Konzertbericht: Nathan Gray w/ Swain, Matze Rossi, Norbert Buchmacher

22.02.2020 München, Backstage (Halle)

PMA – Positive Mental Attitude. Dieser Denkrichtung haben sich viele Hardcore- und Punkbands angeschlossen und unter diesem Label großartige Musik und lebensbejahende Texte gemacht. Das Label End Hits Records ist nicht ausnahmslos auf diese Musikrichtungen fixiert, zeichnet sich aber durch die darin eingebettete Leidenschaft, Energie und Spaß aus. Um dies zu zelebrieren schickt Labelchef Oise einige seiner besten Gruppen gemeinsam auf eine Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Angeführt von NATHAN GRAY, der erstmalig mit Band auftreten wird, sind SWAIN, MATZE ROSSI und NORBERT BUCHMACHER mit im Gepäck. Der Ansturm auf die Tour ist hinsichtlich dieser Qualität riesig, und auch die Münchner Backstage Halle ist zum Konzertbeginn um 19:45 bereits anständig gefühlt.

Dass das Publikum heute bunt gemischt und der Weg vom Backstagebereich zur Bühne regelrecht bevölkert ist, ist auch dem Opener des heutigen Abends zu verdanken: NORBERT BUCHMACHER feiert quasi ein Heimspiel und hat seine Familie, Freunde und Arbeitskolleg*innen mitgebracht. Unterstützt von seiner Band, sympathisch angekündigt mit „Wir sind NORBERT BUCHMACHER“, liefert er eine emotionale Pop-Rock-Show im Stil von Bands wie Von Brücken oder auch von Herbert Grönemeyer ab. Besonders schön wirkt der Gegensatz zwischen seiner rauchigen, intensiven Singstimme und seinem höheren Schwäbeln in den Ansagen. Nach 30 Minuten kann NORBERT BUCHMACHER nicht nur glücklich sein, hier vor seinem Freundes- und Familienkreis gespielt zu haben, sondern konnte auch viele neue Fans für sich gewinnen.

  1. Müssterium Des Seins
  2. Laut geträumt
  3. Mein Leben geht halt so
  4. Die Ballade von Willi und Walther
  5. Man sagt nicht man sagt nicht
  6. Sorgen und den Nikolaus
  7. Wunderkind der Empathie

Auch wenn die nun folgende Umbaupause dafür genutzt wird, das Schlagzeug umzubauen, betritt nach 15 Minuten MATZE ROSSI alleine mit seiner Akustikgitarre die Bühne. Nach einem kurzen Gastauftritt bei Norbert Buchmacher schlägt der sympathische Schweinfurter die stetig voller werdende Backstage Halle innerhalb von Sekunden als Mittepunkt in seinen Bann. Bereits im ersten Song setzt er auf die Unterstützung des Münchner Publikums, das sofort bei Chören und Textzeilen aushilft. Nach einem Nachmittags-Gig im kleinen Laden „Frisches Bier“ gibt MATZE ROSSI zu, etwas betrunken zu sein – und in der Tat hat man ihn selten derart ausgelassen auf einer Bühne erlebt. Das politische Manifest „Milliarden“ sorgt heute Abend für den lautesten Jubel, während das abschließende „Best Friends“, mit der Unterstützung von Swain-Sänger Noam und Gesang aus dem Publikum, zu einem wahren Triumph und Lobgesang auf das Leben und die Freundschaft wird. MATZE ROSSI ist der Beweis dafür, dass eine tolle Stimme und simple Akkordfolgen auf einer Akustikgitarre ausreichen, um absolut bezaubernde, ehrliche Musik zu machen.

