International ist das im Namen von SLIPKNOT initiierte KNOTFEST längst etabliert. Nun hat LiveNation das Event auch nach Deutschland geholt: Das Gelände der Arena Oberhausen gehört am letzten Samstag im Juli den „Maggots“ aus der SLIPKNOT-Familie.
Wörtlich zu verstehen ist „SLPKNOT-Familie“ bei VENDED, die das erste KNOTFEST GERMANY um 14:45 Uhr auf der Indoor-Stage in der Rudolf-Weber-Arena eröffnen. Gegründet von den Söhnen der Slipknot-Vordenker Corey Taylor und Shawn Crahan haben die Youngster nicht nur Talent geerbt, sondern sich auch einiges an Stageacting abgeschaut. So hat man auch heute zu keiner Zeit das Gefühl, hier stünden Newcomer auf der Bühne. Etwas mehr musikalische Eigenständigkeit dürfen sich VENDED aber noch aneignen, wenn sie auch außerhalb des Fahrwassers der Band ihrer Väter Erfolg haben wollen.
Um 15:15 Uhr, also mit kurzer Überschneidung zur VENDED-Show, eröffnen BLEED FROM WITHIN die Hauptbühne. Schon von Weitem ist nicht zu übersehen, dass sich die Fans nicht um das in einem Video mit Sicherheitshinweisen vom Veranstalter ausgesprochene Moshpit- und Circlepitverbot scheren: Meterhoch steigt die Staubwolke, die die Fans beim Tanzen zum Metalcore der Briten aufwirbeln. Zumindest den Bereich direkt von den Bühnen mit Plastikpaneelen auszulegen, wäre bei diesem Boden kein Luxus gewesen.
Während auf der Indoor-Stage MALEVOLENCE vor einer etwa halb vollen Arena auftreten, stehen für die Mainstage JINJER auf dem Programm. Bei den Ukrainern von der „Metalcore-Band der Stunde“ zu sprechen, ist sicher nicht übertrieben – und das längst nicht nur, weil der Krieg in ihrer Heimat JINJER nochmal einen Extra-Schwung Empathie eingebracht hat. Vor einem symbolträchtigen Backdrop in den mittlerweile allbekannten Farben ihrer Heimat zeigt das Quartett um Fronterin Tatiana Shmailyuk souverän, dass sie völlig zu Recht einen enormen Aufschwung erleben: So viel Power, verknüpft mit großen Melodien hat in dem Genre derzeit einfach niemand sonst zu bieten. Die aktuelle weltpolitische Lage gibt dem Gig besondere emotionale Tiefe – mehrfach bedankt sich die Band für die Unterstützung für ihr Land und macht klar: „We want our home back!“ Man kann nur hoffen, dass dieser Wunsch bald in Erfüllung geht.
Wer sich zwischendurch an einer auf anderen KNOTFEST-Ausgaben etablierten Attraktion erfreuen möchte, wird unter Umständen enttäuscht: Die Schlange vor dem SLIPKNOT-MUSEUM nimmt aufgrund eines strikten Besucherlimits im Ausstellungsraum bisweilen enorme Ausmaße an. Im Museum ist die Atmosphäre dann zwar entspannt – allerdings macht sich auch etwas Enttäuschung breit: Sowohl bei der Zusammenstellung als auch hinsichtlich der Präsentation der Memorabilia aus über 20 Jahren Bandgeschichte wird man das Gefühl nicht los, dass das alles auch etwas liebevoller gegangen wäre: Gerade der Inhalt diverser Flightcase-Vitrinen wirkt komplett durcheinandergeschüttelt. Sehenswert sind eigentlich nur einige alte Masken. Für 15 € hätte man etwas mehr erwarten dürfen.
Auch GHOSTEMANE, der leicht verzögert um 17:35 Uhr auf der Mainstage antritt, erfüllt nicht alle Erwartungen. Die fünf Minuten Verspätung scheint der Rapper mit extra viel Bass kompensieren zu wollen. Der Mix aus Noise, Nu-Metal und Rap drückt zwar die Trommelfelle ins Hirn – ins Herz trifft der Sound aber längst nicht alle Anwesenden.
Während direkt vor der Bühne einige Fans ausrasten und den Bitten des Künstlers um Moshpits eifrig nachkommen, erntet der schwarzweiße Paradiesvogel von weiter außen und hinten vermehrt verständnislose Blicke, später auch Pfiffe. Vor einem imposanten, aber irgendwie funktionslosen Steampunk-Thron zieht GHOSTEMANE davon unbeeindruckt seine weitgehend von Backingtracks getragene Performance durch, die mit ihrer Fuck-Off-Attitüde an schlechte Marilyn-Manson-Shows Anfang des Jahrtausends denken lässt: Passend dazu verlässt GHOSTEMANE die Bühne grußlos zehn Minuten vor dem regulären Ende der Show – der Applaus für diese bizarre Darbietung fällt entsprechend dürftig aus.
