Konzertbericht: Make Do And Mend w/ Apologies, I Have None, Daylight

09.03.2013 München, Orangehouse


Einmal mehr rollt die Welle über Oberbayern: Nachdem letztes Jahr jedes Mitglied der sogenannten „The Wave“ (ein Freundeskreis bestehend aus Touché Amoré, La Dispute, Pianos Become The Teeth, Defeater und MAKE DO AND MEND) einmal in München haltmachte, ist es nach diversen Support-Slots (unter anderem vor Hot Water Music und Every Time I Die) nun auch der Post-Hardcore/Punk-Band MAKE DO AND MEND vergönnt, auf Headliner-Tour in Europa zu gehen. Unterstützung erhalten sie bei ihrem Auftritt im Münchner Orangehouse von den Londoner Szenelieblingen APOLOGIES, I HAVE NONE sowie von den US-Rockern DAYLIGHT.


Pünktlich um 20.30 erlischt zum ersten Mal das Licht und in Holzfällerhemden betreten DAYLIGHT aus Pennsylvania die Bühne. Ohne große Umstände steigen die vier Jungs in ihr Set ein, welches sich musikalisch als leidenschaftlicher Midtempo-Punkrock präsentiert und in vielen Momenten an den Headliner des heutigen Abends erinnert. Die beiden Gitarristen wechseln sich am Gesang ab, wobei die Stimmen sich hier enorm variabel zeigen: Teilweise fühlt man sich an die rauen Organe von Hot Water Music oder Title Fight erinnert, nur um im nächsten Moment auf eine zerbrechliche Gesangslinie zu stoßen, welche stark nach Kurt Cobain klingt. Dies ist besonders bei einem neuen Song der Fall, der auch musikalisch wie eine Nirvana-Kopie klingt, die es irgendwie ins 21. Jahrhundert verschlagen hat – leider ohne zu funktionieren. Die vier Jungs interagieren wenig mit Publikum, was allerdings nicht irgendeiner arroganten Haltung zuzuschreiben ist, sondern vielmehr in ihrer intensiven Verbindung mit ihrer Musik begründet liegt. Nach 20 Minuten ist bereits wieder Schluss und die Band wird mit artigem Applaus verabschiedet. Bis auf den „Nirvana-Ausrutscher“ konnten DAYLIGHT, die bereits letztes Jahr als Support für die Hardcore-Recken More Than Life in München zu Gast waren, vollauf überzeugen und liefern einen stimmungsvollen Einstieg in diesen Abend.


Nach einer kurzen Umbaupause betreten um kurz nach 21 Uhr die Englänger APOLOGIES, I HAVE NONE die Bühne. Die vier Jungs werden derzeit von der Presse und in Punkrockkreisen als Geheimtipp gefeiert und konnten auch bei metal1 mit ihrem Debütalbum „London“ überzeugen. Was den hymnischen Punksongs mit Indieeinflüssen auf der Platte an manchen Stellen noch an Energie fehlt, macht die Band durch ihre Livepräsenz und -darbietung wett: Am vorderen Bühnenrand sind alle drei Sänger nebeneinander aufgebaut und stimmen immer wieder in Wechselgesänge und kleine Choräle ein, was besonders durch den leicht mit Hall unterlegten Mikrofonsound immer wieder Gänsehaut erzeugt. Auch die Abmischung an diesem Abend ist – wie bereits bei Daylight – großartig: Das Schlagzeug ist druckvoll, der Bass wummert schön nach vorne, die manchmal verzerrten, häufig aber clean gespielten Gitarren sind nicht zu laut und der bereits angesprochene Gesang legt sich perfekt über die Musik. Leider scheint ein Mikrophon im Konzertverlauf immer wieder den Geist aufzugeben, was wohl auch dazu beiträgt, dass gerade der Überhit „Long Gone“ live eben nicht so energetisch funktioniert, wie er dies auf Platte tut.
Die Band ist sichtlich beeindruckt vom mitsingenden und mitwippenden Publikum, das die Intensität des Applauses von Song zu Song steigert. Immer wieder bedanken sich die Bandmitglieder und zahlen die Begeisterung ehrlich mit schweißtreibendem Einsatz auf der Bühne zurück – besonders PJ Shepherd am Bass erinnert in seiner Darbietung mehr als einmal an Chris #2 von Anti-Flag. Nach gut 30 Minuten beenden APOLOGIES, I HAVE NONE ihren ersten Auftritt in München, nicht ohne anzukündigen, dass sie dieses Jahr quasi überall in Deutschland touren werden. Nach einem so mitreißenden Auftritt und bezogen auf die vereinzelten Rufe nach einer Zugabe, darf dies gerne auch wieder in München der Fall sein.

