezogen. Die Schwere und Härte des aktuellen Albums „Fall from Reality“ kommt an. Aber zurück bleibt auch etwas Licht. Nicht nur durch die Beleuchtung allein. Mutig, laut und ungehemmt geht der Auftritt CRESCENTs vonstatten. Die von weit her Angereisten – es handelt sich um Ägypter – brauchen sich nun wirklich vor niemandem zu verstecken. Gutturaler Gesang trifft auf progressive Gitarrendynamik, die den Blackened Death Metal der Gruppe zu einem richtigen Erlebnis macht. [Johanna]
Extremer Metal in seiner ranzigsten Form steht mit REVENGE auf dem Programm – ob das nun eine positive Sache ist, muss letztendlich jeder selbst wissen. Die Musik jedenfalls faucht wie eine mutierte Küchenschabe aus den Boxen. Variation ist die Sache der Kanadier bekanntlich nicht. Die Show beginnt mit den Klängen einer Luftschutzsirene. Danach verschmelzen die einzelnen Songs zu einem einzigen Wutklumpen, der seine erdrückende Wirkung aus seiner Monotonie und der Einfachheit seiner Mittel zieht. Dieses Konzept treibt die Gruppe so weit, dass ein Solo fast ausschließlich aus dem Hoch- und wieder Heruntersliden auf dem Gitarren-Griffbrett bestehen darf. Eine ganz eigene morbide Atmosphäre verströmt der akustische Strudel allemal, wozu auch der nach wie vor frische Wind und die bei Dunkelheit erstmals voll zur Geltung kommende Lichtshow beitragen.
Auf der Hauptbühne steht nun der Act auf dem Programm, den viele Party.San-Besucher mit Spannung erwarten: EMPEROR. Die norwegische Black-Metal-Legende darf trotz sturmbedingter Zeitverschiebung zu ihrer regulären Headliner-Spielzeit die Bretter entern – eigentlich stünden zunächst Master’s Hammer auf der Running Order. Los geht es mit „Alsvartr (The Oath)“, dem Intro des Klassikers „Anthems To The Welkin At Dusk“ – und das nicht ohne Grund: Die Band ist unterwegs, um das 20. Jubiläum ihres Meisterwerks zu feiern, das heute in voller Länge zu hören ist. Da werden feuchte Schwarzmetaller-Träume wahr. Mit „Ye Entrancemeprium“ betreten Ihsahn, Samoth und Trym die passend zum Artwork des Albums in grün getauchte Bühne. Unterstützung bekommen sie am Keyboard von Jørgen Munkeby, bekannt auch als Mastermind der Black-Jazzer von Shining, und am Bass von Secthdamon. Letzteren ins Line-Up aufzunehmen, war eine gute Entscheidung. Auf der Bühne nämlich stellt er mit seinen Headbang-Einlagen den Aktivposten dar, während der Rest der Band – zumindest optisch – eher statisch agiert. Ein Umstand, der dafür verantwortlich sein könnte, dass zunächst nicht die erwarteten Begeisterungsstürme aufkommen. Der etwas matschige Sound – die komplexen, vielschichtigen Kompositionen EMPERORS sind dafür leider prädestiniert – tut sein Übriges. Dennoch: Wer genau hinsieht, dem fallen im Laufe des Konzerts immer mehr Menschen mit geschlossenen Augen auf. Mancher von ihnen streckt die Arme in Richtung Bühne, um, so scheint es, die Klänge in einem meditativen Akt an sich zu ziehen. „PARTY.SAN! It’s your chance to sing with us!“, kündigt Ihsahn an. Es folgt der Übersong „With Strength I Burn“. Endlich erreicht die Stimmung einen vorläufigen Höhepunkt und in der Menge kommt Bewegung auf. Schließlich nehmen die Scheinwerfer Blautöne an und der „In-The-Nightside-Eclipse“-Hit „I Am The Black Wizards“ ertönt. Endlich brechen alle Dämme und beim abschließenden „Inno A Satan“ kommt doch tatsächlich zumindest einen Song lang so etwas wie Ekstase auf. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen soliden Auftritt und die Gewissheit, eine verdammt einflussreiche Band endlich einmal live gesehen zu haben. Die Freude darüber kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass da noch mehr drin gewesen wäre. [Nico]