CATTLE DECAPITATION und anschließend TESSERACT in der Arena wären da vermutlich die bessere Wahl gewesen. Wegen des Nadelöhr-Zugangs zur Indoor-Stage über nur einen Zugang und des Ampelsystems mit Einlassstop zu den zwei Wellenbrecher-Bereichen vor der Open-Air-Bühne ist das aber für die meisten Maggots zu diesem Zeitpunkt keine Option mehr.
Insgesamt eleganter wäre fraglos gewesen, GHOSTEMANE als Headliner in der düsteren Arena aufspielen zu lassen, wo seine Show eventuell sogar besser funktioniert hätte, und den Mainstage-Slot MESHUGGAH zu geben, statt diese zeitgleich mit ihren Landsmännern von IN FLAMES zu verheizen. Was immer MESHUGGAH nämlich in der auch jetzt nur mittelmäßig gut besuchten Arena abliefern – ohne jeden Zweifel eine brillante Performance –, im schwedisch-schwedischen Fernduell um die bessere Stimmung stehen sie auf verlorenem Posten.
IN FLAMES erweisen sich derweil als würdiger Co-Headliner: Mit massenweise alten Hits, aber auch dem brandneuen Song „State Of Slow Decay“ begeistern sie die große Mehrheit der KNOTFEST-Besucher vor der Hauptbühne. Dass der Sound leider etwas am „Ghostemane-Syndrom“ (viel zu viel Bass) leidet, machen Anders Fridén, Björn Gelotte und Konsorten mit ihrem sympathischen Auftreten wett: Während Gelotte über beide Ohren grinsend mit dem Publikum schäkert, bedankt sich Fridén mehrfach herzlich für den jahrzehntelangen Support der deutschen Fans. Die Spielzeit von beachtlichen 70 Minuten, gefüllt mit immerhin 15 Songs, vergeht so wie im Flug. Trotz des starken Auftritts dürften allerdings nur die wenigsten KNOTFEST-Besucher traurig sein, als IN FLAMES nach „Take This Life“ die Bühne räumen. Ein KNOTFEST kennt schließlich nur einen Headliner.
- Alias
- Everything’s Gone
- Where The Dead Ships Dwell
- Call My Name
- All For Me
- Cloud Connected
- Behind Space
- Graveland
- State Of Slow Decay
- Only For The Weak
- Deliver Us
- The End
- I Am Above
- The Mirror’s Truth
- Take This Life
Nach einstündigem Umbau für den Headliner SLIPKNOT schallt um 21:15 Uhr „For Those About To Rock (We Salute You)“ von AC/DC, gefolgt von „Get Behind Me Satan And Push“ von Billie Jo Spears aus den Boxen, ehe endlich der Vorhang zu den ersten Tönen von „Disasterpiece“ fällt. Dass die Stimmung vor der Bühne von der ersten Sekunde an kocht, versteht sich auf einem KNOTFEST von selbst – zumal hier wirklich jedes Detail passt. Der Sound ist perfekt abgemischt, die Band wirkt engagiert und die Setlist lässt auf den ersten Blick kaum einen Wunsch offen: Die großen Hits gibt es allesamt zu hören, dazu selten Gespieltes („Dead Memories“) und auch ein Stück vom kommenden Album „The End, So Far“.
Eine echte, KNOTFEST-exklusive Überraschung – ob nun eine Livepremiere oder auch nur ein erweitertes Set – bleibt allerdings aus: Showlänge und Songauswahl entsprechen exakt denen der vorangegangenen Konzerte dieser Tour. Das ist insbesondere insofern schade, als SLIPKNOT durchaus noch mehr Material im Repertoire gehabt hätten: Bei der Show in Graz zwei Tage zuvor war das Set, wohl um den Ausfall von Jinjer als Support zu kompensieren, um ganze drei Songs verlängert worden. Und über die Livepremiere des für „Chapeltown Rag“ ins Set gerutschten Stücks „The Dying Song (Time To Sing)“ durften sich die Fans am Tag zuvor in Prag freuen. Vor diesem Hintergrund ist ein reines Standard-Set, das schlussendlich nicht einmal ganz auf die angekündigten 105 Minuten kommt, auf dem eigenen Festival etwas dürftig.
