Festivalbericht: Out & Loud Festival 2016

08.07.2016 - 10.07.2016 Geiselwind

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Wenn es um Metal-Festivals geht, hat wohl jeder fleißige Besucher seine eigenen Wunschvorstellungen. Die einen freuen sich jedes Jahr aufs Neue, die üblichen, etablierten Riesenfestivals wie Wacken, Rock im Park oder das Summer Breeze abzuklappern, die anderen beschweren sich demonstrativ, sobald ein Festival zu groß und kommerzorientiert wird und bevorzugen die kleinen, meist etwas unbeholfen, aber liebevoll organisierten 1-2-Tagesfestivals, bei denen man neben ein paar bekannten Bands auch noch zahlreiche unbekanntere Perlen entdecken kann.

Irgendwo zwischen diesen beiden Extremen ordnet sich das OUT & LOUD FESTIVAL ein. Auf einem hübschen Gelände in Geiselwind besticht das Festival auch dieses Jahr erneut mit einem gemütlichen Campingplatz sowie einer kleinen, aber feinen Festivalarea, die zahlreiche deutsche Metal-Fans als auch einige aus dem Ausland anzulocken vermögen. Neben Mainstage, Indoorstage in der Eventhalle und Newcomerstage gibt es auch ein äußerst schön gestaltetes Merch-Areal sowie diverse Essens- und Getränkestände.
Von der Größe her bleibt das Festival überschaubar, fast schon familiär und läuft dennoch nicht Gefahr, seinen Charakter eines großen Metal-Festivals zu verlieren. Die etwas reduzierte Besucheranzahl macht sich gerade beim Camping positiv bemerkbar, bei dem sich jeder Besucher fast beliebig ausdehnen kann und die üblichen gedrängten Zeltreihen anderer Festivals ausbleiben. Auch bei der Einlasskontrolle zu den Bühnen gibt es, trotz nur eines einzigen Eingangs, überhaupt keine Wartezeiten. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass besagte Kontrollen schlicht nicht stattfinden, sondern die Besucher von den freundlich lächelnden Securitys einfach durchgewunken werden. Nur, wer mit Rucksack oder Handtasche aufs Gelände will, wird kurz mal angehalten. Ein etwas mulmiges Gefühl bleibt bei diesem Anblick schon, allerdings verläuft alles friedlich. Die Besucher sind hier wohl tatsächlich einfach da, um die Bands zu genießen und nicht, um Ärger zu machen.

Powerwolf
Powerwolf

In Sachen Line-up hat man sich dieses Jahr mehrere namhafte Bands aus diversen Metal-Genres geholt. WITHIN TEMPTATION thronen da ganz oben auf dem Flyer, gleich darunter KREATOR und POWERWOLF. Neben Genregrößen wie BEHEMOTH, EPICA, KATAKLYSM, SONATA ARCTICA oder HATEBREED wurden auch LIFE OF AGONY gebucht, die jedoch in letzter Sekunde wegen eines Schlüsselbeinbruchs ihres Schlagzeugers absagen mussten.
Überhaupt sind Absagen großer Zugpferde immer eine blöde Sache für Festivals, ertönen doch sofort die lautstarken Beschwerden von Besuchern, die demonstrativ jedem mitteilen müssen, dass sie nur wegen genau dieser einen Band auf das Festival fahren wollten und nun ihre Karten verkaufen werden. Nun ja… Für jeden, dessen Musikgeschmack sich über mehr als eine Band erstreckt, dürfte die weitere kurzfristige Absage von LEGION OF THE DAMNED zwar ebenfalls ärgerlich gewesen sein, mit den aufstrebenden Thrashern von DUST BOLT konnte aber sofort ein würdiger Ersatz präsentiert werden, der von den Besuchern dankbar angenommen wurde.