Wenn František Štorm, Frontmann der tschechischen Black-Metal-Institution MASTER‘S HAMMER, die Bühne betritt, sich unter seinem großen schwarzen Hut bizarr fortbewegt und in der Rolle eines Pestdoktors aufzugehen scheint, ist das schon eigenwillig. Doch seine markante raue Stimme verwebt sich mit der schwermetallischen Instrumentalarbeit zu einem mystischen Ritual. Wie besessen scheint František mit einem unbekannten Medium zu kommunizieren, immer wieder entfleucht ein lautstarkes, bösartiges Lachen seiner Kehle. Unheimlich – aber auch verdammt charismatisch. Zwar ist MASTER’S HAMMER im Black Metal durchaus ein Urgestein (Erstgründung 1983), doch versucht sich die Gruppe gerne an wilden musikalischen Kombinationen. Auf sprachlicher Ebene wechseln sich Tschechisch, Latein und Englisch ab, musikalisch prägt ein Pauken-Spieler den Bandsound, in den oft auch elektronische Elemente einfließen. So entsteht der Eindruck, eher einer Black-Metal-Oper beizuwohnen, als ein Festival zu besuchen. Ein künstlerisch wertvolles Gesamtpaket, das sich lohnt, gesehen zu haben. Neben vielen Klassikern vom Meilenstein „Ritual“ (1989) löst auch das aktuelle Material des Albums „Fascinator“ (2018) mit viel Facettenreichtum, wer hätte das gedacht, eine Menge an Faszination aus. [Johanna]
Tag 2
Wie bringt man am frühen Morgen trunkene, noch leicht phlegmatische Metalheads in Fahrt? Genau, mit einem Grindcore-Frühstück à la GUINEAPIG! Die italienische Goregrind-Band weiß, was es braucht, um wieder vollkommen wach und da zu sein: Krach lautet die Devise! Tanzend und laut gröhlend bewegt sich die Masse in einer munteren Polonaise durch eine bunte Welt aus aufblasbaren Figuren, Klobürsten und anderen Sanitär-Utensilien. [Johanna]
Die international besetzten THE COMMITTEE mit Hauptquartier in Belgien bringen im Anschluss melodischen Black Metal auf die Bühne, der Gruppen wie Dissection, Mgła oder Uada seine Verwandte nennen darf. Mit schwarzen Hauben im Gesicht, wie sie derzeit viele Genrekapellen tragen, militaristisch anmutenden Outfits und einer Art Holzaltar bieten die Jungs eine Show, die sich gewaschen hat. Dass die Musiker sich auf der Bühne nur wenig bewegen, fällt da kaum ins Gewicht. Musikalisch treffen melodische Tremolo-Riffs zu Blastbeat-Sperrfeuer auf doomige Schwere. Hinter ihren großen Vorbildern muss sich die Band, die zu noch recht früher Stunde eine beachtliche Menschenmenge vor die Bühne lockt, damit keineswegs verstecken. Zudem hebt sich das Gebotene inhaltlich wohltuend ab vom Szeneallerlei: Im Mittelpunkt steht die Unterdrückung von Menschen durch totalitäre Systeme. Obgleich die Gruppe sich selbst als unpolitisch bezeichnet, scheint sie doch einen tendenziell linksorientierten Blick auf die Dinge zu werfen. So flechten die Gitarristen in „Katherine’s Chant“, dem Quasi-Hit des Debütalbums „Power Through Unity“, ein bekanntes Volkslied aus der Sowjetunion ein. Stark! Das scheinen viele Besucher des PARTY.SAN so zu sehen. Nach dem Gig tragen innerhalb von Minuten viele, viele Leute ein THE-COMMITTE-Shirt. [Nico]
BENIGHTED serviert eine Schlachtplatte bestehend aus Brutal Death Metal und Grindcore. Auch live stechen die perversen Pig Squeals hervor. Eine starke Show, die zu Propeller-Headbanging und atemlosen Circle Pits einlädt, in denen man sich gleich selbst wie kurz vor der Schlachtung fühlt.
