„Wenn’s einmal hart auf hart kommt, kommt’s meistens ganz hart“ sagte dereinst Bayern- und Nationalspieler Jens Jeremis – ein Zitat, dass gleich in mehrfacher Hinsicht auf den heutigen Konzertabend zu passen scheint. Denn nicht nur, dass die Tour von NACHTMYSTIUM an einem Mittwoch im sowieso schon Konzert-trägen München halt macht, nein, es muss auch noch ausgerechnet der Tag des Champions-League-Rückspiels des heimischen Rekordmeisters im Kalender stehen. So wundert es wenig, dass das Konzert bereits im Vorhinein von der Halle in den merklich kleineren Club verlegt wurde – nicht zuletzt wohl, um neben der Aussenfläche sowie dem Werk auch die Halle zur Public-Viewing-Area umfunktionieren zu können.
Als um 19:30 WRAITHCULT den Abend eröffnen, zählt das Publikum knapp 50 Nasen – und das, obwohl es sich hier um ein weiteres Projekt der bereits von Helfahrt und Thulcandra bekannten Ludwig-Zwillinge handelt. In monochrom blaues Licht getaucht, präsentiert die Band eine knappe halbe Stunde lang Material ihres kommenden Debüt-Albums – wirklich zu begeistern vermag die Performance jedoch niemanden. Das mag zum einen daran liegen, dass durch der Club um diese Uhrzeit durch das nicht verhangene Oberlicht noch ungemütlich hell ist, zum anderen vielleicht auch an der recht statischen Performance des Quartetts, das über ein wenig Headbangen nicht hinauskommt – all das vermag jedoch nicht zu überspielen, dass auch das Material der Truppe nicht eben eine Offenbarung ist. Gewiss, technisch kann man hier niemandem etwas ankreiden, dass die Herren ihre Instrumente beherrschen weiß man ja auch von ihren anderen Kapellen – allein, davon wird die Musik nicht spannender: Simple Riffs werden hier mehr oder minder uninspiriert heruntergeschraddelt, Höhepunkt der Gefühle ist mal ein eingestreuter Cleanpart oder ein Solo, wobei man sich selbst in diesen Momenten nicht zu profilieren vermag.
Weiter geht es mit den Briten VERDELET, welche mit ihrem äußerst kreativ „Return To Dust“ betitelten Debüt über den Kanal gekommen sind, um Zentraleuropa das Fürchten zu lehren… den Eindruck würde man zumindest gerne erwecken, wie es scheint: Gecorpsepainted und Nietenbestückt entspricht die Band jedwedem Black-Metal-Klischee – allein, man nimmt der Band die Bösartigkeit nicht ab. Egal, ob der Sänger wie ein Authist auf einem Kamel vor und zurück pendelt oder pathetisch auf der Bühne kniet – die Gesten wirken schlichtweg aufgesetzt. Musikalisch steht dem selbstgepflegten Image entsprechend truer Black Metal auf dem Programm, welcher stellenweise mehr als deutlich an Gorgoroth zu „Incipit Satan“-Zeiten erinnert. Dass sich der VERDELET-Sänger dabei jedoch sämtliche Texte, in Glassichtfolie laminiert, auf einem unauffällig kleingemachten Notenständer vor sich liegen hat und tatsächlich nach jedem Song umblättert, rundet den Gesamteindruck hier noch ab. Lässt man all diese Nebensächlichkeiten beiseite, macht VERDELET trotzdem Spaß – denn schlecht ist die Musik der Herren aus Hampshire ja nicht unbedingt.
Traurig dürfte dennoch niemand sein, als die Band die Bühne verlässt und damit Platz macht für den heimlichen Headliner des Abends, DARK FORTRESS. Ob Fußball in der Metal-Szene nicht so beliebt ist, oder Metaller eben doch Idealisten mit klar gesetzten Prioritäten sind, ist schwer zu beurteilen – Fakt ist, dass mittlerweile doch eine ansehnliche Publikumsschar den Club füllt. Die Entscheidung, das Konzert zu verlegen, war dennoch richtig, hätte sich selbst diese Fanmenge in der Halle verlaufen.
