Konzertbericht: Knorkator

2011-10-16 Hirsch, Nürnberg

Knapp 35 Monate sind vergangen seit dem letzten KNORKATOR-Besuch im Nürnberger Hirsch. Damals noch glaubte man, eines der letzten Konzerte der Band sehen zu dürfen, entsprechend emotional war die Stimmung vor allem zum Schluss des Konzertes. Drei Jahre später aber kehren die Berliner Spaßchaoten mit ihrem neuen Album „Es werde Nicht“ auf der „Mission 77“ nach Unterfranken zurück. Und der Andrang ist groß: Kurz nach Einlass gibt es noch elf Tickets an der Abendkasse, kein Wunder, dass kurz darauf „ausverkauft“ vermeldet werden kann.

Auf eine Vorband können Alf Ator, Stumpen, Buzz Dee und die beiden Neuen Rajko und Nikolaj natürlich getrost verzichten. Die Stunde Wartezeit zwischen Einlass und Beginn verkürzt ein Video auf der Leinwand, fast live aus dem Backstagebereich, wo die Band sich die Zeit mit ihren Macbooks vertreibt und Döner schmaust. Lustige Idee, wichtig ist aber auf dem Platz und der Anstoß erfolgt leicht verspätet um 20.15 Uhr. Mit einem Knall und dem „Ultimativen Mann“ wird wie gewohnt ein optischer Hochgenuss eingeleitet. Stumpen taucht nach Schattenspielereien hinter der Leinwand in einem blauen Ganzkörperlatexkostüm auf, gerade mal Augen und Mund dürfen herauslugen. Ob sich die meisten der anwesenden Frauen aber auch über das mal wieder allzu exakte Abzeichnen seiner Intimsphäre freuen, sei mal dahingestellt. Alf Ator macht es sich, vom Publikum aus gesehen, auf der linken Seite gemütlich. Umringt von Keyboards und in feinstes Tuch gekleidet bildet er den perfekten Kontrast zum rotweißen Buzz-Dee, der weder an Ringen noch an Sonnenbrillen gespart hat. Rajko und Nikolaj halten sich dezent im Hintergrund, was Kleidung und Auftreten betrifft.

„Buchstabe“ und „Schwanzlich willkommen“ werden direkt nachgeschoben, nun erst begrüßt der inzwischen nur noch in einen knappen Body gekleidete Stumpen die Fans und holt sich tosenden Applaus und massig Jubel von der Tanzfläche ab. Ab und zu versucht er sich mit Sprüchen wie „Ist doch nur Nürnberg“ oder sonstigen Beleidigungen Richtung Publikum an einem Heel-Turn, der gelingt aber nur bedingt und Buh-Rufe sind nur schwach zu vernehmen. Stattdessen nimmt der Jubel kein Ende, die Besucher fressen der Band wie gewohnt aus der Hand, auch wenn sich manche mit den neuen Liedern noch etwas schwer tun. Ich finde, dass sie sich schon jetzt sehr gut ins Programm eingefügt haben, „Refräng“ oder „Du bist schuld“ krachen einfach ordentlich. „Bleib stehn“ wird trotz bedrückender Atmosphäre gut umgesetzt, auch durch den drückenden Beat sticht der Song heraus. Bei zwei neuen Liedern haben sich KNORKATOR noch etwas Besonderes einfallen lassen und nutzen ihre kleine Leinwand: „Du nich“ wird begleitet von den wie gewohnt hervorragenden Zeichnungen von Alf Ator, die vor allem aus den KNORKATOR-Büchern bekannt sind. „Arschgesicht“ wird bekanntlich von Alfs Sohn Tim Tom gesungen, da der mit seinen elf Jahren aber besser in die Schule als auf Tour gehen sollte, wird er eben als Video eingespielt. Etwas seltsam, die Band neben der Leinwand, inklusive Gesang vom Band, spielen zu hören, das war für mich ein kleiner Stimmungskiller in dem Moment. Mit der Stimmung wurde es aber gleich wieder besser, im Anschluss wurde der gute, alte Eurovision-Vorentscheid-Song „Ick wer zun Schwein“ zum Besten gegeben.
Auch der Rest der musikalischen Auswahl lässt kaum Wünsche offen, ich hätte mich persönlich noch über einen weiteren Wutausbruch wie „Es kotzt mich an“ oder auch „Schmutzfink“ oder „Schüchtern“ gefreut. Das ist aber meckern auf hohem Niveau, die Setlist ist eine super Mischung aus allen Alben, das „Schwein“ oder auch das „Highway To Hell“-Cover – inklusive funkensprühendem Helm auf Stumpens Schädel – waren positive Überraschungen.

