Konzertbericht: Insomnium w/ Omnium Gatherum, Hinayana

27.01.2025 München, Backstage (Werk)

In Zeiten der „Event-Inflation“ muss man sich als Band schon etwas einfallen lassen, um Fans zum Ticketkauf zu bewegen – insbesondere, wenn man sehr oft tourt und darum nicht immer ein neues Album im Programm hat. Immer größerer Beliebtheit erfreut sich die „Anniversary-Show“: Ein möglichst relevantes Album wird zur Feier eines Release-Jubiläums nochmal in Gänze ins Rampenlicht gestellt. Da INSOMNIUM und OMNIUM GATHERUM (sogar in dieser Konstellation) sehr oft touren, kommt es gelegen, dass beide Bands irgendwann Alben veröffentlicht haben.

Viel konkreter darf man dann allerdings nicht werden: Dass INSOMNIUM im Jahr 2025 ihr fünftes Album, „Shadows Of The Dying Sun“ feiern, das im April 2014 erschienen war, mag noch irgendwie Sinn ergeben – warum (außer für den Tour-Namen) OMNIUM GATHERUM aber ausgerechnet „Beyond“ (2013) auserkoren haben, bleibt ein Rätsel.

HINAYANA im Januar 2025 in MünchenWarum als Support HINAYANA aus Texas eingeflogen wurden, erklärt sich zumindest im Verlauf von deren 40-minütiger Show von selbst – und zwar rein musikalisch. Obschon aus Amerika, klingt die Band mit dem indischen Namen überaus „finnisch“: Der Melodic Death Metal von HINAYANA ist wirklich sehr „melodic“, kann aber dazwischen auch durch kraftvolle Passagen überzeugen. Bemerkenswert ist das Auftreten der Truppe: Wennschon erst seit 2022 international unterwegs (schon damals auf dem Vltima Ratio Fest mit Moonspell und Insomnium), liefert das Quartett eine astreine, extrem professionelle Show, wie man sie eher von Routiniers erwartet. Unterstützt von allerlei Backing-Tracks kommen die Songs dazu mit beeindruckender Wucht aus der PA. Das alles täuscht zwar nur in Maßen darüber hinweg, dass die Songs selbst vielleicht doch etwas arg generisch ausgefallen sind – für einen Opener und Newcomer kann sich die Performance aber definitiv sehen lassen.

  1. Death Of The Cosmic
  2. Cold Conception
  3. In Sacred Delusion
  4. Spirit And Matter
  5. Tempest Horizon
  6. Reverse The Code
  7. Triptych Visions
  8. A Tide Unturning

OMNIUM GATHERUM im Januar 2025 in MünchenOMNIUM GATHERUM sind das genaue Gegenteil eines Newcomers: Im kommenden Jahr wird die Truppe 30-jähriges Bestehen feiern – und kann schon jetzt auf einen Back-Katalog von neun Studioalben zurückblicken. Dass die Finnen sich davon ausgerechnet für „Beyond“ entschieden haben, das sie auf dieser Tour von vorne bis hinten durchspielen, ist etwas überraschend, zählt dieses Werk doch nicht zu den unumstrittenen Fan-Lieblingen und ist mit seinem 2013er-Release auch kein Jubilar. Auf der anderen Seite bekommen OMNIUM-GATHERUM-Fans dafür so manche Rarität zu hören – etwa gleich den Opener „Formidable“ oder auch „Nightwalkers“, die seit 2017 quasi nicht mehr zu hören waren.

OMNIUM GATHERUM im Januar 2025 in MünchenFür alle, die mit der Musik der Band nicht ganz so vertraut sind, macht das alles jedoch keinen allzu großen Unterschied: Geboten wird, wie eh und je, melodischer Death Metal typisch finnischer Machart, dem leider das zwingende Etwas, der geniale Moment oder auch nur die Eingängigkeit fehlt. Und auch der fast thrashig angehauchte, bellende Gesang von Jukka Pelkonen ist und bleibt Geschmackssache. Über die heute gebotenen 60 Minuten fällt die Spannungskurve darum nach hinten merklich ab. Da hilft es auch nicht, dass Pelkonen in den Ansagen eine Metal-Klischee-Phrase nach der anderen drischt.