Eine recht junge Bandformation bekommt das Publikum nun zu Gesicht. PILLORIAN um Ex-Agalloch-Fronter John Haughm gibt es erst seit 2016. Auch die neue Gruppe bewegt sich in den Klanggefilden des romantisch-rauen Cascadian Black Metals, ist jedoch letztlich eigenständig. Den Musikern sind eben nicht „die Hände gebunden“, wie es das große Band-Emblem auf dem Backdrop nahelegt. Black Metal ist etwas Befreiendes. Etwas, das auf eigentümliche Art zur Meditation einlädt und es einem ermöglicht, im andächtigen Lauschen ganz bei sich selbst anzukommen. Auch die atmosphärischen Düsterklänge PILLORIANs in Verbund mit John Haughms kehligen Schreien sind dafür prädestiniert. Die Bandmitglieder sind durch das Touren hör- und spürbar zusammengewachsen und präsentieren sich als stärkere Einheit als noch bei vergangenen Auftritten. Definitiv ein Black-Metal-Highlight des PARTY.SANs. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Anlage kurzzeitig ausfällt und die Gruppe eine ganze Zeit lang nur mit dem Klang der Verstärker und Monitore auskommen muss. Mit viel Kraft und Passion für das Schwermetall verzaubern PILLORIAN mit starken Gitarrenriffs und raffinierten Basslines. Eine runde Sache – und somit eine wirksame Meditations-Einheit. [Johanna]
Nach den japanischen Todesmetal-Exoten von COFFINS darf eine Band vor die Metaller-Meute treten, die – für Party.San-Verhältnisse – ebenfalls einen gewissen Exotenstatus besitzt: Gemeint sind die Schweden von RAM. Musikalisch bieten die Nordlichter zwischen all dem Gegrunze und Gekreische, das sonst die Running Order bestimmt, eine willkommene melodische Abwechslung. Wobei sich „melodisch“ dabei keineswegs mit „eierlos“ gleichsetzen lässt. Der Fünfer zockt seinen klassischen Heavy Metal mit enormer Inbrust und spielt dabei locker die meisten Schwermetall-Combos des Festivals an die Wand. Da schnellen die Fäuste wie von selbst in die Höhe und die Haare fliegen im Takt. Gitarrist Martin Jonsson und Bassist Tobias Petterson stehen dem Publikum in Sachen Propeller-Banging in nichts nach, während Frontsau Oscar Carlquist – stilecht mit Nietenarmband und Kette an der Lederhose – unmissverständlich klar macht: „We are the commanders, you are the legions! And this is heavy-metal-tyranny!“ Freilich bedienen sich Nummern wie das galoppierende „Gulag“ oder der Speed-Metal-Banger „On Wings Of No Return“ recht eindeutig am Galopp-Bass von Iron Maiden oder den heftigen Gitarrensalven der Judas Priest der Painkiller-Ära. Doch funktioniert diese schweißtreibende Mischung live sogar noch eine Ecke besser als auf Platte. Weil die Gruppe es dabei nie versäumt, ihren Ideen trotzdem einen eigenen Stempel aufzudrücken. Und weil dieser Spielfreude einfach niemand widerstehen kann.
Im Zelt starten derweil die Nürnberger von GOATH ihren Gig. Die beachtliche Menge an Zuschauern zeigt auf, welch beachtliches Standing sich die War-Black-Metaller in den vier Jahren ihres Bestehens im Underground erspielt haben. Nicht zu unrecht: Die akustischen Hassklumpfen des Trios eitern herrlich räudig aus den Boxen. Dennoch: Von der Dunkelheit und Enge eines Clubs dürften die Jungs eher profitieren als von einer Festivalbühne am bei Tageslicht.
Die eingängigere Aggressionsabfuhr haben auf der Hauptbühne THE BLACK DAHLIA MURDER zu bieten. Mit ihrem Gemisch aus melodischem Todesblei und furiosem Metalcore sind sie die modernste Band auf dem diesjährigen Party.San. Der Fokus der Setlist liegt auf dem Material der neuesten Scheibe „Nightbringers“. Die Leistung der Musiker beeindruckt: Jedes noch so rasend schnelle Gitarren-Tapping, jeder anspruchsvolle Drum-Fill erklingen in selten gehörter Präzision. Diese Jungs haben mehr drauf, als bloß die Panzerfaust einzusetzen. Die richtig fiese Behandlung gibt’s mit dem Skalpell. Zunächst sind nur die ersten Reihen der Band hörig, weiter hinten ist eher skeptisches Beobachten angesagt. Doch Song für Song tauen immer mehr Zuhörer auf, was die Gruppe am Schluss sogar ihren eingeforderten – und auch wohlverdienten – „Badass Circle Pit“ bekommt. [Nico]