Viel Quatsch gabs natürlich auch: Da fangen Stumpen und Alf Ator schon mal plötzlich an, auf der Bühne Tennis zu spielen. Als Alf „Böse“ vorträgt, wird er von Stumpfen von oben bis unten mit einem Handtuch seines Schweißes entledigt, herzlichen Glückwunsch an den Empfänger im Publikum! Und dass Alf Stumpens Glatzkopf ableckt und Stumpen im Gegenzug von Alfs Axel kostet, kann sogar trotz aller KNORKATOR-Erfahrung noch leicht schocken. Standard dagegen ist, dass Buzz Dee während des gesamten Konzertes eine Zigarette nach der anderen qualmt, das kann in diesem Fall auch ein Nichtraucher wie ich nur stylisch finden. Interaktion zwischen Stumpen und Publikum gibt’s natürlich auch reichlich, so fordert er zwei nicht-liierte Nebeneinanderstehende erfolgreich auf, sich gefälligst zu küssen, weil sonst das Konzert nicht weitergehen würde. Seine Gewaltfantasien konnten allerdings nicht gestillt werden, erfolglos waren seine Anstiftungen zu Schlägereien und hohen Fußtritten, genauso erfolglos wie der Aufruf, zwei 142 Kilo schwere Männer sollten einen Klimmzug an einer deckenhohen Stange in der Mitte der Halle machen. Eine gewagte Aktion gabs auch: Stumpfen forderte ein „Mädchen, das sich für klein hält“ auf, sich auf die starken, haarigen Hände mehrerer Männer zu legen. Die ließen sich dann auch nicht lange bitten und haben sie auf Ansage in einen weiteren Pulk aus Händen geworfen. Stumpen war das aber nicht hoch genug, also nochmal das ganze Spiel und auch wenn die Kleine nicht ganz bis zur Discokugel an der Decke geflogen ist: Das war schon echt beängstigend hoch. Heftige Aktion, aber so lange dabei nix schief geht, ist es ja noch lustig und man erinnert sich gerne daran. Ist halt KNORKATOR, da muss man mit allem rechnen. Vorher noch, um in der Zugabenpause keine Langeweile aufkommen zu lassen, hat die Band noch höflichst um ein Trinkgeld gebeten und durfte sich freuen über einen Kleingeldhagel aus dem Publikum. Wer schon immer mal eine Band mit Geld bewerfen wollte, die sich daraufhin vor Schmerzen krümmt und aufschreit, hatte hier den größten Spaß! Nach insgesamt 5,50 gesammelten Euro hatten wir uns drei weitere Lieder verdient, das abschließende „Warum“ war wohl die Belohnung für die Mädchenwerfaktion.

Die fast zwei Stunden haben sich mal wieder voll und ganz gelohnt, KNORKATOR haben in ihrer Pause nichts verlernt und hatten sichtlich Spaß bei der Sache. Hoffentlich wird nun nicht wieder aufgehört, Stumpens abschließendes „Aufwiederhören“ lässt für die Zukunft hoffen. Als abschließendes Fazit bleibt mir nur zu sagen:

Anders als die meisten
Können die sich das leisten
Knorkator kommen nicht ins Gefäng-
Nis für das Konzert!

Setlist:
Der ultimative Mann
Buchstabe
Schwanzlich willkommen
Mich verfolgt meine eigene Scheiße
Ich will nur fickn
Eigentum
Refräng
Du bist schuld
Bleib stehn
Du nich
Arschgesicht
Ick wer zun Schwein
Ma Baker (Boney M-Cover)
Ain’t nobody – Knorkator 2011 (Chakah Khan-Cover)
Alter Mann
Konflikt
Ich lass mich klonen
Highway to Hell (AC/DC-Cover)
Kurz und klein
Weg nach unten
Für meine Fans
—–
Wir werden alle sterben
Böse
Verflucht und zugenäht
Warum

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