Einzig die Ansagen von Corey Tailor an die „SLIPKNOT-Family“ wirken noch etwas intimer und herzlicher als sonst und lassen so etwas wie „Heimspiel-Charakter“ aufkommen. Dreimal foppt Taylor die Maggots schon vor „Spit It Out“ mit der Ankündigung eines „letzten“ Songs, ehe nach dem natürlich obligatorischen Zugabeblock („People=Shit“ und „Surfacing“) dann tatsächlich und recht unvermittelt Schluss ist: Dass ein Großteil der Musiker grußlos verschwindet, wäre bei einer regulären Show keiner Erwähnung wert gewesen – im Kontext des ersten KNOTFEST GERMANY hätte man sich von der Band, für die alle Anwesenden neun Stunden vor der Bühne zugebracht haben, aber eigentlich doch eine geschlossenere Verabschiedung erwartet. Von SLIPKNOT im Jahr 2022 andererseits nicht wirklich – ist es doch längst kein Geheimnis mehr, dass es mit dem Gemeinschaftsgefühl in der Band nicht mehr allzuweit her ist.
- Disasterpiece
- Wait and Bleed
- All Out Life
- Sulfur
- Before I Forget
- The Dying Song (Time To Sing)
- Dead Memories
- Unsainted
- The Heretic Anthem
- Psychosocial
- Duality
- Custer
- Spit It Out
— - (515) / People = Shit
- Surfacing
So endet das erste KNOTFEST GERMANY mit einer im Bezug auf die Performance sehr guten, jedoch in keiner Weise „speziellen“ SLIPKNOT-Show. Das passt zum Gesamteindruck des Events: Dass SLIPKNOT hier Gastgeber und nicht „nur“ ein Headliner auf einem beliebigen Event sind, ist keineswegs zu jeder Zeit spürbar. Mag Corey Taylor auch noch so sehr hervorheben, das Besondere am KNOTFEST sei, dass SLIPKNOT die auftretenden Bands selbst zusammenstellen könnten: Schlussendlich ist das Billing hinter den ersten Erwartungen bei der Ankündigung eines deutschen KNOTFEST-Ablegers zurückgeblieben – zumal mit MESHUGGAH und IN FLAMES zwei der relevantesten Acts quasi zeitgleich angesetzt sind.
Beim vergleichsweise hohen Ticketpreis von 120 € (ggf. plus Zusatzkosten fürs SLIPKNOT-Museum [+15€], Early-Entry-Tickets [+39 €] oder VIP-Tickets [+100 € bzw. 182 €]) ist es in Zeiten von Inflation und Pandemie deshalb nicht überraschend, dass die Besucherzahl mit rund 17.500 (Quelle: WAZ) schlussendlich weder der Kapazität des Geländes, noch der Erwartung der Veranstalter entsprechen dürfte. Darunter leiden insbesondere die in die Arena gebuchten Bands, die ausnahmslos vor kleinem Publikum spielen müssen. Die wohl auf weit mehr Fans ausgelegte Organisation garantiert unter den gegebenen Umständen zumindest erfreulich reibungslose Abläufe.
Frustrationspotenzial bergen einzig die auch auf dem Gelände hohen Preise (6€ für eine Käsebreze, 6,5 € für 0,4l Bier und 35€/Shirt) sowie das SLIPKNOT-Museum, das seinem Status als Hauptattraktion abseits der Bühnen nicht gerecht wird: Der Einblick in die Historie von SLIPKNOT ist erschreckend oberflächlich und entsprechend schnell abgehandelt. Die laut Durchsagen für den Besuch einzuplanenden 15 Minuten sind, wie der sich daraus ergebende Preis von einem Euro pro Minute, alles andere als zu knapp bemessen. Wie lange man für dieses fragwürdige „Fanerlebnis“ bei einem ausverkauften KNOTFEST hätte anstehen müssen, lässt die großzügig bemessene „Wartezone SLIPKNOT-Museum“ erahnen. Statt stundenlang anzustehen, hätten dann wohl viele Fans ihr Museumsticket verfallen lassen. Das Vorverkaufsmodell für das Museum wirkt in diesem Licht gesehen doch sehr wie kalkulierte Geldmacherei.
Zumindest musikalisch bleibt das KNOTFEST positiv in Erinnerung: Die fast durchweg sehr guten Shows, insbesondere von JINJER, IN FLAMES und SLIPKNOT, überschreiben etwaige negative Eindrücke. Ein Konzertabend mit diesen drei Bands zum halben Preis hätte es, anstelle eines zum Festival hochgejazzten Ganztages-Events, schlussendlich aber auch getan.
das war doch auf dem gelände wo maiden sabaton und ghost im juli 2013 gespielt haben? hat das bier echt 6,50 gekostet? das unternehmen slipknot bringt halt einfach geld, metal für teenies!
