Konzertbericht: Insomnium w/ Fleshgod Apocalypse, Stamina

04.11.2014 Nürnberg, Hirsch

Insomnium TourIm November zieht eine ungewöhnlich zusammengestellte Tour durch Deutschland: Die Melodic-Death-Metaller INSOMNIUM, deren Zugkraft sich von Album zu Album steigert, führen den Tourtross an, dem darüber hinaus mit ihren finnischen Landsmännern von STAMINA (Progressive Heavy / Thrash) und den Italienern FLESHGOD APOCALYPSE (Symphonic / Technical Death Metal) zwei grundverschiedene Bands angehören.

stamina-logo

Entsprechend groß ist die Überraschung, als STAMINA gut gelaunt um 20:00 ihren Auftritt beginnen: Obwohl bereits seit 1996 aktiv, dürfte die Band dem Großteil des Publikums bislang wohl unbekannt gewesen sein. Dennoch erspielen sich die Finnen schnell jede Menge Sympathiepunkte – sei es für die oft witzigen Versuche deutscher Ansagen („Wollen Sie eine Heavy Metal?“) oder schlicht für die ansteckende Spielfreude, mit der das Quintett zu Werke geht: Mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und Keyboard liefern STAMINA eine erfrischend ungewöhnliche Mischung aus Thrash und Heavy Metal, die durch die technische Versiertheit der Musiker und kompositorische Stilbrüche eine progressive Note erhält. Nach 35 unterhaltsamen Minuten ist Schluss – einziges Manko: Die Band hat keine CDs mehr im Gepäck.

Fleshgod-apocalypse-5046714e18395

Bei den darauf folgenden FLESHGOD APOCALYPSE von „Kontrastprogramm“ zu sprechen, wäre noch milde ausgedrückt: Auf wilde, ungebändigte Spielfreude und ehrlichen Metal folgt eine rundum inszenierte Show, die eher einem Theaterstück gleicht: Mit Nebel, aufwändiger Beleuchtung, Schminke im Gesicht und Wind in den Haaren werden hier sämtliche showtechnische Register gezogen – und auch musikalisch lassen sich die Italiener nicht lumpen: Während andere Bands des Genres oft auf Samples zurückgreifen, gehört es für FLESHGOD APOCALYPSE zum Selbstverständnis, alle Piano-Parts live zu spielen und mit Veronica Bordacchini zudem eine Sopranistin mit auf Tour zu nehmen. Fast 50 Minuten lang dauert die Darbietung, die man in Unkenntnis der Alben auch als symphonische Behemoth-Interpretation durchgehen lassen könnte. Gerade die Perfektion der Inszenierung hat jedoch auch ihre tücken – wirkt die Show so doch bislweilen eher aufgesetzt und einstudiert als sympathisch und authentisch. Wer sich daran jedoch nicht stört, bekommt bei FLESHGOD APOCALYPSE ein Paradebeispiel einer Konzeptshow geboten. Dem Nürnberger Publikum gefällts, und die Italiener können sich über satten Applaus freuen – und das, obwohl der Sound lange Zeit alles andere als perfekt ist, da Schlagzeug und Growls im Verhältnis zu den filigraneren Elementen wie Piano und Sopran merklich zu laut abgemischt sind.

fleshgod7

Setlist FLESHGOD APOCALYPSE:
— Temptation (Intro)
01. The Hypocrisy
02. Minotaur (The Wrath Of Poseidon)
03. Pathfinder
— Prologue (Interlude)
04. Epilogue
05. The Violation
06. The Egoism
07. Elegy
08. The Forsaking

Insomnium Logo

Nach dieser opulenten Inszenierung wirkt der Einstieg von INSOMNIUM mit „The Primeval Dark“ vom aktuellen Album „Shadows Of The Dying Sun“ fast etwas dünn. Der Spielfreude der Finnen, vor allem aber der Euphorie des Publikums der Band gegenüber tut das jedoch keinen Abbruch. Gewohnt souverän spielen sich INSOMNIUM im Folgenden durch ein bunt gemischtes Set, das sämtliche Alben berücksichtigt und das Schaffen der Band so perfekt repräsentiert. Für alle, die INSOMNIUM bei ihrer ersten Show in Nürnberg zugleich auch zum ersten Mal sehen, mag das perfekt sein – verglichen mit früheren Auftritten des Quartetts aus Finnland wirkt die Show heute jedoch bisweilen arg routiniert: Sowohl Niilo Sevänens deutsche Ansagen, dass er alles „Supergut“ findet, als auch das Stageacting erwecken bisweilen den Eindruck, dass INSOMNIUM heute eher eine Dienstleistung abliefern als einer Leidenschaft frönen. In dieses Bild passt auch das Ende der Show: Obwohl das Nürnberger Publikum die Band nach ihrer regulären Zugabe aus „Mortal Share“, „Unsung“ und „Weighed Down With Sorrow“ mit selten gehörtem Enthusiasmus abfeiert und minutenlang ohrenbetäubend laut „One more Song!“ skandiert, lassen sich INSOMNIUM nicht erweichen und kommen lediglich für eine kurze Verbeugung zurück auf die Bühne. Natürlich gibt es nach 90 Minuten absolut keinen Grund, sich über zu wenig Spielzeit zu beklagen – so viel Spontaneität, hier noch eine kurze, außerplanmäßige und damit „echte“ Zugabe zu spielen, sollte aber eigentlich dennoch drin sein.

Insomnium-band-pic-2014

Setlist INSOMNIUM:
01. The Primeval Dark
02. While We Sleep
03. Revelation
04. Daughter Of The Moon
05. Only One Who Waits
06. The Harrowing Years
07. Weather The Storm
08. The Elder
09. Last Statement
10. Ephemeral
11. The Promethean Song

12. Mortal Share
13. Unsung
14. Weighed Down With Sorrow

Für den nicht ganz billigen, aber fairen Preis von 27€ bekommt der geneigte Fan bei dieser Tour ein abwechslungsreiches und durchweg starkes Billing geboten: Vergleichen kann man die drei Auftritte kaum – verfolgt hier doch jede Band ihre eigene Strategie, das Publikum für sich zu gewinnen. Erfolgreich sind sie aber alle, wie die durchweg überschwänglichen Fanreaktionen verraten. Alles in allem ein vielseitiger Konzertabend, bei dem sich Anlass zu Kritik nur mit der Lupe finden lässt.

Der Tourtross macht in den kommenden Tagen noch in folgenden Städten halt:
09.11. Hamburg, Grünspan
10.11. Berlin, Columbia Club
11.11. München, Feierwerk
12.11. AT – Wien, Szene
16.11. Köln, Essigfabrik

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert