Konzertbericht: Hans Söllner

2012-06-30 München, Tollwood

Wenn ein bayerischer Liedermacher in seine Heimat zurückkehrt, schwingt oftmals zumindest ein Hauch von Nostalgie mit. Und wie sagte HANS SÖLLNER in einem Interview mit der TAZ aus dem Jahr 1992 so treffend: „Ich hab halt das Glück gehabt, dass ich mit nur drei Akkorden zwanzig Lieder spielen kann – und das können eben nur drei auf der Welt – Bob Marley, Bob Dylan und ich. Ich begreif die Gitarre wirklich nur als ein Hilfsmittel, damit ich keine Gedichte aufsagen muss.“

Am Wahrheitsgehalt dieser Aussage hat sich auch 20 Jahre später nichts geändert. Söllner ist immer noch der, der er damals war: systemkritisch, bissig, freiheitsliebend und instrumental überschaubar talentiert. Nur agiert er mit zunehmendem Alter weniger plakativ und scheint auch deutlich weniger auf (gerichtliche) Konfrontationen aus zu sein. Dass sein neuestes Werk „Mei Zuastand“ ernster und bodenständiger gerät als viele der Vorgänger, passt dabei ins Bild und spielt auf dem Münchner Tollwood zunächst eine gewichtige Rolle bei der Songauswahl: Hans Söllner scheint in die bayerische Landeshauptstadt gekommen zu sein, um Musik zu machen und keine neuerlichen Hasstiraden gegen Beckstein, Gauweiler und Co. vom Stapel zu lassen. Zumindest nicht sofort. So gibt es anfangs viel neues Material um die Ohren und wenig Gesprochenes. Ein Konzertaufbau, wie man ihn auch von alten Rocklegenden auf ihre alten Tage kennt und wie ihn Söllner selbst auf seiner Wirtshaustour bereits erfolgreich präsentiert hat. Die Songs schwanken zwischen Reggae, Singer/Songwriter und waschechten Volksliedern. Fast schon Melodien für Millionen, so einfach wie die Gitarrenakkorde, Rhythmen und Takte gehalten sind. Drei Musiker begleiten Söllner an seiner Gitarre: Die Performance bzw. „Show“ ist dabei untergeordnet, so herrscht kaum Bewegung auf der Bühne. Zusammen mit dem simpel gehaltenen Aufbau der Lieder ergibt dies ein homogenes Gesamtbild, wenngleich sich besonders Nichtbayern an der etwas dürftigen Akustik gestört haben dürften. Söllner legt standesgemäß großen Wert auf seine Texte. Und wenn eben diese nicht entsprechend im Publikum ankommen, leiden besonders die unbekannteren Kompositionen aber auch der Auftritt als Gesamtes mehr als bei anderen Künstlern, die weniger textbasiert arbeiten. Dies stört jedoch nur so lange, bis der urige Niederbayer zum ersten Mal in seine Hitkiste greift: Dann spielt der Mittfünfziger mit „Mei Voda hod an Marihuanabaum“, „Der Rasenmäher“, „Edeltraud“ und „Mama ziag dei Schürz’n aus“ eben jene Songs, für die gemäß vorherrschendem Stimmungspegel die Mehrheit den Weg zum Tollwood angetreten hat. Söllner lässt sich davon anstecken, spricht mehr als zuvor und stichelt ein wenig gegen Peter Gauweiler sowie bayerische Politessen, die in diesen Liedern thematisiert werden. Von eben jenem Kaliber hätte der Liedermacher aber noch gut und gerne vier bis fünf weitere Songs in die Setliste packen können. So endet der Abend nach rund zwei Stunden wieder beinahe besinnlich und melancholisch. Und dies dürfte ausnahmsweise nicht den auf dem Tollwoodgelände geltenden Lärmschutzvorschriften mit maximal 95 Dezibel bis 22 Uhr geschuldet sein. So bleibt ein größtenteils unterhaltsamer Abend mit einer begrenzten Halbwertszeit.

Publiziert am von und Uschi Joas

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