Ein regnerischer Sonntagabend im Münchner Frühherbst. Die Versuchung ist groß, bei einer Tasse Tee und in die Decke eingemümmelt zu Hause zu bleiben, der Ansporn, noch auf ein Konzert zu gehen, eher klein. Doch an diesem Sonntag kommt niemand Geringeres als LAURA JANE GRACE ins Backstage. Dabei hat die Against-Me!-Frontfrauf mit Frank Iero & The Future Violents einen namhaften Support im Gepäck. In Kombination mit dem Opener Mobina Galore gibt es also ausreichend Gründe, sich für einen Abend zwischen Punk, Folk und Americana durch den Regen zu kämpfen.
Dass die Halle kurz vor Beginn nur zur Hälfte gefüllt ist, überrascht demnach aus genannten Gründen nicht. Schon eher die Tatsache, dass die ersten fünf Reihen gedrängt stehen und primär aus Unter-18-Jährigen bestehen.
Als das Licht pünktlich um 20 Uhr erlischt, erklingt lauter Jubel im Backstage – entsprechend des jungen Alters im Publikum in einer recht hohen Tonlage. Diesen erhalten MOBINA GALORE spätestens nach ihrem ersten Song auch vom restlichen Publikum: Das Duo aus Winnipeg spielt melodischen Indie-Punk, der oft an Bands wie RVIVR oder Worriers erinnert. Die Abmischung ist für die Kombination aus Gitarre und Schlagzeug zwar extrem basslastig, aber dennoch angenehm. Mit ihrem tanzbaren Sound, kombiniert mit dem sympathischen Auftreten der beiden Musiker vergeht die halbe Stunde Set wie im Flug. MOBINA GALORE passen perfekt als Opener des heutigen Abends und können einen Großteil der zu gut drei Viertel gefüllten Halle als neue Fans für sich verbuchen.
In der daran anschließenden Umbaupause wird schließlich klar, woran der junge Altersdurchschnitt heute liegt – ganz offensichtlich kann FRANK IERO, ehemals Gitarrist der aufgelösten My Chemical Romance, immer noch vom Erfolg seiner alten Band zehren. Dass der Sänger zusammen mit seiner Band THE FUTURE VIOLENTS inzwischen musikalisch auf eigenen Beinen steht, zeigt sich schnell. Zwar ist der Auftritt der Band sehr amerikanisch und fast schon übertrieben enthusiastisch, entwickelt sich aber – besonders durch den Einsatz von Synthies – schnell in alle Himmelsrichtungen weiter.
Während manche Songs beinahe nach Green Day klingen, werden auch immer wieder Erinnerungen an Motion City Soundtrack wach. Der junge Teil des Publikums singt lauthals mit und FRANK IERO & THE FUTURE VIOLENTS haben sichtlich Spaß. Mit einer Spielzeit von einer vollen Stunde ist die Band quasi Co-Headliner des heutigen Abends. Zurecht – wie nicht zuletzt der großartige Einsatz einer Geige als Stilmittel gegen Ende des Sets zeigt.
Vor dem heutigen Hauptact wechselt das Publikum einmal durch – wird zahlenmäßig aber zum Glück nicht geringer. Denn was LAURA JANE GRACE & THE DEVOURING MOTHERS in den folgenden 60 Minuten abliefern, ist eine großartige, leidenschaftliche und schlicht und ergreifend wunderschöne Rockshow. Mit einem überglücklichen und ansteckenden Lächeln im Gesicht nimmt LAURA JANE GRACE das Publikum von der ersten Sekunde an für sich ein. Musikalisch ist der Sound der Band, auch durch die druckvolle Abmischung, deutlich härter als auf ihrem Debütalbum. Entsprechend sind im ganzen Backstage verteilt mitnickende Köpfe und tanzende Menschen zu sehen.
Unterstützt durch sympathische Ansagen, unter anderem zu LAURAs Hassliebe zu Chicago, wirken LAURA JANE GRACE & THE DEVOURING MOTHERS zu keiner Sekunde wie eine Band, die erst seit recht kurzer Zeit gemeinsam Musik spielt und das erste Mal in dieser Besetzung in Europa tourt. Nachdem die Band alle Songs des Debütalbums und einige Songs einer bereits etwas älteren Solo-EP von LAURA JANE GRACE gespielt hat, verabschieden sich Drummer Atom Willard und Bassist Marc Jacob Hudson nach einer Stunde vor der Bühne. Zum Ende ihrer Europatour und des heutigen Abends erhalten „All you guys with Against-Me!“-Shirts noch ein Schmankerl in Form des auf der Akustigitarre dargebotenen „True Trans Soul Rebel“.
- China Beach
- Born In Black
- Apocalypse Now (& Later)
- The Friendship Song
- Dilaudid (The Mountain Goats Cover)
- The Hotel Song
- Conceptual Paths
- Amsterdam Hotel Room
- I Hate Chicago
- Amputations
- Reality Bites
- The Apology Song
- The Acid Test Song
- The Airplane Song
- Screamy Dreamy
- Valeria Golino
- Manic Depression
- True Trans Soul Rebel (Against-Me!-Cover) (Acoustic)
Die heimische Couch gegen das angenehm gefüllte und euphorische Backstage einzutauschen, war definitiv die richtige Entscheidung an diesem Abend. Mit den drei Bands wurden an diesem Abend fast alle Facetten von Punkrock durchdekliniert. Die unterschiedliche Stimmung zwischen den beiden Headlinern des Abends konnte zunächst etwas irritieren, ergibt aber entsprechend ein stimmiges Gesangsbild. Laura Jane Grace ist schließlich sowohl mit den Devouring Mothers als auch Against Me! eine Bank für großartige Liveauftritte.