Die aus dem thüringischen Eisenberg stammende Band DESERTED FEAR schindet bei ihrem Quasi-Heimspiel auf dem PARTY.SAN definitiv Eindruck. Das ist schon der opulenten Pyroshow zu verdanken, die jedoch zunächst nicht so zünden will, wie sie soll, und dann total außer Kontrolle gerät: Die Flammenwerfer zünden in Momenten, die so nicht vereinbart waren. So fängt das lange, wallende Haar des Gitarristen fast Feuer. Von den technischen Missgeschicken lassen sich die Jungs allerdings nicht hörbar aus dem Konzept bringen. Ihr Todesblei erzeugt eine großartige Stimmung im Publikum. Dieses dankt es der Gruppe, die immer wieder betont, wie geehrt sie sich fühlt, zu solcher Spielzeit vor solch enthusiastischem Publikum auftreten zu dürfen, mit fliegenden Haaren. Auch wenn sich die thüringische Herkunft in den Ansagen phonetisch deutlich bemerkbar macht, machen die tiefen Growls diese vollständig unkenntlich. Der Drummer bearbeitet die Bass des Schlagzeugs fast zu Tode. Glücklich und nicht ohne reichlich Sympathiepunkte gesammelt zu haben, lassen DESERTED FEAR ihre Hörer zurück. Die haben angesichts von so viel Leidenschaft beinahe Schaum vorm Mund. [Johanna]
Im Anschluss liefern die Thrash-Legenden von EXHORDER einen der besten Gigs des gesamten Festivals ab. Mit unbezähmbarer Spielfreude und Tonnen an Groove reißen die alten Hasen aus New Orleans alles ab, was nicht niet- und nagelfest ist. Auch in der Live-Präsentation haben die Klassiker der beiden bis heute einzigen Alben der Gruppe – „Slaughter in the Vatican“ und „The Law“ – nicht an Macht eingebüßt. Wäre die Welt gerecht, EXHORDER würden in der Thrash-Riege heute ganz vorne mitspielen. Nummern wie „Legions Of Death“ vom „Get-Rude“-Demo oder „Unforgiven“ keift Shouter Kyle Thomas noch so hasserfüllt wie in alten Zeiten und Vinnie LaBellas Riffs kommen messerscharf. Auch die erst 2017 zur Band hinzugestoßene Rhytmusgruppe macht einen mehr als soliden Job. Richtig stark!Von alten Helden zu vergleichsweise jungen Hüpfern: Im Zelt treten die Saarländer von THE SPIRIT mit der Mission an, die Wiederveröffentlichung ihres Debütalbums bei Nuclear Blast zu feiern. Wenn diese Scheibe nicht in rauen Mengen über die Merchandise-Theke gewandert ist, dann geht auf dem Party.San etwas nicht mit rechten Dingen zu. Zwar erinnern die Songs der Gruppe überdeutlich an Dissection, tun das aber auf einem enorm hohen Niveau. Passend zu den melodisch-mystischen Black-Metal-Gitarren geben die Jungs sich geheimnisvoll und wenden ihren Zuhörern während des Intros den Rücken zu. Die Lichtshow setzt auf dunkle Farben und bietet so den idealen Rahmen, in dem sich das Charisma der Musiker entfalten kann. Immer wieder mogeln sich doomige Passagen und vertrackte Breaks in die Songs, ohne gewollt zu wirken. THE SPIRIT – ein neuer Stern am Szene-Himmel? Eine nicht unrealistische Vorstellung. [Nico]
Die Herren von UNLEASHED sind alte Hasen auf der Bühne. Dennoch kommt Sänger Johnny Hedlund nicht umhin zu betonen: „This shit is why we play this music!“ Mit ihrem nordisch angehauchten Old-School-Death-Metal liefern die Urgesteine eine solide Show ab, die eingefleischte Fans mit Klassikern wie „Into Glory Ride“ und „Where No Life Dwells“ sowie starken neuen Nummern („Where Is Your God Now“) schon etwas schwach macht. Gealtert ist Hedlunds Stimme nicht. Dennoch wirkt der Auftritt gegenüber anderen Bands ein wenig altbacken. Für Todesmetall-Freunde dennoch ein sehenswerter Auftritt.
Ebendiese tun gut daran, schnellstmöglich den Platz vor der Zeltbühne zu stürmen: Denn es gibt einen neuen Stern am Death-Metal-Himmel und er heißt BLOOD INCANTATION. Das aktuelle Album nennt sich „Starspawn“, was übersetzt passenderweise „Sterngeburt“ bedeutet. Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Denn beim außerordentlich gut besuchten Auftritt auf der Tent-Stage fängt das Zelt plötzlich an zu beben. Fulminante Härte und tiefe Growls treffen auf progressive Gitarren, die in keiner Weise Kraft einbüßen lassen, sondern den Sandstrudel-Effekt der Musik begünstigen. Man fühlt sich hineingesogen in einen schwarzen Strudel, aus dem man als Zuhörer aber keinesfalls fliehen möchte. Viel lieber möchte man verweilen in dem astralen Zustand, in den die Jungs von BLOOD INCANTATION ihr Publikum versetzen. Angesichts des instrumentalen Mahlstroms kommen selbst Grind-Freunde auf ihre Kosten. Dennoch ist die Musik schwer und wirkt wie ein Droge, die alles verlangsamt. Obwohl die Band erst 2013 gegründet wurde, ist die Bühnenpräsenz überwältigend – auch wenn die Musiker eher introvertiert in ihren Kompositionen versinken als gesteigerten Wert auf Show zu legen. Definitiv eines der Highlights auf dem diesjährigen Party.San!
