Konzertbericht: Necrotted w/ Abbie Falls, Defocus

14.04.2023 Rosenkeller, Jena

Against All Tyrants Tour 2023

Der Jenaer Rosenkeller ist eine Herberge für Konzertabende unterschiedlichster Szene-Couleur. Auf dem Klappschild vor dem Eingang des urigen Kellergewölbes steht heute Metal ausgeschrieben, denn hier stoppt heute Abend die Against-All-Tyrants-Tour, ein dynamisches Package rundum die Modern-Metal-Emporkömmlinge DEFOCUS und ABBIE FALLS sowie dem Death-Metal-Brett NECROTTED. Stilistisch eine interessante Zusammensetzung, immerhin wird über melodischen Metalcore, Synth-affinen Deathcore und geradlinigen Death Metal einiges geboten werden.

Defocus

Und 20 Uhr eröffnen die Süddeutschen DEFOCUS pünktlich den Konzertabend. Zum Glück ist Quantität nicht mit Qualität gleichzusetzen, denn die Zuschauermenge ist zum jetzigen Zeitpunkt noch überschaubar. Schade, denn moderne Core-Konzerte finden selten in Jena statt, erst recht an einem Freitagabend. DEFOCUS lassen sich hiervon allerdings nicht verunsichern, sondern legen direkt mit einem ihrer neuen Tracks, „Let The Bond Be My Grave“, los. Die vor vier Jahren gegründete Band veröffentlichte 2021 ihr Debüt „In The Eye Of Death We Are All The Same“, aus dem sich erwartungsgemäß der Großteil ihrer Setlist speist.

Sänger Simon animiert das kleine und zurückhaltende Publikum auf sympathische Art, näher an die Bühne zu kommen. Als die erste Reihe genau das macht, kommt es dabei nicht nur zur kleinsten Wall Of Death, die DEFOCUS bisher gesehen haben dürften, sondern auch zu dem Konzertfeeling, weswegen heute Abend alle in den Rosenkeller gekommen sind. Während die Band aus Aalen auf Platte mit viel Melodik, Abwechslung und Druck überzeugt, gelingt es ihnen live bisher nur bedingt, das auch auf die Bühne bringen. Verwunderlich ist das nicht, immerhin ist die Against-All-Tyrants-Tour ihre erste Tour und DEFOCUS somit noch in der Wachstumsphase.

  1. Let The Bond Be My Grave
  2. Diverge
  3. In Our Heads
  4. Common Grave
  5. Thought Of A Vision
  6. Biased
  7. Disease

Abbie Falls

Als nächstes betreten um 21 Uhr ABBIE FALLS aus Tschechien die Bühne. Bunte, mehr skater- als metaltypische Outfits treffen auf grelle LED-Lichter, eine Kombination aus E-Drums und regulären Becken sowie Snare wird neben stylisch lackierten Gitarren aufgebaut. Das Quintett, bestehend aus drei Gitarristen, einem Sänger und einem Drummer, bringt die Mauern des Kellergewölbes bereits beim kurzen Soundcheck zum Beben, so kraftvoll röhrt Sänger Tomáš in das Mikrofon, so druckvoll prescht die E-Doublebass. Bereits beim Opener „Absolution“ springt der Pit vor der Bühne auf und ab und schon ab dem zweiten Track „Death Row“ kommt es zu dem Abriss, mit dem DEFOCUS ABBIE FALLS angekündigt haben.

Zwischen den einzelnen Songs spielen die Tschechen kurze Eurodance-Passagen oder Elektroloops ein, was das Publikum mit grölendem Mittanzen honoriert. Der extrovertierte Tomáš fegt über die kleine Bühne des Rosenkellers, klettert am Bartresen hoch und erkundet während der Show jeden Vorsprung in seiner Nähe. Selbst wenn man mit der djent- und progaffinen Deathcore-Variante von ABBIE FALLS musikalisch nicht viel anfangen kann, ist zumindest die Show unterhaltsam genug. Die Songauswahl gibt einen Querschnitt aus der überschaubaren Diskografie, von den klassischen Deathcore-Anfangstagen der Band vor fünf Jahren hin zu dem quirligen Synth-Modern Metal-Gemisch, dass die Tschechen nun auf die Bühne bringen. Selbst, als beim letzten Track „Amphisbaena“ das Mirkrofon aussteigt, lässt sich Tomáš nicht davon abhalten, die Lyrics einfach direkt ins Publikum zu schreien. Ein überwältigend starker Auftritt, an den es für Headliner NECROTTED heranzukommen gilt.

  1. Absolution
  2. Death Row
  3. No One’s Above
  4. Parasite
  5. No One’s Below
  6. Hell Is Other People
  7. Pitch Black
  8. Mayday
  9. Paralyzed
  10. Amphisbaena

Necrotted

Mit den Death-Metallern von NECROTTED betreten um kurz nach 22 die alten Hasen dieses Band-Packages die Bühne. Seit nunmehr 2008 aktiv, eine vier Alben umfassende Diskografie im Gepäck und mit viel Bühnenerfahrung ausgestattet, macht Sänger Fabian bereits nach dem ersten Track klar, dass all diejenigen, die auf Blastbeats stehen, hier genau richtig sind. Zu Recht, denn der geradlinige, teils slammige, vor allem aber schnelle Death Metal der fünf Herren aus Baden-Württemberg liefert einen Moshpit-Hit nach dem nächsten ab.

Während NECROTTED in der Vergangenheit noch klassische Deathcore-Elemente wie Breakdowns und Bleghs auf ihre Silberlinge gepresst hatten, haben sich die Süddeutschen mit ihrer letzten Platte „Operation: Mental Castration“ (2021) mehr dem straighten Death Metal zugewandt. Keine Synths, keine Atmosphäre, stattdessen direkt der Vorschlaghammer. Schade ist, dass Fabians stimmliche Varianz etwas unter geht im Dickicht von mähenden Drumpedalen, denn seine Screams sind kaum hörbar. Dem Baukastenprinzip ihrer Songs schadet das am heutigen Abend insofern, als die vorhersehbaren Songverläufe schlussendlich auch nur mit Growls bedient werden. Nach 15 Minuten Spielzeit könnte man somit bereits die Lust an NECROTTEDs Auftritt verlieren, außer man möchte durchgängig die volle Moshpit-Erfahrung machen.

Abbie Falls Rosenkeller Jena
© Abbie Falls

Mit Jena schließt das Trio Infernale des heutigen Abend des vorletzten Stopp ihrer Tour erfolgreich ab. Erschöpfte Gesichter in der Crowd, ein zufriedenes Lächeln der einzelnen Bandmitglieder – dieser Abend war für beide Seiten fantastisch. Die Stimmung war trotz überschaubarer Zuschauerzahl gut, bzw. während des ABBIE-FALLS-Auftritts sogar überdreht, und die Spielfreude der Bands sprang direkt auf die Menge über, schließlich trennten Musiker und Zuschauer mitunter aber auch nur eine Armlänge; ein Vorteil des kleinen, intimen Rahmens im Rosenkeller.

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