Out & Loud 2016 (35)Dass die Besucher des Festivals sich eher für Melodic, Symphonic und Power Metal interessieren, bekommen manche Bands leider deutlicher zu spüren als auf anderen Festivals. Gerade Acts wie HATEBREED und BEHEMOTH, die auf Festivals wie dem Summer Breeze mal so eben problemlos den kompletten Mainstagebereich voll bekommen, müssen hier ihr Programm noch bei Tageslicht vor vergleichsweise wenigem und ruhigem Publikum vortragen. Dass das so gar nicht dessen Welt ist, zeigt auch eindrucksvoll ein bunter, aufblasbarer Kinderspielplatz, der von einem Metal-Fan genutzt wird, um bei BEHEMOTH crowdzusurfen. Auch CALIBAN haben es dieses Mal sichtlich schwerer, die Menge am Nachmittag aufzuheizen.
Groß gefeiert werden dagegen leichter zugängliche Bands wie der Headliner POWERWOLF sowie EPICA, FINNTROLL oder SONATA ARCTICA, die mit ihrer Musik gleich deutlich mehr Zuhörer erreichen, auch wenn ihre Slots zum Teil ungünstiger liegen als die der zuvor genannten Bands.

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Besonders positiv zu vermerken ist schon nach einem Tag die Verbesserung des Sounds. Wo letztes Jahr der Tenor recht eindeutig war, was den miesen Sound in der Eventhalle und der Newcomerstage angeht, da kann man sich dieses Jahr nicht wirklich beklagen. Egal an welcher der drei Stages man steht, überall ist der Sound für ein Festival recht klar, kraftvoll und transparent. Einzig in der Eventhalle ist er insgesamt manchmal doch etwas arg leise, was etwas schade ist, aber dennoch immer noch besser als lautes, undefinierbares Dröhnen. Dieses gibt es – mal wieder – nur bei EISREGEN, bei denen der breiige, basslastige Sound schon irgendwie standardmäßig dazugehört. Mit einer eher mäßig gelungenen Setzusammenstellung inklusive vieler aktueller Songs ihres neuen Albums, das live so überhaupt nicht zünden will, bekommen sie nur bei ihrem Rausschmeißer-Hit „Elektrohexe“ tatkräftige Unterstützung vom Publikum.
Out & Loud 2016 (14)Bei den nachfolgenden ANNIHILATOR um den zwar recht selbstverliebten, aber zugegeben einfach unfassbar talentierten und fähigen Bandleader Jeff Waters, ist der Sound wieder tadellos. Eine großartige Show samt toller Songauswahl kann aber auch hier dem mal wieder arg lahmen Publikum nicht genug in den Arsch treten, um es aktiver werden zu lassen. Thrash scheint auf dem OUT & LOUD FESTIVAL wohl einfach nicht so gut zu funktionieren.

Das bekommt am zweiten Abend auch die deutsche Thrash-Legende KREATOR zu spüren, die dem Publikum als Headliner mit aufwändiger Show einheizt. Auch sie hat es hier deutlich schwerer als auf anderen, Thrash-lastigeren Festivals. Milles Aufforderungen zu Circle Pits und Wall of Deaths werden vom Großteil des Publikums einfach ignoriert, obwohl sie zahlenmäßig dazu durchaus in der Lage gewesen wären. So verläuft auch ihr Auftritt, ähnlich wie die Show der nicht minder spaßigen HATEBREED, relativ unspektakulär, was man der wie immer großartig aufspielenden Band kaum vorwerfen kann.

Enorm positiv muss beim OUT & LOUD FESTIVAL dagegen die Newcomerstage erwähnt werden. Gleich 20 Bands gewähren die Veranstalter Platz auf einer schönen kleinen Bühne, die direkt neben der Event-Halle platziert und auf einer Seite komplett geöffnet ist, sodass Laufkundschaft problemlos von der Seite mal reinschneien und zuschauen kann. Wer ähnliche Angebote von anderen großen Festivals kennt, weiß, wie traurig solche Auftritte für die Bands enden können, wenn sie dann vor 15 desinteressierten Leuten spielen, von denen zehn Out & Loud 2016 (25)ohnehin mitgebrachte Freunde sind und die kaum eine geschlossene Reihe vor der Bühne ausbilden können. Nicht so hier. Dank der zeitgleichen Platzierung zu den im Vergleich zur Mainstage eher mittelgroßen Bands in der Eventhalle sind die Newcomer hier nicht die klaren Verlierer und so ist der Raum vor der Stage zu fast jeder Tageszeit gut mit Zuhörern gefüllt, die auch sichtlich Gefallen an den jungen Bands finden und sie tatkräftig mit merklicher Motivation unterstützen. Geradezu herzerwärmend zu sehen, dass es auch noch Festivalbesucher gibt, die sich für neue Musik begeistern können und nicht nur zum zwölften Mal zu In Flames, Amon Amarth und Sabaton pilgern und den Rest des Tages biertrinkend im Camp verbringen.

