Konzertbericht: Mayhem w/ Merrimack, Svoid

27.05.2014 München, Strøm

MayhemBlack Metal ist im Münchner Strøm trotz des skandinavisch angehauchten Namens ein seltener Gast. Doch wenn schon, denn schon, dachte sich wohl der Booker und holte mit MAYHEM dafür nun die wohl legendärste Band des Genres in die sonst vornehmlich von Indie- und Hiphop-Acts bespielte Halle.

SVOID

Bereits vor dem offiziellen Beginn des Konzertes spielen die in der Konzertankündigung nicht mit einem Wort erwähnten SVOID aus Ungarn. Was zunächst der Band gegenüber unfair wirkt, stellt sich im Nachhinein den Konzertbesuchern gegenüber als überaus fair heraus: Außer verstimmten Gitarren und unterdurchschnittlichem True Black Metal haben SVOID nämlich wenig zu bieten.

Merrimack

Mehr darf man sich da schon von MERRIMACK erwarten: 2012 legten die Franzosen mit „The Acausal Mass“ ein vielschichtiges und detailverliebtes Album vor. Wider erwarten und entgegen dem eher modernen Sound auf Platte präsentieren sich jedoch auch MERRIMACK heute von der überaus truen Seite: Panda-Corpsepaint, zerrissene Shirts und massig misanthropische Gesten lassen daran keinen Zweifel. Das Gehabe von Fronter Vestal, der nicht müde wird, sich halbherzig das Mikrophon gegen den Kopf zu schlagen, wirkt dabei in Verbindung mit seinen jugendlichen Gesichtszügen allerdings eher kindisch denn „böse“. Doch nicht nur hinsichtlich der Show enttäuschen MERRIMACK – auch die musikalische Darbietung bleibt hinter den Erwartungen zurück, geht dem Songmaterial im Livebetrieb doch jedwede Vielschichtigkeit verloren. Was übrig bleibt, ist solider, aber eher durchschnittlicher Black Metal. Schade…

Mayhem_Logo_02

All das verkommt jedoch schnell zur Nebensache – schließlich steht nun der Auftritt der wohl sagenumwobensten Black-Metal-Formation überhaupt an. Während man bei Konzerten anderer Bands im Vorhinein meist recht genau weiß, was einen erwartet, bleiben MAYHEM dahingehend stets unberechenbar: Von der absoluten Freakshow bis hin zu todlangweilig hat man schon alles gesehen – einzig ein wirklich gelungener Auftritt der Norweger ist eine Seltenheit.

Mayhem-Psywar-cover V2-Diesbezüglich hat man heute jedoch mal wieder kein Glück: von einem „gelungenen Auftritt“ kann beim besten Willen nicht die Rede sein. Zwar verspricht die Setlist, welche zur Feier des 30jährigen Bestehens der Band alle Schaffensperioden abdeckt, Großes – Sound und Show lassen jedoch die aufgekeimten Hoffnungen sogleich platzen. Während der Sound leider recht undifferenziert aus den Boxen schallt, liefert jeder einzelne Musiker von MAYHEM seine eigene skurrile Show ab: Zunächst wären da Neuzugang Teloch, der zwar die Lead-Gitarre spielt, dafür jedoch den gesamten Auftritt unter einer Kapuze bestreitet, die ihm jedwede Sicht auf Publikum oder auch nur sein Instrument raubt und Schlagzeuger Hellhammer, der sich in seinem Faradayschen Käfig aus Drum-Racks und Becken die Seele aus dem Leib blastet. Auf der rechten Bühnenseite macht währenddessen der glatzköpfige Muskelprotz Charles Hedger an der zweiten Gitarre seinen Job, ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen. Eine gen Himmel gereckte Faust während „Freezing Moon“ ist hier das Höchste der Gefühle. Für Kopfschütteln sorgen jedoch mal wieder Necrobutcher und Attila: Während ersterer den Rockstar gibt und sich feiern lässt, als wäre er nicht nur ein mittelmäßig begabter Bassist, sondern der Kopf hinter MAYHEM, versucht sich Attila wieder einmal daran, mit allerlei peinlichen Accessoires wie Galgenknoten, Knochenkreuz und Plastikschädel so etwas wie Atmosphäre aufzubauen.

Ester Segarra

Das gelingt jedoch schon deshalb nicht, weil Attila heute überraschend präsent, um nicht zu sagen ausnahmsweise nicht vollkommen stoned wirkt – die innere Überzeugung und Selbstverständlichkeit, mit der er im Drogendelirium mit seinem Plastikspielzeug herumfuchtelt, fehlt heute völlig. Dem unter seinem missratenen Facepaint, das sein Gesicht mit allerlei „mystischen“ Symbolen bedeckt, vollkommen klar und freundlich dreinschauenden Mittvierziger nimmt man das pseudoböse Gehabe heute schlicht und ergreifend nicht ab. Was bleibt, ist eine durchweg aufgesetzt und wenig authentische Show, die nach dem alten Mantra des „weniger ist mehr“ schreit. Denn ohne Zweifel hätten MAYHEM gut daran getan, sich den Abstecher ins Faschingsbedarfsfachgeschäft zu verkneifen.

Setlist MAYHEM:
— Silvester Anfang (Intro)
01. Pagan Fears
Mayhem-Psywar-cover V1-High res version-CMYK-300dpi02. Deathcrush
03. Buried By Time And Dust
— To Daimonion (Intro)
04. Symbols Of Bloodswords
05. My Death
06. A Time To Die
07. Psywar
08. Illuminate Eliminate
— Piano (Intro)
09. De Mysteriis Dom Sathanas
10. Whore
11. Chainsaw Gutsfuck
12. Freezing Moon
13. Carnage
14. Pure Fucking Armageddon

Dass die Kapazität der recht kleinen Location dem Legendenstatus zum Trotz locker ausreicht, um allen Fans Platz zu bieten, ist bezeichnend. Sicherlich, die denkbar ungünstige Terminierung des Konzertes auf einen Dienstag um 20:30 (Einlass) beziehungsweise 21:30 (Beginn) spielt hier gewiss auch eine Rolle – Fakt ist jedoch auch, dass MAYHEM sich durch ihre eigenwilligen Alben, sowie bisweilen ins Absurde abdriftende, zumeist jedoch schlicht und ergreifend schlechten Auftritte nicht nur Freunde gemacht haben. Die Zahl derer, die bereit sind, dafür satte 32€ (Abendkasse) auf den Tisch zu legen, dürfte dem entsprechend über die Jahre nicht unbedingt gestiegen sein – und schon bei ihrem letzten, an Skurrilität nicht zu überbietenden Auftritt in München war der Andrang eher überschaubar.

So bleiben MAYHEM auch 2014 das zweischneidige Schwert, als das man die Band seit Jahren kennt: Während die Norweger auf Platte ausnahmslos zeitlose Meisterwerke veröffentlichen, zeigt sich live ein ums andere Mal das andere Gesicht der Band. Mit viel gutem Willen kann man MAYHEM die dort an den Tag gelegte Anarchie und „Fuck Off“-Attitüde zugutehalten – schließlich muss diese Band niemandem mehr etwas beweisen. Allein, wenn sie es täte, wäre ihr auch niemand böse.

Ester Segarra

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Ein Kommentar zu “Mayhem w/ Merrimack, Svoid

  1. Während ich eigentlich alle größeren Black Metal Bands aus Norwegen mag, bestätigt das hier meine Abneigung gegen Mayhem doch sehr. Letztendlich sollte es doch irgendwie primär um Musik gehen. Das hier hört sich aber komplett nach Kasperletheater an.

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