Mallcore auf einer Metal-Seite? ;-)
Da Mallcore keine ernstzunehmende Bezeichnung für irgendwas ist und das Knotfest ein Tag voll mit Metalbands diverser Genres war, wolltest du dir sicher nur einen Spaß erlauben ;-)
Ja, den Seitenhieb konnte ich mir nicht verkneifen, ist nicht wirklich ernst gemeint. Auch wenn ich Nu-Metal, Metalcore tatsächlich nicht viel abgewinnen kann. An In Flames verlor ich mit deren zunehmend poppigen, Nu-Metal (?) Stils Interesse. Zum Glück spielten da ja Meshuggah! lml :-D
Ich fand das Einlasskonzept auch fragwürdig. Selbst wenn es am Eingang hinter der Arena recht fix ging, ist es ein Unding, dass sich Schlangen durch das ganze CentrO bilden. Aus diesem Grund haben wir Vended verpasst, weil wir es zeitlich gar nicht mehr in die Arena geschafft hätten. Vor dem Eingang war massig frei, man hätte locker mit zig Personen gleichzeitig rein gekonnt, aber es wird wie bei einem Schulausflug fein in Zweierreihen angestanden… naja. Auf dem Gelände dafür alles top organisiert, wahrscheinlich wirklich weil so wenige Leute da waren, denn so schnell kam ich auf noch keinem Konzert an Getränke.
Guter Bericht, der genau die Knackpunkte aufweist. Die Frage steht natürlich im Raum: Muss man 2022 solch ein Festival machen, welches seitens Gastgeber halbherzig über die Bühne gebracht wird.
Ich war zwar nicht dort, aber wenn man bedenkt das man für 170 Euro stellenweise für 5 Tage auf das Summer Breeze oder ähnliches fahren kann , bin ich auch froh darüber.
Das das Museum Murks ist, stand schon überall im Netz.
Richtig schlimm waren die dubiosen, gewollten Überschneidungen. Das bekommt man bei 10 Bands besser hin.
Und die „normale“ Spielzeit ohne Überraschung, wirkt auch nicht nach etwas besonderem.
Hallo Genki, schön, dass dir der Bericht gefallen hat.
Schade finde ich an der ganzen Sache halt, dass seitens des Unternehmens Slipknot augenscheinlich wenig Wert auf eine stimmige Umsetzung ihres Festivalkonzepts gelegt wurde. Die ganze Sache wirkt so halt leider, als sei sie nicht viel mehr als ein Vermarktungs-Coup mit dem halbwegs etablierten Namen KNOTFEST.
Da kann dann Shawn Crahan noch so sehr auf großer Künstler machen – wer so einem Nepp wie diesem Museum grünes Licht gibt, hat nur noch Dollar-Noten in den Augen. Gerade, weil bei dieser Band eine lohnenswerte Ausstellung so einfach auf die Beine zu stellen wäre …
Was heißt zu viel bass? Es gibt nicht zu viel Bass,es gibt nur zu wenig Bass. Alles in allem war das knotfest absolut genial. Tja für arme Leute ist das nichts. Aber das weiß man wenn man nicht ganz dumm ist vorher. Ghostemane fand ich richtig gut. War mal was anderes. Aber sang und klanglos vorzeitig von der Bühne zu verschwinden war schon ein Schlag ins Gesicht seitens slipknot. Trotzdem hatte ich lange nicht mehr so viel Spaß und Freude am Leben.
@Bass: Na ja, wenns nur noch mumpft und vibriert, während die Gitarren komplett untergehen, ists am Ende vielleicht doch etwas zu viel des Guten ;)
@Geld: es geht ja nicht nur darum, ob man es sich leisten kann, sondern auch, obs gerechtfertigt ist. Selbst wenn ichs mir leisten kann, gebe ich ungern mehr Geld als angemessen für etwas aus.
@Slipknot: Ja, also die feine englische Art ist so ein polnischer Abgang nicht … v.a. als Gastgeber.
@Spaß: so muss das sein!
Bei ghostemane war der Bass schon passend. Ich stand bei slipknot dann am letzten Wellenbrecher und fand es relativ „leise“
Also im ersten Wellenbrecher (bzw. in den ersten Reihen) haben die Leute sich reihenweise die Ohren zugehalten, weils so gewummert hat …
Jep.
Genauso war’s
Ghostmane war fett.
Zuviel Bass gab’s auch nicht.
Slipknot hat mir sehr gut gefallen, perfekter Tag!!
na dann: umso besser :)
17.500 Zuschauer müssen für die Veranstalter wohl schon als herbe Enttäuschung gezählt werden. Mal abgesehen vom Bierpreis (da sind die Preise beim Oktoberfest ja fast human im Vergleich) find ich es mehr als unverschämt, für so ein mäßiges Museum nochmal 15 Euro zu nehmen, wo die 120 Euro Eintritt schon enorm hoch angesetzt waren. Das ist dann halt schon frech.
Ja, der Museumsaufschlag war schon äußerst fragwürdig … ebenso die komplett überflüssigen Early-Entry-Tickets. Von den meiner Ansicht nach vom Preis-Leistungs-Verhältnis nur noch lachhaften VIP-Tickets quasi ohne valide Zusatzleistungen mal ganz abgesehen …