Nachdem das Rock Im Park-Festival bereits vor mehreren Jahren aus dem Münchner Olympiapark verschwunden ist, sah die Festivallandschaft in der bayerischen Metropole seitdem etwas karg aus. Bis auf vereinzelte Eintagesevents wie z.B. das Oben-Ohne-Festival am Königplatz gab es keine etablierte Veranstaltungsreihe mehr, die ein bunt gemischtes Publikum aus München und dem näheren Umland anzog. Dies sollte sich nun durch das erste überdachte Open Air namens „spring on festival impark 09“, das am 30.05.2009 im Nordteil des Münchner Olympiastadions stattfand, ändern.
Auf den ersten Blick wirkte die Running Order irritierend. Neben hoffnungsvollen Nachwuchsbands wie z.B. Bosse und den inzwischen regelmäßig in den Charts vertretenen Jennifer Rostock zeichnete sich das Hauptprogramm durch eine sehr ungewöhnliche Mischung aus Hip Hop und Punk aus.
Nachdem die fünf österreichischen Vokalisten von Bauchklang das am Nachmittag noch spärlich anwesende Publikum mit ihren mitreißenden Beatbox-Einlagen samt virtuoser Stimmbeherrschung bereits zu lauten „Zugabe!“-Sprechchören animierten, eröffnete der Mindener Rapper Curse mit seinen melancholisch-optimistischen Texten das eigentliche Hauptprogramm unter dem Kuppeldach.
Leider litt sein Auftritt unter einer extremen Antipathie bzw. Intoleranz vieler anwesender „Itchy Poopzkid“-Fans, die den Rapper mit ihren Provokationen zum Glück nicht aus der Ruhe bringen konnten. Er reagierte professionell und improvisierte gelungen, als sich die Menge nicht animieren ließ. Im Gegensatz zu anderen Künstlern verzichtete Curse darauf seine neuen Stücke in den Vordergrund zu stellen. So gab es u.a. die frühen Werke „Hassliebe“, „Das versteh ich nicht“ sowie als Zugabe „Lass uns doch Freunde sein“. Außerdem eröffnete Curse zur Überraschung aller mittendrin das Stagediving an diesem Tag. Vom seinem neuesten Album „Freiheit“ gab er wiederum u.a. „Feier dich selbst“ und das reichlich unterdurchschnittliche „Gold“ zum Besten. Die meisten Reaktionen erhielt Curse allerdings für seine A-Capella-Version von „Du sagst, du meinst“, mit dem sich wohl selbst einige der anwesenden Punks identifizieren konnten. Leider waren seine wirklich guten Texte über die aufgebaute Anlage kaum verständlich und seine ansonsten eher ruhigen, langsamen Beats wurden durch schnelle, harte Melodien und Riffs ersetzt. Leider schienen viele der anwesenden Besucher mit der von Curse und seiner Band dargebotenen Musik entweder wenig anfangen zu wollen oder zu können, was auch an zu viel „Hip Hop Gehabe“ neben der versuchten Allgemeintauglichkeit gelegen haben dürfte.
Als nächstes betraten die drei jungen Punkrocker von Itchy Poopzkid die Bühne. Nach den bereits angesprochenen Provokationen gegenüber Curse sollte man von den vorlauten jugendlichen Fans eigentlich mehr Stimmung erwarten können, als hier letztendlich zu hören war. Die charmante Art der beiden frechen Gitarristen kam am Mikro indes durchaus an. So planten sie nach eigener Aussage einen Auftritt bei den Hip Hop Open, nachdem Curse anscheinend nun regelmäßig mit ihnen zusammen auf diversen Festivals spielt. Musikalisch gab es viel Einheitsbrei, der letztendlich keinem wehtut und eine gewisse Kurzweiligkeit bietet, wenn man sich etwas darauf einlässt. Die überwiegende Mehrheit der Stücke lässt sich als schneller Gitarrenrock mit mehr oder weniger stark ausgeprägten Punkeinflüssen beschreiben. Als vereinzelte Unterbrechungen gab es eine Ballade, die erwartungsgemäß die gesangstechnischen Grenzen des sehr jungen Sängers aufzeigte, sowie eine kurze Coverversion von Run DMCs „It’s tricky“.
