Zum „größten METFEST aller Zeiten“ laden Feuerschwanz auf dem Münchner Tollwood. Gleich vier Bands spielen dort auf: Heraus kommt eine schweißtreibende Folk-Rock-Party mit erstaunlich hohem Power-Metal-Anteil und einem Headliner, der inzwischen zurecht zur Speerspitze des Genres zählt.
Gleich die GRAILKNIGHTS haben mit ihrem Superhero Metal maximal in der selbstgewählten Genrebezeichnung etwas mit Met zu tun. Bereits kurz vor dem angekündigten Beginn legen die Hannoveraner furios los, glücklicherweise ist die Zeltkonstruktion bereits gut gefüllt, denn Songs wie „Cthulhu“ oder das „Superheromedley“ machen live im entsprechenden Setting einfach Spaß. Trotz eng bemessener Spielzeit von knapp 30 Minuten inszenieren die Power-Metaller mit viel Superhelden-Ironie ihre kunterbunt-epische Schlacht um den heiligen GRAILKNIGHTS-Gral und werden so zum idealen Einheizer bzw. Vorglüher.
In eine ähnliche Richtung gehen die WARKINGS, die ihren Power Metal ebenfalls konzeptionell aufwerten; genauer gesagt um Geschichten der vier historischen Kriegskönige, die die einzelnen Bandmitglieder darstellen sollen. Mit ordentlich Rückenwind von Napalm Records ist der Vierer rund um Serenity-Fronter Georg Neuhauser fleißig unterwegs, unter anderem bereits als Support von Feuerschwanz oder Powerwolf. Drei Alben in den letzten drei Jahren (zuletzt „Morgana“ in 2022) sprechen dafür, dass das Projekt möglichst schnell möglichst groß werden will bzw. soll. Dies geht besonders bei der Menge an Output erwartungsgemäß zulasten der Kreativität: Viele der Power-Metal-Kompositionen setzen auf schlichteste Eingängigkeit und bedienen sich wie „Fight“ plump am Erfolg anderer Songs, in diesem Fall bei „Bella Ciao“. Der gutturale Gesang von Morgana Le Fay wie in „Heart of Rage“ bringt etwas Abwechslung in den ansonsten schnörkellosen Auftritt, der trotz seiner Limitierungen mehr als nur ordentlich abgefeiert wird. Einzig ein Mädchen, das von Tribune kurz auf die Bühne geholt wird, um die „Zukunft des Metal, für die es sich zu kämpfen lohnt“ abzubilden, wirkt eher verstört als unterhalten, und auch die leuchtenden Handydisplays verlieren bei Tageslicht völlig ihre Wirkung.
Mit FIDDLER’S GREEN nähert sich das Festival wieder mehr seinem Motto, wenngleich bei den Wahliren vermutlich eher Whiskey als Met kredenzt wird. Das letzte Studioalbum „Heyday“ liegt inzwischen knappe vier Jahre zurück, so dass die Fiddlers diesen Auftritt scheinbar auch verwenden, um nach ihrem neuen und immer noch gewöhnungsbedürftigen Intro „I Want To Be Irish“ im Stile von Technoheads „I Wanna Be A Hippy“ ein bisschen zu experimentieren. So zählt unter anderem „Steady Flow“ zur Songauswahl, welches bis dato selten bis nie zu hören gewesen ist. Was mit „Life Full Of Pain“ und „Scolding Wife“ etwas gleichförmig beginnt, steigert sich im Laufe der rund 70 Minuten mit erprobten Krachern wie „Victor And His Demons“ und „Yindy“ zu einer kleinen, aber feinen Fiddlers-Festivalshow, die zurecht an vorletzter Stelle des Abends kommt. Dafür sorgen auch Tobi, der bei „Born To Be A Rover“ in einem Schlauchboot über die Menge reist, und das hervorragend inszenierte instrumentale Interlude mit Schlagzeuger Frank, Stefan an der Bodrhan und erneut Geiger Tobi. Sänger Albi gibt gegen Ende noch einen Ausblick auf die weiteren Shows der Band dieses Jahr in Bayern und kündigt im Zuge dessen auch neues Material an. Zwar ohne Zugabe, aber dafür zusammen mit „The Night Pat Murphy Died“ ein versöhnlicher Abschluss für die Tollwood-Show.
