Konzertbericht: Marilyn Manson w/ New Years Day

13.11.2015 Wien, Gasometer (Bank Austria Halle)

marilyn-manson-tickets_01-25-15_17_546cd3ff79326Drei Jahre ist es her, dass MARILYN MANSON sich (damals mit Rob Zombie) zuletzt auf Europas Bühnen zeigte. Seitdem hat der Amerikaner mit „Pale Emperor“ ein überragendes Album abgeliefert – höchste Zeit also, dass der „Antichrist Superstar“ sich nun wieder auf Tour begibt.

NewYearsDay-01Zunächst jedoch gilt es, den Auftritt von NEW YEARS DAY zu überstehen: Klingt schon der New Metal der Truppe aus Kalifornien an sich alles andere als neu, macht die durchgestylte Fronterin Ashley Costello den letzten Rest Unterhaltungswert, den die Songs noch gehabt hätten, durch ihren Beitrag zunichte: Mit dünner Stimme und stets leicht neben dem angestrebten Ton klingt Costello so, wie sich andere am Neujahrstag fühlen. Als hätten NEW YEARS DAY selbst gemerkt, dass sie heute keinen guten Tag erwischt haben, beenden sie ihr Set nach kurzer Absprache bereits nach knapp 20 Minuten – eine Entscheidung, die im Zuschauerraum nur wenig Bedauern auslöst.

Der einzige Nachteil des gekürzten Auftritts von NEW YEARS DAY ist die entsprechend längere Wartezeit: Da MARILYN MANSON seine Stagetime natürlich nicht nach der Vorband richtet, sind es so fast 60 Minuten, die sich seine Fans gedulden müssen, bis endlich das Intro erklingt.

Manson-01Oder besser gesagt: Die Intros. Als ob MARILYN MANSON sich nicht für eine Einlaufmusik hätte entscheiden können, reihen sich mit „Satan Is Real“ von The Louvin Brothers und „The Devil Is A Lie“ (Rick Ross), gefolgt von undefiniertem Sound quasi drei Intros aneinander, bevor MARILYN MANSON seine Show endlich mit „Deep Six“ eröffnet. Überflüssig, doch schnell vergessen: Zwar ist MANSON selbst beim Hit seines aktuellen Albums vor lauter Nebel und Strobogewitter noch kaum zu sehen, die Fans jedoch feiern ihren Star bereits jetzt lautstark. Zu recht, startet MARILYN MANSON im Folgenden doch ein wahrhaftiges Hit-Feuerwerk, in dessen Mittelpunkt überraschenderweise nicht „Pale Emperor“, sondern mit fünf gespielten Songs klar „Antichrist Superstar“ steht.

Doch nicht nur die Songauswahl, auch deren Darbietung weiß zu beeindrucken: Show-Routine wie die Bücherverbrennung vom Rednerpult bei „Antichrist Superstar“ und die Stelzenschuh-Einlage wie bei „Sweet Dreams“ wechselt sich mit impulsiver Spontanität ab: Manson-04Gleich dreimal schlägt MARILYN MANSON leeren Bierflaschen den Hals ab und ritzt sich damit das Handgelenk. Auch die Publikumsnähe, die der Rockstar heute an den Tag legt, überrascht: Mehrfach steigt der Rockstar während seiner Performance von der Bühne herunter und liefert sich dem Meer nach ihm greifender Hände aus. Auf einen dieser Ausflüge folgt allerdings ein Schreckmoment: MANSON sackt am Bühnenrand in sich zusammen und bleibt so lange regungslos liegen, dass selbst seine Roadies unruhig werden. Ob Showelement oder Schwächeanfall, ist bei einem Verwandlungskünstler wie MARILYN MANSON schwer zu sagen – anmerken lässt sich der Entertainer im weiteren Verlauf der Show jedenfalls nichts mehr.

Diese gleicht von ihrer Konzeptionierung her mehr denn je einem Theaterstück in vielen Akten: Nach jedem Song verschwindet MANSON minutenlang hinter der Bühne, bis das Licht wieder angeht und er in einem gänzlich neuen Kostüm zurückkehrt. Wärend Songs wie „Dope Show“, bei dem er mit Ray-Ban-Sonnenbrille und „koksgefülltem“ Kondom den Drogen-Snob gibt, durch die detailverliebte Inszenierung gewinnen, kühlt die an sich intensive Atmosphäre in den Wartezeiten zwischen den Songs leider immer wieder stark ab – zumal die Unterbrechnungen einen nicht unerheblichen Teil der Gesamtspielzeit von knapp 90 Minuten einnehmen: Als MARILYN MANSON zur Zugabe zurück auf die Bühne kommt, sind erst 12 Songs gespielt. Allein die fast schon besinnliche Atmosphäre, als der Schock-Rocker zum Abschluss noch in Wintermantel und mit weihnachtlich dekoriertem Mikrophonständer „Coma White“ darbietet, während Kunstschnee auf die Bühne rieselt, kann man jedoch als Entschädigung gelten lassen.

Manson-02

    — Satan Is Real (The-Louvin-Brothers-Song, Intro)
    — The Devil Is A Lie (Rick-Ross-Song, Intro)

  1. Deep Six
  2. Disposable Teens
  3. mOBSCENE
  4. No Reflection
  5. Cupid Carries A Gun
  6. Sweet Dreams (Are Made Of This) (Eurythmics-Cover)
  7. Angel With The Scabbed Wings
  8. Tourniquet
  9. Irresponsible Hate Anthem
  10. The Dope Show
  11. Antichrist Superstar
  12. The Beautiful People
  13. Coma White

Mit seinem Showkonzept trifft MARILYN MANSON nicht den Geschmack aller Konzertbesucher: Zu wenig Songs und zu lange Pausen sorgen bei manchem Fan erwartungsgemäß für Unmut. Wer darüber jedoch ernstlich erbost ist, hat den Künstler MARILYN MANSON nicht verstanden: Statt auf Massenware und generisch reproduzierte Songs setzt dieser auf eine dem Songmaterial angemessene Inszenierung. Dass dafür „bezahlte Spielzeit draufgeht“, ist schade, aber nicht zu ändern – zumal es sowieso ein Ding der Unmöglichkeit wäre, alle Hits, die gespielt werden müssten, um alle Fans zufriedenzustellen, in einem Set unterzubringen.

Die in diesem Bericht enthaltenen Fotos stammen vom Auftritt in Stuttgart.

 

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Publiziert am von

Fotos von: Christoph Emmrich

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