Konzertbericht: Kadavar w/ Graveyard, Polymoon

24.04.2023 Backstage, München

 

„Habt ihr Bock oder was?“ – Besser könnten KADAVAR ihre Europatour mit GRAVEYARD und POLYMOON gar nicht betiteln, denn ordentlich Bock haben sowohl Fans als auch Musiker. Das Backstage Werk in München ist ausverkauft und die Stimmung schon vor Beginn der Shows mehr als gut, sodass man fast meinen könnte, es wäre schon wieder Wochenende und nicht ein eigentlich undankbarer Montagabend. Die Vorfreude und Anspannung im Publikum sind fast mit den Händen greifbar, also auf in einen Rock-Abend der Extraklasse.

 

Die Rolle des Anheizers haben auf dieser Tour POLYMOON. Die Psychedelic-Rocker sind Teil des KADAVAR-eigenen Labels Robotor Records und mit ihrem Sound die Exoten des heutigen Abends. Denn bei Polymoon geht es weniger um möglichst krachende Riffs, als vielmehr um wabernde Klangflächen und psychedelische Melodien. Sowohl die Stimme von Frontmann Kalle-Erik Kosonen als auch die teils vertrackten Songstrukturen sind im ersten Moment gewöhnungsbedürftig, entfalten dann aber ihre ganz eigene Magie. Hinzu kommen die tollen 70er-Jahre-Bühnenoutfits und die energetische Performance der Finnen, die die Show wirklich zu einer Art Zeitreise zurück in die 70er machen. Das Münchner Publikum können POLYMOON aber anscheinend nicht so ganz überzeugen, die Reaktionen auf den Auftritt fallen eher verhalten aus. Vielleicht ist diese Art von Musik einfach zu verträumt und verkopft für eine KADAVAR- und GRAVEYARD-Tour.

Die etwas verhaltene Stimmung gehört ab den ersten Sekunden des GRAVEYARD-Set der Vergangenheit an. Der Einstieg mit „No Good, Mr. Holden“ und dem direkt hinterhergeschobenen Über-Hit „Hisingen Blues“ könnte besser gar nicht gewählt sein. Dass ist der Sound, für den München heute ins Backstage gepilgert ist, krachender Stoner-Rock mit einer großen Portion Retro-Anteil. Gut eine Stunde lang heizen die Schweden den Fans ordentlich ein und lassen dabei Hit auf Hit folgen: „Bird Of Paradise“, „Please Don’t“, „From A Hole In The Wall“ oder „Walk On“ sind nur ein paar der Songs, die GRAVEYARD heute Abend auf der Setlist stehen haben. Frontmann Joakim Nilsson klingt zwar immer ein bisschen so, als ob er ganz dringend einen heißen Tee mit Honig bräuchte, aber gerade diese Reibeisenstimme macht auch ein Stück weit die Magie von GRAVEYARD aus. Positiv hervorgehoben muss auch der Sound im Backstage werden. Sowohl Gesang als auch die Instrumente kommen sehr gut zur Geltung und dröhnen mit ordentlich Wucht aus den Verstärkertürmen. Fast ist man etwas traurig, als nach einer Stunde schon wieder Schluss ist, aber dann fällt einem ein, dass das Highlight dieses Konzertpakets ja noch bevorsteht.

  1. No Good, Mr. Holden
  2. Hisingen Blues
  3. Uncomfortably Numb
  4. Birds Of Paradise
  5. Please Don’t
  6. It Ain’t Over Yet
  7. Slow Motion Countdown
  8. From A Hole In The Wall
  9. Goliath
  10. The Siren
  11. Walk On
  12. Ain’t Fit For Love

Auch wenn die Tour als Co-Headliner-Tour angekündigt wurde, wird doch schnell klar, dass es sich bei KADAVAR um die eigentlichen Headliner handelt. Die inzwischen mit Jascha Kraft zum Quartett angewachsenen Berliner gehören inzwischen ohne Zweifel zu den besten Rockbands des Landes, sowohl auf Platte als auch live. Wobei es einen immer wieder umhaut, wie gut diese Band live wirklich ist. Nach dem Intro „All You Need Is Love“ kann der restliche Abend eigentlich nur noch mit einem Wort beschrieben werden: Abriss. Die brachiale Urgewalt, mit der KADAVAR von Beginn an agieren, sucht ihresgleichen. „All Our Thoughts“ und „Last Living Dinosaur“ zünden sofort und versetzen das Publikum wortwörtlich in Ekstase. München groovt, headbangt, springt, gröhlt und versinkt in den massiven Riffwänden von Frontmann Lupus und Neu-Gitarrist Jascha. Auch wenn KADAVAR durch den neuen Mann in der Band ihren gewohnten Bühnenaufbau als Power-Trio ein Stück weit aufgeben musste, dominiert Drummer Tiger mit seinem eigenwilligen Drum-Stil und wilden Grimassen immer noch die Show, wobei auch Bassist Dragon nicht minder energetisch sein Instrument bearbeitet und über die Bühne fegt. Die Musiker gönnen weder sich noch den Fans eine Pause und so folgt Kracher auf Kracher: Das Riffmonster „Lord Of The Sky“ hat es endlich mal wieder ins Set geschafft, „Doomsday Machine“ zündet immer noch, „Die Baby Die“ groovt wie Sau und auch das psychedelische Cover von „The Green Manalishi (With The Two Prong Crown“ rockt. Jascha Kraft ist nicht nur eine Bereicherung an der Gitarre, sondern kann auch an den Synthies glänzen. Die Krone setzen KADAVAR der heutigen Show mit dem ausufernden „Purple Sage“ auf, dass nochmal die letzten Reserven mobilisiert, bevor eine sichtlich zufriedene Band sichtlich zufriedene Fans in die Montagnacht entlässt.

  1. All Our Thoughts
  2. Last Living Dinosaur
  3. Thousand Miles Away From Home
  4. Vampires
  5. Lord Of The Sky
  6. Into The Night
  7. Doomsday Machine
  8. Die Baby Die
  9. Comeback Life
  10. The Green Manalishi (With The Two Prong Crown)
  11. Purple Sage

Was für ein Abend! Von den psychedelischen Newcomern POLYMOON, über die Stoner-Ikonen GRAVEYARD, bis zu den mächtigen KADAVAR waren die Shows rundum gelungen. Ihren Status als Ausnahmeband zementieren KADAVAR mit jeder Tour aufs Neue und so wird München auch beim nächsten Mal wieder in Massen kommen wenn es heißt: „Habt ihr Bock oder was?“

Publiziert am von Juan Esteban

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