Die Brutal-Death-Metal-Legenden von DYING FETUS sind quasi Stammgäste auf dem PARTY.SAN und überzeugen das Publikum vor allem mit Knüppelei, Knüppelei und noch mehr Knüppelei. Das kommt an und führt zu tobenden Pits. Eine riesige Party mit grotesken Lyrics. Abwechslung verschafft besonders das beeindruckende Schlagzeugspiel. Insgesamt lautet das Motto: Stumpf ist Trumpf! Muss man mögen. Stimmungshöhepunkt ist nach viel neuem Material erwartungsgemäß „Kill Your Mother And Rape Your Dog“ vom Klassiker „Killing On Adrenaline“, den die Gruppe sonst – zugunsten vieler Nummern des aktuellen Albums „Wrong One To Fuck With“ – leider mit keiner Nummer würdigt. [Johanna]
Und schon neigt sich der zweite PARTY.SAN-Tag seinem Ende zu. Die Position des Headliners hat heute eine Band inne, ohne die es die beiden anderen Haupt-Acts des Festivals womöglich gar nicht geben würde: VENOM. Mit dem Titelsong der legendären „Black-Metal“-Scheibe beginnt der Auftritt vielversprechend. „Lay down your soul to the gods‘ rock’n’roll“, ertönt es aus unzähligen Kehlen. Doch mit der Euphorie ist es schnell vorbei, als danach vor allem Nummern neueren Datums folgen. Dabei sind die Briten mittlerweile für das Gros des Publikums doch vor allem eines: ein Relikt aus alten Zeiten und folgerichtig ein Nostalgie-Act. Trotz imposanter Feuershow und formidabler Leistungen der Musiker, stehen viele Zuschauer wie angewurzelt da. Am Schlagzeug sitzt diesmal der Drum-Roadie: Dante darf als Folge eines Unfalls nicht spielen. Als die Band ihn für eine kurze Ansprache auf die Bühne holt, die Gerüchte, er habe die Band verlassen, aus der Welt schaffen soll, gibt es kaum Applaus. Aus seiner Lethargie erwacht des Publikum erst, als mit „Buried Alive“ der nächste alte Klassiker auf der Setlist steht. Im Zugabenblock brechen dann tatsächlich alle Dämme und zu „In League With Satan“ und „Witching Hour“ fliegen die Haare wie wogende Ozeane. [Nico]
Tag 3
Eine junge, wilde Band den letzten Festivaltag eröffnen zu lassen, das hat auf dem PARTY.SAN Tradition. Im Jahr 2018 gebührt diese Ehre den Dresdnern von GORILLA MONSOON. Mit den Worten „I don’t give a fuck, I just want to go out on stage and rock…” beschreiben sie ihre Band-Philosophie. Ihre Instrumente begreifen sie mehr als Waffen denn als einen Gegenstand, der zur Unterhaltung anderer beiträgt. Um 11 Uhr auf der Tent-Stage wissen die selbsternannten „Hellrocker“ ihrem Publikum genügend Feuer zu bereiten, um auch die ausgelaugtesten Metalheads unter den Frühaufstehern unverzüglich zum Headbangen und Gröhlen zu bringen. Die Gruppe, die sich bereits im Jahr 2001 als Stoner-Doom-Band formiert hat, trifft offensichtlich den Geschmack vieler Besucher, die auch angesagte Bands wie Sleep, High On Fire und Electric Wizard abfeiern. Auch wenn der rauchige Gesang von Fronter Chris, die schwingenden Stoner-Gitarren und die harten Drums an Neurosis erinnern, durchweht immer wieder ein leichter Hauch Old-School-Heavy Metal á la Motörhead die explosive Sound-Mixtur. Somit kommen viele Frühaufsteher auf ihre Kosten und die Band dem Sprichwort gleich: „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“
Sätze wie „Hey whore, let‘s gore!“ sind in den Lyrics von RAZORRAPE keine Seltenheit. Beschwingt zu einer Mischung aus Grindcore und Death Metal grunzend, gibt Sänger Martin sein Bestes, um das Publikum zu früher Stunde zu unterhalten. Dieses dankt es ihm, indem es einmal mehr feuchtfröhlich Klobürsten schwingt und mit Seifenblasen-Pistolen um sich feuert. Rock‘n’rollige Gitarrenparts mischen sich unter die extremen Klänge. Da ist gute Laune vorprogrammiert.
