Gut 20 Jahre lang währte die Karriere der Hamburger Noise-Rocker HARMFUL. Nun soll nach acht Studioalbum Schluss sein: „Es fühlt sich richtig an, weil wir nicht wissen, was wir mit Harmful noch schreiben könnten.“ gibt die Band dazu bekannt. Schade, aber immerhin bemerkenswert konsequent. Doch zumindest lassen es sich HARMFUL nicht nehmen, sich mit einer letzten Tour gebührend zu verabschieden.
Bevor es jedoch soweit ist, stehen THE CROMPTONS auf der Bühne des Backstage Club in München. Geboten wird gefälliger und musikalisch gekonnt vorgetragener Rock, der lässig wirkt und Spaß macht. Weniger Spaß macht leider der Gesang, der das Ganze durch die extrem platten deutschen Texte entzaubert. Natürlich erwartet man bei Rock textlich nicht unbedingt Philosophisches, gar so stumpf müsste es dann aber doch nicht sein. So lange man sich nicht all zu sehr darauf konzentriert, kann man an THE CROMPTONS heute aber durchaus seine Freude haben. Das liegt nicht zuletzt am glasklaren Sound – hier ist sicherlich von Vorteil der Bassist selbst als Tontechniker im Backstage arbeitet. Alles in allem eine gute Opener-Show, die mit 45 Minuten aber vielleicht einen Tick zu lang ausfällt.
Nach kurzer Umbaupause ist es dann so weit: HARMFUL betreten die Bühne und legen gleich mit mächtig Elan los. Beeindruckend ist dabei vor allem, wie viel Energie das Trio von der ersten Minute an freisetzt: Obwohl die Songs immer wieder von reinen Schlagzeug- oder Bass-Parts unterbrochen werden und eine Fender Telecaster, wie Sänger Aren Emirze sie spielt, nicht unbedingt für ihren durckvollen Sound bekannt ist (das Geheimnis liegt hier wohl in der eigenwilligen Kombination mit einem Sunno)))-Verstärker), kommen die Stücke mit einer beachtlichen Wucht aus den Boxen. Die Kombination aus dem extrem groovelastigem Songwriting und den etwas eigenwilligen, aber durchaus passenden Vocals funktioniert nicht nur auf Platte, sondern auch am heutigen Abend grandios.
So braucht es auch nicht viel, um der Show eine angemessene Atmosphäre zu verleihen: Das meist monochrom in blau oder grün gehaltene Bühnenlicht wird nur durch etwas Nebel und gezielte Strobo-Einsätze ergänzt, ansonsten ist es vor allem das Charisma der Truppe, das dafür sorgt, dass die Fans von Beginn an mitziehen: Man merkt, dass HARMFUL noch einmal alles geben wollen, um sich gebührend zu verabschieden. Dazu passt auch die gelungen zusammengestellte Setlist, die die Karriere von HARMFUL recht gut zusammenfasst. Als kleines Gimmick gibt es heute exklusiv auf der Tour noch zwei Gastauftritte: Unter anderem gibt sich hier Kurzzeit-Bandmitglied Flo Weber (bekannter als Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller), für zwei Songs die Ehre.
Nach 90 Minuten Spielzeit verabschiedet sich die Band – allerdings nur, um kurze Zeit auf die Bühne zurückzukehren. Trotz des sicherlich kräftezehrenden Auftritts hat man das Gefühl, die drei Musiker würden am liebsten gar nicht gehen – so wundert es auch nicht, dass der Zugabeblock am Ende fast eine halbe Stunde dauert – Erinnerungsphoto, „I Remember You“ und das brachiale „Fliessband“ als krönenden Abschluss inklusiv.
Nach somit knapp zwei Stunden ist dann wirklich Schluss. Dass das Publikum die Hamburger noch einmal kräftig abfeiert, ist angesichts dieser Darbietung und der Tatsache, dass es sich wohl auch um die letzte Gelegenheit dazu handelt, wenig überraschend. Die Band selbst scheint hier und heute aber mindestens genauso viel Spaß gehabt zu haben. Man kann es den Musikern nur wünschen – und vielleicht überdenken die Herren in Anbetracht dieser Resonanz ihre Entscheidung ja früher oder später auch noch einmal. Doch selbst wenn nicht, wäre diese Tour zumindest ein würdiger Karriere-Abschluss.
Die letzten beiden verbliebenen Termine der Tour sind:
15.03. Stuttgart, Zwölfzehn
16.03. Frankfurt, Zoom