Konzertbericht: Hardcore Superstar w/ Wednesday 13, South Of Salem

Fünf Jahre und eine Pandemie sind verstrichen, seit sowohl WEDNESDAY 13 als auch HARDCORE SUPERSTAR in Deutschland auf Tour waren. Gemeinsam nehmen sich beide Bands nun der Sache an. Stilistisch ist die Kombination aus Horrorpunk und Sleazerock zwar kein „perfect match“ – schon allein die lange Abstinenz sowie wohl auch der Umstand, dass WEDNESDAY 13 eine MURDERDOLLS-Show angekündigt haben, sorgt in München trotzdem für volles Haus.

Den Anfang machen SOUTH OF SALEM – eine Newcomer-Band aus UK. Dass diese pünktlich zum (angekündigten) Beginn um 19:30 Uhr die Bühne bereits wieder verlassen müssen, ist zumindest für die Band schade, die die Show deshalb vor noch weitgehend leerer Halle spielen muss. Wer hier zu spät kommt, hat allerdings nicht wirklich viel verpasst: Das Quartett im Steel-Panther-Look bietet 30 Minuten lang guten, aber auch völlig genetischen Glam-Rock, der nur durch das sympathische Auftreten des Sängers belebt wird: Zum letzten Song kommt dieser sogar in den Graben, um die zwei textsicheren Fans aus der ersten Reihe mitsingen zu lassen.

Um 20:00 Uhr ist das Werk bereits deutlich besser gefüllt – kein Wunder, steht mit WEDNESDAY 13 doch nicht nur ein langjährig etablierter Act im Dark Rock/Horrorpunk auf der Bühne, sondern zur Feier des 22. Geburtstags der MURDERDOLLS auch ein besonderes Set auf dem Programm. Wem dieses krumme Jubiläum als Anlass etwas arg weit herbeigeholt vorkommt, der hat einen Punkt – wahrscheinlicher ist tatsächlich, dass Mastermind Joseph Poole die Tour aus einer Mischung aus Genugtuung über den gewonnenen Namensrechtsstreit mit Ex-Live-Gitarrist Acey Slade und der Erkenntnis geplant hat, dass in einer Memorial-Tour tatsächlich Potenzial liegt. Nun waren die MURDERDOLLS bekanntermaßen die Band von Wednesday 13 und Joey Jordison – folgerichtig kann die heutige Show auch keine MURDERDOLLS-Show sein.

Erfreulicherweise versucht die Band das aber auch gar nicht, wie das respektvoll adaptierte WEDNESDAY-13-Logo klarstellt. Dennoch oder auch gerade darum kommt die Show dem MURDERDOLLS-Spirit aber so nah wie nur irgend möglich: Die von WEDNESDAY-13-Shows zuletzt gekannten Masken bleiben heute ebenso im Schrank wie WEDNESDAY-13-Songs. Stattdessen gibt es ausschließlich MURDERSOLLS-Hits und ein paar noch ältere Songs der Frankenstein Drag Queens From Planet 13. Mit Stücken wie „197666“, „Love At First Fright“ oder „Summertime Suicide“ bringen WEDNESDAY 13 – auch dank der großartigen Entertainer-Qualitäten von Wednesday 13 – die Stimmung erwartungsgemäß schnell zum Kochen. Spätestens aber der Abschluss aus dem Billy-Idol-Cover „White Wedding“, dem Evergreen „I Love To Say Fuck“ und der damaligen Durchbruch-Single „Dead In Hollywood“ zeigt einmal mehr eindrucksvoll, was die Welt an den MURDERDOLLS verloren hat.

Ob es nach dieser eindrucksvollen 60-Minuten-Show überhaupt noch eines Headliners bedurft hätte, kann man hinterfragen – zumindest aber sind WEDNESDAY-13-Fans bereits voll auf ihre Kosten gekommen, als es um 21:30 Uhr zurück Richtung Sleazerock geht: HARDCORE SUPERSTAR knüpfen musikalisch eher beim Support an – allerdings natürlich auf ganz anderem Level: Mit fast 30 Jahren Bandgeschichte haben die Schweden nicht nur eine andere Routine, sondern auch beachtliche 13 Alben veröffentlicht, von denen sie sich für ihr Live-Set bedienen können. Das tun HARDCORE SUPERSTAR dann auch: Im Fokus steht das selbstbetitelte Album von 2005, womit neben Dauerbrennern wie „We Don’t Celebrate Sundays“ auch in den letzten Jahren eher selten gespielte Songs wie „Kick On The Upperclass“, „She’s Offbeat“ oder „Standin‘ On The Verge“ ins Set rücken.

Auch sonst haben HARDCORE SUPERSTAR ein paar echte Raritäten ausgemottet: „Guestlist“ und „Run to Your Mama“ von „Split Your Lip“ (2010) etwa, „Beg For It“ vom gleichnamigen Album, der erstmalig seit 2017 wieder auf der Setlist steht, oder „We Don’t Need a Cure“, das HARDCORE SUPERSTAR zuletzt 2013 gespielt hatten. Das Songmaterial ist aber natürlich nur die halbe Miete – HARDCORE SUPERSTAR gelingt aber auch die Umsetzung: Getrieben von der enormen Energie von Aushilfs-Schlagzeuger Johan Reivén und dem sympathischen Auftreten von Sänger Joakim „Jocke“ Berg springt der Funke schnell aufs Publikum über. Da macht es dann auch gar nichts, dass Jocke im Akustik-Part des Sets stimmlich nicht immer ganz den Ton trifft.

Dass die Bands stilistisch nicht zu 100 % zusammenpassen, und WEDNESDAY 13 im Vorprogramm von Ministry (wie ursprünglich geplant) oder in einem etwas punkigeren Setting besser aufgehoben gewesen wären, hindert hier und heute niemanden daran, Spaß zu haben – und zwar auf wie auch vor der Bühne. Durchweg perfekter Sound und tolles Licht, vor allem aber drei engagierte Performances machen diesen Abend zu einem rundum gelungenen Rock-Konzert.

Publiziert am 17. November 2024 von Moritz Grütz

Fotos von: Afra Gethöffer-Grütz