Für die Spanier von GRAVEYARD ist der Auftritt auf dem PARTY.SAN ein willkommener Anlass, um ihr zehnjähriges Bandbestehen vor einem Publikum zu feiern, das aus allen möglichen Ländern der Welt angereist kommt. Serviert bekommt dieses als Hauptgang soliden Death Metal mit doomigen Gitarrenparts, die oft ins Melodische abdriften. Lieder zum Beispiel von der aktuellen EP „Back To The Mausoleum“ verköstigen die hungrigen Todesmetall-Jünger, bis der Magen voller Schlachtplatte ist. Visionen von Horror, Tod und Lovecraft, die die Katalonier in ihren Lyrics hauptsächlich thematisieren, durchziehen das anschließende Suppen-Koma. Da kann man nur hoffen, dass niemand Cthulhu oder einem anderen Alten Großen begegnet und um sein Leben bangen muss. Vielleicht aber verhilft Headbangen doch zu ewigem Leben und es ist nichts zu befürchten.
Nachdem WOLFHEART mit ihrem recht gleichförmigen melodischen Death Metal nicht wirklich die Wurst vom Teller ziehen und ihr Auftritt somit zu den blasseren des Festivals gehört, zeigen die Jungs von HARAKIRI FOR THE SKY, wie man Melancholie-Metal richtig macht. Die Jungs aus Salzburg üben eine große Anziehungskraft aus – besonders Sänger J.J. auf die weiblichen Zuschauer. So schlüpft dieser – ob gewollt oder nicht – in die Rolle eines Hofsängers, der die holden Metal-Fräuleins mit herzzerreißenden Screams und melancholischer Nachtigallenstimme für sich gewinnen möchte. Ein gelungenes Unterfangen. Doch auch das Interesse der männlichen Fans ist groß. Vor der Bühne bildet sich eine riesige Menschentraube. Mit ihrem 2018er-Album „Arson“ ist die Band ihrem schwelgerischen Post-Black-Metal treu geblieben, weshalb dessen Material sich nahtlos neben älteren Nummern einfügt. Die Leistungen der Musiker bewegen sich auf hohem Niveau. Eine emotional aufweckende und atmosphärische, wenn auch etwas zu kalkulierte Show. So brechen letztlich nicht alle Dämme. Doch ans Herz geht es trotzdem. [Johanna]
Die norwegischen Black’n’Roll-Urgesteine von CARPATHIAN FOREST polarisieren die PARTY.SAN-Crowd. Wer nach dem Gig mit offenen Ohren über das Festivalgelände läuft, der hört immer wieder zwei Sätze: „Das war kaum zu ertragen“ und „War doch saugeil!“. Der Autor dieser Zeilen tendiert zu letzterer Position. Natürlich erfüllt das Auftreten der Mannen um Nattefrost jedes Black-Metal-Klischee: Corpse Paint gibt’s in rauen Mengen, der Front-Exzentriker kreischt wie ein geprügeltes Tier, die Gitarren kommen blitzschnell und räudig. Dennoch bekommt das Publikum nicht die typische Norweger-Schule zu hören, die die Gruppe in ihren ganz frühen Tagen entscheidend mitprägte, sondern eher die schwarzmetallische Umsetzung motörhead’scher Tugenden, die auf den späteren Alben zu finden ist. „Are you ready for some Norwegian rock’n’roll?“, krakeelt Nattefrost seinen Zuhörern mehrfach entgegen und wirkft dabei wie Lemmy verkleidet als suizidaler Waldschrat mit Killernieten. Spätestens, als er beginnt, sein Mikrofon zu schwingen und die vermutlich schlechtesten Dance-Moves der Welt auszupacken, ist das Ganze schlichtweg kultig. Musikalisch liegt der Schwerpunkt des Auftritts auf dem Material der 2001er-Scheibe „Morbid Fascination Of Death“. Keine schlechte Entscheidung, gehört das Album doch zu den besseren des infernalischen Quintetts. Nummern wie „Knokkelmann“ oder „Through Self-Mutilation“ haftet besonders live auch noch 17 Jahre nach ihrer Veröffentlichung eine herrlich punkige Fuck-Off-Attitüde an. Auch The Cures „A Forest“ verwandelt die Gruppe in einen fäkalbeschmierten Wutklumpen. Da stellt sich eigentlich nur die Frage: Warum zum Deibel steht diese Band eigentlich so früh auf der Bühne?
