Konzertbericht: Loreena McKennitt

16.07.2024 München, Tollwood

 

Wer Konzerte von LOREENA MCKENNITT besucht, der weiß vorab, was er bekommt: Traditionell irische und keltische Musik mit allerlei Einflüssen, unter anderem aus dem orientalischen Raum. Das ändert sich wenig überraschend auch auf der aktuellen „The Mask And Mirror 30th Anniversary“-Tour nicht. Dafür überzeugt die Songauswahl auf dem Münchner Tollwood durch einen angenehmen Spannungsbogen und die Altmeisterin mit ihrer immer noch fabelhaften Stimme.

Auf einen Support verzichtet MCKENNITT wie gewohnt. Stattdessen beginnt sie zusammen mit ihrer bekannten Live-Band direkt selbst mit dem starken „All Souls Night“ von 1991, welches als einzelnes Stück sogar noch mehr Jahre auf dem Buckel hat als das namensgebende Album „The Mask And Mirror“ aus dem Jahr 1994. Die Musiker kommen gerade aus Spanien und wirken nach zwei Tagen Pause gut erholt. Das berichtet auch MCKENNITT selbst, die in der ersten Konzerthälfte viel über die keltischen Stücke und deren Entstehung erzählt. In der zweiten Hälfte steht allein die Musik im Vordergrund, denn anlässlich des 30. Jubiläums von „The Mask And The Mirror“ spielt LOREENA MCKENNITT das gesamte Album in voller Länge, ehe mit „The Mummer’s Dance“ und „Dante’s Prayer“ noch zwei Zugaben den Konzertabend beschließen.

Auf die irischen Traditionals wie „Star Of The County Down“ oder „Bonny Portmore“ muss das Publikum dieses Mal verzichten. Ins Gewicht fällt dies nicht, denn alle Stücke sind eingebettet in ein wunderbar ausbalanciertes Soundgewand aus Streich- und Zupfinstrumenten. MCKENNITT selbst ist mehrfach am Piano und natürlich auch an der Harfe zu hören. Bei „Marco Polo“ greift sie selbst auch zum Akkordeon, welches ansonsten von der ungemein vielseitig talentierten Cellistin Caroline Lavelle gespielt wird. Diese sitzt nicht umsonst im goldenen Schnitt der Bühne und spielt neben Cello und Akkordeon auch noch Flöte. Ihr zur Seite steht der barfüßige Geiger Hugh Marsh, der in der ersten Hälfte gefühlt kaum gefordert wird, dann aber nach der Pause gleich mehrfach beweist, mit welchem Talent er an der Violine gesegnet ist. Im Rahmen von „The Bonny Swans“ liefert er sich ein musikalisches Duell der Extraklasse mit Gitarrist Brian Hughes, der zwischenzeitlich auch am Oud zu hören ist.

Die Musiker sind allesamt seit Jahrzehnten aufeinander eingespielt und funktionieren sowohl individuell als auch im Kollektiv wie ein Schweizer Uhrwerk. Nur einmal wird der Auftritt kurz gestört, als sich MCKENNITT am Klavier bei „The Mystic’s Dream“ zu Beginn von Nebengeräuschen am Bühnenrand gestört fühlt. Sie wolle dem Publikum ihre beste Performance bieten und das sei in dieser Form nicht möglich, sagt sie. Nach einer kurzen Pause gelingt ihr dies ohne weitere Ablenkungen, genau wie davor und danach. Obwohl MCKENNITT langsam aber sicher auf die 70 zugeht, klingt ihre Stimme immer noch so klar und voll wie vor einigen Jahren. Und auch vor klaren Standpunkten scheut sie sich nicht: So bezeichnet sie sich selbst als den wohl „analogsten Menschen auf der Welt“ und sieht Künstliche Intelligenz als den finalen Sargnagel für die Musikindustrie.

Ihr selbst kann die stetig fortschreitende Digitalisierung vermutlich wenig anhaben, denn das Zelt auf dem Münchner Tollwood ist wieder einmal so gut wie voll und am Ende gibt es berechtigterweise minutenlang stehende Ovationen für mehr als nur eine großartige Künstlerin.

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