Eigentlich hätte an dieser Stelle ein bebilderter Bericht von mir über das Helion-Festival II stehen sollen. Da ich jedoch, wie das halt immer so ist, genau zum falschen Zeitpunkt krank wurde, gilt mein Dank an dieser Stelle Benedikt Sepp, der sich bereiterklärt hat, für euch vom Helion-Festival als Metal1.info-Gastredakteur zu berichten!
[Moritz Grütz]
Am 24.10.2009 fand zum zweiten Mal das HELION-Festival in München statt. Ursprünglich als einmaliges Event zum Jubiläum der bekannten Helion-Studios geplant kam die Veranstaltung letztes Jahr so gut an, dass eine Wiederholung in größerem Rahmen beschlossen wurde, mit der auch ein Locationwechsel einherging. Das Resultat: Zwei Bühnen, die abwechselnd bespielt wurden und eine Bandauswahl, die maximale Abwechslung versprach. Das Konzept scheint aufgegangen zu sein , hatte sich immerhin bereits eine lange Schlange beim Einlass gebildet, als ich im Backstage eintraf.
Vom Auftritt der durch ein Online-Voting zum Opener des Festivals gekürten Death-Metal-Youngstern BLEEDING RED bekam ich den größten Teil nur von außen mit, da die Securities sich nicht so ganz einig waren, wer nun für die Presseausweise zuständig ist und ich deswegen einige Zeit in der falschen Schlange stand. Den kleinen Teil der Show, den ich dann im halb gefüllten Club noch sehen konnte, stimmte aber positiv: Sänger/Gitarrist Timo poste und headbangte sich die Nackenwirbel wund, um dem melodischer Death Metal der Truppe mehr Furor einzuhauchen; der Rest der Band hielt sich eher zurück. Das Publikum reagierte mit teilweise geradezu frenetischem Einsatz, wozu sicher nicht wenig beitrug, dass die Band ihren persönlichen Fanclub per Busreise gleich mitgebracht hatte.
Dies hätte auch den Symphonic-Metallern von ATARGATIS geholfen, fehlte ihrer Show nämlich eigentlich gar nichts – außer Publikum. Gerade mal zwei, drei Reihen der Halle waren gefüllt, als die Band um die apart in ein grünes Glitzerkleid gewandete Sängerin Stephanie Luzie die Bühne betrat, und daran sollte sich auch nicht viel ändern: Es ist den Musikern hoch anzurechnen, dass sie zu keiner Minute Unlust zeigten und eine den Umständen entsprechend gute Show ablieferten; die Sängerin, die während der Songs eine besondere Form des Ausdruckstanzes pflegte, fand sogar noch den leicht masochistischen Mut, die Zeit eines Gitarrenwechsels mit einem Witz zu überbrücken („Warum haben Männer keine Cellulite? Weil es scheiße aussieht“).
Grob fahrlässig war es allerdings, den letzten Song „Angels Crying“ per „Ich-hör-euch-nicht-laut-genug“-Spielchen anzukündigen – die paar Schreie, die beim dritten Mal aufkamen, waren wohl eher durch Mitleid motiviert.
Bei COLD RUSH im gegenüberliegenden Club hingegen war es so voll, dass ich mich beinahe nicht mehr hineinquetschen konnte, weswegen ich nur einige Songs der Industrial-Metaller mitbekam: Die Band hatte sichtlich Spaß und dem Publikum gefiel es augenscheinlich auch; besonders abgefeiert wurde natürlich das für Konzerte prädestinierte Rammstein-Cover „Ich will“.
Noch den elektronischen Industrial-Metal von COLD RUSH im Ohr, erwartete mich nun ein krasser Stilbruch mit den nun -meiner Meinung nach viel zu früh – folgenden Melodic-Black-Metallern DARK FORTRESS. Die Landshuter hatten den Schwerpunkt bei der Songauswahl eindeutig auf die schnellen, brutalen Songs ihrer Repertoires gelegt, was gut ankam: der erste Moshpit bildete sich schon beim Opener „Poltergeist“ und wurde beim anschließendem „The Silver Gate“ fortgesetzt. Mitreißend war die Performance von Frontmann Morean: Der bei den ersten Auftritten mit DARK FORTRESS linkisch und unerfahren wirkende Nachfolger des Übersängers Azathoth gefällt sich nun offensichtlich sehr in seiner Rolle als Rampensau, was durch eine vielseitige und kreative Gesangsleistung mehr als legitimiert wird. Beendet wurde der Auftritt selbstverständlich mit der neuen Bandhymne „Baphomet“.
Setlist DARK FORTRESS:
01. Poltergeist
02. The Silvergate
03. CataWomb
04. To Harvest The Artefacts Of Mockery
05. No Longer Human
06. When 1000 Crypts Awake
07. Baphomet
Wer CRYSTALLION noch nicht kannte, als sie die Bühne des einigermaßen gefüllten Backstage-Clubs betraten, teilte vermutlich den Gedanken, dass die fünfköpfige Band aussieht wie eine, die Power Metal der alten Schule spielt. Praktischerweise war es dann auch genau das, was nach einem ewig langen Intro aus den Boxen schallte: Nach den ersten drei Songs aus dem neuen Album „Hundred Days“ (das sich übrigens mit Napoleons letztem Versuch , das Ruder noch einmal herumzureißen, befasst), war die Marschrichtung klar, Power Metal in der Art von HELLOWEEN oder STRATOVARIUS war die Devise, dementsprechend prägten viele Gitarren-und Keyboardfrickeleien den Sound, der durch die angenehme Stimme des Sängers schön bereichert wurde. Die Fans und die Band hatten Spaß und feierten zusammen einen guten, aber letztlich unspektakulären Gig.