Langgezogenes, kakophonisches Gitarrengedröhne begleitet die alten Speed-Metal-Hasen von EXCITER auf die Party.San-Mainstage. „Oldschool fucking metal“, verspricht Sänger und Schlagzeuger Dan Beehler. „Oldschool fucking metal“ bekommt die Crowd dann auch, allerdings in eher zweifelhafter Qualität. Mit rumpeligem Sound präsentieren sich die Kanadier, die mit „Heavy Metal Maniac“ einst ein Schlüsselalbum des Genres veröffentlichten, trotz vieler alter Klassiker in der Setlist als Schatten ihrer selbst. Das Schlagzeugspiel Beehlers ist unsauber, leidet wohl unter dessen Doppelrolle. Zudem offenbart die Trio-Besetzung auf der Bühne schonungslos ihre Nachteile: Bei den Gitarrensoli entstehen Lücken im Sound, die zu füllen kein Rhythmus-Gitarrist zur Stelle ist. Hinzu kommt, dass die exzessiven Instrumental-Gniedeleien zwischen den Songs mit der Zeit nur noch nerven. So bleibt – bei allem Sympathiebonus für die alten Recken – ein gemessen am Standing der Band unterdurchschnittlicher Auftritt im Gedächtnis. [Nico]
Mit dem Material ihrer aktuellen EP „Spawned Abortions“ heizen die heißblütigen Italiener von HIEROPHANT dem PARTY.SAN-Publikum ein. Obwohl der Sänger seinen dunklen Teint hinter krassem Warpaint versteckt, ist ihm sein südländisches Temperament durch die Inbrunst und Stärke seiner Stimme anzumerken. Der Schlagzeuger knüppelt nur so auf die Drums ein. Eine mächtige Darbietung, irgendwo zwischen Schwarzmetall und technischem Death Metal.
Nachdem mit SADISTIC INTENT, ENGULFED und PESTILENCE in den frühen Abendstunden alle Death-Metal-Fans auf ihre Kosten gekommen sind, bieten TRIBULATION ganz anderen Stoff: Wie frisch dem Grab entstiegen wirkt das, was die Schweden einem als Auftritt verkaufen wollen. Dabei ist es doch vielmehr okkultes Theater der Extraklasse. Spätestens seit ihrem Album „The Children Of The Night“ aus dem Jahr 2015 ist die Gruppe mit ihrer Mischung aus eingängigem Heavy Metal, schwarzmetallischer Räude und gothischer Eleganz in aller Munde und mit ihrer aktuellen Scheibe „Down Below“ nicht mehr wegzudenken aus der ersten Metal-Liga. Sänger Johannes Andersson gibt dabei den Hexenmeister, der gleichzeitig den Bass zu bespielen weiß. Gitarrist Jonathan Hultén kommt daher wie eine androgyne Necro-Nymphe. Im Zusammenspiel mit dem ebenso feminin-grazilen Klampfen-Kollegen Adam Zaars liefert er sich nicht nur edle Lead-Duelle, sondern auch eine lustvoll-körperbetonte Bühnenshow. Ein Lustspiel für Vampire. Drummer Oscar Leander hält das Schauspiel mit unbarmherzigem Drive zusammen. Das ist regelrecht cineastisch, zieht den Zuschauer in seinen Bann und macht ihn besessen. Progressive Gitarren mischen sich unter schwere Death- und Black-Metal-Sounds. Qualmende Räucherstäbchen und punktgenau gezündete Pyros machen die Erfahrung perfekt. Das Publikum gehört ganz TRIBULATION. Die dunklen Herzen fliegen der Gruppe zu – und flehen darum, dass diese Horrorshow niemals enden möge. 10 out of 10! [Johanna]
Absolut überdurchschnittlich ist der Gig, den im Anschluss die Jungs von ESSENZ auf der Zeltbühne abliefern. Eine halbe Stunde lang nehmen sie ihr Publikum mit einer eindringlichen Mischung aus Black-, Death- und Doom-Metal gefangen, die einem wie eine Wand ins Gesicht schlägt. Die Reaktion der Crowd: andächtiges Lauschen, stilles Staunen. Wer so viel Tristesse und Aggression aushält, wird belohnt: mit Songs, die bei aller Monotonie durch Mark und Bein gehen. Das neue Album „Manes Impetus“, dessen Release die Gruppe auf dem PARTY.SAN feierte, dürfte nach dieser Show über die Merch-Theke gewandert sein wie warme Semmeln. [Nico]
Mit schonungslosem Grindcore und Guerilla-Look weckt BRUJERIA das Publikum als eine der letzten Bands des Festivals nochmal auf und besingt dabei Drogenschmuggel, mexikanische Werte und Politik. Schließt das eine Party aus? Nein! Und schnell sind alle außer Rand und Band, begeistert von der Brutalität und den Aggressionen, die sich in der Musik der Mexikaner widerspiegeln. Diese wissen die Hörerschaft bei Laune zu halten. Spaß und Ernsthaftigkeit vertragen sich hier gut. Frontmann Juan, der sich immer wieder – zur Belustigung mancher Besucher – in heißblütigen spanischen Ansagen ergeht, bestätigt das mit breitem Grinsen, als die augenzwinkernde „Macarena“-Adaption „Hey Marihuana“ vom Band den Gig beschließt. [Johanna]
Das feiern die einen, während die anderen mit den Augen rollen und lieber zu POSSESSION abwandern, deren Auftritt das Zelt vor lauter Menschen fast zum Bersten bringt. Kein Wunder, feuern die Belgier ihren angeschwärzten Death Metal doch aus vollen Rohren. Kerzen und Räucherwerk verhelfen zur gewünschten okkulten Atmosphäre, in der Frontmann V. Viriakh agieren kann, wie ein von Dämonen besessener Derwisch. Den Gitarristen gelingt dazu ein herrliches Jahrhundert-Riff nach dem anderen. Leidenschaftlich, dämonisch, stark!
