Konzertbericht: Letzte Instanz w/ Lord Of The Lost

2012-10-18 München, Backstage

Manchmal ergeben sich in der Musik- und Konzertlandschaft ungewöhnliche Zusammenhänge. Kleine Rückblende: Im November 2011 gastierte die LETZTE INSTANZ im damals gut gefüllten Backstage Werk in München, kurz nach der Veröffentlichung von „Heilig“ – dem zweiten Teil der Albentrilogie. Charttechnisch reichte es damals für Platz 32. Zwei Jahre später: Die LETZTE INSTANZ steigt mit dem Trilogieabschluss „Ewig“ auf Platz 11 der Media Control Charts ein – und in München versammelt sich rund die Hälfte der Besuchermenge von 2011 zur Rückkehr der Brachialromantiker. Sind die hiesigen Konzerte also nicht zwangsläufig ein Spiegelbild der CD-Verkäufe. Doch hat dies nicht nur Nachteile, gaben sich auch die Musiker selbst live erfrischend anders als es „Ewig“ in der Studioversion nahelegte. Zum großen Wurf reichte es dennoch nicht.

Im Schlepptau hatte die Instanz die Hamburger Newcomer LORD OF THE LOST. Die wachsende Popularität der Nordlichter hat inzwischen auch München erreicht, wenngleich nur die ersten Reihen mit Groupies und Fans gefüllt waren, die den Jungs bei jeder Bewegung und jedem Ton an den Lippen hingen. Alle anderen wirkten auf Grund des Bühnenbilds eher verhalten optimistisch, als die Hamburger Fünf ihr Set mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Die Tomorrow“ eröffnete. Wie gewohnt dauerte es, bis das Publikum im Backstage sowas wie Fahrt aufnahm. LOTL waren mit diesem Szenario allerdings vertraut, hatten sie an gleicher Stätte u.a. dieses Jahr im Vorprogramm von Eisbrecher gerockt. Beide Auftritte waren insgesamt von ähnlicher Qualität, nur dass LORD OF THE LOST dieses Mal ohne ihr „Bad Romance“-Cover von Lady Gaga auskamen, sondern mit „This Is The Life“ eine überaus gelungene Adaption des Amy MacDonald-Hits präsentierten.
Neben der mehr schlechten als rechten Akustik fiel wieder die ungeheure Menge an Bühnennebel auf, die über den gesamten Auftritt verschossen wurde und teilweise für eine extrem schlechte Sicht sorgte. Allerdings ist dies genau wie die generelle Optik der Jungs ein erfolgreiches Mittel zum Zweck: Denn egal ob hart („Prison“, „Break Your Heart“) oder zart („See You Soon“, „Credo“) – LORD OF THE LOST zeigten sich als absolute Meister der Selbstinszenierung. Da verzeihten es die Fans am Ende sogar, als Sänger Chris Harms sein Shirt ausnahmsweise nicht in die ersten Reihen warf, da er es Eisbrecher-Fronter Alex Wesselsky versprochen hatte, der sich ebenfalls unter die Menge gemischt hatte.
Während Chris Harms im Laufe des Auftritts wieder einmal vermehrt auf Tuchfühlung mit seinem weiblichen Gefolge ging, mischten sich auch einige Füller in die Setliste und so kristallierte sich über die gesamten 45 Minuten erneut heraus, dass LORD OF THE LOST nicht in erster Linie von ihren Kompositionen leben. Schade eigentlich, beweist doch besonders Multiinstrumentalist Gared im Hintergrund, wie ungemein versiert er mit verschiedensten Instrumenten ist, die er teils mehrfach pro Song wechselt. Der Grad zwischen massentauglichem Teeniephänomen und musikalischer Eintagsfliege ist unter dem Strich immer noch schmal, wenngleich sich auch in München mehrfach zeigte, dass ausreichend Talent für mehr als Sixpacks und Sexappeal gegeben wäre. So sind die von ihren Fans liebevoll „Lollies“ genannten Musiker aktuell aber nicht mehr als eine modern-mittelharte Boygroup 2.0.