Setlist APOLOGIES, I HAVE NONE:
01. Sat In Vicky Park
02. Still Sitting Tight
03. Concrete Feet
04. 60 Miles
05. Joiners And Windmills
06. The 26
07. Long Gone
08. Clapton Pond


Nach knapp 15 Minuten Umbaupause (ein Hoch auf den DIY-Charakter von Punkrockbands, die dem Publikum die klischeebeladenen und meist unnötigen dreißigminütigen Wechsel zwischen den Bands ersparen) ist es schließlich so weit und MAKE DO AND MEND eröffnen ihr Set. In gewohnter Manier tritt Sänger und Gitarrist James Carroll ans Mikrophon und begrüßt mit seiner Reibeisenstimme und im breiten amerikanischen Slang das Publikum im sehr ansehnlich gefüllten Orangehouse. Mit „Stay In The Sun“ und dem Hit „Lucky“, welcher auf den bisherigen Tourstationen ausgespart wurde, steigt die Band mit zwei Songs ihres aktuellen Albums „Everything You Ever Loved“ unfassbar energiegeladen in den Abend ein und ist bereits nach ein paar Minuten vollkommen nassgeschwitzt. Dies überträgt sich mit dem anschließenden Dreierpack vom ersten Album „End Measured Mile“ auch auf das Publikum, welches spätestens bei „Oak Square“ mit erhobenen Fäusten und in den Nacken geworfenen Köpfen lauthals mitsingt und zu tanzen beginnt. Die Band bedankt sich dabei überschwänglich nach jedem Song – während diese Ansagen zu Beginn noch ein wenig einstudiert und hölzern wirken, wird Carroll im Verlauf des Sets immer offener, redseliger und ist, dem Lächeln auf seinem Gesicht nach zu urteilen, absolut begeistert von den Reaktionen des Münchner Publikums.
Bei der ruhigsten Nummer des Abends, dem sehr persönlichen und emotionalen „St. Anne“, übertönt das Feierwerk sogar die Band – einmal mehr muss an dieser Stelle die vorzügliche Abmischung erwähnt werden, die die leidenschaftlichen Songs von MAKE DO AND MEND in all ihrer Emotionalität, Sehnsucht und Verzweiflung perfekt in ein Livesetting transportiert. Als Schmankerl hat die Band auch noch einen Song von ihrer Debüt-EP „Bodies Of Water“ im Gepäck – entsprechend dreht das textsichere und scheinbar alteingesessene Publikum bei „Winter Wasteland“ völlig durch. Der Beweis dafür, dass die Mischung aus alten und neuen Songs an diesem Abend voll aufgeht, zeigt sich darin, dass neben diesem Klassiker auch der eingängigste Song der Band in Form der aktuellen „Single“ „Disassemble“ frenetisch abgefeiert wird. Dementsprechend verwundert es nicht, dass die Band schließlich nach dem eigentlich abschließenden „Unknowingly Strong“ noch einmal lautstark auf die Bühne zurückgerufen wird. Dass diese Zugabe ungeplant war, merkt man an der Reaktion der lächelnden Bandmitglieder, die erst im Publikum nach Songwünschen fragen und sich schließlich noch kurz auf der Bühne absprechen müssen. Bezeichnenderweise beenden MAKE DO AND MEND den Abend mit dem Song „Thanks“, der das Tourleben besingt, und stehen nach einem knapp sechzigminütigen Set noch lange am Merchstand, um sich mit ihren Fans zu unterhalten.

Setlist MAKE DO AND MEND:
01. Stay In The Sun
02. Lucky
03. Transparent Seas
04. Oak Square
05. Firewater
06. St. Anne
07. Hide Away
08. Night’s The Only Time Of Day
09. Winter Wasteland
10. Desert Lily
11. Disassemble
12. Unknowingly Strong
———————–
13. Thanks

FAZIT: Die bisherigen Auftritte von MAKE DO AND MEND fanden alle in größeren Hallen statt, was gemeinsam mit der Rolle als Supportband dazu führte, dass ein großer Teil des Charmes der Mischung aus Post-Hardcore, Punkrock und Poppunk live verloren ging. An diesem Abend im gut gefüllten, relativ kleinen Orangehouse und mit der Unterstützung von Apologies, I Have None und Daylight konnte die Band aus Boston zeigen, dass sie sich nicht einmal im Ansatz hinter ihren derzeit noch erfolgreicheren Freunden von Touché Amoré und La Dispute verstecken braucht. Sollten Hot Water Music jemals entscheiden, sich zur Ruhe zu setzen, steht bereits jetzt in MAKE DO AND MEND auf jeden Fall ein mehr als würdiger Nachfolger fest.

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