  1. Erzähl mir nichts
  2. We Are Not Fucked
  3. Warum aus mir und meinen Freunden nix mehr werden kann
  4. Kein Zweifeln und Bedauern
  5. Milliarden
  6. Wenn ich mal
  7. (Neues Lied)
  8. Best Friends

Da ja bereits nach Norbert Buchmacher umgebaut wurde, dauert es nur 15 Minuten, bis es im Backstage direkt weitergeht und SWAIN die Bühne betreten. Die Berliner Band, deren Mitglieder ursprünglich aus den Niederlanden stammen, hieven den Abend aus musikalisch glatteren Gewässern in rockigere Gefilde. Ihre Mischung aus (Neo-)Grunge, Punk und Shoegaze sorgt für einige tanzende Menschen im Publikum und kommt dabei laut und bewusst verwaschen aus den Boxen. Sänger Noam betont, wie auch die beiden Musiker vor ihm, die familiäre Atmosphäre auf dieser Tour, die wirklich zu jeder Sekunde zu spüren ist und sich positiv auf die friedliche Stimmung im Publikum auswirkt. Zwar schleichen sich in den Auftritt von SWAIN einige wenige Längen, die allerdings immer wieder von den krachigeren Momenten der Band und den vereinzelten, großartigen Schreien von Noam ausgeglichen werden. Nach etwas mehr als 30 Minuten verabschieden sich SWAIN unter lautem Jubel von der Bühne.

Schließlich betritt der heutige Headliner gemeinsam mit seiner neuen Band die Bühne: Vor einem Rosenbackdrop und mit Lampen geschmückten Verstärkern wirkt NATHAN GRAYs Lächeln heute noch ehrlicher, noch glücklicher und sympathischer als sonst. Zum Einstieg bestimmen lediglich Gitarre und Klavier das Bild und „Refrain“ vom neuen Album „Working Title“ gibt eine scheinbar bedächtige Richtung vor. Daran anschließend schlägt die Stimmung mit dem treibenden „Never Alone“ allerdings direkt ins Euphorische um. Dieses Wechselspiel der Gefühle, die Hoffnung im scheinbar Aussichtslosen, bestimmt den heutigen Abend, wie auch die bisherige Diskografie von NATHAN GRAY. Entsprechend stützt er sich gänzlich auf Stücke seiner beiden Soloalben, wobei die älteren Stücke durch den Bandsound noch einmal gewaltig an Energie gewinnen – und sogar bedrückte Nummern dabei emotional häufig ins Positive umschlagen.

Ein Highlight sind allerdings einmal mehr die authentischen, positiven und ermutigenden Ansagen von NATHAN GRAY. Sei es als Streitschlichter zu Beginn des Konzerts, als Sprachrohr für Menschen, die Misshandlungen erleiden mussten, oder als Entertainer: Hier hat jemand endlich zu sich selbst gefunden und ist mit sich im Reinen, ohne zu behaupten, dass es nicht wieder schwer werden könnte und ist. Zu „The Markings“ kommt Boysetsfire-Bandkollege Robert auf die Bühne und übernimmt kurz den Bass – was die familiäre Atmosphäre des Abends noch einmal unterstreicht. Nach dem kämpferischen „No Way“ ist es kurz still, bevor „Alone“ und das heute Abend rockige „As The Waves Crash Down“ schließlich zum finalen „Quixote’s Last Ride“ überleiten. Der textlich niederschmetternde Song von The Casting Out hat sich spätestens jetzt zu einem Rückblick und einem astreinen NATHAN-GRAY-Song entwickelt und bildet einen perfekten Abschluss für einen fabelhaften Abend.

    1. Refrain
    2. Never Alone
    3. Burn Away
    4. In My Defense
    5. Working Title
    6. Hold
    7. Enough
    8. Still Here
    9. Find Me
    10. Brighter
    11. I’m A Lot
    12. The Markings
    13. Light & Love
    14. Echoes
    15. No Way

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  1. Alone
  2. As The Waves Crash Down
  3. Quixote’s Last Ride

Große musikalische Unterschiede, und dennoch die gleiche Motivation, die gleiche Emotion dahinter: Das ist End Hits Records und das ist auch diese Tour. Durch die einmalige Konstellation dieser Bands kommen Punker, Indie-Kids, Studierende und Rentner*innen zusammen und zelebrieren großartige Musik. Die familiäre Stimmung unter den Bands und der Crew breitet sich dabei problemlos auf das Publikum aus und besonders ein mitreißender, ehrlicher und begeisternder Auftritt von NATHAN GRAY sorgen dafür, dass heute niemand traurig nach Hause gehen muss.

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