Spektakulär hingegen war die Vorfreude der Fans auf den kommenden SUIDAKRA-Gig. Ordentlich eingenebelt war die Bühne, als die Band ebendiese betrat und von einer beinahe zur Grenze gefüllten Halle begrüßt wurde. Von der ersten Minute des Gigs an fraß das Publikum den spielfreudig aufgelegten Kelten aus der Hand; Pommesgabeln, Hey-Hey-Rufe, Moshpits und mehrere Wall of Death gaben sich die Klinke in die Hand und spätestens ab dem zweiten Song „Isle Of Skye“ war der Auftritt ein Sieg nach Punkten für die Band. Da ich danach erstmal eine Pause brauchte, entging mir der darauf folgende Auftritt von EMERGENCY GATE fast vollständig.
Setlist SUIDAKRA:
01. Wartunes
02. Isle Of Skye 03. Darkane Times
04. Conlaoch
05. Dead Mans Reel
06. Marooned
07. Shattering Swords
08. The IXth Legion
Alles, was über DEBAUCHERY gesagt werden muss, ist eigentlich gesagt, wenn sich die Band mit „Wir sind DEBAUCHERY und spielen Death Metal“ vorstellt: Weder das eine noch das andere ist gelogen, und mehr Information braucht der Hörer auch nicht, um zu entscheiden, ob er sich über die Anwesenheit der Band nun freuen soll oder nicht. Hat man sich entschieden, zu bleiben, folgt nicht unbedingt die größte Überraschung seit der Endtdeckung Amerikas: Natürlich kamen die Musiker auch diesmal blutüberströmt auf die Bühne und spielten geradlinigen Death Metal und natürlich bangte das Publikum dazu ordentlich ab. Zur großen Überraschung vieler wurde dann auch „Blood for the Bloodgod“ gespielt – wer hätte das gedacht… Garniert mit einigen Anti-Pagan-Sprüchen (wie passend bei diesem Event) und einen neuen Song insgesamt ein grundsolider Auftritt – wer hätte anderes erwartet.
Von den den Pagan verunglimpfenden Kommentaren DEBAUCHERYs sichtlich unbeeindruckt folgten als nächstes die Ahnenforscher von RIGER. Die stets umstrittene Truppe, die sich mit ihrem aktuellen Album „Streyf“ nicht nur Freunde gemacht hat, hat dabei keine ganz leichte Ausgangsposition. Und so ist es wenig verwunderlich, dass die Fans statt den von den grimmigen Herren und der Dame auf der Bühne dargebotenen Songs vom aktuellen Album „Streyf“ unverdrossen den Hit „Auf die Ahnen“ forderten… insgesamt eine durchwachsene Show, doch wenn man ehrlich ist, hätte man auch nichts anderes erwartet.
Nun wurde es ernst für den Großteil der Besucher des Festivals: Nach einer kurzen Ansprache des Veranstaltungsteams räumte dieses die mit einem Vorhang verhängte Bühne für den langerwarteten Headliner: EQUILIBRIUM. Mit dieser Band bin ich bisher nie so recht warmgeworden; sei es, weil ich mit Keyboardgedudel wenig anfangen kann, sei es wegen der Fülle unnötiger Nachfolgebands, die der Erfolg der Pagan-Metaller ermutigt hat, aus den Proberäumen hervorzukriechen. Dennoch muss man der Band neidlos zugestehen, dass sie zum absoluten Phänomen geworden ist, und aus genau diesem Grund machte der Heimspiel-Auftritt allen Beteiligten großen Spaß.
Spätestens mit dem ersten Ton des Intros waren alle Hände in der Halle oben und obwohl sich die Band zu Beginn des Auftritts kurzzeitig nicht einigen konnte, welcher Song zu spielen war, zog sich die Energie des fulminanten Starts durch den gesamten Auftritt, dem übrigens alle Familienmitglieder der Bandmitglieder beiwohnten. Dass die Fans der Band ähnlich wie bei SUIDAKRA aus der Hand fraßen, dürfte jedem klar sein, ebenso, dass zu Beginn von „Met“ ebensolcher verteilt wurde. Alles eigentlich nichts besonderes – bis eben auf die beeindruckende Energie, die aus dem Zusammenwirken zwischen gut aufeinander eingespielter Band und dem feierwütigen Publikum entstand.
Setlist EQUILIBRIUM:
01. Snüffel
02. Unter der Eiche
03. Blut im Auge
04. Der Sturm
05. Des Sängers Fluch
06. Met
07. Unbesiegt
08. Wingthors Hammer
09. Nordheim
Da ich danach einige organisatorische Angelegenheiten zu erledigen hatte, bekam ich nur einen sehr kleinen Teil vom Auftritt SYCRONOMICAs mit. Die sechsköpfige Band stieg sich auf der sehr kleinen Bühne des nicht sehr vollen Clubs gegenseitig auf die Zehen, dennoch zeigte sie Spielfreude, was das Publikum ihr dankte.
Abschließend ist zu sagen, dass das zweite HELION-Festival wohl einen Erfolg für alle Beteiligten darstellte. An den Auftritten, am Sound und der Stimmung gab es nichts zu mäkeln, lediglich die Versorgungsmöglichkeiten für Essen hätten nach Aussagen vieler Besucher besser sein können. Da dies aber doch eine eher kleine Einschränkung darstellt, bin ich wie wohl die meisten der Besucher schon jetzt auf das nächste HELION-Festival gespannt.