Erst mit einem großen Vorhang verhüllt, erstrahlt die Bühne zum instrumentalen Teil von „Das elfte Gebot“ wenig später in vollem Glanz, als FEUERSCHWANZ ihre Show mit „Memento Mori“ eröffnen. Kein Zweifel, besonders mit ihren letzten beiden Alben sind die Süddeutschen an der Spitze der hiesigen Folkrock-Szene angekommen. Und auch die Headliner-Show im leider maximal halb gefüllten Tollwood-Zelt beweist, warum das so ist: Neue Nummern wie „Bastard von Asgard“ knüpfen nahtlos an das Material von „Memento Mori“ und „Das Elfte Gebot“ an. Bereits vor der Veröffentlichung des neuen Longplayers „Fegefeuer“ erweist sich der Bastard als Stimmungsgarant mit lautem Publikumschor als Ersatz für Gastsängerin Fabienne Erni. „Berzerkermode“ und „Knochenkarrussell“ als weitere Vorboten können nicht ganz mithalten, werden von den Fans allerdings auch gefeiert und fügen sich nahtlos ins Set ein. Zu „Schubsetanz“ poget sich die auch nach drei Bands immer leicht zu begeisternde Menge fröhlich durch den Zuschauerraum, ehe direkt danach – im wahrsten Sinne des Wortes – der gemeinsame Schulterschluss bei „Kampfzwerg“ folgt. Aus ihrer letzten Schaffensphase haben sich FEUERSCHWANZ ein ungemein starkes Live-Set zusammengestellt, welches bis auf zwei Songs von „Methämmer“ alles davor komplett außen vor lässt. Der Erfolg und die Stimmung geben ihnen dabei recht: Beim „Metfest“ darf der namensgebende Song natürlich nicht fehlen, wenngleich die dazugehörigen Getränkebestände bereits vernichtet sind. „Metvernichter“ sind also noch genug unter den Fans, während der Song eingemottet scheint.
Nur einmal erinnert Hauptmann Feuerschwanz an die fast vergessene Vergangenheit der Band, die 2009 an gleicher Stelle auf einem kleinen Mittelmarkt aufgetreten ist. Dass sie rund 15 Jahre später wenige Meter vom ehemaligen Marktgelände entfernt die Gastgeber für ein eigenes kleines Festival sein werden – eigentlich undenkbar. Mit harter Arbeit und einem inzwischen manifestierten Stil, der in Teilen an Powerwolf erinnert, ist es der Combo allerdings gelungen, sich mindestens unter die Top 3 ihres Genres zu spielen. Einzig das Cover von „Dragostea Din Tei“ verpufft in München etwas, dafür geht die Menge zu Manowars „Warriors Of The World“ zu Beginn des Zugabenblocks richtig steil. Mit „Ding“ folgt wenig später noch die vermutlich stärkste Eigeninterpretation von des Hauptmanns geilem Haufen, der im Laufe der Jahre immer seriöser und ernstzunehmender geworden ist. Wenig überraschend, dass Johanna von der Vögelweide inzwischen schlicht Johanna genannt wird und die beiden Miezen essentieller Teil der Bühnenshow sind. Das hymnische „Die Hörner hoch“ markiert schließlich das Ende nach knapp 80 bärenstarken Minuten.
Beim METFEST finden an diesem Abend alle Bands ihr Publikum. Stilistisch fallen Fiddler’s Green etwas aus dem Rahmen, doch auch der irische Folk kommt am Ende an. In dieser oder ähnlicher Zusammenstellung wird man die vier Bands vermutlich noch häufiger bei größeren Festivals sehen. Ihre jeweilige Visitenkarte mit Empfehlung für weitere Bookings haben sie beim Tollwood 2023 jedenfalls abgegeben. Dass das Zelt eher mäßig besucht gewesen ist, dürfte lediglich dem ungünstigen Timing geschuldet sein: Mit dem Feuertanz Festival auf Burg Abenberg und ihrer letzten Headliner-Show im April, auch noch zusammen mit Warkings als Support, waren Feuerschwanz erst vor kurzem in oder in unmittelbarer Nähe zu München zu sehen.