Thomas D. – vielen vielleicht besser bekannt als Mitglied der Fantatischen Vier – widmete sich bei seinem Auftritt größtenteils seinem neuesten Werk „Kennzeichen D“, welches live zum Glück um einiges frischer wirkt als auf CD. Die Mischung reichte von einfachem Gute-Laune-Pop bis hin zu sphärischen Elektroklängen. Im Gegensatz zu Curse konnte man bei Thomas D. bereits zu Beginn der einzelnen Songs Rückschlüsse auf die Studioversionen ziehen. „Get on board“, „Keine Panik (der Handtuch-Song)“ und „Wir brauchen dich“ leiteten über auf seine neueste Single „Neophyta“, welches gleichzeitig das meiner Meinung nach stärkste Stück seines neues Solowerks ist und an „Liebesbrief“, „Uns trennt das Leben“ und „Krieger“ erinnert. Im Laufe seines Auftritts gab es auch das eben angesprochene „Liebesbrief“ nebst spontaner Überleitung („Ich habe gerade ein Pärchen knutschen sehen – das passt gut…“) sowie den Soundtrack zum Film „Lola rennt“ namens „I wish“ in leicht modifizierten, elektrolastigeren Versionen zu hören, die der Qualität der Songs allerdings keinen Abbruch taten. Leider litt Thomas D. genau wie Curse darunter, dass die Boxen seine Texte und seine Inhalte nur spärlich transportieren konnten. Als Zugabe gab es schließlich das viel gefeierte „Rückenwind“, bei dem die unterdurchschnittliche Akustik nicht weiter ins Gewicht fiel..
Vor dem eigentlichen Headliner des Abends wurde die Bühne vergrößert und erst einmal mit einer großen Plane verdeckt, auf der „Farin Urlaub Racing Tea“ in Silber auf Schwarz zu lesen war. Inzwischen waren zumindest die Reihen vor der Bühne gut gefüllt und so ging es pünktlich um halb 9 los, als die Plane mit einem Ruck zu Boden fiel und Platz machte für gut 90 Minuten feinste Musik unterschiedlichster Couleur. Farin Urlaub und sein 12-köpfiges Racing Team sprengten bei ihrem Auftritt wieder einmal alle musikalischen Grenzen und sorgten darüber hinaus für einige Lacher im Publikum, als z.B. Farin die Location mit einer „mitteleuropäischen Tiefgarage“ verglich und sich mit dem leeren Olympiastadion zu seiner Linken wie „am Rande des Grand Canyon“ fühlte. Dieser Makel tat der wirklich guten Stimmung, die beim Livekracher „Zehn“ seinen Höhepunkt fand, keinen Abbruch. Trotz zweifelhafter Location wirkten das Mitglied der Ärzte und sein Nebenprojekt gut gelaunt und in prächtiger Spiellaune. Dies übertrug sich auch auf die Menge, so dass die aus Lärmschutzgründen nicht verhandelbaren 1,5 h Livemusik viel zu schnell zu Ende gingen. In die Zugaben mischte Urlaub mit „Die Insel“ noch eines der Highlights aus seinem aktuellen Album „Die Wahrheit übers Lügen“. Aus diesem Album stammte mit dem überaus starken Akustikstück „Die Leiche“ ein weiterer Höhepunkt seines Auftritts an diesem Abend. Natürlich durften auch seine aktuelle Single „Krieg“ nebst höchst amüsanter Publikumsanimation und weitere Livekracher früherer Alben wie z.B. „Glücklich“, „OK“ und „Ich gehöre nicht dazu“ nicht fehlen. Farin merkte man seine inzwischen 46 Jahre zu keiner Zeit an und bis zum letzten Takt hatte er seine FURT-Anhänger stets im Griff. Einzig und allein „Dusche“ wurde von einigen Fans vermisst.
Für das nach Aussage von Olymiaparkchef Ralph Huber im Herbst stattfinde „fall on festival“, welches sich an ein älteres Publikum wenden soll, haben sich die Veranstalter gelinde gesagt Luft nach oben gelassen. Durch die wenig einladende Location inmitten von Hochhäusern und Baukränen kam unter den knapp 3.800 größtenteils jugendlichen Besuchern nie wirklich Festivalstimmung im klassischen Sinne auf. Viele besuchten „ihre“ Band und verzogen sich dann entweder auf die Ränge des Olympiastadions oder in ein ruhiges Eck. Zum Glück ließen sich die Künstler von diesen Unannehmlichkeiten wenig bis gar nicht stören und versuchten ihr Bestes. So konnte man dennoch alles in allem einen vergnüglichen Tag mit 7 Stunden Livemusik verbringen, der mit dem Farin Urlaub Racing Team seinen Höhepunkt erwartungsgemäß gegen Ende fand.