  1. Luoto
  2. New Dynamic
  3. In The Rim
  4. Nightwalkers
  5. Formidable
  6. The Sonic Sign
  7. Who Could Say
  8. The Unknowing
  9. Living In Me
  10. White Palace

INSOMNIUM im Januar 2025 in MünchenUmso größer ist die Vorfreude im zumindest nahezu ausverkauften Backstage Werk, als um 22:00 Uhr INSOMNIUM die Bühne zu „The Swarm“ von der EP „Ephemeral“ betreten. Schon dieses Intro ist mit Bedacht gewählt, war die digitale EP von 2013 doch ein Vorläufer zu „Shadows Of The Dying Sun“ – ebenjenem Album, in dessen Zeichen die heutige Show stehen soll. Auch dieses Album wirkt etwas willkürlich unter den ebenfalls neun Alben von INSOMNIUM herausgepickt – wennschon es, anders als „Beyond“ bei Omnium Gatherum, klar zu den Fan-Favoriten zählt. Für das Album spricht, dass es eine wirklich hohe Live-Raritäten-Quote aufweist: „Collapsing Words“ und „Lose To Night“ hatten INSOMNIUM vor dieser Tour noch nie vor Publikum gespielt (sieht man von zwei Streamshows während der Pandemie ab). Und auch „Black Heart Rebellion“, „Promethean Song“, „The River“ oder den Titeltrack des Albums hat man von INSOMNIUM in den letzten Jahren nur selten gehört.

INSOMNIUM im Januar 2025 in MünchenHebt schon die Songauswahl die Show von gewöhnlichen Best-Of-Sets ab, wird dies dadurch unterstützt, dass Ville Friman als Gitarrist dabei ist: Als Gründungsmitglied und Songwriter ist Friman fester Bestandteil der Band – aufgrund seiner beruflichen Verpflichtungen als Professor für Mikrobiologie an der Universität Helsinki lässt er sich jedoch seit vielen Jahren auf internationalen Tourneen zumeist vertreten. Zwar wirkt das Quartett in dieser Besetzung selbst heute, am vorletzten Tag der Tour, noch nicht perfekt aufeinander eingespielt – allein der Umstand, dass den Klargesang heute aber (wie auf den Alben) Friman übernimmt, hebt die Darbietung auf ein anderes Level. In der Zugabe überraschen INSOMNIUM ihre Fans gleich mehrfach positiv: Mit „Out To The Sea“ gibt es noch den Bonustrack der limitierten Album-Edition zu hören. Dazu kommen zwei Songs aus anderen Schaffensphasen: „Lilian“ vom aktuellen Werk „Anno 1696“, dessen Retro-Charakter in diesem Setting nochmal stärker auffällt als im Album-Kontext, sowie Evergreen „One For Sorrow“.

  1. The Primeval Dark
  2. While We Sleep
  3. Revelation
  4. Black Heart Rebellion
  5. Lose To Night
  6. Collapsing Words
  7. The River
  8. Ephemeral
  9. The Promethean Song
  10. Shadows Of The Dying Sun
  11. Out To The Sea
  12. Lilian
  13. One For Sorrow

INSOMNIUM im Januar 2025 in MünchenNatürlich sind „Jubiläumstouren“ in erster Linie ein Marketing-Konzept. Wenn das aber zu einer Show wie dieser führt, wird sich gewiss niemand beschweren. Angesichts des Erfolgs dieser Tour könnte man sich jedenfalls gut vorstellen, dass INSOMNIUM hier künftig weitere Themen-Touren folgen lassen. Vielleicht ist der letzte Track des Abends diesbezüglich ja sogar ein erster Hinweis … immerhin feiert „One For Sorrow“ 2026 dann 15-jähriges Jubiläum. Oder vielleicht wagen INSOMNIUM auch gleich ein Oldschool-Set zum 20. Geburtstag von „Above The Weeping World“ …? So oder so: Die Aussichten könnten schlechter sein. „Dankeschön, bitteschön, wunderschön!“

INSOMNIUM im Januar 2025 in München

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