Konzertbericht: Max & Iggor Cavalera w/ Overkill, Insomnium, Deserted Fear

27.11.2017 Stuttgart, LKA


„Return To Roots“ – unter diesem Titel feierten die Cavalera-Brüder bereits 2016 ihr legendäres Werk „Roots“. Nun gehen die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum des Sepultura-Albums bereits ins zweite Jahr: Unter dem Banner des „MTV Headbangers Ball“ fallen die Cavaleras, begleitet von OVERKILL, INSOMNIUM sowie DESERTED FEAR als Verstärkung erneut in Deutschland ein, um ihre blutigen Wurzeln zu zelebrieren.

Die Death-Newcomer DESERTED FEAR werden allerdings leider Opfer der frühen Anfangszeit von 18:30 Uhr, aufgrund derer sich zu ihrem Auftritt noch kaum Leute im LKA wiederfinden. So ist die erste Band des Abends für die meisten INSOMNIUM. Die Qualität deren Shows entscheidet sich immer an genau einem Faktor – dem Sound. Denn wenn dieser schlecht ist, hört man keine Feinheiten und somit sind INSOMNIUM schlicht langweilig. Glück für alle Beteiligten: Heute ist der Soundmann im LKA auf Zack und zaubert der Band einen klaren, transparenten und doch druckvollen Sound aus dem Mischpult, sodass sich die feinen Melodien und harten Riffs perfekt die Klinke in die Hand geben. Nach rund 30 Minuten ist allerdings leider schon wieder Schluss.

Bei der Bewältigung der Trauer über die relativ kurze Spielzeit helfen die folgenden OVERKILL mit, indem sie freundlicherweise mit jeder Menge Energie die Bühne erst stürmen und dann mit ihrem Oldschool-Thrash förmlich abreißen. Ob „Rotten To The Core“ oder „Electric Rattlesnake“, die Mannen um Fronter Bobby „Blitz“ Ellsworth treffen mit jedem Song ins Schwarze. Die Grooves erinnern nicht selten an New-York-Hardcore und auch dessen Attitüde findet sich bei OVERKILL wieder – etwas, was die Anwesenden ohne Ende abfeiern. So gerät die Show zu einem absoluten Triumph, an dessen Ende alle das Motto der Band herausbrüllen: „We don’t care what you say – fuck you!“

Diesen Auftritt toppen zu müssen, wünscht man nicht vielen Bands. Anderseits kommen als nächstes die CAVALERAs – viel mehr Kult und Bühnenerfahrung geht kaum. Zudem ist das auf dem Programm stehende Material absolut unantastbar – was kann also schiefgehen?

Als die Band die Bühne betritt, brandet Jubel auf. Ohne große Umschweife machen sich die Musiker an einen der fraglos größten Hits des Metal-Genres. Doch so blutleer wie heute hat man „Roots Bloody Roots“ noch nie gehört. Max wirkt unglaublich behäbig und auch seine Mitstreiter können dies nicht ausgleichen. Die folgenden „Attitude“ und „Cut-Throat“ sind nicht viel besser und so dauert es bis zum vierten Song der Show („Ratamahatta“), ehe das erste Mal richtig Stimmung aufkommt. In gleichem Maße verläuft der Rest des Konzerts. Während Max mit Fortschreiten der Spieldauer immer mehr in Schwung kommt, pendelt die Stimmung im Publikum gefühlt zwischen Hingabe und Desinteresse. So großartig die Songs, so wenig springt der Funke heute über. Klar, wenn man die Augen schließt, ist das gespielte Material genial, aber sobald man auf die Bühne schaut, ist das Ganze irgendwie nur selten mitreißend. Ein RETURN TO ROOTS ist es also nur bedingt, denn das können die Herren definitiv besser, wie gerade das abschließende „Excruciating“ vom aktuellen CAVALERA-CONSPIRACY-Album „Psychosis“ beweist.

Eine unerklärlich frühe – und für Arbeitnehmer komplett unpraktische – Anfangszeit und ein mäßig mitreißender Headliner: Die 2017er Ausgabe der „MTV Headbangers Ball“-Tour hätte zur Vollkatastrophe werden können. Da INSOMINUM und OVERKILL jedoch absolut starke Auftritte hinlegen und der Haupt-Act schon aufgrund des gespielten Materials mindestens „in Ordnung“ ist, steht unterm Strich immerhin ein gediegener Abend. Auch wenn man mehr erwartet hatte…

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Fotos von: Christoph Emmrich

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