Konzertbericht: Mr. Hurley und die Pulveraffen

07.04.2022 München, Backstage

Über ein Jahr mussten sich die Fans von MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN gedulden: Nun sind die Wahlpiraten endlich mit ihrer neuen Scheibe „Seemannsgrab“ erstmals deutschlandweit unterwegs. In München ist das Backstage Werk trotz (oder dank) gelockerter Corona-Regelungen gut gefüllt und die Menge früh bereit für eine fröhliche Piratensause.

Als An- und Einheizer fungieren DIE HABENICHTSE, welche ebenfalls die weite Reise aus dem hohen Norden angetreten sind. Insgesamt drei der fünf Musiker haben den Trip gemeistert und zelebrieren ihren selbsttitulierten Bettel-Folk, der an eine nettere Version von Knasterbart erinnert. Früh erobert das Trio mit „Gierig und faul“ die Herzen des Publikums, welches wenig später bei „Eine Ode an die Unterhose“ die erste Polonaise des Abends startet. Ihre rund 30 Minuten füllen DIE HABENICHTSE mit charmantem, selbstgetextetem Liedgut über das Trinken, Feiern im Rumpelstilzchen-Stil und auch Freibeuterei. Aus aktuellem Anlass schlagen die Musiker zwischenzeitlich auch ernste Themen an, was ihnen ebenfalls gelingt. Nach der starken Support-Show ist die Menge mehr als nur bereit für den Hauptact.

Mit „Affentotenkopp“ legen MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN schnell die Marschroute und Windrichtung für ihre 90-minütige Show fest: Die Segel sind auf Party-Folk gesetzt, der durch seine unterschiedlichen Facetten immer wieder überrascht. Urig-Launiges wie „Hals über Kopf“ oder „Mitn Hut“ gesellt sich zu Hymnischem wie „Wellenbrecher (Ihr seid der Wind)“ und „Auf zu neuen Ufern“ oder melancholischen Momenten wie „Scherenschnitte“. Die Setlist ist perfekt zusammengestellt, so dass selbst gefühlt temporär allgegenwärtige Songs wie „The Wellerman“ mehr als nur ordentlich abgefeiert werden. „Santa Sangria“ tritt live genau wie auf CD die Nachfolge von „Booty Island“ an und auch ehemals feste Bausteine der Live-Shows wie „Ach ja?!“ hinterlassen auf der Seemannsgrab-Tour keine Lücken. Zwischen den Songs bekommen die vier Musiker immer wieder Pfeffi gereicht, was – unter tätiger Mithilfe von Mr. Hurley – irgendwann zu lauten „Noch ein Pfeffi“-Sprechchören im Sabaton-Stil führt, die der Oberaffe nur mit Mühe wieder eingefangen bekommt. Im letzten Drittel tritt schließlich Bassistin Pegleg Peggy ins Rampenlicht und feiert ihr gelungenes Debüt als Lead-Sängerin bei „Mann über Bord“. Ihre neue Rolle macht Lust auf mehr und eröffnet den PULVERAFFEN neben den kompositorischen Freiheiten weitere Optionen bei der gesanglichen Ausgestaltung zukünftiger Werke.

Nachdem MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN ihren eigenen Untergang besingen, neigt sich das Konzert langsam dem Ende. Im Zugaben-Part rückt wiederum die Show- und Partykomponente nochmals in den Vordergrund: Für „Grogstar“ legen die vier Musiker ihre Sonnenbrillen und Lederjacken an, um zusammen mit ihren Hurleygans sich selbst zu karikieren – inklusive offensichtlichem Playback. Anschließend fehlt nur noch das obligatorische „Blau wie das Meer“, welches begleitet wird von einem längeren Intro-Medley, bei dem neben „Irish Rover“ und einer klaren Botschaft gegen Nazis erneut Pegley Peggy kurz bei „I will survive“ als Sängerin zu hören ist.

Kein Zweifel: Wer an diesem Donnerstag ins Backstage gekommen ist, der wollte einen lustigen Abend verbringen. Die Besucher und Musiker heizen sich gegenseitig immer wieder aufs Neue an, so dass nach langer Zeit wieder echte Konzertatmosphäre wie vor der Pandemie entsteht – trotz Corona und Ukraine-Krise.

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