01. Die Tomorrow
02. Black Lolita
03. This Is The Life (Amy Macdonald-Cover)
04. Undead Or Alive
05. Epiphany
06. Prison
07. Break Your Heart
08. Dry The Rain
09. See You Soon
10. Blood For Blood
11. Heart For Sale
12. Sex On Legs
13. Credo

Ein Blick auf die Setliste verriet es bereits: Die LETZTE INSTANZ rückte bei ihrer Show den Fokus ganz eindeutig auf die Albentrilogie und dort wiederum auf die neueste Veröffentlichung „Ewig“: Insgesamt 7 (!) der ersten elf Songs stammten direkt von der aktuellen Scheibe. Lediglich mit „Morgenrot“ und „Unerreicht“ gab es kurze Ausflüge in längst vergangene „Ins Licht“- bzw. „Wir sind Gold“-Zeiten. Der ewige Livehärtetest erwies sich aber größtenteils als gelungen, waren die sieben Musiker live deutlich rockiger unterwegs als auf CD. Davon profitierten besonders das hymnische „Nur für uns“ nebst Sänger Holly Loose auf der Absperrung und „Schwarzer Sand“. Auch an ihrer Optik hatte die INSTANZ gefeilt: War es früher Holly, der sich als Sänger in Weiß deutlich von den anderen Musikern in Schwarz abhob, so wirkten die neuen dunklen Bandoutfits in sich homogener. Die Mütze auf Hollys Kopf ist spätestens seit dem späten Festivalsommer kein Novum mehr und die Lichtshow rund um die Musiker erlebte ihren Höhepunkt passenderweise bei „Regenbogen“, als die Bühne in allen möglichen Farben erstrahlte. So war die Inszenierung insgesamt gelungen, wenngleich man das Farbenspiel rund um die Songs besonders unter freiem Himmel (u.a. beim Schlosshof Festival 2010) bereits noch einen Tacken besser gesehen hatte.
Neben dem überaus gut gelaunten Sänger avancierte besonders Benni Cellini zum Star des Abends – egal, ob er im Zentrum des Geschehens saß oder am Rand auf seinem „Thron“ verweilte. Seinen Stuhl teilte er sogar mit Gitarrist Holly D., der dort für Soloparts seinen Platz nahm. Das Rampenlicht für David Pätsch am Schlagzeug, den zweiten Gitarristen Oli und Michael Ende am Bass beschränkte sich fast ausschließlich auf das instrumentale „Et Arcadia Ego“, in dem alle drei Musiker ihr Talent ausspielten.
Insgesamt kamen alle Anhänger der aktuellen Albentrilogie auf ihre Kosten. Allen anderen blieb hingegen nur der Blick in die Röhre bzw. die Moderne. Etliche Live-Kracher wie „Stimmlein“, „Tanz“, „Maskenball“ oder „Mein Engel“ verweilten im Köcher. Und an jenes Material reichen auch Live-Adaptionen von „Regenbogen“, „Sing!“ und Co. nicht heran – so sehr sich das Septett auch abmühte. Warum wiederum mit „Der Garten“ und „Blind“ gleich zwei Duette in unspektakulären Einzelaufführungen dargeboten wurden, erschließt sich bestenfalls im Rahmen der kompletten Songauswahl.


Gegen Ende waren es dann auch konsequenterweise nicht das neue „Tausendschön“ oder „Finsternis“, sondern die etablierten „Der letzte Tag“ und „Flucht ins Glück“, welche die besseren Reaktionen ernteten und sich als livetauglicher herauskristallierten. Hollys Ausflug in den akustischen Sprechgesang bei „Ohne dich“ stieß auf geteilte Reaktionen, erinnerte sehr an Thomas D. und bot immerhin eine Form von stilistischer Abwechslung. Das konnte man wiederum vom Abschluss des Konzerts nicht behaupten: Sein Ende fand der Auftritt erwartungsgemäß mit „Wir sind allein“ in einer nicht zu langen Version und „Rapunzel“ sowie einem kurzen „Seven Nation Army“-Cover nebst Crowdsurfing von Benni Cellini und M. Stolz. Die Hommage an die White Stripes war hierbei allerdings ebenso überflüssig wie der „Final Countdown“-Einspieler wenige Minuten zuvor.
Gemessen an der Songauswahl holte die LETZTE INSTANZ beinahe das Maximum aus dem Auftritt heraus. Trotzdem fehlten in München die besonderen Momente. So rockpopte der Konzertabend vor sich hin und lieferte besonders für die langjährigen Fans der Truppe letztlich einen ähnlich überschaubaren Nährwert wie die gesamte Trilogie auf CD.

01. Aeternitas
02. Ewig
03. Nur für uns
04. Blind
05. Unerreicht
06. Morgenrot
07. Wieder einmal Rot
08. Traumlos
09. Schwarzer Sand
10. Et In Arcadia Ego
11. Regenbogen
12. Der Garten
13. Atme!
14. Von Anfang an
15. Ohne Dich
16. Kopfkino
17. Schuld
18. Sing!
19. Der letzte Tag
20. Tausendschön

21. Flucht ins Glück
22. Finsternis
23. Wir sind allein

24. Rapunzel
25. Seven Nation Army (The White Stripes-Cover)

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