In der Eventhalle gibt es gegen Ende von Tag drei dann mit DARK TRANQUILLITY, die seit kurzem mit zwei neuen Leuten in der Saitenfraktion unterwegs sind, noch ein echtes Highlight zu sehen. Wer sich schon einmal eine der energetischen Shows der Schweden angeschaut hat, der weiß, dass wohl bei kaum einer anderen Band die Stimmung ausnahmslos immer der absolute Wahnsinn ist, egal ob im kleinen Club oder auf der großen Festivalbühne. Die treuen Fans kennen offensichtlich die Songs der kompletten Diskographie in- und auswendig und singen lautstark die zahlreichen, grandiosen Melodien der Truppe mit, sodass sich der vergleichsweise kleine Eventhallenraum für kurze Zeit atmosphärisch in ein großes Stadion verwandelt. Das rührt den wie immer bestens gelaunten, hochsympathischen und dankbaren Mikael Stanne auch nach 25 Jahren immer noch sichtlich.

Out & Loud 2016 (40)Nach drei Tagen (und einer Opening Night) mit gutem Wetter und viel Musik geht das Festival dann mit dem von den Zuschauern sichtlich am meisten erwarteten und groß gefeierten Headliner WITHIN TEMPTATION auf der Main Stage bzw. der zeitgleichen Übertragung des Fußball-EM-Endspiels bei der Newcomerstage um 23:00 Uhr zu Ende. Sängerin Sharon den Adel ist auch heute wieder stimmlich enorm stark unterwegs und mit ihrer wenig klischeehaften Spielart des Symphonic Metal zeigt die Band erneut eindrucksvoll, warum sie in diesem ansonsten oft leider arg zuckrig-klebrigen Genre zu den erfreulichen Ausnahmebands zählen, die die ihnen zuteilwerdende, große Aufmerksamkeit verdient.

Auch 2016 hat das OUT & LOUD FESTIVAL bewiesen, dass es eine sehr gute Alternative zu den überlaufenen Riesenfestivals ist. Die Atmosphäre ist freundlich und gemütlich, die Bandauswahl erstreckt sich über diverse Genres, sodass für fast jeden etwas dabei sein dürfte. Dass manche Genres schlechter funktionieren, ist schade, aber jedes Festival hat nun mal sein Hauptpublikum. Mit grandiosem Wetter und reibungslosem Ablauf kann das Festival als voller Erfolg gezählt werden und es dürfte verwundern, wenn es nächstes Jahr nicht mindestens genauso viele Leute anlocken kann.

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Publiziert am von Simon Bodesheim

Fotos von: Stefanie Mohlfeld

2 Kommentare zu “Out & Loud Festival 2016

    1. Eher zu missverständlich ausgedrückt: Das sollte nicht heißen, dass die Band kein Mensch kennt. Im Rahmen der abgedeckten Genres beim Out & Loud dürfte die Band aber im direkten Vergleich weniger Leuten ein Begriff sein als beispielweise Behemoth, Within Temptation, Kataklysm etc., wenn schon Bands wie Hatebreed überraschend weniger Zuschauer hatten.
      Die Entscheidung Headlinerslots auf die Bands zu verteilen hängt ja nicht nur von der reinen Anzahl an Fans weltweit ab, sondern auch von diversen anderen Faktoren, wie eben Bekanntheitsgrad beim Zielpublikum des Festivals.

      Edit: Ich habe den Abschnitt nun dennoch editiert, weil ich ihn letztlich in meiner ursprünglichen Formulierung doch zu missverständlich fand. Daher danke für den Hinweis.

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