Nachdem TANKARD gute 50 Minuten lang in epischer Breite und bestechender Form sowie mit Pyros satt den Gerstensaft und all seine positiven wie negativen Nebenwirkungen zelebriert haben, geht es umso ernsthafter weiter: Die Ehre, die 2018er-Auflage des Party.San zu beenden, gebührt heuer WATAIN – und damit einer Gruppe, die in Schlotheim beinahe schon Stammgast ist. Schon beim großartigen Opener „Stellarvore“ zeigt sich: Die Schweden haben locker den ausgeglichendsten Sound des Festivals abbekommen. Zwar tönt die Musik nicht allzu laut aus der PA, dafür aber umso differenzierter: Die Gitarren klingen sahnig, das Schlagzeug schön natürlich, der Bass liefert ein knackiges Fundament und die Stimme ist außergewöhnlich gut hörbar. Auch ohne ihren langjährigen Livegitarrist Set Teitan lieferen die Satansverehrer eine Show ab, die sich gewaschen hat. Wobei das Stichwort „Show“ zum einzigen Kritkpunkt überleitet: Zwar betont Frontmann Erik Danielsson in Interviews immer wieder, auf der Bühne authentische Rituale zu vollführen. Doch besonders die brennenden Verstärkerwände im Hintergrund sind so over the top, dass sich der Eindruck aufdrängt, WATAIN zögen plattes Rockstar-Theater ab – und zwar um seiner selbst willen. Der einzigartigen Qualität solcher Kracher wie „Malfeitor“ oder „Nuclear Alchemy“ tut das natürlich keinen Abbruch. Mit „On Horns Imapaled“ wagt sich die Band sogar an Material vom 2000er-Debüt „Rabid Death’s Curse“ – was zeigt, auf welch hochklassigem Niveau die Band von Anfang an musiziert. Das Highlight kommt jedoch zum Schluss: „Waters Of Ain“, jener epische Closer des „Lawless-Darkness“-Albums, der seit Veröffentlichung DER Fan-Favorit schlechthin ist. Ein Festival, das mit gefühlt meterdicker Gänsehaut und einer der besten Black-Metal-Nummern des gerade erst volljährigen Jahrhunderts endet, kann kein schlechtes Festival sein. [Nico]
Dass die PARTY.SAN-Crew nicht nur mit Leidenschaft sondern mittlerweile auch mit viel Routine und Professionalität hinter dem steht, was sie tut, durfte sie heuer eindrucksvoll unter Beweis stellen. Dass das Festival trotz Sandsturm, kaputter Merch-Zelte und kurzzeitig regelrecht apokalyptischer Zustände auf dem Campingplatz rasch weitergeht, ohne dass auch nur im Ansatz schlechte Stimmung aufkommt, verdient Respekt und ist – neben der allgemein sehr entspannten Atmosphäre – in erster Linie der ruhigen Hand des Veranstalters zu verdanken. Der gewährleistet auch sonst einen reibungslosen Ablauf: Von den Einweisern auf dem Zeltplatz über die Securitys bis hin zum Bierausschank – Grund zur Kritik ist nirgendwo auszumachen. Auch die Auswahl an Ess- und Merch-Ständen ist gelungen. Selbst der Veganer findet genügend Schmackhaftes, um einigermaßen abwechslungsreich durch den Tag zu kommen. Und wer Festivals gerne als Gelegenheit nutzt, um sich mit CDs, Schallplatten, und Shirts einzudecken, geht ebenfalls mit vollen Tüten und niedrigem Kontostand nach Hause. Der Sound ist für Festival-Verhältnisse überdurschnittlich, druckvoll und meist transparent. So darf es weitergehen.