Konzertbericht: Loreena McKennitt

23.07.2012 München, Tollwood


Hektik, düstere Gedanken und grauer Alltag – all diese Dinge wurden am 23. Juli 2012 aus der Gehrlicher Musik-Arena auf dem Münchner Tollwood verbannt. Das Zelt verwandelte sich für zweieinhalb Stunden in eine musikalische Landschaft aus mystischen, keltischen und exotischen Klängen mit charakteristischem Frauengesang aus Großbritannien.

LOREENA MCKENNITT, ihres Zeichens fotoscheue Musikelfe, machte während ihrer „A Midsummer Night‘s“-Tour auch auf dem jährlich zweimal stattfindenden Münchener Kulturfestival Halt. Mit sieben ausgezeichneten Musikern im Gepäck entführte sie das beinahe ausverkaufte Zelt in eine andere Welt, beziehungsweise auf eine Reise rund um den Globus. Denn die Inspiration für viele ihrer Songs holte sich die Musikerin auf ihren Abstechern in ferne Länder. So war es kaum verwunderlich, dass sich an diesem Abend traditionelles irisches Liedgut wie „The Star Of The County Down“ oder auch „Bonny Portmore“ mit Kompositionen wie „Night Ride Across The Caucasus“ und „Caravanserai“ vermischten, welche einen sanften Hauch von Orient und Exotik durch die Reihen wehen ließen. Insgesamt präsentierte sich die Songauswahl eher verträumt und ruhig, nur hier und da mit kurzen Wachrüttlern versetzt, wozu u.a. „Santiago“ und der Opener „The Mummers‘ Dance“ zählten.

Ausgestaltet und vertont wurde die musikalische Reise mit einer Vielzahl an Instrumenten. Mit fast schon fanatischer Hingabe entlockten die Tourmusiker, welche beinahe alle jeweils mehr als ein Instrument beherrschten, ihren musikalischen Werkzeugen die schönsten Melodiefolgen und saubersten Töne, die man in so einer Klarheit selten zu Gehör bekommt. Dabei konnten sich sowohl der Mann an der Drehleier, welcher außerdem Akkordeon und Bodhrán beherrschte, wie auch der u.a. Oud spielende Gitarrist und der Highland-Pipes- und Klarinettenspieler gegenseitig das Wasser reichen. Dies zeigte sich nicht nur in den einzelnen Soli wie z.B. bei „The Bonny Swans“, welche ebenfalls durch passende Lichteffekte entsprechend in Szene gesetzt wurden. Wie bereits beim letzten Tollwood-Besuch von LOREENA MCKENNITT vor drei Jahren muss auch dieses Mal jedoch die mehr als beeindruckende Leistung des Geigers erwähnt werden, dessen völlig unaufgeregt präsentierte Soli 99 Prozent aller Geigenspieler der Welt die Tränen in die Augen getrieben hätte. Ganz zu schweigen von der wunderbar mit der Leadstimme harmonierenden Zweitstimme der Cellistin, die einigen Stücken einen volleren Klang verlieh und ganz nebenbei auch noch ihr Instrument fest im Griff hatte.

Selbstredend darf auch die gesangliche (und instrumentale) Darbietung MCKENNITTS nicht unerwähnt bleiben, welche ihr Können abwechselnd an Harfe, Flügel und Akkordeon unter Beweis stellte. Währenddessen entlockte sie ihrer Stimme ohne sichtbare Anstrengung die kräftigsten und höchsten Töne, die von ihr so gezielt eingesetzt wurden, dass es einem durch Mark und Bein fuhr. Trotz der teils sehr gewagten Gesangesexperimente blieb das gesamte Klangbild der jeweiligen Songs erhalten. Ganz im Gegenteil sogar: die stimmgewaltige Darbietung der einerseits so kraftvoll und gleichzeitig so zerbrechlich erscheinenden Sängerin verlieh den Stücken das gewisse Etwas, wofür die Musik besonders live geschätzt wird.
Es muss kaum erwähnt werden, dass die Wirkung des hochklassig präsentierten Klangpotpourris während eines Live-Auftritts noch wesentlich intensiver ist als auf CD. Und auch in München war dies 2012 im wahrsten Sinne des Wortes spürbar der Fall. Wesentlich detailreicher und verspielter präsentierten sich sowohl die wenigen neuen als auch die altbekannten Songs wie das bereits erwähnte „The Bonny Swans“ und „Dante’s Prayer“.

Ein mehr als gelungener Konzertabend – möchte man meinen. Wäre da nicht das Problem mit den Gästen: Einerseits wohl lokal bedingte Einstellungen von Konzertbesuchern sorgten dafür, dass Stücke, die mehr als eindeutig zum Mitklatschen gedacht waren, in München auf eisernen Widerstand stießen und nur gegen Ende sowas wie Stimmung aufkam. Andererseits waren nicht nachzuvollziehende Gedankengänge dafür verantwortlich, dass der ausdrücklichen Bitte der Künstlerin, das Fotografieren mit Ausnahme von „Santiago“ zu unterlassen, nicht nachgekommen wurde und teilweise die Show deswegen sogar von LOREENA MCKENNITT kurzzeitig unterbrochen wurde. Glücklicherweise meisterte die Kanadierin diese Situation souverän und sorgte auch dieses Mal einerseits mit ihrer einzigartigen Musik und andererseits mit ihrer sympathischen Art für einen unvergesslichen, wenngleich auch nicht gerade kostengünstigen Konzertabend der Extraklasse. Typisch Power-Elfe eben.

01. The Mummers‘ Dance
02. The Star of the County Down
03. Bonny Portmore
04. Marco Polo
05. Night Ride Across Caucasus
06. Penelope’s Song
07. As I Roved Out
08. The Bonny Swans
09. Caravanserai
10. Full Circle
11. The Mystic’s Dream
12. Santiago
13. The Dark Night of the Soul
14. Beneath A Phrygian Sky
15. The Lady of Shalott
16. All Souls Night
17. The Old Ways

18. Huron ‚Beltane‘ Fire Dance
19. Dante’s Prayer

Publiziert am von Uschi Joas und

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