So hingegen können DARK FORTRESS sich über ein geschlossen stehendes Publikum freuen, welches die Landshuter von der ersten Minute an abfeiert. Für leichte Irritationen sorgt höchstens das Lineup der Band: Mit Sessionmusikern an der zweiten Gitarre (hier vertritt Ar von Secrets Of The Moon/Odem Arcarum spontan den krankheitsbedingt ausgefallenen Asvargyr), am Bass (Tobias Ludwig von Wraithcult/Thuldancra statt Draug) sowie am Keyboard (der für diese Tour terminlich ausgesetzte Paymon steht den Gig über sogar in der ersten Reihe) sind doch zumindest im Dark Fortress-Kontext drei der sechs Gesichter neu. Musikalisch merkt man dies der Truppe nicht im geringsten an – für diese Leistung gebührt den Sessionmitgliedern wie auch der Band vollster Respekt – allein optisch geht hier einiges verloren. Denn sind gerade Draug und Paymon Charakterköpfe, die auffallen und durch ihre Performance einen nicht zu verachtenden Teil zur Atmosphäre bei DARK FORTRESS-Auftritten beitragen, sehen die drei Session-Musiker trotz Corpsepaint schlichtweg brav aus. In Kombination mit Fronter Morean, der in seinem Stoff-Kunstleder-Fetzen-Fummel stets so aussieht, als hätte man ihn gerade vom Laufsteg der Fashion Week eingeflogen, hat die Band heute optisch ein bisschen viel von einer Black-Metal-Boygroup.
Der Musik tut all das indessen keinen Abbruch – ebenso wenig wie der Stimmung im Publikum: Egal, ob Klassiker wie „Catawomb“, neues Material wie „Ylem“ oder die Hits der letzten Alben wie das groovende „Bathometh“ von „Eidolon“ – alles wird vom Publikum frenetisch abgefeiert. Einzig der präsentierte neue Song, welcher sich wohl auf dem kommenden Album wiederfinden wird, erntet eher verhaltene Reaktionen. Ob dies am eher gemächlichen Chrarakter des Songs oder schlicht an der Tatsache, dass das Publikum diesen noch nicht kennt, bleibt ungeklärt. Und auch, wenn die Zugaberufe nicht erhört werden – was DARK FORTRESS heute abgeliefert haben, war einmal mehr ein Lehrbeispiel in Sachen Liveshow: So synchron headbangen nicht einmal Amon Amarth…
Während die zweite Halbzeit des Champions-League-Halbfinal-Rückspiels gerade herunterläuft, betritt mit NACHTMYSTIUM im Club die letzte Band des Abends die Bühne. Hatte die Truppe unlängst auf dem Ragnarök-Festival mit einem alkoholgetränkten Auftritt für Aufsehen gesorgt, gibt sich die Band heute äußerst diszipliniert – wenn auch nicht ganz freiwillig: So wird der auf die Bühne mitgebrachte Jack Daniels zu einem guten Teil von einem „Fan“ in der ersten Reihe vernichtet. Als Sänger Blake Judd diesen Umstand bemerkt, steht ihm der Schrecken quasi ins Gesicht geschrieben, welcher recht schnell in Ärger umschlägt, als der „Fan“ sich auch durch einen bösen Blick des Gitarristen stoppen lässt. Dass selbst ein beherzes Ausspucken in Richtung des Schluckspechts nichts mehr hilft, dürfte nicht nur am bereits getrunkenen Jack Daniels liegen… Von diesem Ärgerniss abgesehen, scheint die Band jedoch mächtig Spaß an ihrem Tun zu haben – ein Umstand, der sich ohne Verluste auf das Publikum überträgt: Es wird gebangt und geklatscht, was das Zeug hält, der ein oder andere kann sich sogar nichteinmal das Moshen verkneiffen – und das, obwohl die Musik der Amis mitunter ja eher Rockig denn Thrashig/Schwarzmetallen daherkommt. Verlängerung gibt es auch hier, kommt die Band doch vom Applaus getrieben, zu einer Zugabe nochmal auf die Bühne – um schließlich, wie um den Fussball-Fans einen Gefallen zu tun, doch noch gerade rechtzeitig zum Elfmeterschießen fertig zu sein.
Auch, wenn DARK FORTRESS heute so etwas wie der heimliche Headliner waren, und dieser Rolle mehr als gerecht wurden, konnten auch NACHTMYSTIUM mit ihrer engagierten, energiegeladenen Show voll überzeugen und sich so gewiss den ein oder anderen neuen Fan erarbeiten.
Für knapp 20€ allemal ein Konzertabend, den besucht zu haben wohl keiner der Anwesenden bereuen dürfte – nicht einmal die Bayern-Fans unter ihnen, bot sich doch im Backstage die ein oder andere Möglichkeit, sich mit Zwischenständen zu versorgen.